Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 19 O 138/19)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 31. März 2020 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 19 O 138/19, teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.364,53 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.07.2019 zuzüglich weiterer Zinsen in Höhe von 82,46 EUR Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges Skoda Octavia mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer: ... sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i. H. v. 1.171,67 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.07.2019 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger ist des eingelegten Rechtsmittels verlustig, soweit er die Berufung wegen des Zinsanspruchs teilweise zurückgenommen hat.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 40 % und die Beklagte zu 60 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen des Erwerbs eines von dem sogenannten VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs.

Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 26.06.2013 von der Autohaus ... GmbH ein Gebrauchtfahrzeug Skoda Octavia zu einem Kaufpreis von 25.990,00 EUR, das im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages eine Laufleistung von 18.487 km aufwies. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs EA 189, Abgasnorm EU 5, ausgerüstet. Dieser Motor war bei Erwerb mit einer Motorsteuerungssoftware ausgerüstet, die die Abgasrückführung steuert und erkennt, wenn das Fahrzeug den sogenannten "neuen europäischen Fahrzyklus" (NEFZ) durchfährt. Bei Durchfahrung des NEFZ wurde der Abgasrückführungsmodus 1 aktiviert, in welchem es zu einer höheren Abgasrückführung und somit zu einem geringeren NOx-Ausstoß kommt, der maßgeblich für die Erlangung der EG-Typgenehmigung ist. Unter den Fahrbedingungen des normalen Straßenverkehrs wurde der Abgasrückführungsmodus 0 aktiviert, der die Abgasrückführung dauerhaft auf ein geringeres Maß reduzierte, womit es zu einem höheren NOx-Ausstoß kam. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit am 31.03.2020 verkündetem Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, Schadensersatzansprüche des Klägers aus §§ 826, 823 Abs. 2, 831 BGB i. V. m. § 263 StGB seien verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB habe mit Ablauf des Jahres 2015 begonnen und sei daher am 31.12.2018 abgelaufen, sodass weder die Klageeinreichung am 17.05.2019 noch die zeitweise Anmeldung des Klägers zum Klageregister der Musterfeststellungsklage ab Februar 2019 zu einer Hemmung der Verjährungsfrist geführt hätten. Vorliegend sei der Schadensersatzanspruch des Klägers bereits im Jahre 2015 entstanden. Auch eine Klageerhebung sei in diesem Jahr möglich gewesen, wie sich bereits aus den in diesem Jahr eingereichten ersten Klagen im Diesel-Abgasskandal ergebe. Der Kläger habe Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangen können, sodass er so zu behandeln sei, als ob er die entsprechende Kenntnis gehabt habe. Eine grobfahrlässige Unkenntnis des Klägers von den anspruchsbegründenden Tatsachen und der Person des Schuldners habe jedenfalls am 31.12.2015 vorgelegen. Der VW-Abgasskandal sei Ende 2015 allgemein bekannt gewesen, wie auch der Kläger zugestanden habe. Infolgedessen sei der Öffentlichkeit und damit auch dem Kläger bekannt gewesen, dass die Beklagte millionenfach und systematisch die streitige Software in Motoren habe verbauen lassen. Da der Kläger im Juni 2013 ein Dieselfahrzeug erworben habe, habe sich ihm aufgrund der ihm bekannten Berichterstattung der Verdacht aufdrängen müssen, dass auch sein Fahrzeug von diesem Skandal betroffen sein könne. Es hätte ihm in dieser Situation oblegen, auf die mühe- und kostenlos zur Verfügung stehenden Informationen zuzugreifen und sich weiter zu informieren, wobei er die Existenz der von der Beklagten bzw. von deren Töchterfirmen freigeschalteten Websites festgestellt hätte, die ein Feststellen der Betroffenheit seines Fahrzeuges ermöglicht hätte. Zudem hätte er durch einen Anruf in einem Serviceunternehmen der Beklagten die Betroffenheit seines Fahrzeuges abklären können. Durch das Unterlassen entsprechender Nachfragen habe der Kläger die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und eine für ihn auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeit in nahezu unverständlicher Weise nicht genutzt. Es habe im Jahre 2015 auch keine unsichere und zweifelhafte Rechtslage bestanden, sodass bereits in diesem Jahr eine Klageerhebung zumutbar gewesen sei. Der Kläger könne schließlich Schadensersatzansprüche auch nicht darauf stützen, dass er durch das Aufspielen einer weiteren und a...

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