Entscheidungsstichwort (Thema)

Nutzungsrecht an Internet-Domain genießt als sonstiges Recht über § 1004 Abs. 1 i.V.m. § 823 Abs. 1 BGb keinen quasinegatorischen Drittschutz

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 07.12.2009; Aktenzeichen 8 O 458/08)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.01.2012; Aktenzeichen I ZR 187/10)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7.12.2009 verkündete Urteil des LG Potsdam - 8 O 458/08 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Prozessparteien streiten in der Hauptsache darum, ob die Beklagte ggü. dem Kläger verpflichtet ist, einer Änderung der Eintragung in die W.-Datenbank, die von der D. e.G., der zentralen Vergabestelle (R.) für Internet-Domains unterhalb der Top-Level-Domain ". de " mit Sitz in F. (nachfolgend kurz als D. bezeichnet), geführt wird und verschiedene Angaben, darunter zum Domain-Inhaber (descr/holder) und zu dessen administrativem Ansprechpartner (admin-c) enthält, dahingehend zuzustimmen, dass als Inhaber und administrativer Ansprechpartner der Internet-Domain " g ... de " der Kläger eingetragen wird. Das gleiche Ziel verfolgt Letzterer ggü. der D. in einem Zivilprozess, der vor dem LG Frankfurt/M. unter dem Aktenzeichen 2-7 O 33/09 begonnen hat und dessen erste Instanz am 27.7.2010 mit einem klageabweisenden Urteil (Kopie Anlage BK5/GA II 243 ff.) beendet wurde. Zur näheren Darstellung des Tatbestandes und der erstinstanzlichen Prozessgeschichte wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Vom LG Potsdam, das in der Vorinstanz entschieden hat, wurde der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Zur Begründung hat die Zivilkammer ausgeführt, der Kläger sei im materiell-rechtlichen Sinne nach wie vor Inhaber der streitgegenständlichen Domain; bei seiner daraus resultierenden alleinigen Nutzungsbefugnis handele es sich um ein sonstiges Recht nach dem Verständnis von § 823 Abs. 1 BGB, das - analog § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB - Schutz vor Störungen durch die Beklagte genieße. Das landgerichtliche Urteil, auf das auch wegen der Entscheidungsgründe im Einzelnen Bezug genommen wird, ist der Beklagten - zu Händen ihres erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten - am 10.12.2009 (GA I 108) zugestellt worden. Sie hat am 14.12.2009 (GA I 109) mit anwaltlichem Schriftsatz Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel - nach antragsgemäßer Verlängerung der Frist zur Begründung bis zum 3.3.2010 (GA I 132) - mit einem an diesem Tage per Telekopie bei dem OLG Brandenburg eingegangenen Anwaltsschriftsatz begründet (GA I 134 ff.).

Die Beklagte ficht das landgerichtliche Urteil - unter Wiederholung und Vertiefung ihrer bisherigen Darlegungen - in vollem Umfange ihrer Beschwer an. Hierzu trägt sie insbesondere Folgendes vor:

Ihr - der Beklagten - fehle schon nach dem klägerischen Vorbringen die Passivlegitimation. Denn nicht sie, sondern ihr Geschäftsführer persönlich sei laut dem vom Kläger als Anlage K1 (GA I 7 ff.) zur Klageschrift eingereichten Auszug aus dem D.-Register als Inhaber der streitgegenständlichen Internet-Domain eingetragen. Deshalb hätte richtigerweise er verklagt werden müssen; von ihr werde in einer solchen Situation ein rechtlich und faktisch unmögliches Handeln verlangt. Auch der Tatbestand des angefochtenen Urteils bedürfe insoweit der Berichtigung, die sie - die Beklagte - beim LG beantragt habe.

Die Eingangsinstanz sei ihren Hinweispflichten nicht nachgekommen. Mit der Ladungsverfügung vom 6.4.2009 (Kopie Anlage BK3/GA I 202 f.) habe das LG, eine rechtliche Würdigung vornehmend und auf eine Entscheidung des BVerfG verweisend, auf mangelnde Erfolgsaussichten der Klage aufmerksam gemacht. In den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils werde dann plötzlich die gegenteilige Auffassung vertreten, ohne dass dies zuvor von der Zivilkammer angekündigt worden sei. Diese Hinweispflichtverletzung erweise sich als entscheidungserheblich, weil sie - die Beklagte - in Kenntnis der geänderten Rechtsauffassung der Vorinstanz weiter zu ihrer fehlenden Passivlegitimation vorgetragen hätte.

Keineswegs könne von ihr, der Beklagten, der Nachweis dafür verlangt werden, dass der Kläger seine Rechtsposition an der streitgegenständlichen Internet-Domain verloren habe. Die Eintragungen im D.-Register, die - analog § 892 BGB - öffentlichen Glauben genössen, seien im Laufe der Zeit geändert und die Angaben be...

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