Entscheidungsstichwort (Thema)
5 v.H.-Sperrklausel bei Gemeinde und Kreiswahlen
Leitsatz (amtlich)
In Fällen fortdauernden Unterlassens wird die Frist des § 64 Abs. 3 BVerfGG spätestens dadurch in Lauf gesetzt, dass sich der Antragsgegner erkennbar und eindeutig weigert, in einer Weise tätig zu werden, die der Antragsteller zur Wahrung der Rechte aus seinem verfassungsrechtlichen Status für erforderlich hält.
Beteiligte
Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) Landesverband Schleswig-Holstein |
Prof. Dr. Dietrich Murswiek |
Landtag von Schleswig-Holstein |
Prof. Dr. Dr. h. c. Hans-Peter Schneider |
Tenor
Der Antrag wird verworfen.
Tatbestand
A.
Das Organstreitverfahren betrifft einen Verfassungsstreit innerhalb eines Landes (Art. 99 GG, § 13 Nr. 10 BVerfGG). Es geht um die Frage, ob der Schleswig-Holsteinische Landtag durch die Beibehaltung der im Gesetz über die Wahlen in den Gemeinden und Kreisen in Schleswig-Holstein (Gemeinde- und Kreiswahlgesetz in der Fassung vom 19. März 1997, GVOBl S. 151 – GKWG –) enthaltenen Bestimmung über die 5 v.H.-Sperrklausel Rechte der Antragstellerin verletzt hat.
I.
1. Bereits die ursprüngliche Fassung des Gemeinde- und Kreiswahlgesetzes vom 1. April 1959 (GVOBl S. 13) sah in § 11 die 5 v.H.-Sperrklausel vor. In der nunmehr geltenden Fassung des Gemeinde- und Kreiswahlgesetzes vom 19. März 1997 (GVOBl 1997, S. 151) ist sie in § 10 Abs. 1 enthalten und lautet:
§ 10 Abs. 1 GKWG
An dem Verhältnisausgleich nimmt jede politische Partei oder Wählergruppe teil, für die ein Listenwahlvorschlag aufgestellt und zugelassen worden ist, sofern für sie mindestens eine unmittelbare Vertreterin oder ein unmittelbarer Vertreter gewählt worden ist oder sofern sie mindestens 5 v.H. der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Stimmen erzielt hat. Zur Berechnung der Stimmen für den Verhältnisausgleich werden für jeden Listenwahlvorschlag die Stimmen zusammengezählt, die die unmittelbaren Bewerberinnen und Bewerber der vorgeschlagenen politischen Partei oder Wählergruppe erhalten haben.
2. In der 13. Legislaturperiode des Schleswig-Holsteinischen Landtags war die 5 v.H.-Sperrklausel Gegenstand der Beratung der vom Landtag eingesetzten „Enquetekommission Kommunalverfassungsreform”. Diese empfahl in ihrem Schlussbericht vom 9. Juni 1993 die Sperrklausel im Kommunalwahlrecht aufrechtzuerhalten (LTDrucks 13/1111, S. 103). Das in der Folgezeit verabschiedete Gesetz zur Änderung des kommunalen Verfassungsrechts vom 22. Dezember 1995 (GVOBl 1996, S. 33) ließ die Sperrklausel ebenso unberührt, wie die späteren Gesetze, mit denen das aktive Wahlalter auf 16 Jahre herabgesetzt (Gesetz zur Änderung des Gemeinde- und Kreiswahlgesetzes vom 27. Februar 1997, GVOBl 1997, S. 101 ber. S. 146) und die Frist für die Stichwahl hauptamtlicher Bürgermeister verlängert wurde (Gesetz zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften vom 18. März 1997, GVOBl 1997, S. 147).
II.
Die Antragstellerin hat am 4. September 1997 Organklage erhoben, mit der sie geltend macht, in ihrem Recht auf Wahlgleichheit verletzt zu sein. Der Antragsgegner habe es in verfassungswidriger Weise unterlassen, die Sperrklausel des § 10 Abs. 1 GKWG aufzuheben, hilfsweise abzumildern, jedenfalls zu überprüfen.
1. Die Antragstellerin ist der Auffassung, die Rüge einer gesetzgeberischen Unterlassung sei zulässig, weil aus dem materiellen Recht eine Handlungspflicht des Gesetzgebers folge, deren Verletzung ihre Rechte beeinträchtige. Bei der 5 v.H.-Sperrklausel handele es sich um eine Regelung, die durch die verbreiterte Erfahrungsbasis im Umgang mit Sperrklauseln im Wahlrecht sowie insbesondere durch die Einführung der Direktwahl der Bürgermeister und Landräte im Jahre 1995 verfassungswidrig geworden sei. Aus dieser Änderung der Verhältnisse resultiere die Pflicht des Gesetzgebers, diese Regelung aufzuheben. Dass der Gesetzgeber sie gleichwohl noch nicht aufgehoben habe, sei eine verfassungswidrige Unterlassung im Sinne von § 64 Abs. 1 BVerfGG, die die Antragstellerin in ihrem Recht auf Chancengleichheit bei Wahlen (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Verfassung des Landes Schleswig-Holstein vom 13. Juni 1990, GVOBl S. 391 – LV – und Art. 21 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) verletze.
Die Antragsfrist gemäß § 64 Abs. 3 BVerfGG sei gewahrt. Die Pflicht des Gesetzgebers zur Abschaffung der Sperrklausel sei durch die Neuregelung der Kommunalverfassung in Gestalt des Änderungsgesetzes vom 22. Dezember 1995 entstanden, durch das die Direktwahl der Bürgermeister und Landräte eingeführt worden sei. Diese Regelung habe der Sperrklausel die Berechtigung entzogen. Demgemäß hätte der Gesetzgeber die Sperrklausel so rechtzeitig abschaffen müssen, dass die Kommunalwahlen im März 1998 auf der Grundlage der Neuregelungen hätten durchgeführt werden können. Für sie – die Antragstellerin – sei erst erkennbar geworden, dass der Gesetzgeber die 5 v.H.-Sperrklausel nicht abschaffen werde, als dies auch durch die Änderungsgesetze vom 27. Februar 1997 und vom 18. März 1997 nicht geschehen sei. Die Antragsfrist im Organstreitverfahren habe mithin nicht vor dem 3. April 1997, dem Tag der Bekanntgabe des Gesetzes vom 18. März 1997, mit dem das Gemeinde- und Kreiswahlgesetz zuletzt geändert worden sei, zu laufen begonnen.
2. Eine Einschränkung des Grundsatzes der Wahlgleichheit bedürfe eines sachlichen Grundes. Als solcher komme in Bezug auf den Erfolgswert der Wählerstimmen durch die 5 v.H.-Sperrklausel allein die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Parlamente und kommunalen Vertretungskörperschaften in Betracht. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 6, 104 ≪115 f.≫) habe die Erforderlichkeit einer Sperrklausel im Kommunalwahlrecht vor allem mit der Notwendigkeit stabiler Mehrheitsverhältnisse für die Wahl der Bürgermeister und Landräte begründet, die durch eine übermäßige „Parteienzersplitterung” in den Gemeindevertretungen und Kreistagen gefährdet werden könnten. Durch die Einführung der Direktwahl der kommunalen Verwaltungsspitzen sei das zentrale Element entfallen, auf das die 5 v.H.-Sperrklausel in § 10 Abs. 1 GKWG gestützt werde. Bei der Einführung der Direktwahl der Bürgermeister und Landräte in das nordrheinwestfälische Kommunalwahlrecht habe der Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen (NVwZ 1995, S. 579 ≪581 f.≫) eine Pflicht des Gesetzgebers zur Überprüfung der Sperrklausel festgestellt. Der schleswigholsteinische Gesetzgeber sei dieser Pflicht nicht nachgekommen; er habe sich mit der Frage der Fortgeltung der Sperrklausel im Kommunalwahlrecht nicht beschäftigt.
III.
Der Antragsgegner und die Landesregierung von Schleswig-Holstein halten in ihrer Stellungnahme die Anträge für unzulässig, weil ein Unterlassen des Gesetzgebers im Organstreitverfahren nur gerügt werden könne, wenn gegen in der Verfassung ausdrücklich normierte Handlungspflichten verstoßen worden sei. Die Verletzung von ungeschriebenen, sich aus der Verfassung indirekt ergebenden Prüfungs-, Nachbesserungs- und Handlungspflichten des Gesetzgebers könne nicht Gegenstand des Organstreitverfahrens sein, da eine Verletzung solcher Pflichten stets behauptet werden könne und damit eine uferlose, von den gesetzgebenden Körperschaften nicht mehr beherrschbare Ausdehnung möglicher Prüfungsgegenstände im Organstreit zu befürchten sei.
Die Anträge seien zudem verfristet. Die Frist nach § 73 Abs. 2 BVerfGG i.V.m. § 64 Abs. 3 BVerfGG habe in dem Zeitpunkt zu laufen begonnen, in welchem der Gesetzgeber das Gemeinde- und Kreiswahlgesetz „umfassend in den Blick genommen” habe. Dies sei nicht erst durch die Novellen im Jahre 1997, die mit der 5 v.H.-Sperrklausel nicht zusammenhängende Details geregelt hätten, sondern bereits durch das Gesetz vom 22. Dezember 1995 (GVOBl 1996, S. 33) geschehen. Schon damals habe der Gesetzgeber das Kommunalwahlrecht umfassend novelliert und insbesondere die Direktwahl der kommunalen Verwaltungsspitzen eingeführt. Dadurch habe er zugleich zu erkennen gegeben, dass er die Sperrklausel nicht revidieren werde. Die Frist habe deshalb am 11. Januar 1996 mit der Bekanntmachung des Gesetzes vom 22. Dezember 1995 zu laufen begonnen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Antragstellerin erkennbar gewesen, dass der Gesetzgeber die Sperrklausel nicht abschaffen oder ändern und sie auch keiner weiteren Überprüfung unterziehen werde.
Entscheidungsgründe
B.
Die Organklage ist unzulässig. Die parteifähige Antragstellerin (vgl. BVerfGE 60, 53 ≪62≫) hat die in § 73 Abs. 2 BVerfGG i.V.m. § 64 Abs. 3 BVerfGG bestimmte Frist versäumt. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Antragstellerin der Sache nach dagegen wendet, dass es der Antragsgegner unterlassen habe, die Regelung über die 5 v.H.-Sperrklausel aufzuheben, abzumildern oder nochmals zu überprüfen, oder aber dagegen, dass der Antragsgegner gesetzgeberische Maßnahmen unter Beibehaltung dieser Sperrklausel getroffen habe. Aus diesem Grunde kann hier die von einigen Landesverfassungsgerichten (vgl. VerfGH Rheinland-Pfalz, DVBl 1972, S. 783 ≪784 f.≫; VerfGH Nordrhein-Westfalen, DVBl 1999, S. 1271; LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, NordÖR 2001, S. 64 ≪65≫) bejahte, vom Bundesverfassungsgericht bislang aber noch nicht entschiedene Frage, ob bloße Unterlassungen des Gesetzgebers im Wege des Organstreitverfahrens überhaupt angreifbar sind (vgl. BVerfGE 92, 80 ≪87≫), weiter offen bleiben.
I.
Richtet sich der Antrag der Sache nach dagegen, dass der Antragsgegner durch eine Maßnahme im Sinne von § 64 Abs. 1 BVerfGG Rechte der Antragstellerin verletzt oder unmittelbar gefährdet habe, kommt als eine solche Maßnahme nur das Gesetz zur Änderung des kommunalen Verfassungsrechts vom 22. Dezember 1995 (GVOBl 1996, S. 33) in Betracht. Hierdurch ist die Direktwahl der Bürgermeister und Landräte eingeführt worden, ohne dass zugleich etwas an der in § 10 Abs. 1 GKWG bestimmten Sperrklausel geändert worden ist. Eine Organklage der Antragstellerin gegen das Gesetz vom 22. Dezember 1995 wahrt nicht die Sechsmonatsfrist, binnen deren eine solche Klage erhoben werden muss. Nach § 73 Abs. 2 BVerfGG i.V.m. § 64 Abs. 3 BVerfGG beginnt diese Frist zu laufen, wenn die Maßnahme dem Antragsteller bekannt geworden ist. Ein Gesetz gilt mit der Verkündung als allgemein bekannt geworden (vgl. BVerfGE 13, 1 ≪10≫; 24, 252 ≪258≫; 64, 301 ≪316≫; 92, 80 ≪87≫). Das Gesetz zur Änderung des kommunalen Verfassungsrechts wurde am 11. Januar 1996 verkündet. Die Frist zur Antragstellung lief deshalb am 11. Juli 1996 ab. Die Antragsschrift ist aber erst am 5. September 1997 beim Bundesverfassungsgericht eingegangen.
An dieser Beurteilung ändert nichts, dass das Gesetz zur Änderung des kommunalen Verfassungsrechts vom 22. Dezember 1995 erstmals bei den Kommunalwahlen 1998 angewendet worden ist. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 13. Juni 1989 (vgl. BVerfGE 80, 188 ≪209 ff.≫) entschieden, dass eine Vorschrift der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags erst von dem Zeitpunkt an als Maßnahme im Sinne von § 64 BVerfGG zu beurteilen sei, in dem sie beim Antragsteller eine aktuelle rechtliche Betroffenheit auszulösen vermag. Wahlgesetze jedoch betreffen bereits vom Zeitpunkt ihrer Verkündung an unmittelbar den verfassungsrechtlichen Status der Parteien. Zum Begriff der Partei im Sinne des Art. 21 Abs. 1 GG gehört grundsätzlich der Wille, an Wahlen teilzunehmen (§ 2 PartG – vgl. BVerfGE 24, 260 ≪263≫; 79, 379 ≪384≫; 89, 266 ≪269 f.≫; 92, 80 ≪88≫). Daher führt bereits der Erlass der Wahlgesetze zu einer rechtlichen Betroffenheit der Antragstellerin. Sieht sich eine Partei durch ein Wahlgesetz in ihrem Recht auf Gleichheit verletzt oder unmittelbar gefährdet, so kann sie dies im Organstreit geltend machen, ohne dass ein konkreter Zusammenhang mit einer bestimmten Wahl bestehen muss. Die Durchführung der Wahl berührt den Status der Parteien nicht, sie bringt lediglich im Wahlrecht angelegte Vor- und Nachteile zur Wirkung (BVerfGE 92, 80 ≪88 f.≫ m.w.N.).
Neben dem Gesetz zur Änderung des kommunalen Verfassungsrechts vom 22. Dezember 1995 kommen andere Gesetze als Anknüpfungspunkte für die Berechnung der Antragsfrist nicht in Betracht. Die Änderungsgesetze zum Gemeinde- und Kreiswahlgesetz vom 27. Februar 1997 (Herabsetzung des aktiven Wahlalters) und vom 18. März 1997 (Verlängerung der Frist für die Stichwahl hauptamtlicher Bürgermeister) scheiden aus, weil sie in keinem Zusammenhang mit der 5 v.H.-Sperrklausel stehen.
II.
Geht man davon aus, dass sich die Antragstellerin der Sache nach gegen ein Unterlassen des Antragsgegners wendet und unterstellt man die Statthaftigkeit einer Organklage gegen ein Unterlassen des Gesetzgebers, so hat die Antragstellerin die Antragsfrist nach der Regelung des § 73 Abs. 2 BVerfGG i.V.m. § 64 Abs. 3 BVerfGG ebenfalls versäumt. Dies gilt auch dann, wenn der Gesetzgeber die als unerfüllt gerügte Handlungspflicht nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern fortdauernd nicht befolgt hat (fortdauerndes Unterlassen, vgl. BVerfGE 92, 80 ≪89≫).
Die Ausschlussfrist des § 73 Abs. 2 BVerfGG i.V.m. § 64 Abs. 3 BVerfGG dient dem Erfordernis, im Organstreitverfahren angreifbare Rechtsverletzungen im Interesse der Rechtssicherheit nach einer bestimmten Zeit außer Streit zu stellen (vgl. BVerfGE 80, 188 ≪210≫). Dieses Interesse besteht auch bei fortdauerndem gesetzgeberischen Unterlassen. Wann in einem solchen Fall die Antragsfrist zu laufen beginnt, lässt sich nicht generell und für alle Fallgestaltungen festlegen. Die Frist wird aber spätestens dadurch in Lauf gesetzt, dass sich der Gesetzgeber erkennbar und eindeutig weigert, in der Weise tätig zu werden, die der Antragsteller zur Wahrung der Rechte aus seinem verfassungsrechtlichen Status für erforderlich hält (vgl. BVerfGE 92, 80 ≪89≫; stRspr).
1. Der Antragsgegner hat das Gesetz zur Änderung des kommunalen Verfassungsrechts 1995 vom 22. Dezember 1995 erlassen. Am 11. Januar 1996 wurde es verkündet. Dadurch hat er es für die Antragstellerin erkennbar abgelehnt, die Regelung über die 5 v.H.-Sperrklausel aufzuheben, abzumildern oder nochmals zu überprüfen.
Die Antragstellerin macht selbst geltend, der Antragsgegner habe eine Änderung der für die Zulässigkeit der 5 v.H.-Sperrklausel im Kommunalwahlrecht von Schleswig-Holstein maßgeblichen Rechtslage bewirkt, indem er die Direktwahl der Bürgermeister und Landräte einführte. Denn dadurch habe er den Vertretungskörperschaften jene zentrale Kompetenz entzogen, deren Wahrnehmung die Sperrklausel bislang auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts habe sichern sollen. Durch diese Änderung der Rechtslage sei der Antragsgegner verpflichtet worden, die Sperrklausel mit ihrer die Wahlgleichheit einschränkenden Wirkung aufzuheben, abzumildern oder zu überprüfen.
Folgt man der Antragstellerin in dieser Argumentation, so muss diese Gesetzesänderung zugleich als erkennbare Weigerung verstanden werden, in der von der Antragstellerin verlangten Weise tätig zu werden. Ändert der Gesetzgeber Vorschriften, die bisher zur Begründung der Sperrklausel dienten, so bringt er damit zum Ausdruck, dass er die durch die Rechtsänderung herbeigeführte Rechtslage nicht für verfassungswidrig hält und sich nicht zu weiteren Rechtsänderungen veranlasst sieht. Dies macht er mit Verkündung des Änderungsgesetzes deutlich; zu diesem Zeitpunkt gilt das Gesetz als allgemein bekannt geworden (vgl. BVerfGE 16, 6 ≪18 f.≫; 24, 252 ≪258≫). Folglich war der Antragstellerin bereits mit Verkündung des Gesetzes zur Änderung des kommunalen Verfassungsrechts am 11. Januar 1996 die endgültige Weigerung des Gesetzgebers erkennbar, die in § 10 Abs. 1 GKWG bestimmte Sperrklausel als Folge der Einführung der Direktwahl der kommunalen Verwaltungsspitzen aufzuheben, abzumildern oder nochmals zu überprüfen.
2. Im vorliegenden Fall hatte sich die Weigerung des Antragsgegners, in der durch die Antragstellerin begehrten Weise tätig zu werden, schon im Gesetzgebungsverfahren angedeutet. Der Antragsgegner hatte sich zur Vorbereitung der Kommunalverfassungsreform einer Enquetekommission bedient, deren Schlussbericht vom 9. Juni 1993 in den Drucksachen des Schleswig-Holsteinischen Landtags veröffentlicht worden ist (LTDrucks 13/1111). Darin hat die Enquetekommission unter Bezugnahme auf die Stellungnahmen des Schleswig-Holsteinischen Landkreistages und des Städtebundes Schleswig-Holstein empfohlen, die 5 v.H.-Klausel aufrechtzuerhalten. Die Antragstellerin musste danach das Änderungsgesetz von 1995 als bewusste Entscheidung für die Beibehaltung der 5 v.H.-Sperrklausel verstehen.
Unterschriften
Limbach, Sommer, Jentsch, Hassemer, Broß, Osterloh, Di Fabio, Mellinghoff
Fundstellen
Haufe-Index 635280 |
BVerfGE, 164 |
NVwZ 2001, 1142 |
NVwZ 2002, 66 |
NordÖR 2001, 290 |
UPR 2001, 399 |