Leitsatz (amtlich)
1. Reiseentschädigungen der Partei rechnen nach Nr. 9008 des Gerichtskostenverzeichnisses zu den gerichtlichen Auslagen i.S.d. § 122 Abs. 1 Nr. 1a ZPO, wenn sie durch eine gerichtliche Maßnahme veranlasst worden sind.
2. Die Entscheidung über Bewilligung einer Reiseentschädigung der Partei ist kein Justizverwaltungsakt, sondern ein Akt der Rspr. und als solcher grds. beschwerdefähig.
3. Der gerichtliche Beschluss über die Erstreckung der bewilligten Prozesskostenhilfe auf die Reisekosten ist auch für die Staatskasse unanfechtbar, sofern nicht eine greifbare Gesetzeswidrigkeit gerügt wird.
Verfahrensgang
AG Bad Liebenwerda (Aktenzeichen 16 F 244/02) |
Tenor
1. Das als sofortige Beschwerde zu behandelnde Rechtsmittel der Staatskasse vom 20.6.2003 wird verworfen.
2. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
Die „Beschwerde” der Staatskasse vom 20.6.2003 ist infolge Unzulässigkeit zu verwerfen.
Die Bewilligung der Erstattung der Pkw-Fahrtkosten durch Beschluss des AG Bad Liebenwerda vom 14.2.2003 unterliegt der sofortigen Beschwerde nach § 127 ZPO. Die Reisekostenentschädigung wird vom Gericht bewilligt; lediglich die Anweisung der Kosten erfolgt durch den zuständigen Beamten der Geschäftsstelle. Die Entscheidung über Bewilligung einer Reiseentschädigung der Partei ist kein Justizverwaltungsakt, sondern ein Akt der Rspr. im Rahmen der Prozesskostenhilfe und als solcher nach § 127 ZPO beschwerdefähig (vgl. BGH, NJW 1975, 1124 [1125]; Zöller-Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 122 Rz. 27). Reiseentschädigungen der Partei rechnen nach Nr. 9008 des Gerichtskostenverzeichnisses zu den gerichtlichen Auslagen i.S.d. § 122 Abs. 1 NR. 1a ZPO, wenn sie durch eine gerichtliche Maßnahme veranlasst worden sind (OLG Nürnberg FamRZ 1998, 252; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 122 Rz. 26). Eine gerichtliche Veranlassung liegt insb. vor, wenn das persönliche Erscheinen der Partei angeordnet worden ist und sie daher persönlich geladen wurde. Im vorliegenden Fall hat das Gericht unter dem 7.1.2003 das persönliche Erscheinen des Klägers zum Termin der mündlichen Verhandlung am 17.3.2003 angeordnet.
Die Beschwerde des Bezirksrevisors als Vertreter der Staatskasse gegen den Bewilligungsbeschluss ist jedoch nicht zulässig. Die Vorschrift des § 127 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 ZPO schränkt die Beschwerdebefugnis der Staatskasse auf die im Gesetz ausdrücklich genannten Fälle einer fehlenden Zahlungsanordnung (aus dem Einkommen oder aus dem Vermögen) und enthält zudem eine Beschränkung der möglichen Anfechtungsgründe. Es werden nur solche Beschwerdeanträge zugelassen, die auf Leistung von Zahlungen auf die Kosten der Prozessführung gerichtet sind, § 127 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf bestimmte Kosten des Verfahrens – wie hier auf Reisekosten der Partei – kann die Staatskasse aufgrund der durch § 127 Abs. 3 S. 2 ZPO gesetzlich getroffenen Beschränkung ihrer Beschwerdebefugnis nicht angreifen (OLG Nürnberg FamRZ 1998, 252 m.w.N.). Gegenstand der sofortigen Beschwerde kann mithin nicht der die Erstreckung auf die Reisekosten beinhaltende Beschluss vom 14.2.2003, wie er ausdrücklich als Beschwerdegegenstand genannt wird. Es liegt auf kein Ausnahmefall der „greifbaren Gesetzeswidrigkeit” vor (OLG Nürnberg JurBüro, 1990, 638). Angesichts der Fahrzeit von zumindest 8 Stunden für eine Fahrtstrecke und der damit bei einem Termin zur mündlichen Verhandlung um 9.00 Uhr anfallenden Übernachtungskosten ist die Bewilligung der Pkw-Kosten nicht unzweifelhaft ausgeschlossen.
Hinsichtlich dieses Bewilligungsbeschlusses wäre zudem die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde infolge Zeitablaufs nach § 127 Abs. 3 S. 4 und 5 ZPO entfallen. Das Beschwerderecht der Staatskasse ist zeitlich in doppelter Weise beschränkt. Neben der Beschwerdefrist von einem Monat wird die sofortige Beschwerde durch Zeitablauf unstatthaft, wenn nicht der Bezirksrevisor nach § 127 Abs. 3 S. 4 ZPO die sofortige Beschwerde vor Ablauf von drei Monaten ab Verkündung bzw. bei nicht verkündeten Beschlüssen nach § 127 Abs. 3 S. 5 ZPO vor Ablauf von drei Monaten ab Übergabe an die Geschäftsstelle einlegt. Dies ist nicht geschehen. Der die Pkw-Fahrtkosten bewilligende Beschluss vom 14.2.2003 gelangte am selben Tag zur Geschäftsstelle. Die nach § 222 ZPO am 15.2.2003 beginnende Frist endete mithin am 14.5.2003 und damit vor Einlegung der sofortigen Beschwerde vom 20.6.203.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Behnert
Fundstellen
Haufe-Index 1103855 |
FamRZ 2004, 708 |
NJW-RR 2004, 63 |
KammerForum 2004, 71 |
OLGR-NBL 2004, 67 |