Entscheidungsstichwort (Thema)

Abstammungsrecht: Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine Vaterschaftsfeststellung

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 121; FamFG § 78 Abs. 2, § 114; BGB §§ 1592, 1598a, 1599-1600, 1600d

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird teilweise abgeändert.

Der weiteren Beteiligten zu 1. wird Rechtsanwalt ... in N. zu den Bedingungen eines in dem Bezirk des AG Rathenow niedergelassenen Rechtsanwaltes beigeordnet.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Das Kind C. N., vertreten durch das Jugendamt des Landkreises ... als seines Beistandes, betreibt in vorliegender Sache die Feststellung der Vaterschaft des weiteren Beteiligten zu 2. Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG der weiteren Beteiligten zu 1., der Mutter des Kindes, zur Verfolgung ihrer Rechte Verfahrenskostenhilfe gewährt, jedoch die beantragte Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten abgelehnt. Hiergegen wendet sich die weitere Beteiligte zu 1. mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde, dem das Familiengericht nicht abgeholfen hat.

II. Das zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

1. Die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts liegen vor.

Gemäß § 78 Abs. 2 FamFG wird dem Beteiligten, wenn - wie gem. § 114 Abs. 1 FamFG hier - eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist, auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Die dabei gebotene einzelfallbezogene Prüfung lässt eine Herausbildung von Regeln, nach denen dem mittellosen Beteiligten für bestimmte Verfahren immer oder grundsätzlich ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, regelmäßig nicht zu. Ein Regel-Ausnahme-Verhältnis ist nach der gebotenen individuellen Bemessung deswegen nicht mit dem Gesetz vereinbar (BGH FamRZ 2010, 1427 Tz. 20). Entscheidend ist, ob ein bemittelter Rechtsuchender in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (BGH, a.a.O., Tz. 23, 25). Jeder der im Gesetz genannten Umstände, sowohl die Schwierigkeit der Sachlage als auch die Schwierigkeit der Rechtslage, kann für sich allein die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe erforderlich machen (BGH, a.a.O., Tz. 14). Die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines Rechtsanwalts beurteilt sich darüber hinaus auch nach den subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten (BGH, a.a.O., Tz. 21 ff.; OLG Brandenburg, 2. Familiensenat, Beschl. v. 24.2.2011 - 10 WF 297/10).

Allein aufgrund etwa eingeschränkter subjektiver Fähigkeiten ist der weiteren Beteiligten zu 1. ein Rechtsanwalt nicht beizuordnen. Denn sie hat nicht etwa geltend gemacht, dem gerichtlichen Verfahren aus Gründen fehlender intellektueller Leistungsfähigkeit nicht folgen zu können.

Die Beiordnung ist aber aus objektiven Gründen, also solchen, die das Verfahren als solches betreffen, geboten.

Insoweit hat der BGH zwar - wie bereits ausgeführt - die Auffassung vertreten, dass eine Herausbildung von Regeln, nach denen dem mittellosen Beteiligten für bestimmte Verfahren immer oder grundsätzlich ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, regelmäßig nicht ge-stattet ist. Hiervon hat der BGH aber selbst Ausnahmen zugelassen. So hat er gerade für Abstammungsverfahren nach dem bis zum 30.8.2009 geltenden Recht im Hinblick auf § 121 Abs. 2 ZPO entschieden, dass dem Beklagten (d.h. dem zumindest rechtlichen Vater), dem Prozesskostenhilfe bewilligt wird, wegen der Bedeutung der Statusfeststellung auf seinen Antrag regelmäßig sogleich ein Rechtsanwalt beizuordnen ist (BGH FamRZ 2007, 1968). Im Anwendungsbereich des § 78 FamFG hat der BGH entschieden, dass in einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren dem antragstellenden Beteiligten (rechtlichem Vater) im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe ein Rechtsanwalt beizuordnen ist (BGH, FamRZ 2012, 1290).

So liegt der Fall hier aber nicht, denn die Kindesmutter begehrt die Beiordnung ihres Verfahrensbeistandes im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe.

Allerdings vertritt das OLG Karlsruhe die weiter gehende Rechtsauffassung, dass sich das antragstellende Kind im Vaterschaftsfeststellungsverfahren in den Fällen, in denen grundsätzlich eine Anwaltsbeiordnung in Betracht kommt, nicht auf die Möglichkeit einer Beistandschaft durch das Jugendamt verweisen lassen muss, so dass ihm auf Antrag sein Verfahrensbevollmächtigter beigeordnet werden muss (FamRZ 2009, 900). Zur Begründung führt das Gericht u.a. aus, bereits die existentielle Bedeutung der Statusfeststellung lege die Beiordnung eines Rechtsanwaltes nahe, so dass grundsätzlich für Statusprozesse Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen sei (so auch: OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 241); im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass in kaum einem anderen Verfahren als dem Vaterschaftsfeststellungsprozess eine Partei gehalten sei, ihre Privat- und Intimsphäre zu offenbaren, weshalb es nachvollziehbar und ve...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge