Leitsatz (amtlich)
1. Auch wenn es sich bei der Hauptsache um eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit handelt, ist ein Rechtsmittel, das sich allein gegen die Kostengrundentscheidung richtet, als vermögensrechtliche Angelegenheit i.S.v. § 61 Abs. 1 FamFG anzusehen.
2. Für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels und damit auch für die erforderliche Mindestbeschwer ist auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels abzustellen. Spätere Veränderungen können die Zulässigkeit des Rechtsmittels grundsätzlich nicht mehr entfallen lassen. Für die Zulässigkeit einer Kostenbeschwerde kommt es daher auf den vom erstinstanzlichen Gericht festgesetzten Verfahrenswert auch dann an, wenn der Beschwerdeführer zugleich eine Herabsetzung dieses Wertes begehrt
3. Für die Frage, ob im familiengerichtlichen Verfahren Kosten entstanden sind, kommt es regelmäßig nicht auf den Eintritt der Rechtshängigkeit an.
4. Wenn es um den Schutz der Kinder vor ihren Eltern geht, haben die Vorschriften der §§ 1666, 1666a BGB Vorrang vor den Vorschriften des Gewaltschutzgesetzes.
5. Verursacht eine Abtrennung von Verfahren besondere Kosten, kann auch dann, wenn die Voraussetzungen für die Nichterhebung von Kosten wegen unrichtigen Sachbehandlung nach § 20 FamGKG nicht gegeben sind, gem. § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG von der Erhebung von Kosten abzusehen sein.
6. In familiengerichtlichen Verfahren ist hinsichtlich der Anordnung, außergerichtliche Kosten zu erstatten, besondere Zurückhaltung geboten. Auch der Umstand, dass ein Antrag zurückgenommen wird, reicht für sich genommen nicht aus, einem Beteiligten die Kosten allein aufzulegen. In Gewaltschutzsachen kommt zwar eine Einschränkung des Grundsatzes der Zurückhaltung bei der Kostenauferlegung in Betracht, weil die Kosten des Verfahrens aus Billigkeitsgründen meist dem Täter aufzuerlegen sein werden. Dies schließt aber insbesondere dann, wenn der Täterschutz in anderen Verfahren erfolgt ist, nicht aus, von der Anordnung der Kostenerstattung abzusehen.
Normenkette
FamFG § 61
Verfahrensgang
AG Luckenwalde (Aktenzeichen 31 F 30/12) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Das erstinstanzliche Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Das Beschwerdeverfahren ist ebenfalls gerichtskostenfrei. Auch insoweit werden außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
Der Beschwerdewert wird auf 615,63 EUR festgesetzt.
Der Wert des erstinstanzlichen Verfahrens wird in Abänderung der Wertfestsetzung im angefochtenen Beschluss anderweitig auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beschwerde ist gem. § 58 FamFG zulässig. Insbesondere ist der Beschwerdewert von mehr als 600 EUR gem. § 61 Abs. 1 FamFG erreicht.
a) Auch wenn es sich bei der Hauptsache, einem Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz, um eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit handelt, ist das Rechtsmittel des Antragstellers, das sich, wie er selbst mit Schriftsatz vom 6.6.2012 klargestellt hat, gegen die Kostengrundentscheidung des AG richtet, als vermögensrechtliche Angelegenheit i.S.v. § 61 Abs. 1 FamFG anzusehen. Denn durch die Kostenentscheidung wird nur das vermögensrechtliche Interesse des Rechtsmittelführers berührt, welches für die Beschwer ausschlaggebend ist (OLG Stuttgart NJW 2010, 383; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 20.5.2012 - 5 WF 32/10, BeckRS 2010, 15771; OLG Hamburg, Beschl. v. 10.11.2009 - 7 WF 187/09, BeckRS 2010, 08378; OLG Oldenburg, Beschl. v. 26.2.2010 - 14 UF 175/09, BeckRS 2010, 07256; Prütting/Helms/Abramenko, FamFG, 2. Aufl., § 61 Rz. 3; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl., § 61 Rz. 4; Hahne/Munzig/Gutjahr, BeckOK FamFG, Edition 6, § 61 Rz. 6; a.A. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.4.2012 - II-1 WF 307/11, BeckRS 2012, 08398; OLG Nürnberg, Beschl. v. 17.12.2009 - 7 WF 1483/09, BeckRS 2010, 02874; N. Schneider, FamFR 2010, 17).
b) Der Beschwerdewert von mehr als 600 EUR ist vorliegend erreicht.
aa) Allerdings hat das AG den Wert für das erstinstanzliche Verfahren unzutreffend auf 4.500 EUR festgesetzt.
Gemäß § 59 Abs. 1 FamGKG beträgt in Gewaltschutzsachen nach § 1 GewSchG der Verfahrenswert 2.000 EUR, in Gewaltschutzsachen nach § 2 GewSchG 3.000 EUR. Nimmt man - insoweit abweichend von der Senatsverfügung vom 23.5.2012 - im Hinblick auf den Abtrennungsbeschluss des AG vom 25.1.2012 an, dass Gegenstand dieses abgetrennten Verfahrens nur Maßnahmen nach § 1 GewSchG im Wege der einstweiligen Anordnung waren, so ist von einem Verfahrenswert von 2.000 EUR auszugehen, der im Hinblick auf das Eilverfahren gem. § 41 FamGKG auf die Hälfte, also auf 1.000 EUR zu reduzieren ist. Billigkeitsgesichtspunkte, die nach § 49 Abs. 2 FamGKG eine abweichende Wertfestsetzung gebieten würden, sind nicht ersichtlich. Mithin ist der erstinstanzliche Wert abändernd auf 1.000 EUR festzusetzen.
Bei einem solchen Wert errechnen sich folgende Kosten:
Gerichtskosten (vgl. Nr. 1420 der Anlage 1 zum FamGKG) 55 EUR × 1,5 Gebühren = 82,50 EUR
außergerichtliche Kosten
(85 EUR × 1,3 Verfahrensgebühr + 20 EUR Pauschale) × 1,19 wegen MwSt...