Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für einstweiligen Rechtsschutz nach Aufhebung einer Ausschreibung durch den Auftraggeber

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; VOB/A § 26 Nr. 1c; ZPO §§ 935, 940

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 28.02.2008; Aktenzeichen 11 O 100/08)

 

Tenor

Die Berufung der Verfugungsklägerin gegen das am 11.4.2008 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Frankfurt (Oder), Az. 11 O 100/08, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Verfügungsklägerin zu tragen.

Der Streitwert für das Verfahren wird auf 142.002,88 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Verfügungskl. beteiligte sich an der von dem Verfügungsbekl. durchgeführten öffentlichen Ausschreibung betreffend die Bauleistung "L 26 freie Strecken zwischen K. und P.". Die Frist für die Erteilung des Zuschlags endete am 15.2.2008. In dem Submissionstermin am 18.12.2007 erwies sich das Angebot der Verfügungskl. über eine Summe von 2.840.057,69 EUR als das preislich Günstigste. Nachdem der Verfügungsbekl. das Angebot der Verfügungskl. zunächst aus der Wertung genommen hatte, erwirkte die Verfügungskl. beim LG Frankfurt (Oder) mit Urt. v. 28.2.2008 eine einstweilige Verfügung, mit der der Verfügungsbekl. untersagt wurde, den Zuschlag zu erteilen, ohne das Angebot der Verfügungskl. zuvor wieder in die Wertung aufzunehmen.

In der Folgezeit nahm der Verfügungsbekl. das Angebot der Verfügungskl. wieder in die Wertung auf und erbat eine Verlängerung der Bindefrist bis zum 20.3.2008, die von der Verfügungskl. erteilt wurde. Mit Schreiben vom 21.3.2008 hob der Verfügungsbekl. die Ausschreibung unter Hinweis auf schwerwiegende Gründe gem. § 26 Nr. 1c) VOB/A auf und kündigte die zeitnahe Durchführung einer Neuausschreibung an.

Mit der beantragten einstweiligen Verfügung verfolgt die Verfügungskl. das Ziel, den Verfügungsbekl. zu verpflichten, das Vergabeverfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache einstweilen fortzuführen und ihm zu untersagen, bis zur Entscheidung in der Hauptsache ein neues Verfahren zur Vergabe der streitgegenständlichen Bauleistung oder Teile hiervon einzuleiten. Sie macht geltend, durch die Aufhebung der Ausschreibung in ihren Rechten aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt zu sein, da ein sachlich rechtfertigender Grund für die Aufhebung der Ausschreibung nicht bestehe.

Das LG hat durch Urteil den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen mit der Begründung, die Aufhebung der Ausschreibung sei nicht zu beanstanden, weil ein schwerwiegender Grund i.S.d. § 26 Nr. 1c) VOB/A vorliege, indem die für die Durchführung der Bauleistung erforderlichen Baumfällungen von Alleebäumen nicht mehr innerhalb der dafür in den Verdingungsunterlagen vorgesehenen Frist bis zum 15.3.2008 hätten ausgeführt werden können. Nach § 34 BrbNatSchG dürften Bäume in der Zeit vom 15.3. bis zum 15.9. nicht gefällt werden; die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung sei nicht hinreichend gesichert gewesen.

Die Berufung der Verfügungskl. wurde gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen. Die gegen die Festsetzung des Streitwerts erhobene Beschwerde und Gehörsrüge des Verfahrensbevollmächtigten des Verfügungsbekl. blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die Zurückweisung der Berufung beruht auf § 522 Abs. 2 ZPO. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteils aufgrund mündlicher Verhandlung gebieten. Zur Begründung wird zunächst auf die Hinweise des Senatsvorsitzenden mit Verfügung vom 15.7.2008 und vom 14.8.2008 Bezug genommen. Das Vorbringen der Verfügungsklägerin in ihren Schriftsätzen vom 30.7.2008 und vom 1.9.2008 rechtfertigt im Ergebnis eine andere Beurteilung nicht.

1. Hinsichtlich des von der Verfügungsklägerin im Wege der einstweiligen Verfügung begehrten Antrages, dem Verfügungsbeklagten aufzugeben, das Vergabeverfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache einstweilen fortzusetzen, fehlt es an einem Verfügungsgrund, worauf der Senat bereits mit der Verfügung vom 15.7.2008 hingewiesen hat. Ein Bedürfnis für eine Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren ist nicht dargelegt und auch sonst nicht ersichtlich. Nach §§ 935, 940 ZPO ist ein Verfügungsgrund nur gegeben, wenn durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Verfügungsklägerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde oder die begehrte Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Die Verfügungsklägerin erstrebt im vorliegenden Fall mit der begehrten Anordnung der Rücknahme der Aufhebung der Ausschreibung gerade nicht die Aufrechterhaltung des bestehenden Zustandes, sondern möchte eine Fortsetzung des Ausschreibungsverfahrens erreichen. Ihr Begehren geht daher über eine reine Sicherung des bestehenden Status quo hinaus, so da...

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