Entscheidungsstichwort (Thema)
Umgangsrecht der Großeltern mit dem Enkelkind
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Umgangsrecht der Großeltern nach § 1685 BGB hängt davon ab, dass die Großeltern den grundsätzlichen Erziehungsvorrang des sorgeberechtigten Elternteils akzeptieren. Dies gilt auch dann, wenn dem Elternteil das Sorgerecht ganz oder – wie im vorliegenden Fall – in weiten Teilen entzogen worden ist.
2. Untersagt ein Elternteil den Umgang mit den Großeltern aus nachvollziehbaren Gründen, ist es Sache der Großeltern, schlüssig darzutun und notfalls zu beweisen, dass der gleichwohl beantragte Umgang dem Wohl des Kindes dient.
Normenkette
BGB § 1685
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsteller zu tragen.
Der Beschwerdewert beträgt 3.000 EUR.
Gründe
I. Die Antragsteller zu 1. und 2., Großeltern väterlicherseits, begehren Umgang mit ihrem jetzt sechs Jahre alten Enkelsohn R. Dieser lebt im Haushalt seiner allein sorgeberechtigten Mutter, besucht den Kindergarten und soll im Sommer dieses Jahres eingeschult werden. R.s Vater ist am 20.7.2007 gestorben. Im Zusammenhang mit der Nachlassregelung kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den Großeltern und der Mutter. R. wurde alleiniger Erbe seines Vaters und hat sich zur Absicherung einer Darlehensrückzahlungsforderung der Großeltern von 246.550 EUR diesen gegenüber in notarieller Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen.
Die Großeltern haben im Oktober 2009 das vorliegende Verfahren eingeleitet und Umgang mit R. verlangt. Die Mutter ist dem entgegengetreten und hat behauptet, R. stehe seinen Großeltern zunehmend gleichgültig gegenüber und wünsche keine Besuche.
Das Jugendamt hat in der Stellungnahme vom 22.10.2009 eine behutsame Annäherung der Großeltern an das Kind empfohlen und eine Kontaktanbahnung in der Kita vorgeschlagen. Eine solche haben die Großeltern abgelehnt.
Das AG hat die Beteiligten am 9.11.2009 angehört. R. hat auf Nachfrage erklärt, seine Großeltern nicht besuchen zu wollen, einen Grund hierfür hat er nicht genannt. Die Großmutter hat durch Schreiben vom 10.11.2009, beim AG eingegangen am selben Tag, erklärt, sie nehme ihren Umgangsantrag "ohne Angabe von Gründen" zurück.
Durch Beschluss vom 10.11.2009 hat das AG, ungeachtet der für wirksam erachteten Antragsrücknahme der Großmutter, den Antrag der Großeltern auf Gewährung von Umgang mit ihrem Enkel R. zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss wenden sich die Großeltern mit der Beschwerde, nachdem der Großvater durch Schreiben vom 11.11.2009 die Antragsrücknahme seiner Ehefrau widerrufen hat.
Beide Großeltern tragen nun vor:
Das vom AG angeführte beträchtliche Spannungsverhältnis zwischen den Erwachsenen reiche nicht aus, um den Umgang mit ihrem Enkelsohn zu versagen. Früher habe ein normales Verhältnis zu R. bestanden, ebenso zu seiner Mutter. Diese habe ihnen den Umgang erst nach der erfolgreichen Durchsetzung ihrer zivilrechtlichen Forderung versagt. Es sei ihr sehnlichster Wunsch, einen ungestörten und von dem angespannten Verhältnis zur Mutter losgelösten Umgang zu pflegen. Sie seien bereit, mit der Mutter alle vom Umgang betroffenen Angelegenheiten vorurteilsfrei und verständnisvoll zu besprechen.
Die Antragsteller beantragen, ihnen den Umgang mit R. an jedem zweiten Sonntag im Monat von 11 bis 17 Uhr zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin beantragt Beschwerdezurückweisung und trägt vor:
Sie sei mit einem Umgang nicht einverstanden. Sie befürchte, dass R. in einen Loyalitätskonflikt gerate. Das Verhalten der Großeltern nach dem Tod ihres Sohnes und ihre Äußerungen im Termin beim AG zeigten, dass sie ihr, der Mutter, gegenüber negativ eingestellt seien. Sie sei davon irritiert und enttäuscht. Ihr sei daher eine Aufrechterhaltung des Kontakts zu den Großeltern nicht zuzumuten. R. selbst wolle auch keinen Kontakt mit den Großeltern, lehne diesen vielmehr kategorisch ab. Schon früher habe keine herzliche und harmonische Beziehung zu den Großeltern bestanden. Möglicherweise beruhe die ablehnende Haltung von R. auch darauf, dass die Großeltern ihm das Fahrrad seines verstorbenen Vaters nicht herausgegeben hätten. Darüber sei R. sehr enttäuscht gewesen.
Wegen des Weiteren Vorbringens der Beteiligten zu 1. bis 3. wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Auf den Bericht des Jugendamts des Landkreises ... vom 9.3.2010 und denjenigen des Verfahrensbeistands vom 15.3.2010 wird Bezug genommen.
Der Senat hat die Großeltern, die Mutter und das Kind sowie den Verfahrensbeistand und die Vertreterin des Jugendamts angehört. Insoweit wird auf den Anhörungsvermerk vom 13.4.2010 verwiesen.
II. Das Verfahren ist im Oktober 2009 eingeleitet worden, so dass das am 1.9.2009 in Kraft getretene FamFG anzuwenden ist, Art. 111 FGG-RG. Das Beschwerdeverfahren richtet sich somit nach §§ 58 ff. FamFG. Die Beschwerde des Antragstellers zu 2. ist ...