Leitsatz (amtlich)
Die Zustellung des Protokolls im Amtsbetrieb reicht aus, um die Vollstreckung aus einem in einer Gewaltschutzsache geschlossenen Vergleich beginnen zu können. Der Vergleich bedarf der Klausel nicht, wenn der Vollstreckungsgläubiger sich mit seinem Antrag an das Gericht der Hauptsache zu wenden hat.
Verfahrensgang
AG Zossen (Beschluss vom 25.11.2014; Aktenzeichen 6 F 486/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des AG Zossen vom 25.11.2014 abgeändert:
Die Festsetzung von Ersatzordnungshaft entfällt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf die Hälfte ermäßigt. Im Übrigen tragen die Gläubigerin ein Fünftel und die Schuldnerin vier Fünftel der Kosten des Vollstreckungsverfahrens.
Gründe
Die Beschwerde ist nur teilweise begründet.
I. Die allgemeinen Voraussetzungen der Vollstreckung sind gegeben.
1. Die Gläubigerin betreibt die Vollstreckung aus einem in einer Gewaltschutzsache geschlossenen Vergleich (§§ 86 I Nr. 3 FamFG, 794 I Nr. 1 ZPO). Die Bestimmtheit der übernommenen Verpflichtungen steht jedenfalls für die Näherungsverbote nicht in Frage.
2. Das aufgenommene Protokoll (6 F 605/13, Bl. 60 f.) wurde der Schuldnerin am 30.5.2014 von Amts wegen zugestellt (§§ 95 I Nr. 4 FamFG, 795 S. 1, 750 I, 724 ZPO;, a.a.O., Bl. 66). Diese Zustellung reicht aus, um die Vollstreckung beginnen zu können.
Mit der Forderung, der nicht vom Gericht, sondern von den Beteiligten errichtete Titel müsse auf Betreiben des Gläubigers zugestellt werden (MünchKomm/ZPO-Heßler, 4. Aufl. 2012, § 750 Rz. 66; Musielak-Lackmann, ZPO, 11. Aufl. 2014, § 750 Rz. 18; Wieczorek/Schütze- Paulus, ZPO, 3. Aufl. 1999, § 795 Rz. 13; Zöller/Stöber, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 795 Rz. 1), wird der Zweck der Förmlichkeit verkannt. Die Zustellung ist erforderlich, um durch Urkunden einfach nachweisen zu können, dass der Schuldner Gelegenheit hatte, den Inhalt der zu vollstreckenden Verpflichtung zur Kenntnis zu nehmen. Diese den Schuldner schützende Wirkung hat die - wenn auch überobligatorische - Zustellung im Amtsbetrieb (Münzberg in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 750 Rz. 33; Wieczorek/Schütze-Salzmann, § 750 Rz. 26) ebenso wie die vom Schuldner selbst veranlasste Zustellung des Titels an den ebenfalls verpflichteten Gläubiger (Schuschke/Walker, Vollstreckung, 5. Aufl. 2011, § 750 Rz. 24).
3. Einer Vollstreckungsklausel - die die Gläubigerin nicht vorgelegt hat - bedarf es gem. § 86 III FamFG nicht. Die Erforderlichkeit einer Klausel wird mitunter vertreten (Keidel-Meyer-Holz, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 36 Rz. 51; zweifelnd: Musielak/Borth-Borth/Grandel, FamFG, 4. Aufl. 2013, § 36 Rz. 12), findet aber im Wortlaut der Norm keine eindeutige Stütze. Der Erlass wird zwar im § 38 III 3 FamFG legal definiert und dabei nur auf Beschlüsse des Gerichts bezogen. Dieses enge Verständnis hätte im § 86 III FamFG deutlich bestätigt werden können, indem ebenfalls Beschlüsse als Regelungsgegenstand bezeichnet werden. Dass allgemein Titel benannt werden, spricht eher dafür, dass neben den Beschlüssen auch die weiteren im § 86 I FamFG aufgeführten Vollstreckungstitel gemeint sind, die in dem Sinne vom Gericht erlassen sind, dass dessen Mitwirkung bei ihrer Errichtung zwingend erforderlich ist. Der Sinn und Zweck der Klausel als Vollstreckungsvoraussetzung und der weitgehenden Freistellung von diesem Erfordernis bestätigt dieses weite Verständnis, einen vom Gericht protokollierten Vergleich als vom Gericht erlassenen Titel anzusehen. Die Klausel schützt den Schuldner, indem vor Beginn der Vollstreckung der Bestand und die verfahrensrechtliche Vollstreckbarkeit des Titels von demjenigen Urkundsbeamten (§§ 95 Abs. 1 FamFG, 724 Abs. 2 ZPO) bescheinigt wird, der zu dieser Prüfung in der Lage ist, dem also die Urschrift des Titels und die Akten vorliegen, denen der Stand des Verfahrens zu entnehmen ist. Dadurch wird das Vollstreckungsorgan entlastet, das nichts entscheiden soll, was es ohne die Akten allein anhand der ihm vorgelegten Ausfertigungen nicht prüfen kann (Schuschke/Walker, vor § 724 Rz. 1; Zöller/Stöber, § 724 Rz. 1; MünchKomm/ZPO-Wallsteiner, § 724 Rz. 2). Auch ein Vergleich bedarf deshalb dann nicht der Klausel, wenn der Voll-streckungsgläubiger sich mit seinem Antrag an das Gericht der Hauptsache zu wenden hat, das den Bestand und die Wirksamkeit des Titels anhand der bei ihm noch geführten oder verwahrten Akten prüfen kann. Für die Vollstreckung einer Unterlassungsverpflichtung (§§ 95 I Nr. 4, 96 I 3 FamFG, 890 I 1 ZPO) bedarf es danach auch dann keiner Klausel, wenn aus einem Vergleich vollstreckt wird (Keidel-Giers, § 86 Rz. 17).
II. Die besonderen Voraussetzungen der Unterlassungsvollstreckung sind nur teilweise erfüllt.
Das AG hat die Ordnungsmittel durch einen im Anschluss an den Vergleich protokollierten Beschluss angedroht (§§ 95 I Nr. 4, 96 I 3 FamFG, 890 II ZPO), allerdings entgegen § 890 I ZPO allein die Festsetzung eines Ordnungsgeldes bis zu 1.000 EUR (6 F 605/...