Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindesunterhalt: Bestimmung des Unterhaltsbedarfs und der Leistungsfähigkeit eines in der Schweiz arbeitenden Unterhaltsschuldners
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Umrechnung von in Schweizer Franken gezahlten Nettoeinkünften in EUR ist der EUR-Referenzkurs der Europäischen Zentralbank für den Schweizer Franken heranzuziehen.(Rz. 34)
2. Eine etwaige Kaufkraftbereinigung hat nicht bereits bei der Einkommensermittlung zu erfolgen.(Rz. 37)
3. Im Zusammenhang mit dem Abzug eines Essenszuschusses sind ersparte Aufwendungen zu berücksichtigen.(Rz. 41)
4. Der Maßstab für die höheren Lebenshaltungskosten in der Schweiz kann die Kaufkraft des EUR im Ausland sein.(Rz. 48)
5. Der vom Unterhaltsschuldner zu leistende Unterhalt ist auch bei der Geltendmachung dynamisierten Unterhalts so weit wie möglich zu beziffern.(Rz. 52)
6. Stellt man das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen unverändert ein, ist eine Erhöhung des Selbstbehalts angezeigt, um das Kaufkraftgefälle zu berücksichtigen.(Rz. 60)
Normenkette
BGBEG Art. 18 Abs. 1; ZPO § 323 Abs. 3 S. 2; BGB § 1612a Abs. 1-2, §§ 1612b, 1613 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Eisenhüttenstadt (Urteil vom 02.02.2007) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 2.2.2007 verkündete Urteil des AG Eisenhüttenstadt teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst.
Die Urkunden des Jugendamtes der Stadt Frankfurt/O. vom 4.6.1998 (Urk.-Reg.-Nr. 342/1998 und 343/1998) werden abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu Händen der gesetzlichen Vertreterin Unterhalt wie folgt zu zahlen, den zukünftigen jeweils monatlich im Voraus bis zum 5. eines jeden Monats:
- an die Klägerin zu 1.
- 761,50 EUR für die Monate März bis September 2006 insgesamt,
- monatlich
- 62 EUR für die Monate Oktober und November 2006,
- 112 EUR für die Monate Dezember 2006 und Februar 2007,
- 134,50 EUR für Januar 2007,
- 284 EUR für die Monate September 2007 bis Juni 2009,
- 111,2 % des Regelbetrages der 3. Altersstufe gem. § 2 Regelbetrag-VO abzgl. eines Kindergeldanteils von 13 EUR ab Juli 2009,
- an den Kläger zu 2.
- 373 EUR für die Monate März bis September 2006 insgesamt,
- monatlich
- 6 EUR für die Monate Oktober und November 2006,
- 56 EUR für die Monate Dezember 2006 und Februar 2007,
- 78,50 EUR für Januar 2007,
- 229 EUR für die Monate September 2007 bis Juni 2009,
- 111,5 % des Regelbetrages der 2. Altersstufe gem. § 2 Regelbetrag-VO abzgl. eines Kindergeldanteils von 23 EUR ab Juli 2009.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten zu 93 % und den Klägern zu 7 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollsteckbar. Jede Partei kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, sofern nicht der Gegner zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I. Die Kläger begehren Anhebung titulierten Kindesunterhalts ab März 2006.
Der Beklagte ist der Vater der am ... 1992 geborenen Klägerin zu 1. und des am ... 1998 geborenen Klägers zu 2. Durch Jugendamtsurkunden vom 4.6.1998 verpflichtete sich der Beklagte, für die Klägerin zu 1. monatlichen Unterhalt von 270 DM (= 138 EUR) und für den Kläger zu 2. einen solchen von 204 DM (= 104 EUR) zu zahlen.
Der Beklagte arbeitet in der Schweiz.
Durch Anwaltsschreiben vom 22.3.2006 forderte die gesetzliche Vertreterin der Kläger den Beklagten auf, Auskunft über sein Einkommen zu erteilen, damit der zu zahlende Unterhalt endgültig berechnet werden könne.
Im vorliegenden Verfahren ist die Klage am 9.11.2006 zugestellt worden. Durch das angefochtene Urteil vom 2.2.2007 hat das AG folgende Entscheidung getroffen:
1. In Abänderung der Jugendamtsurkunden vom 4.6.1998 wird der Beklagte verurteilt, für die Zeit vom 1.3.2006 bis zum 30.9.2006 an die Klägerin zu 1. Unterhalt von insgesamt 761,50 EUR und an den Kläger zu 2. von insgesamt 598 EUR zu zahlen.
2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, laufenden Unterhalt ab 1.10.2006 an die Kläger zu Händen ihrer gesetzlichen Vertreterin, jeweils zum Ersten eines jeden Monats, wie folgt zu zahlen:
a) an die Klägerin zu 1. 114 % des jeweiligen Regelbetrages (Ost) der 3. Altersstufe nach der Regelbetragsverordnung unter Berücksichtigung des anteiligen Kindergeldes, eines Zahlbetrages von derzeit monatlich 287 EUR (332 EUR - 51 EUR);
b) an den Kläger zu 2. 114 % des jeweiligen Regelbetrages (Ost) der 2. Altersstufe nach der Regelbetragesverordnung unter Berücksichtigung des anteiligen Kindergeldes, eines Zahlbetrages von derzeit monatlich 231 EUR (282 EUR - 51 EUR).
Die weitergehende Klage hat das AG abgewiesen.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er trägt vor:
Das AG sei von einem unzutreffenden Umrechnungskurs von Schweizer Franken in EUR ausgegangen. Auch sei ein Teu...