Entscheidungsstichwort (Thema)
Kläger. Konkrete Schmerzensgeldforderung vom Gericht bestätigt. Anfechtungsmöglichkeit bezüglich höherer Schmerzensgeldforderung ausgeschlossen
Leitsatz (amtlich)
Hat der Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld unter Angabe einer Betragsvorstellung verlangt und hat das Gericht ihm ein Schmerzensgeld in eben dieser Höhe zuerkannt, so ist er durch dieses Urteil nicht beschwert und kann es nicht mit dem alleinigen Ziel eines höheren Schmerzensgeldes anfechten (Bestätigung der Senatsurteile BGH v. 30.4.1996 - VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341 [352] = MDR 1996, 886; und v. 2.2.1999 - VI ZR 25/98, BGHZ 140, 335 [340 f.] = MDR 1999, 545).
Normenkette
ZPO a.F. § 511a
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 19.12.2002) |
AG Neunkirchen |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Saarbrücken v. 19.12.2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Beklagte nimmt im Wege der Widerklage den Kläger und den Widerbeklagten zu 2) auf Schmerzensgeld wegen Verletzungen in Anspruch, die er bei einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen den Parteien erlitten hat. Mit seinem erstinstanzlichen Klageantrag hat er einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Betrag gefordert, wenigstens aber 4.000 DM. Das AG hat die Widerbeklagten in Höhe des angegebenen Mindestbetrages verurteilt. Hiergegen hat sich der Beklagte mit seiner Berufung gewandt und beantragt, ihm unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils einen über das bereits zuerkannte Schmerzensgeld hinausgehenden, in das Ermessen des Gerichts gestellten Betrag zuzusprechen, mindestens jedoch weitere 6.000 DM. Das LG hat die Berufung des Beklagten mangels Beschwer als unzulässig verworfen und hiergegen die Revision zugelassen, "da die Frage der Beschwer bei unbezifferten Schmerzensgeldklagen von grundsätzlicher Bedeutung" sei.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der vom AG zugesprochene Schmerzensgeldanspruch habe der Größenordnung entsprochen, die sich der Beklagte vorgestellt und in seinem Vortrag zum Ausdruck gebracht habe. Bei einem unbezifferten Klageantrag, mit dem ein Schmerzensgeld in Höhe eines bestimmten Mindestbetrages begehrt werde, liege - so das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes - eine Beschwer erst bei Unterschreiten der vom Kläger genannten Mindestsumme vor. Seien die Verletzungen des Beklagten tatsächlich - wie er in der Berufungsbegründung vorgetragen habe - erheblicher gewesen, als bei Klageeinreichung zunächst angenommen und ein Schmerzensgeld von 4.000 DM daher nach seiner Auffassung zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht mehr angemessen gewesen, so hätte er diesem Umstand durch eine Erhöhung des Mindestbetrages oder durch dessen Weglassung Rechnung tragen müssen. Eine nachträgliche Korrektur sei mangels Beschwer in der Berufungsinstanz nicht mehr möglich.
II.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht gebunden (§ 543 Abs. 2 S. 2 ZPO), obwohl - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - Zulassungsgründe i. S. d. § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht ersichtlich sind.
Das Berufungsgericht hat mit Recht die Berufung des Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil als unzulässig verworfen.
Hat der (Wider-)Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld unter Angabe einer Betragsvorstellung verlangt und hat das Gericht ihm ein Schmerzensgeld in eben dieser Höhe zuerkannt, so ist er durch das Urteil nicht beschwert und kann es nicht mit dem alleinigen Ziel eines höheren Schmerzensgeldes anfechten. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des BGH (BGH v. 30.4.1996 - VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341 [352] = MDR 1996, 886; v. 20.9.1983 - VI ZR 111/82, VersR 1983, 1160 [1161] m. w. N.; Beschl. v. 4.11.1969 - VI ZB 14/69, VersR 1970, 83; Urt. v. 8.7.1993 - III ZR 153/92, MDR 1994, 511 = NJW 1993, 2875; Beschl. v. 25.1.1996 - III ZR 218/95, NZV 1996, 194), an der er bis in die jüngste Zeit - auch unter Auseinandersetzung mit der dagegen geäußerten Kritik - festgehalten hat (vgl. und BGH v. 2.2.1999 - VI ZR 25/98, BGHZ 140, 335 [340] = MDR 1999, 545.; Urt. v. 10.10.2002 - III ZR 205/01, MDR 2003, 26 = BGHReport 2003, 64 = VersR 2002, 1521 [1522]; sowie Beschl. v. 30.9.2003 - VI ZR 78/03, BGHReport 2004, 123 = MDR 2004, 349 = VersR 2004, 219).
Der Streitfall gibt keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Erfolglos macht die Revision geltend, der Beklagte sei bereits im Verlaufe des Verfahrens erkennbar von der ursprünglichen Größenvorstellung des Schmerzensgeldes abgewichen. Zum einen entspricht dies nicht dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, dessen Berichtigung der Beklagte nicht beantragt hat, zum andern wäre es auch bei Berücksichtigung dieses Vorbringens erforderlich gewesen, dass der Beklagte einen bestimmten Betrag genannt hätte, bei dessen Unterschreitung er sich beschwert fühlte (vgl. BGH v. 30.4.1996 - VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341 [352] = MDR 1996, 886; und v. 2.2.1999 - VI ZR 25/98, BGHZ 140, 335 [340 f.] = MDR 1999, 545).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1143422 |
NJW 2004, 2224 |
BGHR 2004, 1054 |
EBE/BGH 2004, 1 |
NJW-RR 2004, 863 |
ZAP 2004, 528 |
DAR 2004, 386 |
MDR 2004, 1077 |
NZV 2004, 347 |
VersR 2004, 1018 |
ZfS 2004, 354 |
GesR 2004, 323 |
NJW-Spezial 2004, 65 |
RÜ 2004, 307 |
SVR 2004, 301 |
ProzRB 2004, 213 |