Tenor
Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 9.5.2023 im zweiten und vierten Absatz der Ziffer 2. des Tenors wie folgt abgeändert:
zweiter Absatz:
Ein Ausgleich des Anrechts des Antragstellers bei der VBL Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (Versicherungsnummer ...) findet nicht statt.
vierter Absatz:
Ein Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der VBL Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (Versicherungsnummer ...) findet nicht statt.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Im Übrigen werden die Kosten des Beschwerde- und des Berichtigungsverfahrens unter dem Antragsteller und der Antragsgegnerin gegeneinander aufgehoben.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.190 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin wendet sich als Trägerin der Zusatzversorgung des öffentlichen Diensts gegen den Ausgleich zweier in der Differenz geringfügiger Anrechte.
Durch die angefochtene Entscheidung hat das Amtsgericht die am 13.7.2012 geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten auf den am 15.4.2020 zugestellten Scheidungsantrag geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt.
Nach den eingeholten Auskünften, gegen die keiner der Beteiligten Einwendungen erhoben hat, haben die Ehegatten während der Ehezeit (1.7.2012 - 31.03.2020) neben Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Beschwerdeführerin folgende Anrechte aus Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (VBLklassik) erworben, die das Amtsgericht, den Vorschlägen der Beschwerdeführerin entsprechend, jeweils im Wege der internen Teilung ausgeglichen hat.
Der Antragsteller hat nach der Auskunft der Beschwerdeführerin vom 29.6.2020 (Bl. 20 ff. VA-Heft) ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 30,35 Versorgungspunkten erworben. Der Ausgleichswert beträgt nach Abzug der hälftigen Teilungskosten (1/2 × 250 EUR) 14,28 Versorgungspunkte, der korrespondierende Kapitalwert 3.920,54 EUR.
Die Antragsgegnerin hat nach der Auskunft der Beschwerdeführerin vom 1.7.2020 (Bl. 24 ff. VA-Heft) ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 27,94 Versorgungspunkten erworben. Der Ausgleichswert beträgt nach Abzug der hälftigen Teilungskosten (1/2 × 250 EUR) 13,92 Versorgungspunkte, der korrespondierende Kapitalwert 3.710,61 EUR.
Mit ihrer Beschwerde vom 24.5.2023 (Bl. 232) beantragt die Beschwerdeführerin, vom Ausgleich der beiden bei ihr begründeten Anrechte der geschiedenen Ehegatten nach § 18 Abs. 1, 3 VersAusglG wegen der Geringfügigkeit der Differenz der Ausgleichswerte abzusehen.
Der Senat entscheidet, wie angekündigt (Bl. 2 der elektronischen Akte, im Folgenden: elA), ohne mündliche Erörterung, § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, ihre Standpunkte schriftsätzlich darzulegen.
II. Die nach §§ 58ff., 228 FamFG statthafte, auf die bei der Beschwerdeführerin erworbenen Anrechte wirksam beschränkte Beschwerde ist begründet.
Die beschwerdegegenständlichen Anrechte sind nicht auszugleichen, § 18 Abs. 1 VersAusglG. Das Ermessen nach dieser Bestimmung ist eröffnet. Die Differenz der korrespondierenden Kapitalwerte der Ausgleichswerte der gleichartigen Anrechte liegt mit 209,93 EUR unter der bei Ehezeitende gültigen Geringfügigkeitsgrenze des § 18 Abs. 3 VersAusglG von 3.822 EUR (vgl. Ansgar Fischer, Tabellen zum Familienrecht, 43. Aufl., 2022, S. 35).
Der Senat übt das in § 18 Abs. 1 VersAusglG eröffnete Ermessen dahingehend aus, die beschwerdegegenständlichen Anrechte nicht auszugleichen. Die Beschwerdeführerin möchte vom Ausgleich absehen und es streiten vorliegend Gründe gegen einen Ausgleich.
Die gegen den Ausgleich geringfügiger oder in ihrer Differenz geringfügiger gleichartiger Anrechte formulierte Regel des § 18 VersAusglG dient vornehmlich dem Schutz der Versorgungsträger vor dem Verwaltungsaufwand, den die Begründung und Fortführung eines Anrechts für einen neuen Berechtigten erfordert, wenn dieser Aufwand zu dem geringen Wert des Anrechts in keinem wirtschaftlich vernünftigen Verhältnis steht und auch nicht von den Teilungskosten (§ 13 VersAusglG) kompensiert wird. § 18 VersAusglG dient hingegen nicht dem Schutz des Ausgleichspflichtigen vor dem Verlust der Hälfte seines Anrechts. Die Durchsetzung des Halbteilungsgrundsatzes (§ 1 Abs. 1 VersAusglG) spricht vielmehr grundsätzlich für den Ausgleich ausnahmslos aller, auch geringster Anrechte, wobei die Ausnahme von diesem Grundsatz durch § 18 VersAusglG bei geringfügigen Anrechten wiederum als grundsätzliche Regel formuliert ist. Damit der Halbteilungsgrundsatz seine Geltung als die den Versorgungsausgleich bestimmende Maxime behält, ist die als Regel formulierte Ausnahme des § 18 VersAusglG nur dann gerechtfertigt, wenn der mit ihr verfolgte Zweck erreicht werden kann (BGH NJW 2012, 1281, Abs. 22; Senat FamRZ 2022, 1682). Braucht dieser Zweck nicht verfolgt zu werden, so ist die Durchbrechung des Halbteilungsgrundsatzes nicht gerechtfertigt, weshalb regelmäßig auch geringste bzw. in ihrer Differenz geringste Anrechte auszugleichen sind, ...