Verfahrensgang

Bayerischer VGH (Beschluss vom 27.05.2002; Aktenzeichen 10 CE 02.774)

 

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Gründe

Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten des Beschwerdeführers angezeigt. Sie besitzt keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪25 f.≫).

Der angegriffene Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs verletzt nicht das Recht des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG auf effektiven Rechtsschutz.

Art. 19 Abs. 4 GG garantiert nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern auch eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 35, 263 ≪274≫; 40, 272 ≪275≫; 61, 82 ≪110 f.≫; 77, 275 ≪284≫; 79, 69 ≪74 f.≫; 93, 1 ≪13≫; 97, 298 ≪315≫; 101, 106 ≪122 f.≫; 103, 142 ≪156≫; stRspr). Die Verwaltungsgerichte gewähren vorläufigen Rechtsschutz unter Anderem nach § 123 VwGO. Die Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift kann vom Bundesverfassungsgericht nur dann beanstandet werden, wenn sie Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung der Grundrechte und des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz beruhen (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Oktober 1995 – 2 BvR 384/95 –, NVwZ-Beilage 1996, S. 19). Es entspricht einer verfassungsrechtlich unbedenklichen verwaltungsgerichtlichen Praxis, die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO davon abhängig zu machen, dass der jeweilige Antragsteller einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Oktober 1995, a.a.O.).

Der Maßstab, der an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und damit des zu sichernden Rechts, dessen Verwirklichung ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung vereitelt oder wesentlich erschwert würde, anzulegen ist, hat sich an dem Rechtsschutzziel zu orientieren, das der Beschwerdeführer mit seinem Begehren verfolgt. Ist die geltend gemachte materielle Rechtsposition grundsätzlich sicherungsfähig, hängt die Bejahung eines Anordnungsanspruchs regelmäßig davon ab, welche Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren bestehen (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 24. September 2002 – 2 BvR 857/02 –, DVBl 2002, S. 1633 ≪1634≫).

Hieran gemessen hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs nicht überspannt. Er hat sich an den Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren orientiert, in dem es um die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis geht, und hat die Glaubhaftmachung, dass die Voraussetzungen hierfür vorlägen, in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint. Er hat insbesondere mit dem Hinweis auf die Gleichheit der Fingerabdrücke gewichtige Anhaltspunkte angeführt, die dafür sprächen, dass der Beschwerdeführer am 5. März 1997 über den Flughafen Frankfurt am Main mit einem slowenischen Reisepass eingereist sei.

Auch unter Berücksichtigung der Garantie aus Art. 19 Abs. 4 GG ist es vorliegend verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine Beweisaufnahme im Eilverfahren für nicht geboten erachtet hat, weil es Sache des Beschwerdeführers sei, für ihn günstige Tatsachen glaubhaft zu machen, woran es hier fehle.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Sommer, Di Fabio, Lübbe-Wolff

 

Fundstellen

Dokument-Index HI952229

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