Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 14. Juni 2019 - 1 O 101/17 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.283,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Dezember 2016 Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Kraftfahrzeugs VW Touran comfortline BlueMotion Technology 2.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ..., amtliches Kennzeichen: ..., zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.171,67 EUR freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz hat die Beklagte zu tragen.

Die Kosten der Berufung haben der Kläger zu 44 % und die Beklagte zu 56 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Gegenstandswert der Berufung wird auf 20.245,50 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz vor dem Hintergrund des sogenannten VW-Abgasskandals in Anspruch.

Er erwarb am 22. Dezember 2014 das im Tenor näher bezeichnete, von der Beklagten hergestellte und mit einem VW Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattete Fahrzeug zu einem Kaufpreis in Höhe von 36.061,24 EUR. Die Steuerungssoftware dieses Dieselmotors verfügt über zwei Betriebsmodi zur Abgasrückführung. Beim Durchfahren des für die amtliche Bestimmung der Fahrzeugemissionen maßgeblichen sogenannten Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) wird automatisch ein Modus mit einer höheren Abgasrückführung aktiviert, wodurch die gesetzlichen Grenzwerte für Stickoxidemissionen eingehalten werden; unter realen Bedingungen im Straßenverkehr wird jedoch ein anderer Betriebsmodus aktiviert, der bei einer geringeren Abgasrückführung zu einem deutlich höheren Stickoxidausstoß führt.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 18. November 2016 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Rücktritt von dem vorbezeichneten Kaufvertrag und forderte sie auf, den gezahlten Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs zu erstatten. Die Beklagte wies den Rücktritt mit Schreiben vom 22. November 2016 zurück, woraufhin der Kläger sie mit Schreiben vom 25. November 2016 erneut unter Fristsetzung bis zum 9. Dezember 2016 aufforderte, den von ihm erklärten Rücktritt zu bestätigen und den Kaufvertrag rückabzuwickeln.

Das Fahrzeug hatte im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eine Laufleistung von 171.774 Kilometern erreicht.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 20.598,18 EUR nebst Zinsen in Höhe 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Dezember 2016 Zug um Zug gegen Rückübereignung des PKW VW Touran comfortline BlueMotion Technology 2.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ..., amtliches Kennzeichen: ..., zu zahlen,

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet,

3. die Beklagte zu verurteilen, ihn von den außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.171,67 EUR freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass dem Kläger gegenüber der Beklagten Zug um Zug gegen die Rückübereignung des Fahrzeugs ein Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB auf Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 15.815,74 EUR zustehe.

Dagegen wendet sich die Berufung der Beklagten, die auch in zweiter Instanz die vollständige Abweisung der Klage begehrt.

Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird im Übrigen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist nur teilweise begründet.

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB ein Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises unter Anrechnung des Wertes zwischenzeitlich gezogener Nutzungen Zug um Zug gegen Herausgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu.

Wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, hat die Beklagte sich sittenwidrig verhalten, indem sie den streitgegenständlichen Motor mit der auf das Befahren des Prüfstands im NEFZ abgestimmten Umschaltlogik hergestellt und in den Verkehr gebracht hat (Senat, Urteil vom 17. Februar 2020, Az.: 1 U 12/19; OLG München, Urteil vom 15. Januar 2020, Az.: 20 U 3219/18, juris Rn. 22; OLG Schleswig, Urteil vom 29. November 2019, Az.: 1 U 32/19, juris Rn. 27,...

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