Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Bindungswirkung einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts über die Verpflichtung zur Erteilung einer Baugenehmigung im anschließenden Amtshaftpflichtprozess. Wirksamkeit einer Veränderungssperre, die der Abänderung eines Bebauungsplanes dienen soll, wenn dieser wegen Formmangels nichtig ist. Möglichkeit eines Amtshaftungsanspruchs, wenn eine Veränderungssperre wirksam ist, aber die zeitliche Geltungsdauer der Sperre nicht beachtet worden und es deshalb zu zeitlichen Verzögerungen bei der Erteilung der Baugenehmigung gekommen ist
Leitsatz (amtlich)
a) Zur Frage der Wirksamkeit einer Veränderungssperre, die der beabsichtigten Änderung eines Bebauungsplans dienen soll, wenn dieser wegen eines Formfehlers nichtig ist.
b) Wird ein Amtshaftungsanspruch wegen rechtswidriger Verzögerung einer Baugenehmigung darauf gestützt, dass eine Veränderungssperre, auf der diese Verzögerung beruht, unwirksam sei, so hat das Amtshaftungsgericht, das die Sperre für wirksam hält, zu prüfen, ob der Anspruch sich (teilweise) daraus herleiten lässt, dass die zeitliche Geltungsdauer der Sperre nicht beachtet worden ist.
Normenkette
BGB § 839; BauGB § 14
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revisionen der Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des OLG Koblenz vom 14.7.2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
[1] Die Kläger sind Miteigentümer eines im Bereich des Bebauungsplans "Zwischen den Ortsteilen" der zweitbeklagten Gemeinde belegenen Baugrundstücks. Am 26.3.1993 beantragten sie eine Baugenehmigung für ein Wohnhaus mit sechs Wohneinheiten. Der Antrag wurde von der Kreisverwaltung M. -B. als Bauaufsichtsbehörde des erstbeklagten Landes bearbeitet. Während des Baugenehmigungsverfahrens beschloss die Beklagte zu 2) am 28.5.1993, einen Änderungsplan zum Bebauungsplan "Zwischen den Ortsteilen" aufzustellen, und erließ zugleich eine Veränderungssperre, die später um ein Jahr verlängert wurde. Wegen dieser Veränderungssperre lehnte die Kreisverwaltung den Baugenehmigungsantrag der Kläger ab.
[2] Der Widerspruch der Kläger blieb erfolglos. Die Kläger erhoben daraufhin Verpflichtungsklage zum VG Mainz. Im Laufe des VG-Prozesses stellte sich heraus, dass der Bebauungsplan "Zwischen den Ortsteilen" wegen fehlender Ausfertigung nichtig war. Daraufhin verpflichtete das VG durch auf die mündliche Verhandlung vom 23.1.1996 ergangenes Urteil den beklagten Landkreis M. -B. zur Erteilung der Baugenehmigung, da die Veränderungssperre in dem nichtigen Bebauungsplan keine Grundlage gehabt habe und das Vorhaben im Übrigen nach § 34 BauGB zulässig sei. Am 2.2.1996 beschloss die Gemeinde die - als Ergänzungsbeschluss zu dem 1993 erlassenen Veränderungsbeschluss bezeichnete - Aufhebung des Bebauungsplans "Zwischen den Ortsteilen" und die Aufstellung eines neuen Bebauungsplans, verbunden mit einer erneuten Veränderungssperre.
[3] Die gegen das Urteil des VG Mainz gerichtete Berufung der beigeladenen Gemeinde wurde durch Beschluss des OVG Rheinland-Pfalz vom 29.9.1997 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der beklagte Landkreis verpflichtet wurde, den Bauantrag der Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Am 26.1.1998 erteilte die Kreisverwaltung die Baugenehmigung.
[4] Im vorliegenden Prozess haben die Kläger das beklagte Land (im Folgenden: den Beklagten zu 1) wegen der ursprünglichen Ablehnung des Bauantrags und die Gemeinde (im Folgenden: Beklagte zu 2) wegen des Erlasses der ursprünglichen Veränderungssperre auf Ersatz des hierdurch bewirkten Verzögerungsschadens in Anspruch genommen. Das LG hat der auf gesamtschuldnerische Verurteilung beider Beklagten zur Zahlung von 319.398 DM nebst Zinsen gerichteten Klage i.H.v. 56.001,91 DM nebst Zinsen stattgegeben. Gegen dieses Urteil haben sowohl die Kläger als auch die Beklagten Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die gesamtschuldnerische Verurteilung der Beklagten auf 129.131,05 EUR nebst Zinsen heraufgesetzt. Im Übrigen sind die Rechtsmittel erfolglos geblieben. Mit ihren vom Senat zugelassenen Revisionen verfolgen die Beklagten ihre Anträge auf völlige Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe
[5] Die Revisionen beider Beklagten führen, soweit zu deren Nachteil erkannt worden ist, zur Aufhebung des Berufungsurteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
[6] Das Berufungsgericht hat den Klägern gegen die Beklagte zu 2) einen Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) zuerkannt. Den Haftungstatbestand erblickt es in der Anordnung der Veränderungssperre vom 28.5.1993, durch die der ansonsten im positiven Sinne entscheidungsreife Bauantrag der Kläger vereitelt worden sei. Dies hält der revisionsgerichtlichen Prüfung nicht stand.
[7] 1. Das Berufungsgericht ist insoweit der Auffassung des VG Mainz im verwaltungsgerichtlichen Vorprozess des Primärrechtsschutzes gefolgt. Das VG hatte die Veränderungssperresatzung als unwirksam qualifiziert. Das OVG Rheinland-Pfalz hatte in seinem die Berufung der jetzigen Beklagten zu 2) im Wesentlichen zurückweisenden Beschluss vom 29.9.1997 die Frage einer Unwirksamkeit jener ersten Veränderungssperre dahinstehen lassen und ausgeführt, selbst bei - unterstellter - Wirksamkeit jener Veränderungssperre hätten weder sie noch die zweite Veränderungssperre vom 2.2.1996 zum Stichzeitpunkt der damaligen Berufungsentscheidung eine Grundlage für die Ablehnung des Baugesuchs der Kläger bilden können.
[8] 2. Die Revision der Beklagten zu 2) macht geltend, dass die erste Veränderungssperre nicht unwirksam gewesen sei, und zieht daraus die Folgerung, dass die Amtsträger der Beklagten nicht rechts- und amtspflichtwidrig gehandelt hätten.
[9] a) Insoweit ist zunächst festzustellen, dass im verwaltungsgerichtlichen Verfahren des Primärrechtsschutzes eine rechtskraftfähige Entscheidung darüber, dass die im Jahre 1993 beschlossene Veränderungssperre unwirksam gewesen sei, nicht ergangen ist. Im erstinstanzlichen Urteil des VG bildete diese Frage lediglich ein - wenn auch tragendes - Element der Begründung. Das OVG hatte im Berufungsverfahren sowohl die Unwirksamkeit als auch die Wirksamkeit der Veränderungssperre jeweils als möglich unterstellt und ausgeführt, dass bei keiner dieser beiden Alternativen im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung eine planungsrechtliche Grundlage für die Zurückweisung des Baugesuchs der Kläger bestanden habe. Dementsprechend beschränkt sich die für den vorliegenden Amtshaftungsprozess bestehende Bindungswirkung der rechtskräftigen Entscheidung des OVG darauf, dass das Bauvorhaben der Kläger zum dortigen Stichzeitpunkt (29.9.1997) planungsrechtlich zulässig gewesen war (vgl. zur Bindungswirkung verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen im Amtshaftungsprozess auch Staudinger/Wurm, BGB 13. Bearb. [2002] § 839 Rz. 439 bis 442m.zahlr.w.N.).
[10] b) Dies verkennt vom verfahrensrechtlichen Ansatzpunkt her auch das Berufungsgericht nicht. Es hat sich daher aufgrund einer eigenen Sachprüfung die Würdigung des VG inhaltlich zu eigen gemacht. Das Ergebnis dieser Würdigung, dass die Veränderungssperre unwirksam gewesen sei, vermag der Senat nicht zu teilen.
[11] c) Das VG - und ihm folgend das Berufungsgericht - haben angenommen, dass mit der - unstreitigen - Unwirksamkeit des Ursprungsplans der beabsichtigten Änderung die Grundlage gefehlt habe. Das VG hatte sodann weiter geprüft, ob dann, wenn der Ursprungsplan hinweggedacht werde, gleichwohl hinreichende Planungsabsichten der Gemeinde gegeben gewesen seien, die eine Sperre i.S.d. § 14 BauGB gerechtfertigt hätten. Dies hatte das VG mit der Erwägung verneint, die damaligen planungsrechtlichen Gegebenheiten hätten nicht zwingend eine Neuaufstellung des Ursprungsplan erfordert; vielmehr wäre auch denkbar gewesen, eine Planung zu unterlassen und das inzwischen weitgehend bebaute Gelände als unbeplanten Innenbereich i.S.d. § 34 BauGB zu betrachten. Diesen hypothetischen Erwägungen vermag der Senat nicht zu folgen. Im Aufstellungsbeschluss vom 28.5.1993 heißt es wörtlich: "Mit dieser Bauleitplanänderung soll die dort vorhandene bauliche Struktur neu gefasst und festgeschrieben werden." Dies genügte für eine inhaltliche Kennzeichnung des Planungsziels. Weitergehende Angaben über den zukünftigen Planungsinhalt waren nicht erforderlich (übereinstimmende Rechtsprechung des BVerwG und des BGH: BVerwGE 51, 121; Senatsurteil BGH v. 17.12.1981 - III ZR 88/80, BGHZ 82, 361, 366 f = MDR 1982, 464). Für das Erreichen dieses Planungsziels war es darüber hinaus unerheblich, ob die planerischen Vorgaben der Gemeinde - wie von ihr zunächst angenommen - durch die Änderung eines bestehenden Bebauungsplans oder aber - bei Einstufung des Plangebietes als unbeplanter Innenbereich i.S.d. § 34 BauGB - durch den Erlass eines "neuen" Bebauungsplans zu verwirklichen war. Demgegenüber hat das VG bei seiner Entscheidung eine Abhängigkeit der einer Änderungsplanung zugrunde liegenden gemeindlichen Planungsabsichten von der Wirksamkeit des Ursprungsplans angenommen, die so nicht besteht: Ungeachtet des Umstands, dass zwischen Ursprungsplan und dem "fertigen" Änderungsplan inhaltliche Zusammenhänge bestehen können, die einen "Rechtmäßigkeitszusammenhang" zu begründen vermögen, ist der Änderungsplan eine selbständige Satzung, deren Kernaussagen auch ohne wirksamen Ursprungsplan ihren Sinn und ihre Bedeutung behalten können (vgl. BVerwG DVBl. 2000, 804, 805).
[12] 3. Auch der Umstand, dass das planungsrechtliche Instrument der Veränderungssperre hier zu dem Zweck eingesetzt wurde, das - an sich zulässige - Bauvorhaben der Kläger zu verhindern, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Sperre. In der Rechtsprechung - wiederum in Übereinstimmung des Senats mit dem BVerwG (Senatsbeschluss v. 12.7.2001 - III ZR 282/00, BGHReport 2001, 774 = MDR 2001, 1112 = NVwZ 2002, 124; BVerwG NVwZ 1999, 523, jeweils m.w.N.) - ist anerkannt, dass es nicht grundsätzlich unzulässig ist, wenn eine Gemeinde einen Bauantrag, der nach der bestehenden Rechtslage positiv beschieden werden muss, zum Anlass nimmt, ändernde Planungsmaßnahmen einzuleiten und diese nach Maßgabe der §§ 14, 15 BauGB zu sichern. So ist die Beklagte zu 2) im vorliegenden Fall verfahren.
[13] 4. Dies bedeutet, dass die ursprüngliche Veränderungssperre rechtmäßig gewesen war und dass die Amtsträger der Beklagten zu 2) insoweit keine Amtspflichtverletzung begangen haben. Die Geltungsdauer der Veränderungssperre einschließlich der beschlossenen Verlängerung um ein Jahr endete jedoch drei Jahre nach der erstmaligen Inkraftsetzung (10.6.1993), d.h. mit Ablauf des 10.6.1996. Die Voraussetzungen für eine weitere Verlängerung nach § 17 Abs. 2 BauGB lagen nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des OVG nicht vor; deswegen konnte - wie das OVG weiter zutreffend ausgeführt hatte - auch die im Jahre 1996 beschlossene erneute Veränderungssperre ggü. den Klägern keine Rechtswirkung mehr entfalten, da dies auf eine Umgehung des § 17 Abs. 2 BauGB hinausgelaufen wäre (vgl. BVerwGE 51, 121, 136 ff.; BVerwG NVwZ 1993, 474).
[14] 5. Zu diesem Stichzeitpunkt (10.6.1996) war indessen das Baugenehmigungsverfahren noch nicht abgeschlossen. Dies hatte die Rechtsfolge, dass die Beklagte zu 2) von nun an nicht mehr berechtigt war, dem Bauvorhaben der Kläger aus planungsrechtlichen Erwägungen zu widersprechen (vgl. zu einer ähnlichen Fallkonstellation Senatsurteil BGH v. 21.5.1992 - III ZR 158/90, BGHZ 118, 253, 260 f = MDR 1992, 968). Stattdessen hatte die Beklagte zu 2) in ihrer Berufungsbegründung vom 22.5.1996 gerade unter Hinweis auf den am 2.2.1996 gefassten Neuaufstellungsbeschluss nebst erneuter Veränderungssperre geltend gemacht, dass die Kläger (weiterhin) keinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung hätten; hieran hat sie festgehalten, obwohl die Kläger in ihrer Erwiderung vom 17.6.1996 die Frage der mehr als drei Jahre andauernden faktischen Bausperre deutlich angesprochen hatten. Dieses prozessuale Verhalten konnte eine Amtspflichtverletzung dargestellt haben (vgl. dazu Staudinger/Wurm a.a.O. Rz. 131).
[15] 6. Zwar war der Amtshaftungsanspruch der Kläger gegen die Beklagte zu 2) vorrangig darauf gestützt worden, dass die ursprüngliche Veränderungssperre 1993 unwirksam gewesen sei. Streitgegenstand war jedoch der Verzögerungsschaden für den gesamten Zeitraum von der ursprünglichen Ablehnung des Bauantrags bis zur schließlichen Erteilung der Baugenehmigung. Deswegen ist der Teil des Schadens, der auf den Zeitraum zwischen dem zeitlichen Ablauf der Veränderungssperre und der Erteilung der Baugenehmigung entfällt, Teil des einheitlichen Streitgegenstandes. Insoweit handelt es sich nicht um ein "Aliud", sondern um ein "Minus". Dies entspricht der auch sonst im Amtshaftungsrecht gebotenen großzügigen Bestimmung der Einheitlichkeit des Streitgegenstandes (vgl. dazu Staudinger/Wurm a.a.O. Rz. 434, insb. Rz. 435 m.w.N.).
II.
[16] Für die Haftung des beklagten Landes ergeben sich hieraus folgende Konsequenzen:
[17] 1. Soweit es um den Verzögerungszeitraum bis zum 10.6.1996, d.h. dem Ablauf der verlängerten ursprünglichen Veränderungssperre, geht, gilt Entsprechendes wie bei der Beklagten zu 2). Die Ablehnung des Baugenehmigungsantrags war insoweit nicht rechtswidrig. Deswegen entfällt für diesen Zeitraum ein Amtshaftungsanspruch auch gegen das beklagte Land.
[18] 2. Zum Zeitpunkt des Außerkrafttretens der Veränderungssperre war das Baugenehmigungsverfahren noch nicht abgeschlossen. Das Land als Träger der Bauaufsichtsbehörde war insoweit nach wie vor Herr des Verfahrens. Es hätte daher den Bediensteten der Baugenehmigungsbehörde obgelegen, zu diesem Zeitpunkt ihre ablehnende Haltung aufzugeben und die Genehmigung zu erteilen.
[19] 3. Insbesondere vermochte die zwischenzeitlich beschlossene zweite Veränderungssperre (1996) der Bauaufsichtsbehörde keine Rechtsgrundlage für eine weitere Ablehnung zu bieten. Denn selbst bei - unterstellter - Wirksamkeit dieser zweiten Sperre hätte zugunsten der Kläger der seit der Ablehnung des ersten Bauantrags verstrichene Zeitraum nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB angerechnet werden müssen. Dies hat das OVG unter Hinweis auf die bereits damals bekannte Rechtsprechung des BVerwG (BVerwGE 51, 121) zutreffend ausgeführt.
[20] 4. Insoweit ging es auch nicht etwa um eine Prüfungs- oder Verwerfungskompetenz der Bauaufsichtsbehörde in Bezug auf die Veränderungssperre (vgl. dazu Urt. v. 25.3.2004 - III ZR 227/02, BGHReport 2004, 1013 = MDR 2004, 877 = NVwZ 2004, 1143 f.), sondern um eine von der Bauaufsichtsbehörde in eigener Verantwortung vorzunehmende Berechnung der Geltungsdauer der Sperre ggü. den Klägern. Deswegen kann ein Verschulden der handelnden Amtsträger der Bauaufsichtsbehörde nicht schon mit dem Hinweis darauf verneint werden, dass die zuständigen Amtsträger auf die Wirksamkeit der zweiten Sperre hätten vertrauen dürfen. Gerade wenn sich bei den Amtsträgern der Bauaufsichtsbehörde aufgrund der erstinstanzlichen Entscheidung des VG die Meinung gebildet haben sollte, die erste Veränderungssperre sei unwirksam, hätten sie die Konsequenzen bedenken müssen, die sich aus der durch die erste Sperre bewirkten faktischen Zurückstellung des Baugesuchs der Kläger ergaben.
III.
[21] 1. Die Verurteilung beider Beklagten kann daher keinen Bestand haben, soweit sie den Zeitraum bis zum Ende der verlängerten ersten Veränderungssperre betrifft, zzgl. eines angemessenen Zeitraums, der für die Klärung der damals noch offenen bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen der Baugenehmigung erforderlich war. Da dem Senat auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes eine abschließende Berechnung des Umfangs, in dem sich der Anspruch der Kläger als unbegründet erweist, nicht möglich ist, ist das Berufungsurteil insgesamt aufzuheben, soweit die Beklagten verurteilt worden sind.
[22] 2. Die somit erforderliche Zurückverweisung gibt den Parteien Gelegenheit, auch zum Anspruchsgrund, insb. zur Frage eines etwaigen Verschuldens, ergänzend vorzutragen. Zwar haben die Kläger die Abweisung des Amtshaftungsanspruchs gegen das beklagte Land, die darauf gestützt worden war, dass es insoweit an einem Verschulden der handelnden Amtsträger gefehlt habe, nicht angegriffen. Da das Berufungsgericht aber den Klägern gegen das beklagte Land einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch aus enteignungsgleichem Eingriff zugesprochen und diesen der Höhe nach mit einem Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung gleichgesetzt hat, bleibt es den Klägern wegen der Einheitlichkeit des Streitgegenstandes (s. dazu Staudinger/Wurm a.a.O. Rz. 434) unbenommen, insoweit weiter vorzutragen.
[23] 3. Im Übrigen ist der Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff lediglich auf eine "angemessene Entschädigung" gerichtet, während der Amtshaftungsanspruch den vollen Schaden erfasst. Dem Berufungsgericht kann nicht darin beigepflichtet werden, dass im vorliegenden Fall beide Ansprüche der Höhe nach identisch sind. Vielmehr ist die durch die Versagung der Baugenehmigung vereitelte Chance, durch die Verwertung der fertig zu stellenden Wohnungen höhere Erlöse zu erzielen als später, dem Bereich des entgangenen Gewinns zuzuordnen und damit aus dem Entschädigungsanspruch auszuklammern. Dementsprechend hat es insoweit bei den vom Senat für die Entschädigung wegen vorübergehender Bausperren entwickelten Grundsätzen zu verbleiben, nach denen in solchen Fällen als Ausgleich für den erlittenen Nachteil regelmäßig (nur) die Bodenrente gewährt wird (vgl. insb. Urt. v. 17.3.1994 - III ZR 27/93, MDR 1994, 1090 = NJW 1994, 3158, 3160). Sollte die erneute Berufungsverhandlung daher ergeben, dass hinsichtlich des noch verbleibenden Verzögerungszeitraums ein Amtshaftungsanspruch ganz oder teilweise am fehlenden Verschulden scheitert, müsste auch insoweit eine rechnerische Korrektur vorgenommen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 1661468 |
BGHZ 2007, 99 |