Verfahrensgang
Tenor
Die Vorlage ist unzulässig.
Tatbestand
I.
Gegenstand der Vorlage ist die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern vom 21. April 2005 (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz – VBVG ≪BGBl I S. 1073≫), soweit die dort neu geregelte pauschale Vergütung von Berufsbetreuern keine Ausnahmen für eine erhöhte Vergütung bei besonders aufwändigen Betreuungen vorsieht und besondere Reisekosten nicht gesondert erstattet werden.
1. Der jetzt 50 Jahre alte Betreute, früher freiberuflich als Unternehmensberater tätig, leidet an einem hirnorganischen Psychosyndrom mit anamnestischen Syndrom und Orientierungsstörungen. Er lebt in einem Pflegeheim.
Im Wege der einstweiligen Anordnung bestellte das Amtsgericht F… zunächst die Ehefrau des Betreuten als ehrenamtliche Betreuerin für die Sorge um dessen persönliches und gesundheitliches Wohl einschließlich der Aufenthaltsbestimmung und Einwilligung in ärztliche Maßnahmen; daneben bestellte es den Steuerberater des Betreuten als Berufsbetreuer für Vermögenssorge (im Folgenden: früherer Vermögensbetreuer). Mit gerichtlichem Beschluss vom 7. Oktober 2003 wurde die vorläufige Unterbringung des Betreuten in einer geschlossenen Einrichtung angeordnet.
Unter dem 28. Oktober 2003 legte der frühere Vermögensbetreuer ein Vermögensverzeichnis vor, in welchem er die Vermögenswerte des Betreuten mit ca. 1,2 Mio. € und die Verbindlichkeiten mit ca. 500.000 € bezifferte. Das Vermögen bestand aus zwei Immobilien, Bankguthaben, Geschäftsanteilen und Lebensversicherungen. Als laufende Einnahmen wurde eine ungeklärte mögliche Rente genannt.
Im März 2004 teilte die Rechtsanwältin der Ehefrau des Betreuten mit, dass diese nunmehr beabsichtige, die Scheidung zu beantragen. Mit Beschluss vom 28. Mai 2004 ordnete das inzwischen zuständige Amtsgericht C… die weitere Betreuung durch die Schwester des Betreuten an und erweiterte den Aufgabenkreis des früheren Vermögensbetreuers auf die Bereiche Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten einschließlich Vertretung im Ehescheidungsverfahren. Im Juni 2005 regte die mit dem Familienrechtsverfahren beauftragte Rechtsanwältin des Betreuten nach Akteneinsicht zusammen mit den Geschwistern des Betreuten an, den früheren Vermögensbetreuer abzulösen und einen anderen Berufsbetreuer zu bestellen. Der in die Zeit der Tätigkeit des früheren Vermögensbetreuers fallende erhebliche Vermögensabbau sei ebenso wenig nachvollziehbar wie die von diesem vereinnahmte überhöhte Vergütung. Nachdem sich herausstellte, dass der frühere Vermögensbetreuer ohne Gerichtsbeschluss aus dem betreuten Vermögen Vergütungen in Höhe von 100 € pro Stunde entnommen und Unterhaltszahlungen ohne Prüfung einer rechtlichen Verpflichtung an Familienmitglieder vorgenommen hatte, entließ ihn das Amtsgericht C… mit Beschluss vom 13. Juli 2005 und bestellte einen neuen Betreuer (im Folgenden: Betreuer) mit den Aufgabenkreisen Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten einschließlich Vertretung im Ehescheidungsverfahren und Vermögenssorge einschließlich Überprüfung der Rechnungslegung des bisherigen Betreuers. Der Betreuer ist von Beruf Steuerberater und in einer Sozietät mit mehreren Rechtsanwälten und Notaren tätig.
Der Betreuer nahm im Folgenden zu allen Beteiligten Kontakt auf, führte Verhandlungen mit dem früheren Vermögensbetreuer und der Ehefrau des Betreuten, legte ein vorläufiges Vermögensverzeichnis vor und bemühte sich um den Verkauf des Grundbesitzes. Er ging dabei von einem vorläufigen Aktivvermögen von ca. 560.000 € aus, dem Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 585.000 € gegenüberstanden. Zur Zeit ergebe sich aus Renten und Leistungen der Pflegekassen ein monatliches Einkommen von 3.169,20 €; eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Ehefrau werde von ihm geprüft. Im Rahmen der Prüfung der Rechnungslegung des früheren Vermögensbetreuers stellte der Betreuer einen Vermögensverzehr in Höhe von ca. 130.000 € fest; die Art der Rechnungslegung entspreche zwar nicht dem in Betreuungsfällen Üblichen, lasse aber einen Überblick zu und sei grundsätzlich nicht zu beanstanden. Es fehlten jedoch noch vormundschaftsgerichtliche Genehmigungen für Wertpapierverkäufe und Unterlagen bisher nicht gebuchter Konten.
Im Folgenden wickelte der Betreuer die laufenden Geschäfte mit Banken, Versicherungen, dem Finanzamt und dem Pflegeheim sowie mit den für die familienrechtlichen Streitigkeiten und den Prozess gegen die Berufsunfähigkeitsversicherung beauftragten Rechtsanwälten ab. Daneben veräußerte er unter Einschaltung eines Maklers die Eigentumswohnung des Betreuten. Am 11. Oktober 2005 fuhr er nach Bad S… und K…, um dort Besprechungen mit der Ehefrau des Betreuten und der beteiligten Bank über die Veräußerung des gemeinsamen Hausgrundstücks, welches von der Ehefrau noch bewohnt wurde, zu führen. Er verschaffte sich dabei einen eigenen Eindruck von dem Hausgrundstück, welches zu dem ursprünglich angesetzten Preis über längere Zeit nicht veräußert werden konnte und erörterte mit der Ehefrau des Betreuten die Frage der Unterhaltszahlung, welche er in der Folgezeit einstellte. Darüber hinaus verhandelte er mit Banken über die Weiterführung des von seinem Vorgänger aufgenommenen Darlehens und kündigte eine Lebensversicherung des Betreuten.
Der Betreuer machte für die Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2005 eine Vergütung in Höhe von 4.492,68 € – Zeitaufwand von 64 Stunden 33 Minuten à 60 € zuzüglich Umsatzsteuer – und Auslagen in Höhe von 278,10 €, darunter Reisekosten in Höhe von 159,30 €, geltend. Das Amtsgericht C… setze die Vergütung nach dem Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern – auf der Grundlage von monatlich 2,5 Stunden und eines Stundensatzes von 44 € – jedoch auf lediglich 330 € fest; damit seien auch alle Auslagen sowie die Umsatzsteuer abgegolten.
Hiergegen legte der Betreuer fristgerecht sofortige Beschwerde ein und verfolgte seinen ursprünglichen Antrag weiter. Das Amtsgericht C… half der Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vor. Dieses wies mit Beschluss vom 11. April 2006 die sofortige Beschwerde zurück. Gegen diesen Beschluss wandte sich der Betreuer mit der – vom Landgericht zugelassenen – weiteren sofortigen Beschwerde an das Oberlandesgericht.
2. Das Oberlandesgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Fragen zur Entscheidung vorgelegt, ob §§ 4 und 5 VBVG betreffend die Vergütung des Berufsbetreuers eines nicht mittellosen Betreuten mit dem Grundgesetz insofern vereinbar sind, als diese Vorschriften sowohl für den pauschalierten Stundenansatz gemäß § 5 VBVG als auch für den Stundensatz gemäß § 4 Abs. 1 VBVG von den Sonderfällen in § 6 VBVG abgesehen in keinem Fall Ausnahmen für besonders aufwändige und schwierige Betreuungen vorsehen, sowie ob die Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 1 VBVG mit dem Grundgesetz vereinbar ist, soweit danach der Stundensatz gemäß § 4 Abs. 1 VBVG auch Kosten für Aufwendungen des Berufsbetreuers abdeckt, die nicht Aufwendungen im Sinne des § 1835 Abs. 3 BGB darstellen und die nicht zu den gewöhnlichen, mit der Führung von Betreuungen regelmäßig verbundenen allgemeinen Kosten gehören, namentlich Reisekosten zur Wahrnehmung von Angelegenheiten in größerer Entfernung vom Wohn- bzw. Dienstort des Betreuers.
Das vorlegende Gericht hält die Vergütungsregelung für Berufsbetreuer nicht mittelloser Betreuter in den §§ 4 und 5 VBVG insofern für mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.
a) Der Betreute sei nicht mittellos im Sinne von § 1836d BGB und lebe in einem Heim. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 VBVG seien die Vorinstanzen zutreffend von einem Stundenansatz von 2,5 Stunden im Monat, für die streitgegenständliche Zeit also von insgesamt 7,5 Stunden, ausgegangen. Selbst wenn man bei der zwischen den Obergerichten streitigen Frage, ob hierbei auf den Beginn der Betreuung oder auf den Beginn der Tätigkeit des Betreuers abzustellen ist, auf die insofern für den Betreuer günstige Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Zweibrücken abstellte, sei für die streitgegenständliche Zeit allenfalls eine Vergütung von 616 € erzielbar. Auch diese werde den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Vergütung eines Berufsbetreuers jedoch nicht gerecht. Der außerordentliche Umfang der Tätigkeit des Betreuers beruhe im Wesentlichen auf dem Umfang und der Komplexität der Vermögensanlagen des Betroffenen und der Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit der Ehefrau im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens. Erschwert werde die Führung der Betreuung durch die aufgrund seines Gesundheitszustandes fehlende Fähigkeit des Betreuten, an der Ermittlung seiner vielfältigen Vermögensanlagen mitzuwirken. Eine erhöhte Vergütung des Betreuers gemäß § 1835 Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Satz 2 VBVG scheide vorliegend aus, weil in der streitgegenständlichen Zeit keine Steuerberatungsleistungen erbracht worden seien. Eine gesonderte Erstattung von Fahrt-, Porto- und Fotokopierkosten sei nach dem Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern ausgeschlossen.
b) Die Grenze der Zumutbarkeit nach Art. 12 Abs. 1 GG wegen Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sei in den Fällen überschritten, in denen der Zeitaufwand für die Betreuung den der Pauschalregelung zugrunde gelegten Zeitansatz um ein Vielfaches überschreite. Dies sei der Fall, wenn eine außerordentlich umfangreiche und aufwändige Betreuung vorliege, für welche das Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern keine Ausnahmeregelung vorsehe. Vorliegend habe der Betreuer in der streitgegenständlichen Zeit von drei Monaten 64 Stunden und 33 Minuten für die Betreuung aufgewandt, während die gesetzliche Regelung je nach Auslegungsvariante von einem Aufwand von 7,5 Stunden bzw. 14,5 Stunden ausgehe. Der Betreuer habe also das 8,6 fache bzw. das 4,4 fache des gesetzlichen Stundenansatzes benötigt. Damit er im Wege der vom Gesetzgeber vorgesehenen Mischkalkulation ein auskömmliches Einkommen habe, müsste er in den übrigen von ihm geführten Betreuungen in drei Monaten insgesamt 57 bzw. 50 Stunden weniger, als der gesetzlichen Pauschalregelung zugrunde gelegt, aufwenden. Dies sei nicht möglich. Ein einzelner Härtefall genüge zwar nicht, um eine Pauschalregelung als unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit anzusehen. Nach dem Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern sei jedoch von einer nicht unerheblichen Zahl von derartigen Fällen auszugehen; solche Fälle ließen sich auch nicht durch Vorsorgeregelungen, etwa in Form von Vorsorgevollmachten, ausschließen.
Der Gesetzgeber habe bei der Ermittlung der Stundenansätze “Ausreißer” bewusst ausgeklammert, indem er sich nicht am arithmetischen Mittelwert, sondern am Median der ermittelten Werte orientiert habe. Er gehe dabei davon aus, dass die ganz überwiegende Anzahl der Fälle im unteren Mittelfeld monatlich aufgewandter Stunden liege. Einen Ausgleich für Ausreißer nach oben sei bei einer solchen Orientierung am Medianwert jedoch nicht möglich. Hinzu komme, dass von den Vormundschaftsgerichten die Betreuungen unter anderem nach der Schwierigkeit des Falles vergeben würden. Gerade im ländlichen Raum gebe es häufig nur wenige qualifizierte Betreuer für die Verwaltung größerer, komplexer Vermögen, so dass die Annahme unzutreffend sei, dass sich die ganze Bandbreite an aufwändigen und weniger aufwändigen Betreuungen bei dem einzelnen Berufsbetreuer wieder fände. Der im Gesetzentwurf vorgeschlagene persönliche Kontakt des Betreuers zum Vormundschaftsgericht zur Erörterung der Bestellungspraxis finde tatsächlich nicht statt und sei dem Berufsbetreuer auch nicht zumutbar. Es sei eine Illusion des Gesetzgebers, dass qualifizierte Betreuer auch unterhalb ihrer Qualifikation eingesetzt würden. Hier könne nur eine gesetzliche Ausnahmeregelung – jedenfalls bei der Betreuung nicht mittelloser Betreuter – weiterhelfen, der fiskalische Gründe auch nicht entgegenstünden.
Eine verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes sei nicht möglich (Hinweis auf BVerfGE 101, 331 ff.). Nach der Begründung des Gesetzentwurfs habe es der Gesetzgeber als Nachteil der Vorgängerregelung angesehen, dass die Berufsbetreuer eine zeitaufwändige Dokumentation zu erstellen hatten; auch habe die Vergütungsabrechnung bei den Vormundschaftsgerichten einen erheblichen Aufwand an Arbeitskraft erfordert, ohne dass dieser Aufwand den Betreuten zugute gekommen wäre. Hier sei nur eine Plausibilitäts- und Missbrauchskontrolle möglich gewesen. Zudem werde eine weniger gewandte und schlechter organisierte Arbeitsweise mit dadurch bedingt höherem Zeitaufwand durch die alte Regelung belohnt. Deswegen habe der Gesetzgeber ein Pauschalierungssystem schaffen wollen, das einfach, streitvermeidend, an der Realität orientiert und für die Berufsbetreuer auskömmlich sei. Er berufe sich für dieses System auf eine rechtstatsächliche Untersuchung des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik über die von Betreuern für einzelne Betreuungsfälle aufgewendete Zeit. Es handele sich um eine Mischkalkulation zwischen aufwändigen und weniger aufwändigen Fällen innerhalb von Fallgruppen. Etwa entstehende Härten könnten – so die Begründung des Gesetzentwurfs – im persönlichen Kontakt zwischen Gerichten und Berufsbetreuern geklärt werden. Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen des Gesetzgebers scheide – so das vorlegende Gericht – eine verfassungskonforme Interpretation der streitentscheidenden Vorschriften aus.
c) Auch die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 VBVG, wonach der Stundensatz in § 4 Abs. 1 VBVG alle anlässlich der Betreuung entstandenen Aufwendungen abdecke, verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Diese Regelung schließe den Ersatz von Aufwendungen aus, die nicht zu den üblichen und planbaren Kosten der Berufstätigkeit eines Berufsbetreuers wie die Kosten des Bürobetriebes, eigene Versicherungen usw. gehörten. Dies betreffe insbesondere Reisekosten für im Rahmen der Betreuung erforderliche Reisen. Jedenfalls bei Reisen über größere Entfernungen führe die pauschalierte Vergütung dazu, dass der Betreuer wesentliche Teile seiner Vergütung dafür einsetzen müsse. Zwar sei eine Aufwendungspauschale von 3 € pro abrechenbare Stunde in die Stundensatzpauschale eingerechnet worden. Wie schon beim Ansatz der Stundenzahl habe der Gesetzgeber jedoch bewusst Ausreißer nach oben außer Betracht gelassen und damit den Betreuer gezwungen, diese Kosten selbst zu tragen oder eine im Interesse des Betreuten notwendige Maßnahme pflichtwidrig zu unterlassen. Auch hierin liege ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit des Betreuers.
Entscheidungsgründe
II.
Die Vorlage ist unzulässig.
1. Ein Gericht kann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit gesetzlicher Vorschriften nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschriften als auch ihre Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 86, 71 ≪76≫).
a) Das vorlegende Gericht muss hierzu darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Normen abhängt. Dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügt ein Vorlagebeschluss nur dann, wenn die Ausführungen des Gerichts auch erkennen lassen, dass es eine eingehende Prüfung vorgenommen hat. Ein Vorlagebeschluss muss aus sich heraus, ohne Beiziehung der Akten, verständlich sein und mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht bei Gültigkeit der Regelung zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie es dieses Ergebnis begründen würde (vgl. BVerfGE 74, 236 ≪242≫; 88, 70 ≪73 f.≫). Die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage ist mithin eingehend darzulegen. Dazu muss der Vorlagebeschluss den entscheidungserheblichen Sachverhalt und eine umfassende Darlegung der die rechtliche Würdigung tragenden Erwägungen enthalten. Hierbei verlangt § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, dass sich das vorlegende Gericht eingehend mit der einfachrechtlichen Rechtslage auseinander setzt, die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigt (vgl. BVerfGE 47, 109 ≪114 f.≫; 105, 61 ≪68≫) und auf unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten eingeht (vgl. BVerfGE 97, 49 ≪60≫; 105, 48 ≪56≫).
b) Ferner muss das Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Norm näher darlegen und deutlich machen, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist. Auch insoweit bedarf es einer Auseinandersetzung mit nahe liegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten sowie einer eingehenden, Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehenden Darstellung der Rechtslage (vgl. BVerfGE 86, 71 ≪77≫; 97, 49 ≪60≫). Die Darlegungen zur Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Normen müssen den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab dabei nicht nur benennen, sondern auch die für die Überzeugung des Gerichts maßgebenden Erwägungen nachvollziehbar darlegen. Insoweit kann es auch erforderlich sein, die Gründe zu erörtern, die im Gesetzgebungsverfahren als für die gesetzgeberische Entscheidung maßgebend genannt worden sind (vgl. BVerfGE 78, 201 ≪204≫; 81, 275 ≪277≫; 86, 71 ≪77 f.≫). Rechtsprechung und Schrifttum sind in die Argumentation einzubeziehen (vgl. BVerfGE 78, 165 ≪171 f.≫; 89, 329 ≪337≫).
2. Die Vorlage genügt diesen Anforderungen nicht. Das vorlegende Gericht hat hinsichtlich der ersten Vorlagefrage die Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Normen nicht hinreichend dargelegt (a), während es der zweiten Vorlagefrage an einer hinreichenden Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage mangelt (b). Hinsichtlich beider Fragen fehlt es schließlich an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit dem verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab (c).
a) Das vorlegende Gericht führt aus und belegt, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung der Vergütungsvorschriften für Berufsbetreuer hinsichtlich der Festlegung des Stundensatzes in § 4 Abs. 1 und 2 VBVG sowie bei dem den zu vergütenden Zeitaufwand festlegenden Stundenansatz in § 5 Abs. 1 und 2 VBVG einen pauschalierenden Ansatz verfolgt. Dieser Ansatz führe in besonderen Fällen, wie der vorgelegte Ausgangsstreitfall belege, zu einer unauskömmlichen und damit im Ergebnis verfassungswidrigen Vergütungssituation für den Berufsbetreuer. Im vorliegenden Fall müsse der Betreuer aufgrund der außergewöhnlichen Komplexität des Betreuungsfalls einen so hohen Betreuungsaufwand erbringen (hier: 64 Stunden und 33 Minuten in drei Monaten), dass dies die Grenzen der vom Gesetzgeber vorgesehenen Mischkalkulation überschreite, da der erhöhte Stundenaufwand mit ebenfalls zur Betreuung übertragenen einfacheren Fällen nicht ausgeglichen werden könne. Mit diesen Darlegungen genügt das vorlegende Gericht nicht den Anforderungen an eine Auseinandersetzung mit nahe liegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten des Ausgangsfalls (vgl. BVerfGE 86, 71 ≪77≫; 97, 49 ≪60≫).
aa) Das vorlegende Gericht hat es versäumt, Anzahl und Schwierigkeit der weiteren dem Betreuer übertragenen Betreuungsfälle über einen größeren Zeitraum hinweg darzulegen. Nur aufgrund dieser Angaben – die erforderlichenfalls durch das vorlegende Gericht zuvor im Wege der Beweiserhebung festzustellen wären (vgl. BVerfGE 11, 330 ≪334 f.≫; 79, 256 ≪264 f.≫) – kann das Bundesverfassungsgericht prüfen, ob tatsächlich die vom Gesetzgeber angestrebte Mischkalkulation bei der Vergütung von Berufsbetreuern im Einzelfall fehlgeschlagen ist. Hierfür wäre zunächst darzulegen, in wie vielen Betreuungsangelegenheiten der Betreuer berufsmäßig tätig ist. Nach der gesetzlichen Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Satz 1 und § 1 Abs. 1 Satz 1 VBVG ist im Regelfall davon auszugehen, dass der Berufsbetreuer mehr als zehn Betreuungen führt. Verfügt der Betreuer – was ebenfalls vom vorlegenden Gericht zu ermitteln und darzulegen wäre – etwa über zehn Betreuungen, so stünde ihm je nach – was ebenfalls darzulegen wäre – Stadium der Betreuung nach § 5 Abs. 1 VBVG in drei Monaten bis zu 165 Stunden vergüteten Zeitaufwands zur Betreuung zur Verfügung. Sein zeitliches Gesamtbudget würde demnach sogar den gesteigerten Betreuungsaufwand im vorgetragenen Einzelfall abdecken. Die zur Prüfung vorgelegte Frage, ob die §§ 4 und 5 VBVG nicht um eine Ausnahmevorschrift für besonders betreuungsintensive Fälle ergänzt werden müssten, lässt sich auf der Basis der Darlegungen zum Ausgangsfall daher nicht beantworten. Damit fehlen der Vorlage wesentliche tatsächliche Darlegungen zur Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Normen (vgl. BVerfGE 78, 201 ≪204≫; 81, 275 ≪277≫; 86, 71 ≪77 f.≫).
bb) Hierbei ist weiter zu berücksichtigen, dass der vom vorlegenden Gericht als Bezugszeitraum gewählte Abrechnungszeitraum des § 9 Satz 1 VBVG von drei Monaten für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der vorgelegten Vorschriften nicht maßgeblich ist. Dem gesetzgeberischen Regelungsprogramm lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber bei der von ihm angestellten Mischkalkulation auf deutlich längere Zeiträume abstellt. In § 5 Abs. 1 Satz 1 VBVG – wie auch in Satz 2 sowie in Absatz 2 des § 5 VBVG – bestimmt der Gesetzgeber einen über zwölf Monate degressiv gestalteten Stundenansatz, welcher erst ab dem zweiten Jahr der Betreuung linear weiter verläuft. Schon hieraus ergibt sich, dass bei der Frage der Verfassungsmäßigkeit der vorgenommenen Mischkalkulation ein Bezugszeitraum von wenigstens 24 Monaten anzusetzen ist, auf welchen sich die Ermittlungs- und Darlegungspflicht hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der vorgelegten Normen erstreckt. Hieraus ergibt sich zudem, dass bei einem dergestalt gewählten Bezugszeitraum der außergewöhnlich hohe Zeitaufwand in Einzelfällen wesentlich leichter kompensierbar ist als in dem vom vorlegenden Gericht gewählten Zeitraum. Damit fehlen der Vorlage auch insoweit wesentliche tatsächliche Darlegungen zur Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Normen (vgl. BVerfGE 78, 201 ≪204≫; 81, 275 ≪277≫; 86, 71 ≪77 f.≫).
cc) Vollständig unberücksichtigt ließ das vorlegende Gericht die Frage, ob es für die Verfassungswidrigkeit einer Vergütungsvorschrift schon ausreichen kann, dass – gegebenenfalls auf Grundlage besonders ungewöhnlicher Fallgestaltungen – die Vergütungsvorschriften in einem Einzelfall keine angemessene finanzielle Gegenleistung ermöglichen oder ob nicht vielmehr eine generalisierende Betrachtungsweise geboten wäre, die auf den gesamten Berufszweig und auf die Angemessenheit der Vergütungsvorschriften insoweit abstellt (vgl. dazu BVerfGE 101, 331 ≪354≫). In diesem Sinne hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz vom 22. Dezember 1981 (BVerfGE 70, 1 ≪30≫) ausdrücklich nicht die Interessenlage des Einzelnen für maßgeblich erklärt, sondern auf eine generalisierende Betrachtungsweise hinsichtlich des betroffenen Wirtschaftszweigs insgesamt abgestellt. Selbst wenn man diesem Ansatz in Hinblick auf die individualrechtliche Schutzkonzeption des Grundgesetzes hier nicht folgen wollte, so müsste sich das vorlegende Gericht jedenfalls auch mit diesem Entscheidungsaspekt fundiert auseinander setzen (vgl. BVerfGE 86, 71 ≪77≫; 88, 198 ≪201≫).
dd) Unberücksichtigt lässt das vorlegende Gericht zudem die Frage, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass das Gesetz eine durchsetzbare Verpflichtung zur Übernahme von Betreuungen gemäß § 1898 Abs. 2 BGB nicht kennt. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 101, 331 ≪350≫) bereits ausdrücklich festgestellt, dass es der freien Entscheidung des Berufsbetreuers überlassen bleibt, ob er zu den gesetzlichen Konditionen tätig werden will oder nicht. Damit würde es dem Betreuer auch frei stehen, die Betreuung in absehbar unrentablen Fällen nicht zu übernehmen oder rechtzeitig niederzulegen.
ee) Soweit das vorlegende Gericht in der mangelnden Differenzierung des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern hinsichtlich vermögender und mittelloser Betreuter einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sieht (Bl. 24 f. d.A.), setzt es sich nicht mit der einschlägigen Entscheidung der 2. Kammer des Ersten Senats vom 16. März 2000 (1 BvR 1970/99 u.a.; NJW-RR 2000, S. 1241 f.) auseinander. Hier hat das Bundesverfassungsgericht zum Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG entschieden, dass Unterschiede zwischen den Vergütungen aus der Staatskasse und denjenigen aus dem Vermögen der Betreuten gerechtfertigt sein können, eine Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich jedoch nicht grundsätzlich geboten sei. Nicht jede Betreuung bemittelter Personen müsse notwendig besser vergütet werden als die Betreuung unbemittelter Personen, zumal wenn bei bemittelten und unbemittelten Personen ein weitgehend identischer Betreuungsaufwand erforderlich sei.
ff) Sofern schließlich zur Begründung der Verfassungswidrigkeit der §§ 4 und 5 VBVG darauf abgestellt wird, dass die gerichtliche Vergabepraxis bei Betreuungen qualifizierte Betreuer in besonderer Weise benachteilige, da ihnen keine einfach gelagerten und damit kompensationsfähigen Fälle zugewiesen würden, liegt der Schwerpunkt der Rechtsproblematik ersichtlich nicht im Bereich der Normsetzung, sondern des Normvollzuges. Eine gerichtliche Praxis, den einzelnen Betreuern nur entweder besonders schwere oder ausschließlich besonders einfach gelagerte Betreuungsfälle zuzuweisen, würde ersichtlich den Intentionen des Gesetzgeber zuwiderlaufen und müsste gegebenenfalls im Rahmen einer rechtlichen Überprüfung der Verteilungsentscheidungen abgestellt werden. Die Verfassungswidrigkeit der Normen selbst lässt sich hierauf jedoch nicht stützen.
b) Nicht hinreichend dargelegt ist die Entscheidungserheblichkeit der Normgültigkeit im Hinblick auf § 4 Abs. 2 Satz 1 VBVG, wonach die Stundensätze auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Betreuung entstandener Aufwendungen abgelten. Zwar stellte das vorlegende Gericht den Anlass einer vom Betreuer angetretenen Reise dar, enthielt sich jedoch einer konkreten Beurteilung, ob diese Reisekosten hinsichtlich der Durchführung der Betreuung auch erforderlich im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 VBVG in Verbindung mit § 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1835 Abs. 1 und § 670 BGB waren. Dies steht aber keineswegs fest, sondern lässt sich bezweifeln, soweit der Betreuer die Reise antrat, um sich einen eigenen Eindruck von dem nur schwer veräußerlichen Hausgrundstück des Betreuten verschaffen zu können. Als Steuerberater verfügt der Betreuer nicht notwendig über verwertbare Kenntnisse zur Bewertung und Veräußerung von Immobilien; hierzu war eigens ein Makler in die Veräußerungsbemühungen einbezogen worden. Ob die angetretene Reise trotzdem als im Betreuungsverhältnis entstandene, erforderliche Aufwendung im Sinne von § 4 Abs. 2 VBVG einzustufen ist, bleibt daher offen. Das vorlegende Gericht stellt auch nicht fest, dass die anlässlich der Reise durchgeführten Besprechungen mit der Ehefrau des Betreuten und einer beteiligten Bank aufgrund des Besprechungsinhalts notwendigerweise persönlich und in Anwesenheit der Beteiligten fernab des Dienstsitzes des Betreuers geführt werden mussten. Soweit das vorlegende Gericht in seinen Ausführungen zur Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 VBVG von “Reisekosten für im Rahmen der Betreuung erforderliche Reisen” spricht, ist dies erkennbar nicht auf den Ausgangsfall bezogen, sondern verbleibt im Allgemeinen.
c) Der Vorlagebeschluss macht zudem nicht hinreichend deutlich, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellten Regelungen nach Ansicht des vorlegenden Gerichts unvereinbar sind. Zwar legt das Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Norm im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG näher dar, setzt sich jedoch nicht mit dem nahe liegenden rechtlichen Gesichtspunkt auseinander, welche verfassungsrechtlichen Grenzen Pauschalierungen des Normgebers gesetzt sind. Es fehlt an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den Grundsätzen zum gesetzgeberischen Spielraum bei der Ausgestaltung von Gebührenordnungen, die das Bundesverfassungsgericht mit Blick auf die Vergütung von Berufsbetreuern entwickelt hat (vgl. BVerfGE 101, 331 ≪347 ff.≫). Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass Gebührenordnungen jeder Art für die Betroffenen Vor- und Nachteile aufweisen. Das gelte für ein Stundensatz-System ebenso wie für Fallpauschalen oder die Anknüpfung an den Gegenstandswert. Welchen gesetzlichen Regelungen in einer bestimmten Situation der Vorzug gegeben werde, richte sich nach der Einschätzung des Gesetzgebers auf der Grundlage verfügbarer Erkenntnisse. Zwar erwähnt das vorlegende Gericht diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, setzt sich mit den dort entwickelten Maßstäben jedoch nicht in verfassungsrechtlicher Hinsicht, sondern nur vor dem Hintergrund der einfachgesetzlichen Regelung auseinander. Ferner geht das vorlegende Gericht bei seiner Feststellung, im vorliegenden Fall sei die Grenze der Zumutbarkeit nach Art. 12 Abs. 1 GG überschritten, nicht auf die verfassungsrechtliche Frage ein, ob Pauschalregelungen, die auf Mischkalkulationen beruhen, nicht notwendig dazu führen, dass in Einzelfällen die gesetzlich festgelegte Vergütung nicht angemessen ist. Der für eine verfassungsrechtliche Beurteilung notwendige zeitliche Bezugsrahmen wird zudem – wie bereits dargelegt – unzutreffend kurz gewählt.
Unterschriften
Papier, Steiner, Gaier
Fundstellen
Haufe-Index 1705191 |
FamRZ 2007, 622 |
BtPrax 2007, 122 |
Rpfleger 2007, 317 |
BtMan 2007, 96 |
NJOZ 2007, 2028 |