Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterliche Sorge: Vorläufiger Entzug von Teilbereichen des Sorgerechts

 

Leitsatz (redaktionell)

Sind beide Eltern nicht in der Lage, zu erkennen, dass ihr Kind sich aufgrund ihres Verhaltens in einem erheblichen Loyalitätskonflikt befindet, was sich insbesondere daran zeigt, dass es der Entscheidung des Jugendamts über Aufenthalt und Schulort bedurfte, um dem Kindeswohl zu entsprechen, kann vorläufig das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht der Gesundheitssorge sowie das Recht zur Schulwahl und das Recht, Anträge auf Hilfe zur Erziehung zu stellen, entzogen werden.

 

Normenkette

BGB § 666

 

Verfahrensgang

AG Nauen (Beschluss vom 13.04.2010; Aktenzeichen 23 F 89/10)

 

Tenor

Die Beschwerden der Kindeseltern und des Minderjährigen K. N. gegen den Beschluss des AG Nauen vom 13.4.2010 - 23 F 89/10 - werden zurückgewiesen.

Eine Kostenerstattung findet nicht statt. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen.

Die Anträge der Beschwerdeführer auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren werden zurückgewiesen.

 

Gründe

Die statthaften (§ 57 Abs. 1 Ziff. 1 FamFG) form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden der Kindeseltern und des minderjährigen Sohnes K. sind zulässig.

In der Sache haben die Rechtsmittel keinen Erfolg.

I. In dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren gem. § 1666 BGB hat das AG mit dem angefochtenen Beschluss den Kindeseltern vorläufig das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht der Gesundheitssorge, das Recht, Anträge auf Hilfe zur Erziehung zu stellen, sowie das Recht der Schulwahl für den Minderjährigen K. N., geboren am ... 1995, entzogen. Es hat für das Kind K. Pflegschaft angeordnet und zum Pfleger das Jugendamt H. bestimmt. Darüber hinaus hat es dem Minderjährigen K. Herrn A. zum Verfahrensbeistand bestellt. Weiter hat es in dem angefochtenen Beschluss den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen.

Das Verfahren war durch einen Antrag des Antragstellers auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts für den Minderjährigen K. und verbunden mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Übertragung des Aufenthalts- und Schulortsbestimmungsrecht eingeleitet worden.

Nach der Trennung der Kindeseltern hat der gemeinsame Sohn K. zunächst probeweise seit August 2008 im Haushalt der Kindesmutter gelebt. Diese Vereinbarung wurde bei der Dipl.-Psych. B. ScH. vom Institut für Gericht und Familie während eines gemeinsamen Elterngesprächs geschlossen. Am 26.1.2009 erklärte die Dipl-Psych. ScH. sodann ggü. dem AG Nauen, dass sich die Parteien nunmehr einvernehmlich dahin geeinigt hätten, dass das Kind K. seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei der Kindesmutter nehmen und auf die M.-Schule in B. mit Zustimmung des Vaters zum 1.2.2009 wechseln solle.

In dem Ehescheidungsverfahren schlossen die Eltern in der mündlichen Verhandlung vom 23.3.2009 einen Vergleich. Sie haben sich darin auch geeinigt, dass sie weiterhin die gemeinsame elterliche Sorge für ihre Kinder, also auch für K., ausüben wollten. Das Kind K. soll seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei der Mutter in B. haben und auf die M. Schule in B. wechseln. Weiter erklärten die Kindeseltern in diesem Vergleich ihre Absicht, bei zukünftig anstehenden Meinungsverschiedenheiten, die die Entwicklung, die Gesundheit und den Wohnort der Kinder beträfen, mit Hilfe der Unterstützung und Beratung durch neutrale Fachkräfte tragfähige Kompromisse zu erarbeiten, die dann von beiden Eltern zuverlässig eingehalten werden würden. Es sollten insbesondere keine Gerichtsverfahren mehr eröffnet werden, das gegenwärtige Verfahren sollte mit der Elternvereinbarung abgeschlossen werden. Im Übrigen wird auf den Inhalt der geschlossenen Vereinbarung vom 23.3.2009 (Blatt 15 bis 16 der Akten) verwiesen.

Das AG Nauen hat die Ehe der Kindeseltern rechtskräftig geschieden.

Am 7.3.2010 ist das Kind K. im Rahmen der Wahrnehmung des Umgangsrechts des Kindesvaters nicht in den Haushalt der Kindesmutter zurückgekehrt und besuchte, da die Kindesmutter ihr Einverständnis mit einem Schulwechsel verweigerte, zunächst auch keine Schule, weder in B. noch in N.

In der mündlichen Verhandlung vor dem AG Nauen am 13.4.2010 sind die Kindeseltern und das minderjährige Kind K. angehört worden. Wegen des Inhalts der Anhörungen wird auf das Terminsprotokoll vom 13.4.2010 (Bl. 85 ff. d.A.) verwiesen.

Das AG Nauen hat sodann im Termin ein Verfahren gem. § 1666 BGB eingeleitet. Mit dem angefochtenen Beschluss hat es beiden Kindeseltern vorläufig das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht der Gesundheitssorge, das Recht, Anträge auf Hilfe zur Erziehung zu stellen, sowie das Recht der Schulwahl für den Minderjährigen K. entzogen.

Gegen diesen Beschluss richten sich jeweils die Beschwerden der Kindeseltern und des Minderjährigen K.

II. Die Beschwerden sind nicht begründet, denn das AG Nauen hat zu Recht mit dem angefochtenen Beschluss den Kindeseltern vorläufig das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht der Gesundheitssorge, das R...

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