Verfahrensgang
Brandenburgisches OLG (Beschluss vom 16.05.2006; Aktenzeichen 2 Ss (OWi) 88 Z/06) |
AG Bad Liebenwerda (Urteil vom 13.01.2006; Aktenzeichen 44 OWi 1421 Js 48312/04 (292/04)) |
Tenor
Das Urteil des Amtsgerichts Bad Liebenwerda vom 13. Januar 2006 – 44 OWi 1421 Js 48312/04 (292/04) – verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 8 Absatz 1 des Grundgesetzes.
Die Entscheidung wird aufgehoben. Die Sache wird zur Entscheidung an das Amtsgericht Bad Liebenwerda zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
Das Land Brandenburg hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Auferlegung eines Bußgeldes wegen fahrlässiger Teilnahme an einer unerlaubten Ansammlung gemäß § 113 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG).
I.
1. Am Samstag, den 14. August 2004, fand in der Kleinstadt F. die angemeldete Demonstration unter freiem Himmel mit dem Motto „Keine schweigenden Provinzen – Linke Freiräume schaffen” statt.
2. Anlässlich dieser Versammlung begab sich der Beschwerdeführer zusammen mit circa 40 anderen Personen mit dem Kraftfahrzeug nach F. Die Gruppe postierte sich entlang der Route der angemeldeten Demonstration am L. D. auf der Höhe der ehemaligen Grundschule. Die Mitglieder der Gruppe hatten überwiegend kurz geschorenes Haar. Dazu trugen sie sogenannte Bomberjacken und Springerstiefel sowie die für die rechte Szene (jedenfalls damals) typische Bekleidung der Marke L. Die Gruppe verfügte weder über Plakate oder Flugblätter noch über sonstige Hilfsmittel der Kommunikation.
Als die Polizeikräfte vor Ort der Gruppe gewahr wurden, ordnete der Einsatzleiter eine Identitätsfeststellung sowie einen Fahndungsabgleich des Initiators und Wortführers der Gruppe, Herrn L.S., an. Daraufhin sprach der Einsatzleiter gegenüber der Gruppe einen Platzverweis für die Stadt F. aus. Als diese darauf nicht reagierte und weiterdiskutierte, wiederholte der Einsatzleiter den Platzverweis, dem ein Teil der Gruppe Folge leistete. Nachdem weitere Polizeikräfte eingetroffen waren, sprach der Einsatzleiter unter gleichzeitiger Androhung von Zwangsmitteln den dritten Platzverweis aus. Diesem kamen die verbliebenen Personen – darunter auch der Beschwerdeführer – nach, nachdem weitere Polizeikräfte in Stellung gebracht worden waren.
3. Mit angegriffenem Bußgeldbescheid vom 31. Januar 2005 setzte die Zentrale Bußgeldstelle des Zentraldienstes der Polizei des Landes Brandenburg gegen den Beschwerdeführer wegen fahrlässiger Teilnahme an einer unerlaubten Ansammlung gemäß § 113 OWiG eine Geldbuße samt zu zahlender Kosten in Höhe von circa 175,00 EUR fest.
4. Mit angegriffenem Urteil vom 13. Januar 2006 verurteilte das Amtsgericht den Beschwerdeführer wegen fahrlässiger Teilnahme an einer unerlaubten Ansammlung gemäß § 113 OWiG in Verbindung mit § 16 Abs. 1 Satz 1 des Brandenburgischen Polizeigesetzes (BbgPolG), der den Platzverweis regelt, zu einer Geldbuße in Höhe von 75,00 EUR.
Nach Aussage des Zeugen S. und der übereinstimmenden Einlassung des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung sei es bei der kurzfristig von Herrn L.S. anberaumten Zusammenkunft darum gegangen, gegenüber den Teilnehmern der linken Demonstration „Gesicht zu zeigen”. Man habe vor Ort stehen und den Teilnehmern der angemeldeten Demonstration beweisen wollen, dass es auch noch Rechte in F. gebe. Eine über die körperliche Präsenz hinausgehende Absprache bezüglich des Zwecks der Veranstaltung habe es nicht gegeben.
Der als Zeuge vernommene Einsatzleiter der Polizeikräfte bekundete in der Hauptverhandlung, dass er die Gruppe aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes der rechten Szene zugeordnet habe. Dieser Eindruck habe sich verstärkt, als die Überprüfung der Personalien des Initiators und Wortführers der Gruppe, des Herrn L.S., erbracht habe, dass dieser wegen Verstößen gegen §§ 86a und 125 des Strafgesetzbuchs (StGB) polizeilich in Erscheinung getreten sei. Es sei zu befürchten gewesen, dass es zwischen den Teilnehmern der angemeldeten linken Demonstration und den Mitgliedern der rechten Gruppe zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommen werde, da es in der Vergangenheit schon mehrfach gewalttätige Ausschreitungen zwischen „Rechten” und „Linken” in F. gegeben habe. Hierbei habe er berücksichtigt, dass die linke Demonstration angemeldet gewesen sei, wohingegen die Zusammenkunft der rechten Gruppe ohne irgendeine behördliche Information abgehalten worden sei.
Nach Auffassung des Amtsgerichts stehe damit fest, dass der Beschwerdeführer gegen § 113 OWiG in Verbindung mit § 16 Abs. 1 Satz 1 BbgPolG verstoßen habe. Eine Auflösungsanordnung gemäß § 15 Abs. 3 des Versammlungsgesetzes (VersG) sei entbehrlich gewesen, weil es sich bei der Zusammenkunft nicht um eine Versammlung im Sinne des Art. 8 Abs. 1 GG, sondern um eine Ansammlung im Sinne des § 113 Abs. 1 OWiG gehandelt habe. Die Zusammenkunft habe nicht der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gedient. Allein die bloße Anwesenheit der Gruppe – vom Beschwerdeführer und dem Zeugen als „Gesicht zeigen” bezeichnet –, um von den Demonstranten der angemeldeten linken Demonstration wahrgenommen zu werden, ohne eine nach außen erkennbare Intention einer politischen oder sonstigen Meinung, sei keine Versammlung. Aus den Bekundungen des Beschwerdeführers und der Zeugen zu der Organisation der Zusammenkunft, der Art und Weise des Auftretens der Gruppe sowie aus dem Umstand, dass maßgeblicher Initiator und Wortführer eine strafrechtlich einschlägige Person gewesen sei, ergebe sich, dass nur der Zweck habe verfolgt werden sollen, durch bloße Anwesenheit die Teilnehmer der linken Demonstration – möglicherweise zu Gewalttaten – zu provozieren.
5. Mit angegriffenem Beschluss vom 16. Mai 2006 verwarf das Oberlandesgericht den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet, da eine Zulassung zur Fortbildung des Rechtes nicht erforderlich sei.
6. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung – unter anderem – seines Grundrechts der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG durch die fachgerichtlichen Entscheidungen sowie durch den zugrunde liegenden Bußgeldbescheid.
7. Der Landtag und die Regierung des Landes Brandenburg sowie der Präsident des Bundesgerichtshofs hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akte des Ausgangsverfahrens lag dem Bundesverfassungsgericht vor.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung anzunehmen, da dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist.
1. Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen Fragen zu der Gewährleistung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG bereits entschieden und dabei auch die zu berücksichtigenden Grundsätze entwickelt. Dies gilt namentlich für die Reichweite des Begriffs der Versammlung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 GG sowie für den Einfluss des Grundrechts auf die Auslegung und Anwendung von Bußgeldvorschriften (vgl. BVerfGE 69, 315 ≪343 ff.≫; 87, 399 ≪406 ff.≫; 104, 92 ≪104≫).
2. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Grundrechts der Versammlungsfreiheit durch die fachgerichtlichen Entscheidungen rügt, ist die Verfassungsbeschwerde zulässig.
3. In dem vorgenannten Umfang ist sie auch im Sinne des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG offensichtlich begründet.
a) Die angegriffene Entscheidung des Amtsgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG.
aa) Der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit ist – ausgehend von den der angegriffenen Entscheidung zugrunde gelegten Feststellungen – eröffnet.
(1) Eine Versammlung ist eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfGE 104, 92 ≪104≫; BVerfGK 11, 102 ≪108≫). Die Versammlungsfreiheit schützt Versammlungen und Aufzüge – im Unterschied zu bloßen Ansammlungen oder Volksbelustigungen – als Ausdruck gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung. Dieser Schutz ist nicht auf Veranstaltungen beschränkt, auf denen argumentiert und gestritten wird, sondern umfasst vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens bis hin zu nicht verbalen Ausdrucksformen. Daher gehören auch solche Zusammenkünfte dazu, bei denen die Versammlungsfreiheit zum Zwecke plakativer oder aufsehenerregender Meinungskundgabe in Anspruch genommen wird (vgl. BVerfGE 69, 315 ≪342 f.≫; 87, 399 ≪406≫). Bei einer Versammlung geht es darum, dass die Teilnehmer nach außen – schon durch die bloße Anwesenheit, die Art des Auftretens und des Umgangs miteinander oder die Wahl des Ortes – im eigentlichen Sinne des Wortes Stellung nehmen und ihren Standpunkt bezeugen (vgl. BVerfGE 69, 315 ≪345≫).
Eine Versammlung verliert den Schutz des Art. 8 GG grundsätzlich nur bei kollektiver Unfriedlichkeit, mithin wenn sie im Ganzen einen unfriedlichen Verlauf nimmt oder der Veranstalter und sein Anhang einen solchen Verlauf anstreben oder zumindest billigen (vgl. BVerfGE 69, 315 ≪361≫). Der Schutz des Art. 8 GG besteht unabhängig davon, ob eine Versammlung anmeldepflichtig und dementsprechend angemeldet ist (vgl. BVerfGE 69, 315 ≪351≫; BVerfGK 4, 154 ≪158≫; 11, 102 ≪108≫).
(2) Ausgehend von diesen Kriterien spricht auf der Grundlage der Feststellungen in der angegriffenen Entscheidung alles dafür, dass vorliegend eine Versammlung gegeben war. Jedenfalls hat das Amtsgericht den Versammlungscharakter der Zusammenkunft, an welcher der Beschwerdeführer teilgenommen hat, mit verfassungsrechtlich nicht tragfähigen Gründen verneint.
Das Amtsgericht hat bei der Prüfung des Versammlungscharakters der Zusammenkunft nicht berücksichtigt, dass diese inhaltlich auf das Versammlungsmotto der angemeldeten Demonstration bezogen war. Der Beschwerdeführer und die anderen Mitglieder der Gruppe wollten nach den tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts mit der Zusammenkunft „Gesicht zeigen” und sich gegen die Aussage des von der angemeldeten Demonstration ausgerufenen Mottos stellen. Die Anwesenheit der von auswärts angereisten Gruppe zu diesem Zeitpunkt an diesem Ort war erkennbar geprägt von dem Willen der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner. Dies ergibt sich daraus, dass sich die Gruppe, die aufgrund der kurz geschorenen Haare und der szenetypischen Aufmachung vom objektiven Empfängerhorizont aus betrachtet als dem rechtsradikalen Spektrum angehörend identifizierbar war und als solche von den Polizeikräften auch identifiziert wurde, in zeitlicher und örtlicher Nähe zu der ausdrücklich linksgerichteten – der zweite Teil des Mottos lautete: „Linke Freiräume schaffen” – Versammlung postierte, nämlich an einer Straße entlang der Demonstrationsroute außerhalb des Stadtkerns der Kleinstadt F., kurz bevor sich die angemeldete Demonstration in Bewegung setzte.
Die Versagung der Versammlungseigenschaft kann das Amtsgericht verfassungsrechtlich tragfähig nicht darauf stützen, dass nach dem Willen der Gruppe weder mit den Teilnehmern der angemeldeten Demonstration noch mit der Öffentlichkeit eine verbale Kommunikation stattfinden sollte. Ein kollektiver Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung kann auch non-verbal, durch schlüssiges Verhalten wie beispielsweise durch einen Schweigemarsch, geäußert werden. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts wollte die Gruppe mit ihrer Zusammenkunft ein Gegenbild zu der von der angemeldeten Demonstration propagierten Lebenswirklichkeit entwerfen. Überdies lautete der erste Teil des Mottos der angemeldeten Demonstration „Keine schweigenden Provinzen”. Angesichts dieser Umstände hätte das Amtsgericht sich damit auseinandersetzen müssen, dass der physischen Präsenz in einer die gegenteilige politische Ausrichtung zu erkennen gebenden Aufmachung gepaart mit dem Schweigen der Gruppe hier naheliegenderweise eine eigenständige Aussage zukommen kann. Sofern sich der von der Gruppe geleistete Beitrag zu der öffentlichen Meinungsbildung darin erschöpfte, Ablehnung gegenüber dem von der angemeldeten Demonstration proklamierten Versammlungsmotto zu bekunden, wäre dies unschädlich, da es auf die Wertigkeit der geäußerten Meinung nicht ankommt.
Verfassungsrechtlich tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass die – folglich auf der Grundlage der Feststellungen des Amtsgerichts als Gegendemonstration einzustufende – Zusammenkunft des Schutzes des Art. 8 GG wieder verlustig gegangen ist, sind der Entscheidung des Amtsgerichts nicht zu entnehmen. Insbesondere lässt eine eventuell notwendige, aber unterbliebene Anmeldung nicht den Grundrechtsschutz der Zusammenkunft entfallen. Feststellungen zu einer kollektiven Unfriedlichkeit der Zusammenkunft hat das Amtsgericht nicht getroffen.
bb) Hiervon ausgehend ist das Urteil des Amtsgerichts als Eingriff in die Versammlungsfreiheit des Beschwerdeführers zu beurteilen.
cc) Dieser Eingriff ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Die angegriffene Entscheidung lässt eine Rechtsgrundlage für die Verurteilung des Beschwerdeführers im Bußgeldverfahren nicht erkennen.
Das Grundgesetz erlaubt Beschränkungen von Versammlungen unter freiem Himmel nur nach Maßgabe des Art. 8 Abs. 2 GG. Danach kann die Versammlungsfreiheit für Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes beschränkt werden. Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Prüfung im vorliegenden Fall ist eine Verurteilung im Bußgeldverfahren wegen des Zuwiderhandelns gegen eine auf das allgemeine Polizeirecht gestützte Standardmaßnahme zur Gefahrenabwehr gemäß § 113 OWiG in Verbindung mit § 16 Abs. 1 Satz 1 BbgPolG.
(1) Versammlungsspezifische Maßnahmen der Gefahrenabwehr richten sich nach den hierfür speziell erlassenen Versammlungsgesetzen. Die dort geregelten, im Vergleich zu dem allgemeinen Polizeirecht besonderen Voraussetzungen für beschränkende Verfügungen sind Ausprägungen des Grundrechts der Versammlungsfreiheit. Dementsprechend gehen die Versammlungsgesetze als Spezialgesetze dem allgemeinen Polizeirecht vor, mit der Folge, dass auf letzteres gestützte Maßnahmen gegen eine Person, insbesondere in Form eines Platzverweises, ausscheiden, solange sich diese in einer Versammlung befindet und sich auf die Versammlungsfreiheit berufen kann (vgl. BVerfGK 4, 154 ≪158≫). Dieser Schutz endet erst mit der eindeutigen Auflösung der Versammlung oder dem eindeutigen Ausschluss des Teilnehmers von der Versammlung (vgl. BVerfGK 4, 154 ≪159≫; 11, 102 ≪115 f.≫).
(2) Diese besonderen Voraussetzungen für den Erlass von Maßnahmen aufgrund des allgemeinen Polizeirechts sowohl gegen den Beschwerdeführer als auch gegen die – als Gegendemonstration einzustufende – Zusammenkunft lagen indes nicht vor.
Den Feststellungen des Amtsgerichts ist nicht zu entnehmen, dass die Zusammenkunft den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechend aufgelöst oder der Beschwerdeführer hiervon ausgeschlossen wurde. Vielmehr hat sich das Amtsgericht gerade auf den Standpunkt gestellt, dass eine solche Auflösungsverfügung entbehrlich gewesen sei, weil es sich bei der Zusammenkunft bereits nicht um eine Versammlung im Sinne des Art. 8 Abs. 1 GG gehandelt habe. Da sich ein Rückgriff auf die Bestimmungen des allgemeinen Polizeirechts, insbesondere die Vorschriften zum Platzverweis, aus Rücksicht auf die Versammlungsfreiheit verbietet, kann das gegen den Beschwerdeführer verhängte Bußgeld nicht auf § 113 OWiG in Verbindung mit § 16 Abs. 1 Satz 1 BbgPolG gestützt werden.
b) Der den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Rechtsbeschwerde verwerfende Beschluss des Oberlandesgerichts vom 16. Mai 2006 ist damit gegenstandslos.
c) Die angegriffene Entscheidung des Amtsgerichts beruht auf dem aufgezeigten verfassungsrechtlichen Fehler. Es ist nicht auszuschließen, dass das Amtsgericht bei hinreichender Berücksichtigung der sich aus Art. 8 GG ergebenden Vorgaben im Rahmen der erforderlichen erneuten Befassung zu einer anderen Entscheidung in der Sache kommen wird. Sollte es hierbei zu der Prüfung versammlungsrechtlicher Ordnungswidrigkeitenbestimmungen gelangen, wird es zu berücksichtigen haben, dass Art. 8 Abs. 1 GG es verbietet, Verstöße gegen versammlungsrechtliche Anordnungen ohne Rücksicht auf deren Rechtmäßigkeit mit einem Bußgeld zu ahnden (vgl. BVerfGE 87, 399 ≪410≫).
d) Im Übrigen ist eine Annahme der Verfassungsbeschwerde nicht angezeigt. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Bußgeldbescheid selbst wendet, ist die Verfassungsbeschwerde mangels Fortbestehens des Rechtsschutzinteresses unzulässig (vgl. BVerfGE 65, 248 ≪258≫). Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung weiterer Grundrechte rügt, ist die Verfassungsbeschwerde wegen fehlender hinreichender Substantiierung unzulässig.
e) Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.
f) Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG.
Unterschriften
Kirchhof, Eichberger, Masing
Fundstellen