Leitsatz (amtlich)

1. Die in § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB getroffene Regelung, wonach kann ein Elternteil, wenn die Eltern des Kindes miteinander verheiratet sind, solange die Eltern getrennt leben oder eine Ehesache zwischen ihnen anhängig ist, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen kann, gilt auch die Vertretung des Kindes auf der Passivseite.

2. Bei der im Verfahren der Verfahrenskostenhilfe gebotenen summarischen Prüfung ist zugunsten des an sich allein barunterhaltspflichtigen Vaters anzunehmen, dass die Mutter ihre Unterhaltspflicht nicht gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB allein durch Betreuung der minderjährigen Tochter erfüllt, wenn letztere sich längere Zeit im Ausland aufhält.

 

Normenkette

BGB §§ 1629, 1606 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Eisenhüttenstadt (Beschluss vom 26.02.2015; Aktenzeichen 3 F 3/15)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das AG den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

1. Das Abänderungsbegehren des Antragstellers, mit dem er Herabsetzung des durch Jugendamtsurkunde vom 7.10.2014 titulierten Kindesunterhalts begehrt, bietet schon deshalb keine Aussicht auf Erfolg, weil die minderjährige Antragsgegnerin nicht passivlegitimiert ist.

Grundsätzlich können nur diejenigen Beteiligten des Abänderungsverfahrens sein, zwischen denen die abzuändernde Entscheidung ergangen ist oder auf die sich deren Rechtskraft erstreckt (Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf-/Schael, 2. Aufl., § 1 Rn. 324). Ist Gegenstand des Verfahrens Unterhalt für ein minderjähriges Kind, dessen Eltern noch verheiratet sind, ist aber zudem die Vorschrift des § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB zu beachten. Danach kann ein Elternteil, wenn die Eltern des Kindes miteinander verheiratet sind, solange die Eltern getrennt leben oder eine Ehesache zwischen ihnen anhängig ist, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen. Der Wortlaut dieser Vorschrift legt zwar nahe, dass von ihr nur Aktivprozesse der Kinder erfasst werden. Gleichwohl ist anerkannt, dass die in § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB getroffene Regelung auch die Vertretung des Kindes auf der Passivseite umfasst (OLG Brandenburg, 1. Familiensenat, FamRZ 2000, 1377, 1378 m.w.N.; Johannsen/Henrich/Jaeger, Familienrecht, 6. Aufl., § 1629 BGB Rn. 10; Palandt/Götz, BGB, 74. Aufl., § 1629 Rn. 27). Mithin hätte der Antragsteller sein Abänderungsverfahren gegen seine von ihm getrenntlebende Ehefrau richten müssen. Dies hat er, obwohl das AG im angefochtenen Beschluss bereits die Passivlegitimation des minderjährigen Kindes in Frage gestellt hatte, auch im Beschwerdeverfahren nicht getan.

2. Für den Fall, dass der Antragsteller sein Abänderungsbegehren gegen die zutreffend passivlegitimierte Person, seine Ehefrau, richten sollte, wird auf Folgendes hingewiesen:

a) Bei der im Verfahren der Verfahrenskostenhilfe gebotenen summarischen Prüfung (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 114 Rn. 19; FamVerf/Gutjahr, § 1 Rn. 167) wird man wohl zugunsten des Antragstellers in Betracht ziehen müssen, dass die Mutter ihre Unterhaltspflicht nicht gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB allein durch Betreuung der minderjährigen Tochter erfüllt. Allerdings wird die Auffassung vertreten, dass die Betreuungsleistungen eines Elternteils nicht temporär für die Dauer eines Auslandsaufenthaltes des minderjährigen unterhaltsberechtigten Kindes entfallen, sondern durch Kommunikation und Fürsorge erbracht werden (OLG Braunschweig, Urteil vom 21.2.2007 - 1 UF 93/06, BeckRS 2007, 02589; OLG Köln, Urteil vom 15.6.2010 - 4 UF 16/10, BeckRS 2010, 14738; OLG Hamm, NJW-FER 1999, 32; Johannsen/Henrich/Graba/Maier, a.a.O., § 1606 Rn. 7). Andererseits wird für den Fall, dass sich ein minderjähriges Kind in einem Internat (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 21.9.2007 - 5 UF 3/07, BeckRS 2008, 12395; Wendl/Klinkhammer, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., § 2 Rn. 458; Niepmann/Schwamb, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 12. Aufl., Rn. 354; Reinken, in: Bamberger/Roth, BGB, Edition 34, § 1606 Rn. 16; Knoop, NJW-Spezial 2015, 4; siehe zur Frage der Obhut i.S.v. § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB auch Senat, Beschluss vom 17.2.2015 - 10 WF 9/15 m.w.N.) oder ohne Eltern im Ausland aufhält (vgl. Senat, Beschluss vom 6.11.2008 - 10 WF 107/08, NJOZ 2009, 47, 50; Born, in: MünchKommBGB, 6. Aufl., § 1606 Rn. 32 Fn. 37; Born, FD-FamR 2008, 257516), eine anteilige Barunterhaltspflicht beider Elternteile für möglich gehalten (grundsätzlich differenzierend Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 1606 Rn. 9). Vor diesem Hintergrund wird man die in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärte Frage, inwieweit ein Elt...

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