Entscheidungsstichwort (Thema)
Versäumte Schadensabwendung durch Gebrauch eines Rechtsmittels
Normenkette
BGB §§ 278, 839 Abs. 3, § 839a; ZPO § 397 Abs. 1, §§ 402, 411 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 25.11.2005; Aktenzeichen 4 O 752/04) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Potsdam vom 25.11.2005 - Az. 4 O 752/04 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 20.666,27 EUR.
Gründe
I. Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin als Alleinerbin nach B. gegen den Beklagten Schadenersatzansprüche wegen der Erstattung dessen Gutachtens in dem Verfahren ... KG Berlin geltend. In jenem Verfahren hatte die Klägerin die Sittenwidrigkeit einer Übertragung eines 1/3 Miteigentumsanteils der Erblasserin an dem Grundstück den Erwerber O. im Januar 1991 wegen eines krassen Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung geltend gemacht. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung sowie auf die Feststellungen in dem Urteil des KG Berlin vom 2.12.2004 - Az.: ... - Bezug genommen.
Das LG hat mit der angefochtenen Entscheidung die Schadensersatzklage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es könne nicht festgestellt werden, dass der Beklagte in dem Verfahren vor dem KG ein vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtiges Gutachten erstellt habe. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne die Wahl des Wertermittlungsverfahrens - Ertragswertverfahren - nicht beanstandet werden. Die Anwendung des Ertragswertverfahrens sei jedenfalls nicht unvertretbar gewesen. Gravierende Fehler seien - unter weitgehender Bezugnahme auf die Ausführungen des KG in seinem Urteil vom 2.12.2004 - nicht feststellbar. Die Unterschiede in den Wertermittlungen des Beklagten und des Sachverständigen S., der in einer ergänzenden Stellungnahme ebenfalls das Ertragswertverfahren angewandt hatte, ergäben sich insb. durch die unterschiedlich veranschlagten Bewirtschaftungskosten, den Liegenschaftszins sowie den sog. Vervielfältiger. Die relativ punktgenauen Vergleichsberechnungen des Sachverständigen S., die nach allen drei Wertermittlungsverfahren zu nahezu identischen Ermittlungsergebnissen führten, seien bemerkenswert und erschienen dem Gericht als ergebnisorientiert vorgenommene Berechnungen unter zweckgerechter Anpassung der vorgenannten Parameter zur Erzielung eines vorgegebenen Ergebnisses.
Gegen das ihr am 30.11.2005 zugestellte Urteil des LG P. hat die Klägerin mit am 30.12. bei dem OLG Brandenburg eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese, nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist, mit am 28.2.2006 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen zu den von ihr behaupteten Fehlern im Gutachten des Beklagten. Im Hinblick auf die Hinweise des Senates im Termin vom 20.7.2006 zu den Voraussetzungen des § 839a Abs. 2 BGB hat die Klägerin ergänzend ausgeführt, ein Antrag auf Anhörung eines Sachverständigen sei bereits kein Rechtsmittel im Sinne dieser Vorschrift. Darüber hinaus fehle es an dem Zurechnungszusammenhang zwischen der Nichteinlegung eines Rechtsmittels und dem Eintritt des Schadens sowie am Verschulden der Klägerin. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages wird auf die Ausführungen in dem Schriftsatz der Klägerin vom 10.8.2006 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG P. vom 25.11.2005 - Az.: 4 O 752/04 - den Beklagten zu verurteilen, an sie 20.666,27 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens die angefochtene Entscheidung.
II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie wurde insb. form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517, 519, 520 ZPO).
In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg, weil es die Klägerin, unabhängig von der Frage, ob der Beklagte in dem Ausgangsverfahren vor dem KG ein vorsätzlich oder grob fahrlässig falsches Gutachten erstattet hat und hierauf die Entscheidung des KG beruht, schuldhaft versäumt hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden, §§ 839a Abs. 2, 839 Abs. 3 BGB.
A. Entgegen der Auffassung des LG steht einem Anspruch der Klägerin aus § 839a Abs. 1 BGB - der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage - nicht bereits entgegen, dass die Klägerin Fehler des von dem Beklagten in dem Verfahren ... KG Berlin erstatteten gerichtlichen Sachverständigengutachten nicht dargelegt hätt...