Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe: Beiordnung eines nicht beauftragten Rechtsanwalts
Normenkette
ZPO § 121 Abs. 2-3, § 127
Verfahrensgang
AG Senftenberg (Beschluss vom 18.08.2006; Aktenzeichen 31 F 228/04) |
Tenor
Die Abs. 1 und 2 des Tenors der angefochtenen Entscheidung werden teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Den Klägerinnen NB und MB wird für den Antrag vom 10.4.2006 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und für das einstweilige Anordnungsverfahren Rechtsanwalt R. beigeordnet.
Gründe
I. Die Beschwerde ist gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO statthaft und in zulässiger Weise eingelegt worden.
Insbesondere sind die Antragstellerinnen auch beschwerdebefugt, soweit das AG im angefochtenen Beschluss ihnen Rechtsanwältin K. beigeordnet und ihren Antrag auf Beiordnung von Rechtsanwalt R zurückgewiesen hat. Hinsichtlich der Beiordnung eines nicht beauftragten Rechtsanwaltes ist diese Partei beschwerdebefugt (OLG Celle, Niedersächsischer Rechtspfleger 1995, 46). Im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung (18.8.2006) war das Mandatsverhältnis zwischen Rechtsanwältin K und den Antragstellerinnen bereits beendet. Zudem hatten die Antragstellerinnen nunmehr die Beiordnung von Rechtsanwalt R begehrt. Hieraus geht erkennbar hervor, dass die Antragstellerinnen die Beiordnung von Rechtsanwältin K nicht mehr begehrten, wie im Übrigen auch aus ihrer Beschwerdebegründung hervorgeht.
II. Die Beschwerde ist auch begründet. Den Antragstellerinnen war im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe Rechtsanwalt R als deren Wahlanwalt beizuordnen.
1. Soweit eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben ist, wird der Partei auf ihren Antrag hin ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, § 121 Abs. 2 ZPO. Die Beiordnung eines Anwaltes im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung war hier schon deshalb geboten, weil der Antragsgegner anwaltlich vertreten ist. Ein Rechtsanwalt, der die Parteien niemals vertreten hat bzw. der zur Zeit der Beschlussfassung die Parteien nicht mehr vertritt, darf aber nicht mehr beigeordnet werden. Es fehlt dann an dem Merkmal der Bereitschaft zur Vertretung, wie es § 121 Abs. 2 ZPO fordert. Auch ein Rechtsanwalt, der sein Mandat niedergelegt hat, darf deshalb nach § 121 Abs. 2 ZPO nicht beigeordnet werden. Beizuordnen ist dann der neue, zur Vertretung bereite Rechtsanwalt (OLG Stuttgart, FamRZ 2006, 800).
2. Die Beiordnung von Rechtsanwalt R begegnen auch keine weitergehenden Bedenken.
a) Soweit § 121 Abs. 3 ZPO die Beiordnung eines nicht bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwaltes davon abhängig macht, dass dadurch keine weiteren Kosten entstehen dürfen, bestehen solche Bedenken hier nicht. Das Anordnungsverfahren war im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung (18.8.2006) aufgrund der am selben Tage ergangenen weiteren Entscheidung des AG abgeschlossen. Für das einstweilige Anordnungsverfahren - um das es hier hinsichtlich der sofortigen Beschwerde allein geht - konnten deshalb keine weiteren Kosten durch die Beiordnung des auswärtigen Rechtsanwaltes entstehen.
Entgegen der vom AG geäußerten Auffassung war die Beiordnung von Rechtsanwältin K nicht deshalb anzuordnen, weil - wie zuvor dargestellt - am 18.8.2006 das einstweiligen Anordnungsverfahren abgeschlossen war und damit weitere Kosten nicht mehr entstehen konnten. Entscheidend ist allein, dass der Staatskasse keine zusätzlichen Kosten durch die Beiordnung des auswärtigen Rechtsanwaltes entstehen. Dies ist hier nicht der Fall. Die noch offenstehende Entscheidung zur beantragten Prozesskostenhilfe hatte sich daher an den zum 18.8.2006 tatsächlich bestehenden Vertretungsverhältnissen zu orientieren.
Soweit dagegen durch die Nichtbeiordnung von Rechtsanwältin K die Antragsteller selbst für die bisher angefallenen Gebühren haften, wird die Staatskasse gerade nicht mit zusätzlichen Kosten belastet (vgl. auch OLG Stuttgart, a.a.O.).
b) Unberücksichtigt zu bleiben hat im hiesigen Beschwerdeverfahren, dass den Antragstellerinnen mangels Bedürftigkeit im Grundsatz keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist. Hinsichtlich dessen wird zunächst auf den Beschluss des Senats vom heutigen Tage im Verfahren 9 WF 47/07 Bezug genommen. Im hiesigen Verfahren ist zu beachten, dass das AG bereits den Antragstellerinnen Prozesskostenhilfe bewilligt hat und es hier allein um die Frage der Beiordnung geht. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der reformatio in peius, der auch im Beschwerdeverfahren des § 127 ZPO gilt (OLG Köln, FamRZ 1987, 616 [618]; Musielak/Fischer, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 127, Rz. 23), muss daher die mangelnde Bedürftigkeit im hiesigen Beschwerdeverfahren unbeachtet bleiben.
Fundstellen
Haufe-Index 1777105 |
FamRZ 2007, 1753 |
NJ 2007, 421 |
OLGR-Ost 2007, 842 |