Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 08.03.2023; Aktenzeichen 4 O 211/22) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 08.03.2023, Az. 4 O 211/22, teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:
Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin 5.356,86 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.11.2022 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen diese zu 70 % und der Beklagte zu 2) zu 30 %. Ferner trägt die Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) sowie 40 % der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2). Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf einen Gebührenwert bis 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird nach § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1, § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO abgesehen.
II. Die statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat das Rechtsmittel hinsichtlich der gegen den zweitbeklagten Landkreis gerichteten Klage teilweise Erfolg; wegen der weiterverfolgten Forderung gegen die Beklagte zu 1) dringt die Berufung nicht durch.
1. Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung darauf erkannt, dass der gegenüber der erstbeklagten Stadt erhobene Vorwurf der nicht rechtzeitigen Erfüllung des Anspruchs der Tochter der Klägerin aus § 24 Abs. 2 SGB VIII deshalb unbegründet ist, weil die Erstbeklagte für diesen Anspruch nicht passivlegitimiert war.
Die durch § 24 Abs. 2 SGB VIII begründete Leistungsverpflichtung zum Nachweis eines Kinderbetreuungsplatzes richtet sich gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII an den - nach § 69 Abs. 1 SGB VIII durch Landesrecht zu bestimmenden - Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Als solche sind in § 1 Abs. 1 des Ersten Gesetzes zur Ausführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe (BbgAGKJHG) die Landkreise und kreisfreien Städte bestimmt. Allein der im vorliegenden Rechtsstreit zweitbeklagte Landkreis hat daher als Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Gewährleistungsverantwortung (§ 79 Abs. 2 SGB VIII i.V.m. § 27 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB I) sicherzustellen, dass für jedes Kind, das einen Rechtsanspruch gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII innehat und für das ein entsprechender Bedarf (rechtzeitig) geltend gemacht wird, auch tatsächlich ein Platz zur Verfügung steht (vgl. BGH, Urteil vom 20.10.2016 - III ZR 302/15, BeckRS 2016, 19371, Rn. 17). Die Gemeinden, die - wie die Beklagte zu 1) - keine kreisfreien Städte sind (§ 15 KNGBbg), trifft hingegen keine entsprechende Verpflichtung (Senat, Hinweisbeschluss vom 19.07.2022 - 2 U 66/21, BeckRS 2022, 39873, Rn. 3 ff.).
Der Umstand, dass sich die Beklagte zu 1) durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag nach § 12 Abs. 1 Satz 2 KitaG dazu verpflichtet hat, in ihrem Gebiet die Aufgabe der Kindertagesbetreuung für den Beklagten zu 2) durchzuführen, lässt keine andere Würdigung zu. Die Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 2 KitaG geht auf das Dritte Gesetz zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes vom 17.12.2003 (GVBl. v. 23.12.2003, Seite 311 f.) zurück, mit welchem der Gesetzgeber auf das Urteil des Landesverfassungsgerichts vom 20.03.2003 (VfGBbg 54/01, BeckRS 2003, 18786) reagiert hat. Das Gericht hatte entschieden, mit der Vorschrift des § 69 SGB VIII in der seinerzeit geltenden Fassung habe der Bundesgesetzgeber erschöpfend und damit abschließend geregelt, dass die Kreise und kreisfreien Städte örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe und daher Adressaten des Rechtsanspruchs auf Kindertagesbetreuung seien. Für eine Übertragung dieser Aufgabe auf Gemeinden und Gemeindeverbände, welche - sei es durch Verlagerung oder freiwillige Übernahme - die örtliche Trägerschaft der Landkreise und kreisfreien Städte weitgehend entleere, fehle dem Landesgesetzgeber die Kompetenz. Vor diesem Hintergrund sollte durch die Gesetzesänderung gewährleistet werden, dass die betreffenden Aufgaben (weiterhin) von Gemeinden und Ämtern durchgeführt werden können, der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe aber auch im Falle der Aufgabendurchführung durch kreisangehörige Gemeinden oder Ämter für die Erfüllung der Rechtsansprüche einzustehen hat (vgl. LT-Drs. 3/6374). Hieran hat der Landesgesetzgeber auch nach der am 16.12.2008 in Kraft getretenen Fassung von § 69 Abs. 1 SGB VIII festgehalten, nach der (auch) die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe durch Landesrecht bestimmt werden.
Die gegenteilige Auffassung der Klägerin wird ferner nicht durch die von ihr angeführte verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung gestützt, wonach in der hier in Rede stehenden Fallgestaltung ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO geg...