Leitsatz (amtlich)

Bei Unfallversicherungen, die eine Prämienrückgewähr gewährleisten, handelt es sich um einsetzbares Vermögen nach § 115 Abs. 3 ZPO.

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Beschluss vom 21.03.2006; Aktenzeichen 34 F 47/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Dies gilt schon deshalb, weil die Bedürftigkeit des Antragstellers nicht abschließend geprüft werden kann, was zu dessen Lasten geht.

1. Prozesskostenhilfe ist eine besondere Form der Sozialhilfe, die von der solidarisch verbundenen Allgemeinheit im Bereich der Rechtspflege der bedürftigen Partei zur Verfügung gestellt wird (BGH JAmt 2005, 323 [324]). Von der bedürftigen Partei kann erwartet werden, dass sie aktiv am Verfahren über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe mitwirkt. Mit der positiven Bewilligung kann die Partei lediglich dann rechnen, wenn sie die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung der PKH in ausreichender Weise dargetan hat (BGH FamRZ 2004, 99). Über ihre Vermögensgegenstände hat sich die Partei grundsätzlich auch ohne gerichtlicherseits erteilte Aufforderung zu erklären, da für die um Prozesskostenhilfe ersuchende Partei erkennbar ist, dass ihr nur bei tatsächlich bestehender Bedürftigkeit Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann (OLG Brandenburg NJW-RR 2005, 871 [872]; FamRZ 2005, 1912; v. 20.1.2003 - 9 WF 9/03, FamRZ 2004, 120). Erst recht gilt dies bei einer anwaltlich vertretenen Partei (OLG Brandenburg NJW-RR 2005, 871 [872]; FamRZ 2005, 1912; v. 20.1.2003 - 9 WF 9/03, FamRZ 2004, 120; v. 4.9.2003 - 9 WF 158/03, FamRZ 2004, 972). Verstößt die Partei gegen diese Pflichten, kann dies den Vorwurf der Mutwilligkeit rechtfertigen (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 114 Rz. 36).

2. Diesen Anforderungen ist der Antragsteller in mehrfacher Hinsicht nicht ausreichend nachgekommen.

a) Der Antragsteller führt bei der MBS Potsdam ein Girokonto, über das er keinerlei Unterlagen eingereicht hat. Inwieweit ihm hieraus ein Guthabenanspruch zusteht, ist daher nicht feststellbar.

b) Der Antragsteller führt eine Unfallversicherung. Zwar handelt es sich bei Unfallversicherungen regelmäßig um reine Risikoversicherungen, die als solche mangels der Bildung eines später auszuzahlenden Deckungskapitals nicht einer vermögensrechtlichen Verwertung zugänglich sind.

Bei der vorliegenden Unfallversicherung handelt es sich aber ausweislich der durch den Antragsteller eingereichten Unterlagen um eine sog. Unfall-Prämienrückgewähr-Versicherung, auf die er jährlich derzeit rund 446 EUR einzahlt. Der Antragsteller erhält damit nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit einen (Teil-)Betrag seiner eingezahlten Versicherungsprämien ausbezahlt. Es handelt sich im Ergebnis um eine Mischform aus Vermögensbildung und Unfallschutz. Damit kommt dieser Versicherung ein einem Sparvertrag oder einer kapitalbildenden Lebensversicherung vergleichbarer Charakter zu.

Eine vorhandene Lebensversicherung muss einer Verwertung zugeführt werden - sei es im Wege der Beleihung, sei es im Wege der Realisierung des Rückkaufswertes - bevor die Solidarität der Allgemeinheit durch Gewährung von Prozesskostenhilfe in Anspruch genommen wird (allgemein dazu BVerwG v. 13.5.2004 - 5 C 3/03, NJW 2004, 3647 [3648]; OLG Stuttgart v. 22.1.2003 - 11 WF 5/03, FamRZ 2004, 1651; OLG Köln FamRZ 2004, 382; KG v. 4.2.2003 - 17 WF 19/03, KGReport Berlin 2004, 171 = FamRZ 2003, 1394; AG Pforzheim v. 1.7.2004 - 5 F 162/04, FamRZ 2005, 467 [468]). Daran ändert auch nichts, dass dieses Kapital - möglicherweise - der Alterssicherung dient, da auch ein solches Kapitalvermögen einzusetzen ist (OLG Brandenburg v. 5.1.2006 - 9 WF 358/05, OLGReport Brandenburg 2006, 256 [257]; OLG Frankfurt v. 27.5.2004 - 2 WF 34/04, FamRZ 2005, 466). Dabei kann sich die Partei auch nicht darauf berufen, dass mit der vorzeitigen Realisierung der Versicherung Verluste verbunden sind. Eine Vermögensbildung zu Lasten der Allgemeinheit ist abzulehnen. Der Einsatz von Vermögenswerten ist auch dann zumutbar, wenn mit der vorzeitigen Kündigung Einbussen verbunden sind (BSG FamRB 2005, 347 für Kapitallebensversicherungen; OLG Celle v. 9.12.2004 - 21 WF 351/04, FamRZ 2005, 992 für Sparguthaben; OLG Brandenburg v. 5.1.2006 - 9 WF 358/05, OLGReport Brandenburg 2006, 256 [257]; i.E. auch OLG Frankfurt v. 27.5.2004 - 2 WF 34/04, FamRZ 2005, 466). Zumindest bedarf es eines - hier fehlenden - eingehenden Vortrages dazu, weshalb im konkreten Fall mit der vorzeitigen Realisierung unzumutbare Kosten verbunden sind oder aus welchen sonstigen Gründen die Fortführung des Versicherung bzw. des Sparvertrages zwingend notwendig ist.

c) Zuletzt führt der Antragsteller eine kapitalbildende Lebensversicherung, über deren Rückkaufwert er ebenfalls keinerlei Unterlagen eingereicht hat. Insoweit wird ebenfalls ein Rückkaufwert vorhanden sein, zu dem sich der Antragsteller in keiner Weise näh...

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