Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindesunterhalt: Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines minderjährigen Kindes. Anspruchsübergang auf den Sozialleistungsträger
Leitsatz (amtlich)
Umfang des Anspruchsübergangs von Unterhaltsleistungen auf den Sozialleistungsträger.
Normenkette
BGB § 1606 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
AG Bad Freienwalde (Urteil vom 18.06.2009) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.6.2009 verkündete Urteil des AG Bad Freienwalde teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für das Kind J. S. Unterhalt wie folgt zu zahlen:
- 156,48 EUR monatlich für die Monate März bis Dezember 2008,
- 151,48 EUR monatlich für den Monat Januar 2009.
Die erstinstanzlichen Kosten werden dem Kläger zu 42 % und dem Beklagten zu 58 % auferlegt. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abgewendet werden, wenn nicht der Gegner zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht auf Kindesunterhalt für die Zeit von März 2008 bis Januar 2009 in Anspruch.
Der am ... 5.1942 geborene Beklagte ist der Vater des am ... 6.1998 geborenen Kindes J. S. Das Kind lebt bei seiner Mutter. Der Kläger zahlte für die Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus der Mutter, dem Sohn J. und einem weiteren Sohn, Leistungen nach SGB II.
Unter dem 10.3.2008 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er der Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II gewähre, weshalb der Unterhaltsanspruch, soweit er nicht erfüllt sei, auf ihn als Leistungsträger übergehe. In diesem Schreiben wird festgestellt, dass der Beklagte für seinen Sohn J. monatlichen Unterhalt von 204,52 EUR zahlte. Zugleich wurde der Beklagte aufgefordert, mittels eines Fragebogens Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Der Beklagte zahlte zwar den Unterhalt von 204,52 EUR monatlich weiter, erteilte dem Kläger jedoch keine Auskunft.
Mit der am 24.6.2008 beim AG eingegangenen Klage hat der Kläger den übergegangenen Unterhalt im Wege der Stufenklage, gerichtet zunächst auf Auskunfterteilung, alsdann auf Zahlung, gerichtlich geltend gemacht. Den Auskunftsanspruch hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem AG vom 28.8.2008 anerkannt. Nach Auskunfterteilung hat der Kläger seinen Anspruch beziffert und letztlich beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, übergegangenen Unterhalt von 156,48 EUR monatlich für die Monate März bis Dezember 2008 und 166,48 EUR für Januar 2009 zu zahlen.
Die ursprünglich weitergehende Klage hat der Kläger zurückgenommen.
Der Beklagte hat die Klage teilweise, nämlich soweit der Kläger Leistungen nicht allgemein an die Bedarfsgemeinschaft, sondern konkret an das Kind J. S., gewährt hat, anerkannt und im Übrigen beantragt, die Klage abzuweisen.
Das AG hat durch das angefochtene Teilanerkenntnis- und Schlussurteil den Beklagten verurteilt, an den Kläger für das Kind J. S. Unterhalt wie folgt zu zahlen:
1,98 EUR monatlich für März bis Juni 2008,
4,98 EUR für Juli 2008,
7,57 EUR für August 2008,
131,48 EUR für September 2008
7,57 EUR monatlich für Oktober bis Dezember 2008,
126,48 EUR für Januar 2009.
Wegen der Begründung und der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er trägt vor:
Ein Anspruchsübergang sei in sehr viel größerem Umfang gegeben, als vom AG angenommen. Bei der Änderung des § 33 SGB II mit Wirkung ab 1.1.2009 habe es sich lediglich um eine sprachliche Anpassung gehandelt. Eine gesetzliche Neuregelung sei damit nicht verbunden. Daher sei auch im Jahr 2008 ein Anspruchsübergang über die tatsächlich für das Kind ausgewiesenen Beträge hinaus erfolgt. Dies gelte ungeachtet der vom AG zitierten Entscheidung des Senats vom 16.12.2008 - 10 UF 129/08 -. Soweit der Senat eine andere Rechtsauffassung vertrete, als mit der Berufung geltend gemacht, sei die Revision zuzulassen. Für Januar 2009 habe das AG zwar die Vorschriften des § 33 SGB II erweiternd angewandt. Insoweit ergebe sich rechnerisch aber ein höherer übergegangener Anspruch, als vom AG errechnet.
Bei der Bemessung des Wohnvorteils könnten Aufwendungen für Grundsteuern, Kosten für Straßenreinigung und Schornsteinfeger sowie für die Wohngebäudeversicherung nicht Wert mindernd berücksichtigt werden.
Tilgungsleistungen könnten nicht mit 4 % als zusätzliche Altersvorsorge Berücksichtigung finden. Abzüge für eine zusätzliche Altersvorsorge könnten nur solange geltend gemacht werden, wie noch keine Versorgungsleistungen bezogen würden. Im Übrigen habe der Beklagte nicht dargelegt, dass er über seine Einkünfte aus Rente sowie Vermietung und Verpachtung hinaus überhaupt noch auf eine Altersvorsorge ang...