Verfahrensgang
LG Potsdam (Entscheidung vom 15.08.2022; Aktenzeichen 27 Ns 177/21) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Potsdam vom 15. August 2022 wird als unbegründet verworfen.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Gründe
I.
Das Amtsgericht Luckenwalde verurteilte den vielfach, auch zahlreich einschlägig vorbestraften und hafterfahrenen Angeklagten am 20. Oktober 2021 (21 Ds 472 Js 18799/21) wegen "eines Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz in 2 Fällen in Tatmehrheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit einem tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit einem tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte gleichstehenden Personen in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in 2 Fällen jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in Tatmehrheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zudem wurden sichergestellte Betäubungsmittel eingezogen.
Gegen diese Entscheidung hatte der Angeklagte mit dem bei Gericht am 26. Oktober 2021 angebrachten Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt, und das Rechtsmittel in der Berufungshauptverhandlung am 15. August 2022 auf den Rechtsfolgenausspruch und diesen weiter auf die Frage der Vollstreckung der erkannten Freiheitsstrafe zur Bewährung beschränkt.
Die 7. kleine Strafkammer des Landgerichts Potsdam verwarf die Berufung mit Urteil vom 15. August 2022 als unbegründet.
Hiergegen richtet sich die am 22. August 2022 bei Gericht angebrachte Revision des Angeklagten, der sein Rechtsmittel nach der am 15. September 2022 erfolgten Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe mit dem am 17. Oktober 2022 (Montag) bei Gericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz begründet hat. Der Revisionsführer ist insbesondere der Auffassung, das Berufungsgericht habe bei seiner Entscheidung nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Angeklagte am 5. März 2021 Vater einer Tochter geworden ist und während der letzten Haftzeit verschiedene Angebote der Justizvollzugsanstalt wahrgenommen habe, um seine Probleme und Defizite in den Griff zu bekommen, wie beispielsweise ein Antigewalttraining.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg ist der Revision des Angeklagten mit Stellungnahme vom 1. Dezember 2022 beigetreten; das Berufungsgericht hätte insbesondere erörtern müssen, ob durch Weisungen und Auflagen eine günstige Sozialprognose gemäß § 56 Abs. 1 StGB hätte erreicht werden können. Entsprechend hat die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, das Berufungsurteil des Landgerichts Potsdam vom 15. August 2022 "wegen der Versagung der Strafaussetzung mit den Feststellungen aufzuheben", und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Potsdam zurückzuverweisen.
In der Revisionshauptverhandlung hat die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg nunmehr beantragt, die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 15. August 2022 als unbegründet zu verwerfen; der Angeklagte hat beantragt, das angefochtene Urteil im Umfang der Beschränkung aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Berufungskammer des Landgerichts Potsdam zurückzuverweisen.
II.
1.
a) Die Revision ist gemäß § 333 StPO statthaft und entsprechend §§ 341, 344, 345 StPO form- und fristgerecht bei Gericht angebracht worden, sonach zulässig.
b) Gegenstand der revisionsgerichtlichen Überprüfung ist allein die Entscheidung des Landgerichts, die Vollstreckung der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe nicht zur Bewährung auszusetzen. Die seitens des Angeklagten schon im Berufungsverfahren erklärte Beschränkung des Rechtsmittels auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung ist auch im Revisionsverfahren nicht nur formell (§§ 302 Abs. 2, 303 StPO), sondern auch materiell wirksam. Die Beschränkung des Rechtsmittels auf bestimmte Beschwerdepunkte (vgl. für die Berufung: § 318 Abs. 1 StPO; für die Revision: § 344 Abs. 1 StPO "inwieweit") ist nach der so genannten Trennbarkeitsformel insoweit wirksam, als sie dem Rechtsmittelgericht die Möglichkeit eröffnet, den angefochtenen Teil des Urteils losgelöst vom nicht angegriffenen Teil der Entscheidung nach dem inneren Zusammenhang rechtlich und tatsächlich zu beurteilen, ohne die Prüfung des übrigen Urteilsinhalts notwendig zu machen. Die den Rechtsmittelberechtigten eingeräumte "Macht zum unmittelbaren Eingriff in die Gestaltung des Rechtsmittels" (RGSt 69, 110, 111; vgl. auch BGHSt 14, 30, 36) gebietet es, den in Rechtsmittelerklärungen zum Ausdruck gekommenen Gestaltungswillen im Rahmen des rechtlich Möglichen zu respektieren. Das Rechtsmittelgericht kann und darf diejenigen Entscheidungsteile nicht nachprüfen, deren Nachprüfung von keiner Seite begehrt wird, wenn und soweit der angegriffene Entscheidungsteil trennba...