Normenkette

BGB § 409 Abs. 1, § 808 Abs. 1 S. 1; VVG § 4 Abs. 1

 

Tenor

I. Die Berufung der Kläger gegen das am 15.08.2017 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 11. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 11 O 244/16 - wird

A. betreffend den Feststellungsantrag zu 3) - die Kapitallebensversicherung der Klägerin zu 2) mit der Police Nr. 6.3 441 942.93 - gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig verworfen und

B. im Übrigen gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmig gefassten Beschluss als unbegründet zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Klägern zur Last.

III. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils und dieses Beschlusses gegen sie vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Gebührenstreitwert für die zweite Instanz wird auf EUR 40.385,67 festgesetzt.

 

Gründe

I. Die klagenden Eheleute streiten mit der Beklagten, einem Lebensversicherer, über die Fortexistenz von insgesamt drei kapitalbildenden Lebensversicherungen, die sie im Jahre 2010 - im Rahmen eines Kaufvertrages nebst Abtretungsvereinbarung - an die (inzwischen insolvente) S...-GmbH veräußert haben. Die Zessionarin zeigte der Berufungsgegnerin Kauf und Abtretung an. Sie erklärte die Kündigung der Versicherungsgeschäfte und vereinnahmte die aktuellen Rückkaufswerte. Ob dies zu Recht geschah, ist - insbesondere mit Blick auf die Wirksamkeit der Abreden, die die Berufungsführer mit der S...-GmbH getroffen haben, sowie auf die Folgen einer eventuellen Nichtigkeit dieser Vereinbarungen - Kern der Meinungsverschiedenheiten beider Seiten. Ihren Versicherungsvertrag mit der Police Nr. 6.3 441 942.93 hatte die Klägerin zu 2) noch vor dem Abschluss des Veräußerungsgeschäftes persönlich gegenüber der Beklagten gekündigt. Im Übrigen wird zur näheren Darstellung des Sachverhaltes und der bisherigen Prozessgeschichte gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (LGU 2 ff.). Die einstigen Hilfsanträge, die auf die Wiederherstellung der Versicherungsgeschäfte und der damit verbundenen Ansprüche gerichtet waren, verfolgen die Rechtsmittelführer in der Berufungsinstanz nicht weiter.

Beim Landgericht Potsdam, das in der Vorinstanz erkannt hat, ist die Klage erfolglos geblieben. Begründend hat die Zivilkammer im Wesentlichen ausgeführt: Die Kapitallebensversicherung der Klägerin zu 2) mit der Nr. 6.3 441 942.93 sei durch eigene Kündigung der Versicherungsnehmerin und Auszahlung des Guthabens an die S...-GmbH erloschen; die beiden anderen Versicherungsgeschäfte hätten durch die Kündigungen der Zessionarin und die anschließende Auskehr des Rückkaufswertes ihr Ende gefunden. Ob die Kaufverträge respektive die Abtretungsvereinbarungen gegen ein gesetzliches Verbot verstießen, könne offenbleiben, weil der Beklagten jedenfalls der Schutz des § 808 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 VVG zukomme; die Legitimationswirkung, die ein Versicherungsschein danach entfalte, erstrecke sich sowohl auf die Kündigungsbefugnis als auch auf die Berechtigung zur Vereinnahmung des Rückkaufswertes. Unter den gegebenen Umständen sei davon auszugehen, dass den Kündigungserklärungen der S...-GmbH die Policen im Original beigelegen hätten. Welche materiell-rechtlichen Befugnisse der jeweilige Urkunden-Inhaber tatsächlich besitze, müsse der Schuldner im Rahmen von § 808 BGB nicht prüfen. Dass der Beklagten eine mangelnde Berechtigung der Zessionarin positiv bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt gewesen sei, lasse sich im Streitfall nicht feststellen. Ebenso wenig gebe es Anhaltspunkte dafür, die Berufungsgegnerin habe sich fahrlässig der Erkenntnis verschlossen, dass die S...-GmbH unerlaubt eine Rechtsdienstleistung erbringe. Auch Pflichten gemäß § 6 Abs. 4 VVG seien nicht verletzt worden; der Versicherer müsse weder wirtschaftliche Entscheidungen des Versicherungsnehmers hinterfragen noch diesen beim Abschluss von Rechtsgeschäften mit Dritten beraten. Im Übrigen genieße die Beklagte den Vertrauensschutz nach § 409 Abs. 1 Satz 1 BGB; ein gesetzliches Abtretungsverbot, das dem entgegenstehen würde, oder sonstige Gründe, die dem Zedenten die Verfügungsbefugnis über die Forderung nähmen, gebe es in Fällen der streitgegenständlichen Art nicht. Keineswegs stehe jeder Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB einem Abtretungsverbot gleich; aus der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung ergebe sich nichts Abweichendes. An offensichtlicher Nichtigkeit der Abtretungen fehle es hier. Wegen der weiteren Details wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils verwiesen (LGU 5 ff.).

Letzteres ist den Klägern - zu Händen ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten - laut ...

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