Tenor

Sachlich zuständig ist das Landgericht Potsdam.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat die Beklagte aus abgetretenem Recht auf die Zahlung eines Entgelts für die Erbringung zahnärztlicher Leistungen in Höhe von 4.070,49 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlichen Kosten in Anspruch genommen. Die Beklagte hat sich gegen die Klage verteidigt.

Das zunächst angerufene Amtsgericht Brandenburg an der Havel hat durch Beschluss vom 31.5.2023 die Verbindung des Rechtsstreits mit dem Rechtsstreit 37 C 192/22 Amtsgericht Brandenburg an der Havel, der eine Hauptforderung in Höhe von 932,79 EUR zum Gegenstand hat, ausgesprochen. Gleichzeitig hat es darauf hingewiesen, dass seine sachliche Zuständigkeit nicht mehr gegeben sei, da der Streitwert nunmehr den Betrag in Höhe von 5.000 EUR übersteige; angesichts des bestehenden Sachzusammenhangs der erhobenen Forderungen sei § 506 Abs. 1 ZPO entsprechend anzuwenden, sodass beide Parteien einen Verweisungsantrag stellen könnten.

In Reaktion darauf haben sowohl die Klägerin als auch die Beklagte mit Schriftsätzen vom 2.6.2023 und 9.6.2023 die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Potsdam beantragt.

Durch Beschluss vom 11.6.2023 hat das Amtsgericht Brandenburg an der Havel den Streitwert auf 5.003,28 EUR festgesetzt, sich für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Potsdam verwiesen. Zur Begründung hat es auf den Inhalt der Beschlussfassung vom 31.5.2023 Bezug genommen.

Das Landgericht Potsdam hat sich nach Hinweisen auf Bedenken gegen seine sachliche Zuständigkeit und gegen die Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses durch Beschluss vom 25.9.2023 ebenfalls für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Brandenburg an der Havel zurückverwiesen.

Das Amtsgericht Brandenburg an der Havel hat durch Verfügung vom 18.12.2023 die Sache dem Senat zur Bestimmung der Zuständigkeit vorgelegt.

II. Auf die Vorlage durch das Amtsgericht Brandenburg an der Havel ist die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Potsdam für den Rechtsstreit auszusprechen.

1. Der Zuständigkeitsstreit ist gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO durch das Brandenburgische Oberlandesgericht zu entscheiden, da die am Gerichtsstandsbestimmungsverfahren beteiligten Gerichte sich in seinem Bezirk befinden.

2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6, der auch für die sachliche Zuständigkeit gilt (Zöller/Schultzky, ZPO, 35. Aufl., § 36, Rn. 4), liegen vor. Sowohl das Amtsgericht Brandenburg an der Havel als auch das Landgericht Potsdam haben sich im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO rechtskräftig für unzuständig erklärt, und zwar Ersteres durch den Verweisungsbeschluss vom 11.6.2023 und Letzteres durch die Beschlussfassung über die Zurückverweisung des Rechtsstreits vom 25.9.2023. Beide Entscheidungen genügen den Anforderungen, die an das Merkmal "rechtskräftig" im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind, weil es dafür allein darauf ankommt, dass eine den Parteien bekanntgemachte beiderseitige Kompetenzleugnung vorliegt (statt vieler: Senat, NJW 2004, 780; Zöller/Schultzky, ZPO, a.a.O., § 36, Rn. 34 f.).

3. Sachlich zuständig ist das Landgericht Potsdam.

Seine Zuständigkeit folgt aus der Bindungswirkung des Beschlusses des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel vom 11.6.2023 nach § 281 Abs. 2 ZPO. Aufgrund dieser klaren gesetzlichen Regelung kann die Bindungswirkung nur ausnahmsweise infolge der Verletzung höherrangigen (Verfassungs-)Rechts, namentlich bei der ungenügenden Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder bei objektiv willkürlicher Entziehung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) entfallen. Im Interesse einer baldigen Klärung und Vermeidung wechselseitiger (Rück-)Verweisungen ist die Willkürschwelle dabei hoch anzusetzen. Einfache Rechtsfehler, wie etwa das Übersehen einer die Zuständigkeit begründenden Rechtsnorm, rechtfertigen die Annahme einer objektiv willkürlichen Verweisung grundsätzlich nicht. Hinzukommen muss vielmehr, dass die Verweisung offenbar gesetzwidrig oder grob rechtsfehlerhaft ist, also gleichsam jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (BGH, Beschluss vom 17.5.2011, X ARZ 109/11, zitiert nach juris; Senat JMBl. 2007, 65, 66; NJW 2006, 3444, 3445; 2004, 780; eingehend ferner: Tombrink, NJW 2003, 2364 f.; jeweils m. w. N.).

Den derart zu konkretisierenden Einschränkungen der Bindungswirkung hält der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel vom 11.6.2023 - noch - Stand.

Der Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör ist beachtet worden, nachdem das Amtsgericht Brandenburg an der Havel die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Potsdam auf die wechselseitigen Verweisungsanträge der Parteien vom 2.6.2023 und 9.6.2023 ausgesprochen hat. Im Lichte des zum Ausdruck gebrachten beiderseitigen Einverständnisses mit der Verweisung hätte sich eine - erneute - Anhörung zum jeweiligen Verweisungsantrag der gegnerischen Prozesspartei in einer bloßen Förmelei erschöpft, die dem Amtsgericht B...

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