Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmung des allein Sorgeberechtigten bei Antrag auf Sorgerechtswechsel

 

Leitsatz (redaktionell)

Ablehnung der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts von der allein sorgeberechtigten und nicht zustimmenden Mutter auf den nicht mit ihr verheirateten Vater des Kindes.

 

Normenkette

BGB §§ 1672, 1626a, 1666; GG Art. 6 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Neuruppin (Beschluss vom 03.08.2007; Aktenzeichen 53 F 86/07)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG Neuruppin - Familiengericht - vom 3.8.2007 - 53 F 86/07 - wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei.

Eine außergerichtliche Kostenerstattung findet nicht statt.

Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Das am ... 2007 geborene Kind K.F. ist die nicht in einer Ehe geborene Tochter des Antragstellers und der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin hat die alleinige elterliche Sorge inne.

Die Antragsgegnerin hat wegen geistiger Minderbemittlung und eigener psychischer Probleme eine Betreuerin bekommen und wohnt seit dem 1.7.2007 in vollstationärer Pflege in einer Einrichtung. Die Antragsgegnerin hatte kurze Zeit, nachdem das Kind in ihre Obhut gegeben worden war, festgestellt, dass sie mit einer regelmäßigen Versorgung und Betreuung des Kindes überfordert ist aufgrund ihrer eigenen physischen und psychischen Probleme. Aus diesem Grunde entschloss sich die Antragsgegnerin das Kind vorübergehend in eine Pflegefamilie zu geben, um eine Stabilisierung ihrer eigenen Situation in einer vollstationären Behandlung betreiben zu können. Das Kind befindet sich seit dem 8.5.2007 in einer Pflegefamilie.

Mit Schriftsatz vom 7.5.2007 - eingegangen am 10.5.2007 - beim AG Neuruppin, hat der Antragsteller beantragt, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die am ... 2007 geborene K.F. auf ihn, den Antragsteller, zu übertragen.

Das AG hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dieser sei bereits unzulässig. Denn der Antragsteller könne gegen den Willen der Kindesmutter das Sorgerecht nicht erlangen. Es seien insbesondere auch keine Gründe dafür ersichtlich, dass das Gericht hier gem. § 1666 BGB von Amts wegen tätig werden müsste. Dadurch, dass die Kindesmutter das Kind in eine Pflegefamilie gegeben habe, habe sie gerade eine Kindeswohlgefährdung abgewendet.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners mit der er ausführt, die Voraussetzungen des § 1666 BGB seien bereits deshalb gegeben, weil die Antragstellerin unverschuldet ihrer elterlichen Sorge nicht nachkommen könne. Auch seine Versuche, ein Umgangsrecht durchzuführen, seien kläglich gescheitert.

Die gem. § 621e ZPO in zulässiger Weise eingelegte befristete Beschwerde des Antragstellers ist in der Sache nicht begründet. Dem AG ist darin zuzustimmen, dass die Übertragung des alleinigen Sorgerechts bzw. des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das nicht in einer Ehe geborene Kind K.F. auf den Beschwerdeführer abzulehnen ist, weil die erforderliche Zustimmung der Kindesmutter nicht vorliegt und nicht gerichtlich ersetzt werden kann. Auch mit der Beschwerdebegründung ist weder hinreichend vorgetragen, noch erkennbar, dass Kindeswohlgesichtspunkte dem vom Beschwerdeführer begehrten Sorgerechtswechsel begründen könnten. Unstreitig liegt eine gemeinsame Sorgerechtserklärung des Antragstellers und der Antragsgegnerin i.S.d. § 1626a Abs. 1 BGB nicht vor. Dies hat zur Folge, dass die Antragsgegnerin die alleinige Sorgerechtsinhaberin gem. § 1626a Abs. 2 BGB ist. Eine Übertragung des Sorgerechts bzw. eines Teiles des Sorgerechts, wie hier beantragt des Aufenthaltsbestimmungsrechts, auf den Antragsteller ist nur mit Zustimmung der Kindesmutter möglich, § 1672 Abs. 1 Satz 1 BGB, dem auch eine ggf. anzunehmende Geschäftsunfähigkeit bzw. eingeschränkte Geschäftsfähigkeit der Kindesmutter nicht entgegensteht. Ebenso wenig begegnen die Vorschriften des § 1672 Abs. 1 Satz 1, § 1626 Abs. 2 BGB verfassungsrechtlichen Bedenken.

Das BVerfG hat bereits mit Urt. v. 29.1.2003 - 1 BvL 20/99, 1 BvR 933/01 - entschieden, dass es nicht gegen das Elternrecht des Vaters eines nicht ehelichen Kindes nach Art. 6 Abs. 2 GG verstößt, dass das Kind nach § 1626a Abs. 2 BGB zunächst rechtlich allein der Mutter zugeordnet und grundsätzlich ihr die Personensorge übertragen ist. Vor diesem Hintergrund hat das BVerfG auch keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 1672 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach dann, wenn die Eltern nicht nur vorübergehend getrennt leben und die elterliche Sorge nach § 1626a Abs. 2 BGB der Mutter zusteht, der Vater nur mit Zustimmung der Mutter die alleinige Übertragung der elterlichen Sorge auf sich beantragen kann, gesehen. Ein Sorgerechtswechsel kann - anders als die gemeinsame Sorge beider Eltern - nicht zur Verfestigung der Beziehung des Kindes zu beiden Elternteilen beitragen, sondern ersetzt die bisherige Sorgetragung eines Elternteils durch die des Anderen. Es ist verfassungsrechtlich n...

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