Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Vollstreckungsabwehrklage ist der Klageantrag darauf zu richten, die Zwangsvollstreckung aus dem Unterhaltstitel für unzulässig zu erklären. Unzutreffend ist daher der immer wieder anzutreffende Antrag, es solle die Zwangsvollstreckung aus einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für unzulässig erklärt werden. Ein solches Begehren kann aber umgedeutet werden.
2. Ein Verzicht auf Kindesunterhalt für die Zukunft ist im Hinblick auf § 1614 BGB nicht möglich, wohl aber Vereinbarungen, die eine Konkretisierung des gesetzlichen Unterhalts darstellen.
3. Zur Verwirkung von Ansprüchen auf Kindesunterhalt.
Verfahrensgang
AG Schwedt (Beschluss vom 30.11.2001; Aktenzeichen 4 F 204/01) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist sie ungeachtet des Umstandes, dass sie erst am 25.2.2002, und damit mehr als einen Monat nach der am 24.1.2002 erfolgten Zustellung des angefochtenen Beschlusses beim AG eingegangen ist, fristgerecht eingelegt worden. Denn da der angefochtene Beschluss vor dem 1.1.2002 erlassen und der Geschäftsstelle übergeben worden ist, finden die am 31.12.2001 für Beschwerden geltenden Vorschriften weiter Anwendung, § 26 Nr. 10 EGZPO. Die Beschwerde konnte daher unbefristet eingelegt werden, § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung.
Die Beschwerde ist unbegründet. Dem Kläger kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden. Die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO.
Der Kläger begehrt Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des AG Schwedt vom 21.6.2001 (13 M 70/01) sowie im Wege der einstweiligen Anordnung die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus jenem Beschluss. Der Kläger begründet dies damit, dass die Beklagte mit jenem Beschluss die Vollstreckung wegen Unterhaltsforderungen betreibe, der durch Jugendamtsurkunde vom 26.9.1997 titulierte Unterhaltsanspruch aber insoweit infolge Verzicht bzw. Verwirkung nicht mehr bestehe.
Beruft sich ein Unterhaltsschuldner ggü. einem bestimmten Unterhaltstitel auf Verzicht oder Verwirkung, handelt es sich um Einwendungen, die im Wege der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO geltend gemacht werden können (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 767 Rz. 13, „Verwirkung”, „Verzicht”; Verfahrenshandbuch Familiensachen – FamVerf –/Schael, § 1 Rz. 411). Der Klageantrag ist in einem solchen Fall darauf gerichtet, die Zwangsvollstreckung aus dem Unterhaltstitel für unzulässig zu erklären (FamVerf/Schael, § 1 Rz. 410). Unzutreffend ist es daher, wenn die Zwangsvollstreckung aus einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für unzulässig erklärt werden soll, da ein solcher Beschluss keinen Vollstreckungstitel darstellt (FamVerf/Schael, § 1 Rz. 410). Das Begehren des Klägers kann aber dahin umgedeutet werden, dass es darauf gerichtet sie, die Zwangsvollstreckung aus der Jugendamtsurkunde für unzulässig zu erklären (vgl. zur Umdeutung FamVerf/Schael, § 1 Rz. 393). Gleiches gilt für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 769 Abs. 1 ZPO, der dahin zu verstehen ist, die Zwangsvollstreckung aus der Jugendamtsurkunde solle einstweilen eingestellt werden.
Das so verstandene Begehren des Klägers ist unbegründet. Denn es liegt weder ein wirksamer Verzicht auf Unterhalt vor, noch ist Verwirkung eingetreten.
Der Kläger und die gesetzliche Vertreterin der damals noch minderjährigen Beklagten haben eine Vereinbarung dahin geschlossen, dass der Kläger für die Beklagte ab April 1999 nur noch monatlichen Unterhalt von 150 DM zahle. Hierin liegt ein wirksamer Verzicht auf Unterhalt nicht. gem. § 1614 Abs. 1 BGB kann für die Zukunft auf Unterhalt nicht verzichtet werden. Zulässig ist hingegen ein Verzicht für die Vergangenheit (Luthin/Schumacher, Handbuch des Unterhaltsrechts, 9. Aufl., Rz. 3130). Unter Berücksichtigung des Wortlauts der Vereinbarung und mangels gegenteiligen Vortrags der Parteien ist anzunehmen, dass die Vereinbarung vor dem 1.4.1999 geschlossen worden ist. Damit regelt sie allein den Unterhalt für die Zukunft. In der Einigung dahin, ab April 1999 nur noch monatlichen Unterhalt von 150 DM zu zahlen, liegt ein unzulässiger Unterhaltsverzicht für die Zukunft.
Allerdings sind auch beim Kindesunterhalt Vereinbarungen für die Zukunft nicht schlechthin ausgeschlossen. Da der angemessene Unterhalt ohnehin kein fester Betrag ist, besteht für Unterhaltsvereinbarungen vielmehr ein gewisser Spielraum, der seine Grenze erst dort findet, wo die Vereinbarung selbst nicht mehr angemessen ist, d.h. nicht mehr eine bloße Konkretisierung des gesetzlich geschuldeten Unterhalts nach individuellen Verhältnissen darstellt, sondern das gesetzliche Unterhaltsmaß eindeutig unterschreitet und damit auf einen (vollständigen oder teilweisen) Verzicht hinausläuft (Luthin/Schumacher, Handbuch des Unterhaltsrechts, 9. Aufl. Rz. 3127). Da die Vereinbarung eine Herabsetzung des durch ...