Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein strafrechtliches Wiederaufnahmeverfahren.
I.
1. Der Beschwerdeführer wurde vom Landgericht durch Urteil vom 20. März 1997 wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Nach den Feststellungen des Erstgerichts ließ der Beschwerdeführer das Tatopfer am 22. August 1985 in eine Wohnung locken, wo er es zwang, einen Vertrag und einen Wechsel über 1.600.000 DM zu unterzeichnen. Danach wurde das Tatopfer durch den Beschwerdeführer oder auf dessen Geheiß durch einen anderen getötet und seine Leiche spurlos beseitigt. Später versuchte der Beschwerdeführer, durch Wechselklage das Vermögen des Tatopfers an sich zu bringen.
Der Beschwerdeführer hatte im Erstverfahren angegeben, er habe den Wechsel dadurch erhalten, dass er vom Tatopfer in einen Diamantenkauf von einem gewissen G. eingeschaltet worden sei. Das Tatopfer habe sich nach dem Geschäft nach Mexiko abgesetzt. Das Landgericht hielt diese Einlassung nach umfangreicher Beweisaufnahme für widerlegt. Seit der Nacht vom 22. zum 23. August 1985 sei das Tatopfer verschwunden. Eine Reihe von Verwandten, Bekannten und Geschäftspartnern habe es vermisst und vergeblich gesucht. Fahndungsmaßnahmen hätten keine Hinweise auf seinen Verbleib gegeben. Soweit einzelne Zeugen angegeben hätten, es sei nach dem 22. August 1985 noch gesehen worden, seien diese unglaubhaft. Das angebliche Diamantengeschäft habe nicht stattgefunden. Eine Person namens G. gebe es nicht. Deren Unterschrift auf dem Wechsel sei von einer Bekannten des Beschwerdeführers angebracht worden. Das Tatopfer habe keinen Grund gehabt, nach Mexiko auszuwandern; vielmehr sei von seiner Ermordung auszugehen. Dafür komme nur der Beschwerdeführer als Täter in Frage.
2. Dieses Urteil wurde durch Verwerfung der Revision des Beschwerdeführers am 10. Juni 1999 (BGHSt 45, 123 ff.) rechtskräftig.
3. Der Beschwerdeführer beantragte am 3. April 2000 die Wiederaufnahme des Verfahrens. Dazu bot er eine Reihe von Zeugen an, die bekunden sollten, das Tatopfer sei in der Zeit vom 25. bis 27. August 1985 noch gesehen worden. Das Landgericht verwarf den Wiederaufnahmeantrag als unzulässig. Das Vorbringen sei nicht zur Erreichung des Wiederaufnahmeziels der Freisprechung geeignet.
4. Das Oberlandesgericht verwarf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde als unbegründet. Schon im Aditionsverfahren seien die neuen Beweismittel auf ihren Beweiswert zu prüfen. Zahlreiche dem Tatopfer nahe stehende Personen hätten dieses nach dem 22. August 1985 vermisst. Vor diesem Hintergrund erscheine die Vernehmung der neuen Zeugen nicht dazu geeignet, das Wiederaufnahmeziel zu erreichen. Der Beschwerdeführer habe auch nicht mitgeteilt, woraus er das angebliche Zeugenwissen entnehme.
5. Das Oberlandesgericht wies mit einem weiteren Beschluss Gegenvorstellungen des Beschwerdeführers zurück.
Entscheidungsgründe
II.
Der Beschwerdeführer sieht sich in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 1 MRK verletzt. Im Aditionsverfahren dürfe eine Beweiswürdigung nicht vorweggenommen werden; diese sei nach dem Gesetz dem Probationsverfahren vorbehalten, wo ihm und seinem Verteidiger ein Fragerecht zustehe. Insbesondere von einem mittellosen und inhaftierten Antragsteller dürfe im Wiederaufnahmeverfahren nicht verlangt werden, dass er Einzelheiten über das Wissen der neu benannten Zeugen vortrage. Auch im Beweisantragsrecht zum Erkenntnisverfahren werde der Verteidigung nicht zugemutet, den Informationsweg zu beschreiben.
III.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24 ff.≫). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.
1. Es fehlt in der Verfassungsbeschwerde-Begründung an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den Gründen der angegriffenen Entscheidungen. Der Beschwerdeführer bestreitet den einfach-rechtlichen Ansatz der Fachgerichte bei der Eignungsprüfung gemäß §§ 359 Nr. 5, 368 Abs. 1 StPO. Er macht aber nicht deutlich, warum dieser Ansatz von Verfassungs wegen zu beanstanden sei. Nähere Ausführungen dazu wären angebracht gewesen, zumal die mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbare Auslegung der §§ 359 Nr. 5, 368 Abs. 1 StPO, wie sie den angegriffenen Entscheidungen zu Grunde liegt, auch nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt (vgl. Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Februar 1993 – 2 BvR 1746/91 –, NJW 1993, S. 2735 ff.; vom 7. September 1994 – 2 BvR 2093/93 –, NJW 1995, S. 2024 f. und vom 27. September 1995 – 2 BvR 2575/94 – in JURIS). Das Wiederaufnahmeverfahren hat die Funktion, den Konflikt zwischen den Grundsätzen der Gerechtigkeit und der Rechtssicherheit, die sich gleichermaßen aus dem Rechtsstaatsgedanken ergeben, zu lösen, indem es um der materialen Gerechtigkeit willen ausnahmsweise gestattet, das Prinzip der Rechtssicherheit zu durchbrechen. Demgemäß ist es nicht zu beanstanden, dass im Wiederaufnahmeverfahren zunächst gemäß § 368 Abs. 1 StPO zu prüfen ist, ob ein geeignetes Beweismittel angeführt wird. Die Eignung kann verneint werden, wenn alles für die Nutzlosigkeit der Beweiserhebung spricht, weil der Beweiswert des neuen Beweismittels aus der Sicht des Erstgerichts zu gering erscheint, um zu einer anderen Entscheidung zu führen. § 369 StPO wird dabei nicht dadurch funktionslos, dass er bezüglich der neuen Beweise, deren behaupteter Inhalt im Aditionsverfahren als wahr unterstellt wird, dazu dient, die Richtigkeit der Beweisbehauptung zu prüfen.
Die Annahme des Beschwerdeführers, die Handlungsunfähigkeit eines inhaftierten Verurteilten sei als Kriterium für die Auslegung der §§ 359 Nr. 5, 368 Abs. 1 StPO zu beachten, trifft nicht zu. Zum Ausgleich dieser prozessualen Nachteile kann für das Wiederaufnahmeverfahren (§ 364a StPO) und für dessen Vorbereitung (§ 364b StPO) ein Verteidiger bestellt werden.
2. Der Beschwerdeführer geht auch, soweit er die Anwendung der §§ 359 Nr. 5, 368 Abs. 1 StPO beanstandet, nicht ausreichend auf die Gründe der angegriffenen Entscheidungen ein. Diese haben auf die gesamte Beweislage und die geringe Bedeutung des Zeugenbeweises bei Jahre zurückliegenden, nebensächlichen Ereignissen verwiesen. Eine Verletzung von spezifischem Verfassungsrecht durch diese Entscheidungen hat der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt. Eine inhaltliche Nachprüfung der angegriffenen Entscheidungen ist nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 95, 96 ≪128≫).
Der Hinweis des Beschwerdeführers darauf, dass auch im Beweisantragsrecht keine Mitteilung des Informationswegs gefordert werde, geht fehl. Er trifft insoweit nicht zu, als die Rechtsprechung für einen förmlichen Beweisantrag in Fällen, in denen dies nicht auf der Hand liegt, die Darlegung der so genannten Konnexität zwischen der Beweisbehauptung und dem Beweismittel verlangt (vgl. BGHSt 39, 251 ≪253 f.≫; 40, 3 ≪6≫; 43, 321 ≪329 f.≫). Zudem ist das Beweisantragsrecht im Erstverfahren von den Substantiierungserfordernissen im Wiederaufnahmeverfahren zu unterscheiden, weil die verschiedenen Bestimmungen unterschiedlichen Zwecken dienen. Im Wiederaufnahmeverfahren geht es um die Durchbrechung der Rechtskraft der verurteilenden Endentscheidung; deshalb können dort strengere Maßstäbe gelten als beim Beweisantragsrecht im Erkenntnisverfahren.
3. Eine Verletzung des Anspruchs auf Gehör vor Gericht oder ein Verstoß gegen den Anspruch auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren wegen Nichteinräumung eines Fragerechts bei der gerichtlichen Vernehmung der im Wiederaufnahmeantrag benannten Zeugen gemäß § 369 StPO liegen nicht vor. Diese prozessualen Rechte werden nur dem Antragsteller eingeräumt, dessen Antrag zuvor als zulässig bewertet worden war.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Limbach, Hassemer, Mellinghoff
Fundstellen