Entscheidungsstichwort (Thema)
Bedarfsplanung zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Rechtssatz-Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen §§ 73 und 101 Abs. 5 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V) in der Fassung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22. Dezember 1999 (BGBl I S. 2626). Danach können Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung – wie bereits nach dem bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Recht – auch weiterhin für die hausärztliche Versorgung optieren. Die Wahl ist jedoch zukünftig nicht mehr bedingungslos möglich, sondern wird zulassungs- und bedarfsplanungsrechtlich einem Fachgebietswechsel gleichgestellt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde (§ 93 a Abs. 2 BVerfGG) liegen nicht vor, weil die Verfassungsbeschwerde insgesamt unzulässig ist.
1. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen § 101 Abs. 5 SGB V richtet, fehlt es an einer unmittelbaren Betroffenheit des Beschwerdeführers. Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz kann nur erheben, wer durch die angegriffene Vorschrift selbst, gegenwärtig und unmittelbar in seinen Grundrechten betroffen ist (BVerfGE 90, 128 ≪135≫). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. § 101 Abs. 5 SGB V ist eine Folgeänderung zu § 73 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 5 SGB V, richtet sich aber an die Bundes- bzw. Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen zur Konkretisierung der ihnen übertragenen Aufgaben im Rahmen der Bedarfsplanung zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung. Ohne diese Umsetzung entfaltet die Norm für die Vertragsärzte selbst noch keine Wirkung.
2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch unzulässig, soweit sie sich unmittelbar gegen § 73 SGB V richtet. Der Verfassungsbeschwerde steht insoweit der Grundsatz der Subsidiarität (§ 90 BVerfGG) entgegen, der auch bei Verfassungsbeschwerden gegen ein Gesetz zu beachten ist (vgl. BVerfGE 69, 122 ≪124 ff.≫).
Sieht eine Regelung, die nach Auffassung eines Beschwerdeführers Grundrechte verletzt, Ausnahmen vor, so muss ein Beschwerdeführer vor der Erhebung der Verfassungsbeschwerde versuchen, die Beseitigung der Beschwer unter Berufung auf die Ausnahmeregelung zu erwirken, soweit dies nicht offensichtlich aussichtslos ist (BVerfGE 78, 58 ≪69≫). § 73 Abs. 1 a SGB V sieht solche Ausnahmen vor. Zwar enthält § 73 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 5 SGB V den Grundsatz, dass Ärzte, die am 31. Dezember 2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben, ab 1. Januar 2001 „automatisch” an der hausärztlichen Versorgung teilnehmen, sofern sie nicht von ihrer Wahlentscheidung Gebrauch gemacht haben. Nach § 73 Abs. 1 a Satz 3 SGB V kann aber der Zulassungsausschuss für Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung eine von Satz 1 abweichende befristete Regelung treffen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nicht gewährleistet ist. Die Beseitigung der mit der Verfassungsbeschwerde geltend gemachten Beschwer kann der Beschwerdeführer danach zu erreichen versuchen, indem er beim Zulassungsausschuss einen Antrag auf gleichzeitige Teilnahme an der haus- und fachärztlichen Versorgung stellt. Die für die Zulassungsentscheidung zuständigen Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung werden bei ihrer Entscheidung der Bedeutung von Art. 12 Abs. 1 GG Rechnung zu tragen haben.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Unterschriften
Jaeger, Hömig, Bryde
Fundstellen
Haufe-Index 567609 |
NJW 2001, 2009 |
NVwZ 2001, 909 |
ArztR 2001, 163 |