Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin zu 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 21.01.2019, Az. c, aufgehoben. Der Antrag der Beteiligten zu 2, einen Erbschein zu erteilen, der sie als Alleinerbin nach der Erblasserin ausweist, wird zurückgewiesen. Das Amtsgericht wird angewiesen, einen Erbschein zu erteilen, der die Antragstellerin zu 1 als Alleinerbin nach der Erblasserin ausweist.

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Erbscheinverfahrens zu tragen.

3. Der Beschwerdewert beträgt bis zu 100.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten im Erbscheinverfahren um die Rechtsnachfolge nach der Erblasserin, ihrer Mutter (Beteiligte zu 1) bzw. Schwester (Beteiligte zu 2).

Die Erblasserin und ihr im Jahr 2011 vorverstorbener Ehemann hatten mit Testament vom 16.11.2001 u.a. wie folgt verfügt:

"Wir, I... J..., .... und H... J... ... sind seit dem .... miteinander verheiratet. Wir legen fest:

1. Sollte ein Partner unserer Ehe sterben, so verfügt der andere Partner über den gesamten Besitz unserer Ehe. Für den Fall, daß einer unserer Verwandten beim Tod des Erstversterbenden seinen Pflichtanteil geltend macht, soll dieser auch beim Tod des längerlebenden Ehegatten nur seinen Pflichtteil erhalten.

2. Sterben beide Partner unserer Ehe, so geht der gesamte Besitz unserer Ehe in die gesetzliche Erbfolge über. Haupterbin ist dabei unsere Tochter M... G.... ......

Sollte einer unserer Erben den Verkauf unseres Grundstücks anstreben, so legen wir fest ....".

Mit Nachtrag vom 27.10.2005 zu diesem Testament regelten die Ehegatten weiter, dass von ihrem Vermögen "ein Betrag von mindestens 10.000 EUR für unsere Bestattung verwendet wird, daß unsere Ruhestätten nebeneinander liegen und daß unsere Bestattung am Wohnort unserer Tochter erfolgt."

Nachdem die psychisch belastete Antragstellerin zu 1 im Jahre 2013 die ihr erteilte Vorsorgevollmacht im Zusammenhang mit dem sich verschlechternden Gesundheitszustand der Erblasserin zurückgegeben und weitere Kontakte zu dieser abgelehnt hatte, testierte diese unter dem 05.11.2016 folgendermaßen neu (auszugsweise):

"Ich, I... J... ... bin seit 2011 verwitwet. Mit dem von mir hier errichteten Testament hebe ich jedwede frühere von mir oder auch gemeinsam mit meinem ehemaligen Ehegatten errichtete letztwillige Verfügung von Todes wegen auf. Ich bin durch keine vorhergehende Verfügung von Todes wegen in meinem Besitz und Verfügung hierüber beschränkt worden.

Zu meinem alleinigen Erben verfüge ich meine Schwester W... J... Für den Fall, daß meine Schwester vor meinem Ableben versterben sollte, verfüge ich als testamentarische Erben die Kinder meiner Schwester ...

Aufgrund des Guthabenbestandes (Geldbestandes) als Nachlaß verfüge ich, daß meine Tochter M... G.... ... ein Vermächtnis in Höhe von 20 % des in den Nachlaß fallenden Geldguthabenbestandes erhält.

Ebenfalls jeweils ein Vermächtnis in Höhe von 20 % erhalten Ma... Sch..., Mi... Sch... sowie Dr. C. J.... ...."

Dazu verfasste sie eine Erklärung, in der sie die Unterstützung durch ihre Schwester und deren Angehörige hervorhob und ihrem Wunsche Ausdruck verlieh, dass ihr "letzter Wille - Testament vom 05.11.2016 - realisiert wird".

Die Beteiligten legen das Ehegattentestament vom 16.11.2001 unterschiedlich aus. Während die Antragstellerin, der einzige Abkömmling der Ehegatten, meint, die darin für den Fall des beiderseitigen Versterbens geregelte Erbfolge habe nach dem Willen der Testierenden auch in dem Fall gelten sollen, dass beide in größerem zeitlichen Abstand voneinander versterben, sie sei mithin als Schlusserbin eingesetzt worden, und die Erblasserin habe zwar zu Lebzeiten unbeschränkt über das gemeinsame Vermögen der Ehegatten verfügen dürfen, sei aber gemäß §§ 2271, 2296 BGB an den Inhalt des Testamentes gebunden gewesen, so dass ihre letztwillige Verfügung vom 05.11.2016 keine Rechtswirkungen entfalte, beruft sich die Antragstellerin zu 2 vor allem darauf, dass die nämliche Regelung nur im Fall des gleichzeitigen oder kurz aufeinanderfolgenden Versterbens der Eheleute habe gelten sollen, so dass die Erblasserin darin frei gewesen sei, wie geschehen neu zu testieren.

Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Erbscheinantrag der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen und die Tatsachen für die Erteilung des von der Beteiligten zu 2 beantragten Erbscheins für festgestellt erklärt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen (in Abweichung zum Inhalt eines früher erteilten Hinweises) ausgeführt, im Ergebnis überwögen unter Berücksichtigung des Wortlauts des Ehegattentestamentes die gegen eine Schlusserbeneinsetzung sprechenden Gesichtspunkte; die Formulierung einer Schlusserbeneinsetzung hätte insbesondere eine Bezeichnung des später versterbenden Ehegatten als des "länger lebenden" nahe gelegt.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1 ihre erstinstanzlichen Rechtsschutzziele weiter. Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die zulässige, insbesondere f...

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