Verfahrensgang

AG Potsdam (Aktenzeichen 6.50 IN 197/21)

 

Tenor

1. Auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird die Entscheidung des Präsidenten des Amtsgerichts Potsdam teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt gefasst:

H... E... wird Akteneinsicht in die Insolvenzakte der ehemaligen Insolvenzschuldnerin beim Amtsgericht Potsdam zum Aktenzeichen 6.50 IN 197/21 in den rechtsgestaltenden Teil des Insolvenzplanes nebst Anlagen gewährt, soweit dieser Regelungen in Bezug auf den gegenüber Herrn H... E... geführten Haftungsprozess der ehemaligen Insolvenzschuldnerin enthält. Im Übrigen wird das Akteneinsichtsgesuch zurückgewiesen.

2. Der Gerichtskosten werden gegeneinander aufgehoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

3. Der Gegenstandswert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Vor dem Amtsgericht Potsdam wurde über das Vermögen der hiesigen Antragstellerin unter dem Aktenzeichen 6.50 IN 197/21. Das Insolvenzverfahren wurde durch Beschluss vom 31. März 2022 eröffnet und die Eigenverwaltung angeordnet. Rechtsanwalt Dr. S... wurde zum Sachwalter bestellt. Es wurde ein Insolvenzplan vorgelegt, der nach veröffentlichtem Beschluss vom 22. Dezember 2022 angenommen wurde. Nach veröffentlichtem Beschluss vom 4. Dezember 2023 in der Fassung vom 6. Dezember 2023 wurde das Insolvenzverfahren im Hinblick auf den rechtskräftigen Insolvenzplan zunächst zum 15. Dezember 2023 und mit der Berichtigung zum 31. Dezember 2023 aufgehoben.

Vor dem Landgericht Potsdam, Az.: 6 O 102/22, wurde von Rechtsanwalt Dr. S... als Kläger - bereits beginnend vor Aufhebung - ein Haftungsprozess gegen den von ihm in seiner Eigenschaft als Sachwalter fristlos abberufenen Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin und Antragsgegner im hiesigen Verfahren geführt. Es verurteilte den ehemaligen Geschäftsführer unter dem 16. November 2023 antragsgemäß. Dabei wurde die Aktivlegitimation mit § 280 InsO analog begründet. Das vom dortigen Beklagten eingeleitete Berufungsverfahren ist vor dem hiesigen Gericht unter dem Aktenzeichen 4 U 133/23 anhängig. Die Berufung ist zu begründen. Seine Prozessbevollmächtigte beantragte unter dem 7. Dezember 2023 Akteneinsicht in den Insolvenzplan sowie den Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens, um die Aktivlegitimation von Rechtsanwalt Dr. S... zu prüfen. Der für die Gewährung der Akteneinsicht zuständige Präsident des Amtsgerichts Potsdam beabsichtigte nach seinem Schreiben vom 2. Januar 2024 dem Einsichtsersuchenden bezogen auf den Aufhebungsbeschluss und den Insolvenzplan insoweit zu gewähren, als dieser Aussagen zur Prozessführungsbefugnis des ehemaligen Sachwalters der Insolvenzschuldnerin enthält. An dem Aufhebungsbeschuss bestehe kein Geheimhaltungsinteresse; hinsichtlich des Insolvenzplanes werde die Akteneinsicht auf den Abschnitt beschränkt, der eine Aussage zur Prozessführungsbefugnis beinhalte. Er verwies auf die Möglichkeit der Beantragung einer gerichtlichen Entscheidung beim angerufenen Gericht.

Dagegen beantragt der Antragsteller unter dem 11. Januar 2024 die gerichtliche Entscheidung mit dem Antrag,

den Antrag auf Akteneinsicht zurückzuweisen.

Dem schließt sich Rechtsanwalt Dr. S... an.

Der ehemalige Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin sei Dritter. Es fehle eine Einwilligung der Insolvenzschuldnerin. Der Aufhebungsbeschluss sei öffentlich bekannt gemacht. Das Geheimhaltungsinteresse der Schuldnerin überwiege. Der Insolvenzplan sei keine im landgerichtlichen Urteil festgestellte Tatsache und daher nicht entscheidungserheblich. Zudem sei das nur durch Akteneinsicht mögliche Informationsinteresse nicht glaubhaft gemacht.

Als Kläger sieht er keine Notwendigkeit für eine Akteneinsicht, da er als Kläger nach allgemeinen Regeln darlegungsbelastet sei, dieser nachgekommen sei und der dortige Beklagte E... erstinstanzlich die Aktivlegitimation nicht innerhalb der gesetzten Schriftsatzfrist bestritten habe. Hinsichtlich seiner Stellung als Sachwalter verweist er auf die bloße Parteiöffentlichkeit des Insolvenzverfahrens. Vertrauliche Informationen, zu denen insbesondere Angaben aus dem Insolvenzplan gehören, sollen nicht an Dritte gelangen.

Der ehemalige Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin beantragt,

den Antrag der vormaligen Schuldnerin zurückzuweisen.

Es bestünden Zweifel an der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung von Rechtsanwalt Dr. S... und damit Prozessführungsbefugnis durch die ehemalige Insolvenzschuldnerin, nachdem das Insolvenzverfahren aufgehoben worden sei. Er habe sich auf eine Ermächtigung berufen, die sich nach § 259 Abs. 3 InsO aus dem Insolvenzplan ergeben könne. In der beabsichtigten Abwehr von Ansprüchen liege das rechtliche Interesse auf Akteneinsicht begründet. Der Antrag sei bereits unzulässig, da es an einer schlüssigen Behauptung einer Rechtsverletzung fehle.

Der Präsident des Amtsgerichts Potsdam verweist darauf, dass es keine schutzwürdigen Interessen der ehemaligen Insolvenzschuldnerin gebe, di...

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