Entscheidungsstichwort (Thema)
Konkrete Markenverletzung. Anspruch auf Verbot des Inverkehrbringens von Kollektivmarken als eingetragene Wortmarke. Verstoß eines Verbandsmitglieds gegen die Benutzungsregelungen. Ausrichtung an Markensatzung bei Benutzung weiterer Elemente neben bloß geografischer Herkunftsangabe
Leitsatz (amtlich)
a) Der Inhaber einer Kollektivmarke kann in entsprechender Anwendung des § 30 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG die Rechte aus der Marke wegen eines Verstoßes eines Verbandsmitglieds gegen die in der Markensatzung geregelten Bedingungen für die Markenbenutzung geltend machen.
b) Die in § 100 Abs. 1 MarkenG enthaltene Schutzschranke soll den rechtmäßigen Benutzern (§ 127 MarkenG) einer geographischen Herkunftsangabe unabhängig von ihrer Verbandsmitgliedschaft eine den guten Sitten nicht widersprechende Verwendung der geographischen Herkunftsangabe ermöglichen.
c) Benutzt ein Verbandsmitglied eine über die reine geographische Herkunftsangabe weitere Elemente enthaltende Kollektivmarke, hat es sich an die in der Markensatzung angeführten Bedingungen für die Benutzung der Kollektivmarke zu halten.
Normenkette
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5, § 30 Abs. 2 Nr. 2, § 97 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1, § 102 Abs. 2 Nr. 5, § 127
Verfahrensgang
OLG Dresden (Urteil vom 01.08.2000) |
LG Leipzig (Urteil vom 18.02.2000) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 1. August 2000 im Kostenpunkt und im übrigen teilweise aufgehoben und insgesamt wie folgt gefaßt:
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Landgerichts Leipzig – 5. Zivilkammer – vom 18. Februar 2000 im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen unter Beibehaltung der Strafandrohung im Unterlassungsausspruch abändernd neu gefaßt:
Die Beklagten werden verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr einen mit der Verbandsmarke des Schutzverbandes „Dresdner Stollen” und mit dessen Qualitätssiegel in Übereinstimmung mit der Satzung des Schutzverbandes gekennzeichneten Stollen zugleich mit „a. Confiserie” zu kennzeichnen und die so gekennzeichneten Stollen mit folgender Aufmachung in den Verkehr zu bringen:
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/3 und die Beklagten 2/3.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger, der Schutzverband Dresdner Stollen, ist ein eingetragener Verein, dessen Verbandszweck in der Förderung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder im Zusammenhang mit der Herstellung und dem Vertrieb von Dresdner Stollen und in dem Schutz der Verbraucher von Stollen vor Irreführungen besteht. Der Kläger ist Inhaber der als Kollektivmarken für „Stollen” eingetragenen Wortmarke Nr. 39542517.4 „Dresdner Christstollen” und der Wort-/Bildmarke Nr. 29002511, welche das vom Verband benutzte Qualitätssiegel darstellt. Beide Marken sind in Kraft. Der Löschungsantrag des Beklagten zu 1, der damit begründet wurde, „Dresdner Stollen” sei als Gattungsbezeichnung für Backwaren freizuhalten, ist mit Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 10. Oktober 2000 zurückgewiesen worden.
In der seit dem 23. Juli 1999 geltenden Fassung seiner Satzung gestattet der Kläger seinen Mitgliedern, ihre Stollen mit den Verbandsmarken „Dresdner Stollen” oder mit „Dresdner Christstollen” zu kennzeichnen. Weiter heißt es in der Satzung:
§ 3 Benutzung der Verbandsmarke
(1) …
(3) Soweit es die Benutzungsform angeht, ist „Dresdner” stets Kennzeichenbestandteil, hingegen kann der Bestandteil „Stollen” ergänzt und modifiziert werden, das betrifft insbesondere solche ergänzenden Hinweise wie „Weihnachts-”, „Christ-”, aber auch Hinweise auf die besonderen Zutaten wie „Butter-”, „Mandel-” oder „Rosinen-”.
…
(5) Die Verbandsmarke hat auf der sichtbaren Oberseite der Stollenverpackung als dominierendes Kennzeichen zu erscheinen soweit es die Schriftgröße und farbliche Gestaltung betrifft. Das gilt auch für die in Abs. 3 genannten Variationen.
§ 4 Benutzung weiterer Kennzeichen
(1) Jedes Verbandsmitglied ist verpflichtet, seinen Namen bzw. seine Firma auf mindestens einer sichtbaren Fläche der Verpackung anzubringen, wobei dies in der optischen Wirkung gegenüber der Verbandsmarke zurückgesetzt erfolgt.
(2) Neben der Verbandsmarke und seinem Namen bzw. seiner Firma ist es jedem Verbandsmitglied gestattet, weitere Kennzeichen zu benutzen, wenn dadurch die optische Dominanz der Verbandsmarke nicht beeinträchtigt wird.
Der Beklagte zu 1 ist Inhaber einer Bäckerei in der Umgebung von Dresden im Bereich des Schutzverbandes. Er ist Mitglied des klagenden Verbandes. Er stellt Stollen nach den vom Kläger festgelegten Rezepturen und Qualitätsmaßstäben her. Die Beklagte zu 2, eine GmbH mit Sitz in Schleswig-Holstein, handelt u.a. mit Back- und Konditorwaren, die sie unter der Marke „a.” bundesweit vertreibt. Sie hat die von dem Beklagten zu 1 hergestellten, verpackten und gelieferten Christstollen in der Weihnachtssaison 1999 in den Handel gebracht. Auf der Verpackung befinden sich die Bezeichnung „Original Dresdner Christstollen”, das als Kollektivmarke geschützte Qualitätssiegel des Klägers und das Zeichen „a. Confiserie”.
Im Klageantrag ist die Oberseite der Verpackung mit aufgeklappter Vorderseite wiedergegeben.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die von den Beklagten für den Vertrieb verwandte Verpackung entspreche nicht den Vorgaben der Satzung. Neben der Benutzung der Kollektivmarke sei es verboten, Kennzeichen von Nichtmitgliedern anzubringen. Der Schutz der Kollektivmarke werde durch die Verwendung der Kennzeichen Dritter beeinträchtigt. Entgegen der Satzung dominiere nach dem Gesamteindruck auch nicht das Zeichen „Dresdner Christstollen” gegenüber der Bezeichnung „a. Confiserie” der Beklagten zu 2.
Der Kläger hat beantragt,
I. die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr einen mit der Verbandsmarke des Schutzverbandes „Dresdner Stollen” und mit dessen Qualitätssiegel in Übereinstimmung mit der Satzung des Schutzverbandes gekennzeichneten Stollen zugleich mit „a. Confiserie” zu kennzeichnen und die so gekennzeichneten Stollen in den Verkehr zu bringen, insbesondere in folgender Aufmachung:
II.
- den Beklagten zu 1 zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Anzahl und das Einzelgewicht der von ihm seit dem 1. September 1999 mit der unter I. beschriebenen Kennzeichnung an die Beklagte zu 2 bzw. in deren Auftrag an Dritte ausgelieferten Stollen, aufgegliedert nach Kalendermonaten;
- die Beklagte zu 2 zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen, in welcher Anzahl und Einzelgewicht sie seit dem 1. September 1999 die im Klageantrag zu I. bezeichneten Stollen abverkauft hat;
- die Beklagten zu verurteilen, dem Kläger über die Abgabepreise der im Klageantrag zu I. bezeichneten Stollen Auskunft zu erteilen seit dem 1. September 1999, und zwar aufgegliedert nach Monaten;
III. die Beklagten zu verurteilen, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem aus den seit dem 1. September 1999 begangenen Handlungen gemäß Klageantrag zu I. bereits entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
Die Beklagten sind dem entgegengetreten. Sie haben geltend gemacht, die von ihnen gewählte Verpackung verstoße nicht gegen die Satzung des Klägers. Die Anbringung der Kennzeichnung von Dritten, die nicht Mitglieder des Klägers seien, sei zulässig. Die Marke der Beklagten zu 2 dominiere nicht gegenüber der Kollektivmarke des Klägers.
Das Landgericht hat der Klage bis auf den Klageantrag zu II. 3. (Auskunft über die Abgabepreise) stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen.
Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er unter Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichts die Zurückweisung der Berufung der Beklagten erstrebt. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat die von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche für nicht begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Zwar sei der Kläger aktivlegitimiert. Als Inhaber einer Kollektivmarke könne er in analoger Anwendung des § 30 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG Ansprüche gegen seine Mitglieder geltend machen. Die gerichtliche Verfolgung der Ansprüche sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger zunächst vereinsinterne Sanktionen habe ergreifen müssen.
Eine Markenverletzung, die Ansprüche nach § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 i.V. mit § 30 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG begründen könne, sei jedoch nicht gegeben.
Die Beklagten verstießen nicht gegen § 4 Abs. 2 der Satzung des Klägers. Die Vorschrift verbiete nicht die Verwendung von Drittmarken. Auch ein Verstoß gegen die nach § 4 der Satzung vorgesehene Dominanz der Kollektivmarke sei nicht gegeben. Diese werde durch den Aufdruck „a. Confiserie” nicht beeinträchtigt. Unerheblich sei es, daß der Beklagte zu 1 nach § 3 Abs. 5 der Satzung verpflichtet sei, auf der Oberseite der Verpackung die Kollektivmarke des Klägers zu verwenden. Ein eventueller Verstoß hiergegen werde vom Kläger nicht gerügt und führe jedenfalls nicht zwangsläufig zu einer Beeinträchtigung der optischen Dominanz der Kollektivmarke. Da der Verbraucher von der Verpackung in aller Regel neben der „Oberseite” auch eine der beiden Stirnseiten sehe, werde die Verpackung von dem Schriftzug „Original Dresdner Christstollen” und dem Qualitätssiegel des Klägers dominiert. Um diese Dominanz zu beeinträchtigen, sei die Marke der Beklagten zu 2 zu klein und farblich zu wenig hervorstechend.
Ansprüche aus §§ 1, 3 UWG bestünden nicht, da mit der Verwendung der angegriffenen Verpackung weder eine Täuschung über die geographische noch über die betriebliche Herkunft verursacht werde. Eine Rufausbeutung i.S. des § 1 UWG sei ebenfalls nicht gegeben. Der Beklagte zu 1 habe die Zeichen in Übereinstimmung mit der Satzung des Klägers verwendet. Da er die Kollektivmarke satzungsgemäß benutzt habe, seien die auf Markenrechte gestützten Ansprüche gegenüber der Beklagten zu 2 erschöpft.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben teilweise Erfolg. Sie führen zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden landgerichtlichen Urteils soweit die Anträge sich auf die konkrete Verletzungsform beziehen. Im übrigen bleibt es bei der vom Berufungsgericht ausgesprochenen Abweisung der Klage.
1. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist der Unterlassungsantrag hinreichend bestimmt.
a) Nach der Vorschrift des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag – und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung – nicht derart undeutlich gefaßt sein, daß der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, sich die Beklagten deshalb nicht erschöpfend verteidigen können und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was den Beklagten verboten ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 26.10.2000 – I ZR 180/98, GRUR 2001, 453, 454 = WRP 2001, 400 – TCM-Zentrum).
b) Diesen Anforderungen genügt der Klageantrag. Er ist zwar in mehrfacher Hinsicht auslegungsbedürftig. Der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis wird jedoch hinreichend deutlich. Der Kläger begehrt ein Verbot des Inverkehrbringens von Stollen, die sowohl mit den Kollektivmarken „Dresdner Christstollen” und „Qualitätssiegel” als auch mit dem Zeichen „a. Confiserie” gekennzeichnet sind, jedenfalls in der im Klageantrag wiedergegebenen konkreten Verletzungsform. Dies folgt aus dem Vorbringen des Klägers, auf das er die Klage stützt und das zur Auslegung des Klageantrags heranzuziehen ist (vgl. BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 115/99, GRUR 2002, 177, 179 = WRP 2001, 1182 – Jubiläumsschnäppchen, m.w.N.). Zwar führt der Kläger im Klageantrag nicht die Klagemarke „Dresdner Christstollen”, sondern „Dresdner Stollen” an. Aus seinem Vorbringen ergibt sich jedoch zweifelsfrei, daß die Klage gegen die Verwendung der Kollektivmarken zugleich mit der Bezeichnung „a. Confiserie” der Beklagten zu 2 gerichtet ist. Dies zieht auch die Revisionserwiderung nicht in Zweifel.
Auch die Formulierung „in Übereinstimmung mit der Satzung des Schutzverbandes gekennzeichneten Stollen” macht den Unterlassungsantrag nicht unbestimmt. Das begehrte Verbot zielt, wie dem Vorbringen des Klägers unschwer zu entnehmen ist, gegen eine Kennzeichnung von Stollen mit dem Zeichen der Beklagten zu 2, wenn diese Stollen die der Satzung des Klägers unterfallenden Zeichen tragen.
2. Der Unterlassungsantrag ist allerdings nach § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5, § 97 Abs. 2 MarkenG nur insoweit begründet, als er sich gegen die konkrete Verletzungsform richtet, bei der die optische Dominanz der Kollektivmarke „Dresdner Christstollen” des Klägers gegenüber dem Zeichen der Beklagten zu 2 nicht gewährleistet ist. Der Kläger ist nicht berechtigt, jedwede Verwendung einer fremden Marke im Zusammenhang mit der Benutzung der Kollektivmarken zu untersagen. Allein die Verwendung einer fremden Marke – hier die Bezeichnung „a.” –, welche die nach der Satzung gebotene optische Dominanz der Kollektivmarke „Dresdner Christstollen” beeinträchtigt, ist zu unterlassen. Dieses Verlangen kommt im Insbesondere-Antrag auf Unterlassung der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck. Der Kläger hat zur Begründung des Verbots das Charakteristische der Verletzung darin gesehen, daß die Kollektivmarke „Dresdner Christstollen” gemeinsam mit dem Zeichen „a. Confiserie” verwendet wird. Die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform macht deutlich, daß Gegenstand des Klagebegehrens jedenfalls die Unterlassung des konkret beanstandeten Verhaltens ist (vgl. BGH, Urt. v. 16.11.2000 – I ZR 186/98, GRUR 2001, 446, 447 = WRP 2001, 392 – 1-Pfennig-Farbbild).
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, § 4 Abs. 2 der Satzung des Klägers enthalte kein generelles Verbot, Kennzeichen von Dritten anzubringen, die nicht Mitglieder des Klägers sind. Das läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
Zutreffend ist das Berufungsgericht bei der Auslegung der Satzung davon ausgegangen, daß diese grundsätzlich objektiv aus sich heraus auszulegen ist, weil die Verfassung eines Verbandes wegen der wechselnden Mitglieder aus dem Empfängerhorizont verstanden werden muß (vgl. BGHZ 47, 172, 180; 106, 67, 71). Die Benutzungsregelung des § 4 Abs. 2 enthält keine Beschränkung der Benutzung auf Kennzeichen von Verbandsmitgliedern. Vielmehr wird jedem Verbandsmitglied die Verwendung weiterer Kennzeichen gestattet, wenn die optische Dominanz der Kollektivmarke nicht beeinträchtigt wird.
Aus dem Regelungszusammenhang mit § 3 und § 4 Abs. 1 der Satzung folgt ebenfalls keine den Wortlaut einschränkende Auslegung. Weder den Benutzungsregelungen in § 3 der Satzung noch der Verpflichtung des Verbandsmitglieds, seinen Namen bzw. seine Firma auf der Verpackung anzubringen, ist ein Hinweis zu entnehmen, daß allein Kennzeichen der Mitglieder des Klägers angebracht werden dürfen.
Entgegen der Ansicht der Revision läßt sich ein Verbot der Verwendung eines verbandsfremden Kennzeichens nicht allein aus dem Ziel der Verbandssatzung ableiten, einer Denaturierung der Kollektivmarke zum Gattungsbegriff entgegenzuwirken. Hierzu hätte es einer konkreten beschränkenden Regelung bedurft. Die vorliegende Satzung läßt auch nach Ansicht der Revision neben der Kollektivmarke jedenfalls die Benutzung weiterer Kennzeichen zu, wenn deren Inhaber ein Verbandsmitglied ist. Der von der Revision beschriebenen Gefahr der Denaturierung der Kollektivmarke „Dresdner Christstollen” zu einem Gattungsbegriff läßt sich jedoch durch eine unterschiedliche Behandlung der Zeichen von Mitgliedern und Nichtmitgliedern nicht begegnen.
b) Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5, § 97 Abs. 2 MarkenG gegen die Beklagten aufgrund eines Verstoßes gegen § 4 der Satzung auch deshalb nicht zu, weil die auf der Verpackung angebrachten Zeichen die Dominanz der Kollektivmarke „Dresdner Christstollen” des Klägers nicht beeinträchtigten. Dem kann nicht beigetreten werden.
aa) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß der Kläger zur Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs gegen die Beklagten aktivlegitimiert ist. Aus der Bestimmung des § 101 Abs. 1 MarkenG folgt, daß der Inhaber der Kollektivmarke grundsätzlich zur Geltendmachung von Verletzungsansprüchen im Außenverhältnis zu Dritten – hier zur Beklagten zu 2 – berechtigt ist (vgl. Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 101 Rdn. 1; Ingerl/ Rohnke, Markengesetz, § 101 Rdn. 1; Althammer/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 101 Rdn. 1; v. Schultz/Gruber, Markenrecht, § 101 Rdn. 2).
Im Verhältnis zum Beklagten zu 1 folgt die Aktivlegitimation des Klägers aus einer entsprechenden Anwendung des § 30 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Nach dieser Vorschrift kann der Inhaber einer Marke die Rechte aus der Marke gegen den Lizenznehmer geltend machen, der die Marke in einer durch den Lizenzvertrag nicht genehmigten Form benutzt. Die Vorschrift ist entsprechend anwendbar auf den im Markengesetz nicht geregelten Fall des Verstoßes eines Verbandsmitglieds gegen die in der Markensatzung geregelten Bedingungen für die Markenbenutzung der Kollektivmarke, § 102 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG (Fezer aaO § 102 Rdn. 8).
bb) Die Beklagten sind nicht berechtigt, die Kollektivmarke des Klägers in der angegriffenen Aufmachung auf der Verpackung der Stollen anzubringen (§ 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 97 Abs. 2 MarkenG).
(1) Mit Recht wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, durch den Aufdruck des Zeichens der Beklagten zu 2 werde die optische Dominanz der Kollektivmarke „Dresdner Christstollen” nicht beeinträchtigt.
Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, daß die Verbandsmarke „Dresdner Christstollen” großflächig in goldener Schrift auf der Vorder-, der Rück- und der Unterseite der Verpackung angebracht sei, während die Marke „a. Confiserie” auf den beiden Seitenteilen in untergeordneter Weise in Erscheinung trete. Zwar sei auf der Ober-/Deckelseite neben einer Stadtansicht allein das Drittzeichen „a. Confiserie” aufgebracht. Dem Drittzeichen komme aufgrund seiner farblichen Gestaltung auch eine gewisse optische Wirkung zu. Dieses Zeichen trete aber bereits aufgrund seiner Größe (ca. 3 × 3 cm auf dem ca. 15 × 32 cm großen Deckel der Verpackung) kaum in Erscheinung. Da der Verbraucher von der Verpackung in aller Regel neben der Oberseite auch eine der beiden Stirnseiten sehe, werde die Verpackung von dem ca. 3 × 20 cm großen Schriftzug „Original Dresdner Christstollen” und dem Qualitätssiegel des Klägers (ca. 7 × 5 cm) dominiert. § 4 Abs. 2 der Satzung erlaube nicht nur das Anbringen völlig untergeordneter Zeichen. Um eine Dominanz der Kollektivmarke zu beeinträchtigen, sei die Marke der Beklagten zu 2 zu klein und farblich zu wenig hervorstechend.
Diese Beurteilung des Berufungsgerichts ist nicht frei von Rechtsfehlern. Das Berufungsgericht hat zu hohe Anforderungen an eine Beeinträchtigung der Dominanz der Kollektivmarke gestellt.
Dominanz bedeutet nach dem Wortsinn „Vorherrschen” oder „Überlagern”. Nach § 3 Abs. 5 und § 4 Abs. 2 der Satzung des Klägers müssen danach die weiteren auf der Verpackung angebrachten Kennzeichen so weit zurücktreten, daß die Kollektivmarke sämtliche übrigen Zeichen in ihrer optischen Wirkung überlagert. Dabei gibt die Satzung in § 3 Abs. 5 selbst einen Anhalt, wie die optische Dominanz der Kollektivmarke im Sinne der Regelung des § 4 Abs. 2 herzustellen ist. Nach § 3 Abs. 5 hat die Kollektivmarke auf der sichtbaren Oberseite der Stollenverpackung als dominierendes Kennzeichen zu erscheinen, soweit es Schriftgröße und farbliche Gestaltung betrifft. Mit der Oberseite der Stollenverpackung ist die Oberseite des Deckelaufdrucks bezeichnet. Während ansonsten in der Satzung allgemein von Stollenverpackung (§ 3 Abs. 6) oder der sichtbaren Fläche der Verpackung (§ 4 Abs. 1) die Rede ist, führt § 3 Abs. 5 ausdrücklich die Oberseite der Stollenverpackung auf und bezeichnet damit den Deckelaufdruck. Die Regelung des § 3 Abs. 5 der Satzung bezweckt damit ebenfalls, die Dominanz der Kollektivmarke sicherzustellen, indem sie auf der Oberseite der Verpackung und damit an hervorgehobener Stelle verwendet wird.
Daran fehlt es vorliegend. Die von den Beklagten verwendete Verpackung weist auf der Oberseite (Deckelaufdruck) die Kollektivmarke „Dresdner Christstollen” gar nicht auf. Auf dem Deckel der Verpackung ist vielmehr allein das Drittzeichen „a. Confiserie” angebracht, das als einziges Kennzeichen auf der Oberseite der Verpackung auch durch die Farbgestaltung deutlich hervortritt.
Die optische Dominanz der Kollektivmarke wird bei der beanstandeten Verpackung auch nicht durch die auf der Vorder- und Rückseite angebrachten Zeichen „Dresdner Christstollen” und „Qualitätssiegel” des Klägers hergestellt. Diesen stehen die auf den weiteren Seitenflächen angebrachten Kennzeichen der Beklagten zu 2 gegenüber.
(2) Der Verstoß gegen die Benutzungsbedingungen der Markensatzung (§ 102 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG) läßt die Zustimmung des Klägers zur Verwendung der Kollektivmarken durch den Beklagten zu 1 entfallen. Dem Inhaber der Kollektivmarken stehen in diesem Fall ebenso wie dem Lizenzgeber die allgemeinen markenrechtlichen Ansprüche zu (vgl. Fezer aaO § 102 Rdn. 8 und 11).
Dem steht die Bestimmung des § 100 Abs. 1 MarkenG im Streitfall nicht entgegen. Mit dieser Bestimmung wird Art. 15 Abs. 2 MarkenRL umgesetzt, wonach der den Mitgliedstaaten ermöglichte Schutz einer geographischen Herkunftsangabe als Kollektivmarke nicht einem Dritten entgegengehalten werden kann, der zur Benutzung der geographischen Herkunftsangabe berechtigt ist und dies in einer Weise tut, welche den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel nicht widerspricht. Den rechtmäßigen Benutzern (§ 127 MarkenG) der geographischen Herkunftsangabe soll – unabhängig davon, ob sie Mitglieder des Verbandes sind oder nicht – deren Benutzung nicht untersagt werden können, wenn die Benutzung den guten Sitten entspricht (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6581, S. 109 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 103). Die Vorschrift erweitert die Schutzschranken, die sich allgemein für alle Markenarten aus § 23 MarkenG ergeben, im Falle der Eintragung einer geographischen Herkunftsangabe als Kollektivmarke. Bei frei wählbaren Zeichenelementen darf sich der rechtmäßige Benutzer der geographischen Herkunftsangabe hinsichtlich der Darstellungsform oder der Schreibweise der Kollektivmarke allerdings nicht unnötig annähern (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6581, S. 109 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 103; Ingerl/Rohnke aaO § 100 Rdn. 5).
Auf die Schutzschranke des § 100 Abs. 1 MarkenG kann der Beklagte zu 1 sich schon deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil er bei der Kennzeichnung der Stollen nicht nur die geographische Herkunftsangabe „Dresdner Christstollen” verwendet, sondern ebenfalls das als Kollektivmarke geschützte „Qualitätssiegel”.
Die Benutzung des „Qualitätssiegels” ist dem Beklagten zu 1 zwar nicht verwehrt, da er Mitglied des klagenden Verbandes ist. Das Verbandsmitglied hat sich aber bei der Benutzung der neben einer bloßen geographischen Herkunftsangabe weitere Elemente enthaltenden Kollektivmarke an die Markensatzung zu halten, die den Rahmen rechtlich zulässiger Benutzungshandlungen bestimmt. Der Beklagte zu 1 kann nicht das Benutzungsrecht an den Kollektivmarken in Anspruch nehmen und sich zugleich – der Satzung zuwider – so verhalten, als existiere der Schutz der Verbandsmarken nicht. Als berechtigter außenstehender Dritter i.S. des § 127 MarkenG könnte er markenrechtlich nicht gehindert werden, die geographische Herkunftsangabe zu verwenden und mit Zeichen Dritter zu versehen. Ob dabei die Grenzen des lauteren Verhaltens in Handel und Gewerbe eingehalten werden, bleibt eine Frage des Einzelfalls. Als (berechtigtem) Außenstehenden wäre es ihm aber in jedem Fall verwehrt, die Kollektivmarken „Dresdner Christstollen” und „Qualitätssiegel” zu benutzen, weil beide zusammen von der geographischen Herkunftsangabe abweichen.
(3) Der gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Unterlassungsanspruch ist nicht durch den Einwand der Erschöpfung i.S. von § 24 MarkenG ausgeschlossen. Der Kläger hat dem Inverkehrbringen der Stollen unter den in Rede stehenden Bezeichnungen nicht zugestimmt. Der Beklagte zu 1 ist zum Inverkehrbringen der Ware unter den Kollektivmarken nicht berechtigt, weil er die Benutzungshandlungen der Markensatzung nicht einhält.
3. Die Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung stehen dem Kläger in dem vom Landgericht zuerkannten, auf die konkrete Verletzungsform beschränkten Umfang nach § 14 Abs. 6, § 19 Abs. 5 MarkenG i.V. mit § 242 BGB zu.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Ullmann, Starck, Pokrant, Büscher, Schaffert
Fundstellen
BGHZ 2003, 268 |
BGHZ |
BGHR 2003, 289 |
BGHR |
GRUR 2003, 242 |
Nachschlagewerk BGH |
WRP 2003, 380 |
LMK 2003, 66 |
MarkenR 2003, 108 |
Mitt. 2003, 217 |