Normenkette
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; BGB §§ 823, 1004; StGB § 186
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 17 O 19/02) |
Tenor
Die Berufung gegen das am 28.1.2002 verkündete Urteil des LG Frankfurt (Oder) – 17 O 19/02 – wird auf Kosten des Verfügungsbeklagten zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Verfügungskläger nimmt den Verfügungsbeklagten auf Unterlassung ehrenrühriger Äußerungen in Anspruch.
Der Verfügungskläger war Bürgermeister der Stadt S. und früher Mitglied der SPD. Der Verfügungsbeklagte ist Mitglied der SPD und Vorsitzender des Ortsvereins S. dieser Partei. Kandidaten für die Bürgermeisterwahl in S. am 24.2.2002 waren u.a. der – inzwischen parteilose – Verfügungskläger, Herr B. für die SPD, und Herr N. für die PDS. Der Verfügungskläger, damals noch Mitglied der SPD, hatte im Mai 2001 eine erneute Bewerbung um das Bürgermeisteramt der Stadt S. zunächst abgelehnt, worauf die SPD Herrn B. als Kandidaten nominierte. Im Dezember 2001 entschloss sich der Verfügungskläger dann allerdings doch zur Kandidatur, was zu Spannungen mit dem Ortsverein der SPD führte. Zwischen dem Verfügungskläger und dem Verfügungsbeklagten bestehen aus politischen Gründen seit längerem persönliche Differenzen.
Am 23.1.2002 versandte der Verfügungsbeklagte eine E-Mail, die sich vornehmlich an die SPD-Mitglieder richtet und in der es u.a. heißt:
„Von Seiten der PDS ist mir glaubhaft zu Ohren gekommen, dass eine Absprache zwischen S. und der PDS bestehen soll.
S. habe zu kandidieren, um B. Stimmen abzunehmen und ihn auf die hinteren Plätze zu verweisen. Falls dies gelinge und N. und S. in die Stichwahl kämen, würde N. vor dem zweiten Wahlgang zurücktreten. Damit sei S. so gut wie gewählt, da das Wahlgesetz nicht vorsieht, dass ein anderer Kandidat nachrückt. S. würde dann Bürgermeister werden, würde sich aber alsbald wieder in den Krankenstand begeben, um die zwei Jahre bis zur Erlangung der vollen Pension zu überbrücken. N. wäre dann de facto Bürgermeister und hätte für eine spätere Neuwahl den Amtsbonus.
Ich kann nur hoffen, dass ein solcher Wählerbetrug nicht tatsächlich beabsichtigt ist. Allerdings gibt es schon zu denken, dass die PDS in der letzten SVV S. so überschwenglich beklatscht hat. Immerhin ist er doch Gegenkandidat von N. Bei der ‚Elefantenrunde’ am 23.1.2002 und bei dem Treffen am 30.1.2002 zum Thema ‚Fairer Wahlkampf' sollte darüber gesprochen werden.”
Über den Inhalt dieser E-Mail wurde in der „M.-Zeitung” vom 16.1.2002 berichtet.
Der Verfügungskläger hat unter Vorlage einer eigenen eidesstattlich versicherten Erklärung v. 24.1.2002 geltend gemacht, dass es sich bei den Äußerungen in der E-Mail des Verfügungsbeklagten um ehrenrührige unwahre Tatsachenbehauptungen handele.
Er hat beantragt, dem Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, oder Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß folgende Behauptungen aufzustellen und/oder zu verbreiten:
Der Verfügungskläger kandidiere zur Wahl 2002 für das Amt des Bürgermeisters nur deshalb, um dem Bewerber der SPD, Herrn B., Stimmen abzujagen, und dies nur deshalb, um eine Stichwahl zwischen dem Verfügungskläger und dem Bewerber der PDS, Herr N., herbeizuführen.
Der Verfügungskläger habe für diesen Fall mit Herrn N. vereinbart, dass dieser unmittelbar nach Ausrufung der Stichwahl seine Bewerbung um das Bürgermeisteramt zurückzieht, um dem Verfügungskläger hierdurch den Wahlsieg zu ermöglichen.
Der Verfügungskläger werde sich umgehend nach seiner Wahl, in der Absicht, sein Wahlamt als Bürgermeister tatsächlich niemals auszuüben, in den Krankenstand begeben und hierdurch die dauerhafte faktische Ausübung des Bürgermeisteramtes durch den PDS-Kandidaten Herrn N. ermöglichen.
Den Krankenstand werde der Verfügungskläger mindestens 2 Jahre ausüben, um die volle Anwartschaft auf seine Pension zu erlangen.
Dieses Vorgehen habe der Verfügungskläger mit Herrn N. vereinbart.
Der Verfügungsbeklagte hat beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Er hat entgegnet, er habe sich mit der E-Mail ausschließlich an die Mitglieder des Ortsvereins der SPD gewandt, also an einen begrenzten Empfängerkreis, und hiervon keine Mitteilung an die Presse gemacht. Er habe lediglich ein Gerücht wiedergegeben und seiner Hoffnung Ausdruck gegeben, dass ein derartiger Wählerbetrug tatsächlich nicht beabsichtigt sei, wenn es auch durchaus glaubhafte Indizien für die Wahrheit des Gerüchtes gebe. Vor diesem Hintergrund sei es – insbesondere im Wahlkampf – durch das Recht der freien Meinungsäußerung und wegen Wahrnehmung berechtigter Interessen gerechtfertigt gewesen, dieses Gerücht öffentlich zu machen und hierzu eine Klärung herbeizuführen. Dies diene der Gewährleistung eines fairen Wahlkampfes. Letztlich fehle auch die Wiederholungsgefahr.
Durch sein am 28.1.2002 verkündetes Urteil, auf das ergänzend Bezug genommen wird, hat das LG Frankfur...