Leitsatz (amtlich)
Zu verfassungsrechtlichen Anforderungen bei der Gewährung staatlicher Mittel an Religionsgesellschaften.
Tenor
1. § 1 des Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. Januar 2005 zwischen dem Land Brandenburg und der Jüdischen Gemeinde – Land Brandenburg vom 26. April 2005 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg Teil I, Seite 158) in Verbindung mit Artikel 8 Absatz 1 des Vertrages ist mit Artikel 4 Absatz 1 und Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. verworfen.
2. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 2. wird verworfen.
3. Das Land Brandenburg hat dem Beschwerdeführer zu 1. die Hälfte seiner notwendigen Auslagen zu erstatten.
Tatbestand
A.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wenden sich die Beschwerdeführer gegen § 1 des Brandenburgischen Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. Januar 2005 zwischen dem Land Brandenburg und der Jüdischen Gemeinde – Land Brandenburg vom 26. April 2005 (GVBl I S. 158 – im Folgenden: Zustimmungsgesetz) in Verbindung mit Art. 6 und Art. 8 Abs. 1, Art. 2, Art. 3, Art. 5, Art. 10 Abs. 3, Art. 11 Abs. 1, Art. 12, Art. 15 und Art. 16 Abs. 1 dieses Vertrages.
I.
1. a) Nach der deutschen Wiedervereinigung entstanden mit dem Zuzug osteuropäischer Juden als so genannte Kontingentflüchtlinge in Brandenburg mehrere jüdische Gemeinden, zuerst im Jahr 1991 die Jüdische Gemeinde Potsdam, die sich zunächst als „Jüdische Kultusgemeinde Land Brandenburg e.V.” und ab Ende 1991 als „Jüdische Gemeinde Land Brandenburg e.V.” konstituierte. Sie erhielt am 26. November 1993 die Bescheinigung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, dass sie die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts innehabe. In Koordination mit dieser Körperschaft als Dachorganisation bildeten sich in den Folgejahren insgesamt sieben Mitgliedsgemeinden in Brandenburg, die in einem Verband zusammenarbeiten (Jüdische Gemeinde Landkreis Barnim, Jüdische Gemeinde Brandenburg/Havel, Jüdische Gemeinde Cottbus, Jüdische Gemeinde Frankfurt/Oder e.V., Jüdische Gemeinde Königs Wusterhausen e.V., Jüdische Gemeinde Oranienburg, Jüdische Gemeinde Stadt Potsdam). Den Namen „Jüdische Gemeinde – Land Brandenburg” änderte der Dachverband im Jahr 2006 und führt seit dem die Bezeichnung „Landesverband der Jüdischen Gemeinden – Land Brandenburg” (im Folgenden: Landesverband).
Der Landesverband hatte nach eigenen Angaben im Jahr 2000 751 Mitglieder, im Jahr 2001 944 Mitglieder, im Jahr 2002 996 Mitglieder, im Jahr 2003 1097 Mitglieder, im Jahr 2004 1217 Mitglieder, im Jahr 2005 1264 Mitglieder, im Jahr 2006 1370 Mitglieder, im Jahr 2007 1374 Mitglieder und im Jahr 2008 1390 Mitglieder. Es handele sich dabei um Personen, die Juden im Sinne der Halacha, des jüdischen Religionsgesetzes, seien. Neben den halachischen Juden betreue der Landesverband etwa 4860 jüdische Zuwanderer, die nicht die Mitgliedschaftsvoraussetzungen im Sinne des jüdischen Religionsgesetzes erfüllten.
Der Landesverband ist Mitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland.
b) Seit 1991 fördert das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg die jüdischen Gemeinden, nach seiner Gründung über den Landesverband, aus Haushaltsmitteln. So wurden zum Zwecke der Wiederherstellung jüdischen Lebens in Brandenburg im Jahr 1991 erstmals Zuwendungen in Höhe von 80.000 DM, in den Folgejahren bis 2000 jeweils jährlich Förderbeträge zwischen 300.000 und 400.000 DM ausgereicht.
Trotz der kontinuierlichen Förderung entstanden dem Landesverband bis Ende des Jahres 2000 Schulden in Höhe von mehreren Hunderttausend DM, die offenbar durch das Fehlverhalten einiger Funktionsträger verursacht wurden (Landtag Brandenburg, Plenarprotokoll 4/10, 2. März 2005, S. 556). Die finanziell desolate Situation des Landesverbandes hatte zunächst zur Folge, dass in den nachfolgenden Jahren keine Zahlungen mehr an ihn selbst erfolgten. Es wurden jedoch in unterschiedlicher Höhe Leistungen an dem Landesverband zugehörige Ortsgemeinden und an Dritte erbracht, die damit Projekte zugunsten des Landesverbandes ausführten, so im Jahr 2001 83.000 DM, im Jahr 2002 500 Euro, im Jahr 2003 22.280 Euro, im Jahr 2004 153.003,20 Euro.
2. a) Der Beschwerdeführer zu 1., der eingetragene Verein Gesetzestreue Jüdische Landesgemeinde Brandenburg, gründete sich am 10. Januar 1999 in Potsdam und wurde am 23. März 1999 in das Vereinsregister eingetragen. Nach seiner Satzung versteht er sich als Nachfolger und Vertreter jüdisch-orthodoxer Tradition und Kultur im Land Brandenburg. Gesetzestreue jüdische Gemeinden hätten sich bereits 1922 im so genannten Halberstädter Bund und dem Preußischen Landesverband Gesetzestreuer, also orthodoxer Synagogengemeinden organisiert. In dieser Tradition sei es nach § 4 der Satzung Zweck des Beschwerdeführers zu 1., im Land Brandenburg das jüdische Leben nach orthodoxer jüdischer Tradition aufzubauen und die Gemeindemitglieder religiös, kulturell und sozial nach Maßgabe der orthodoxen jüdischen Überlieferung und im Rahmen des geltenden Rechts zu betreuen. Im Oktober 2000 zählte der Beschwerdeführer zu 1. nach eigenen Angaben ungefähr 60, im Jahr 2001 92, im Jahr 2002 121, im Jahr 2003 145 und im Jahr 2004 265 Mitglieder. Im Jahr 2008 wurde die Mitgliederzahl weiterhin mit 265 angegeben; der Beschwerdeführer zu 1. betreue im Land Brandenburg einschließlich seiner Mitglieder etwa 700 jüdische Zuwanderer.
Ein Antrag des Beschwerdeführers zu 1. auf Bestätigung des Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts wurde mit Bescheid vom 15. Juli 2004 vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg abgelehnt. Mit – nicht rechtskräftigem – Urteil vom 14. Juli 2008 wies das Verwaltungsgericht Potsdam die auf die Feststellung, dass er eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sei, gerichtete Klage des Beschwerdeführers zu 1. ab. Der Beschwerdeführer zu 1. sei rechtlich nicht identisch mit einer vor dem 3. Oktober 1990 bzw. vor 1945 in Brandenburg existierenden jüdischen Gemeinde, die den Körperschaftsstatus besessen habe.
Der Beschwerdeführer zu 1. gehört weder dem Landesverband noch dem Zentralrat der Juden in Deutschland an, er ist vielmehr Mitglied im Bund Gesetzestreuer Jüdischer Gemeinden in Deutschland. Zwischen dem Beschwerdeführer zu 1. und den im Landesverband zusammengeschlossenen Gemeinden bestehen erhebliche Glaubensdifferenzen; sie erkennen sich wechselseitig nicht als jüdische Gemeinden an.
Der Beschwerdeführer zu 2. ist Mitglied des Beschwerdeführers zu 1.
b) Der Beschwerdeführer zu 1. stellte erstmalig für das Haushaltsjahr 2000 einen Antrag auf finanzielle Förderung durch das Land Brandenburg in Höhe von 752.714 DM, der zunächst erfolglos blieb.
Auf die am 20. Oktober 2000 erhobene, sowohl gegen die Bewilligung von Fördermitteln zugunsten des Landesverbandes als auch auf die Bewilligung eigener Fördermittel gerichtete Klage des Beschwerdeführers zu 1. hin hob das Verwaltungsgericht Potsdam mit Urteil vom 27. Juni 2003 (Az. 12 K 4144/00, ≪juris≫) den Zuwendungsbescheid zugunsten des Landesverbands auf, wies die auf die Bereitstellung eigener Fördermittel gerichtete Verpflichtungsklage jedoch ab. Mit Urteil vom 10. Mai 2005 (– 1 A 744/03 –, LKV 2006, S. 39) gab das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg im Berufungsverfahren auch der Verpflichtungsklage des Beschwerdeführers zu 1. auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Förderantrag statt.
Nach Rechtskraft des Berufungsurteils bewilligte das zuständige Ministerium dem Beschwerdeführer zu 1. mit Bescheid vom 6. Oktober 2005 für das Haushaltsjahr 2000 Fördermittel in Höhe von 15.000 Euro. Soweit damit zugleich weitergehende Förderanträge abgelehnt wurden, erhob der Beschwerdeführer zu 1. gegen den Bewilligungsbescheid mit Schriftsätzen vom 14. Oktober und 6. November 2005 erneut Klage, die mit – nicht rechtskräftigem – Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 14. Juli 2008 abgewiesen wurde.
Für die Folgejahre von 2001 bis 2004 wurden Anträge des Beschwerdeführers zu 1. auf staatliche Förderung vom Kultusministerium zunächst entweder abgelehnt oder nicht beschieden. Infolge des Urteils des Oberverwaltungsgerichts vom 10. Mai 2005 wurde dem Beschwerdeführer zu 1. mit Bescheid vom 5. September 2006 für die Haushaltsjahre 2001 bis 2004 ein Förderbetrag von insgesamt 85.330,62 Euro zugewendet. Soweit durch den Bescheid die darüber hinaus gestellten Anträge abgelehnt wurden, erhob der Beschwerdeführer zu 1. Klage, die mit – nicht rechtskräftigem – Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 14. Juli 2008 abgewiesen wurde.
II.
1. Um einerseits die Beziehungen zwischen dem Land Brandenburg und dem Landesverband auf eine solidere Grundlage zu stellen und um andererseits dem Landesverband zu einer finanziellen Konsolidierung zu verhelfen, war das Land Brandenburg bereits im Jahr 1998 in Verhandlungen zum Abschluss eines Vertrages mit dem Landesverband eingetreten. Diese erwiesen sich in der Folge unter anderem wegen der problematischen finanziellen Lage des Landesverbandes als außerordentlich schwierig.
Währenddessen machte der Beschwerdeführer zu 1. seinen Wunsch nach einer Einbeziehung in den Vertrag und gleichberechtigter Teilhabe an den Verhandlungen deutlich. Dem wurde jedoch auf Bitten des Landesverbandes nicht nachgekommen. Das Ansinnen der Landesregierung, eine Teilhabe aller jüdischen Religionsgemeinschaften an den aufgrund des Vertrages zugewendeten Leistungen zu gewährleisten, akzeptierte der Landesverband nach Angaben des Landes, nachdem die jährliche Leistungssumme auf 200.000 Euro aufgestockt worden war.
Am 11. Januar 2005 unterzeichneten Ministerpräsident P. und der Vorsitzende des Vorstandes des Landesverbandes (damals noch: Jüdische Gemeinde – Land Brandenburg), Prof. Dr. S., den Vertrag zwischen dem Land Brandenburg und der Jüdischen Gemeinde – Land Brandenburg, der am 18. Mai 2005 in Kraft trat (vgl. die Bekanntmachung des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg vom 25. Mai 2005, GVBl I S. 206).
2. a) Die in Verbindung mit § 1 des Zustimmungsgesetzes angegriffenen Regelungen des Vertrageslauten:
Artikel 2
Jüdische Feiertage
(1) Der staatliche Schutz der jüdischen Feiertage wird gewährleistet.
(2) Feiertage der Jüdischen Gemeinde im Sinne des Feiertagsgesetzes sind:
Rosch Haschana (Neujahrsfest)
zwei Tage – am 1. und 2. Tischri, beginnend am Vortage um 16.00 Uhr,
Jom Kippur (Versöhnungstag)
ein Tag – am 10. Tischri, beginnend am Vortage um 16.00 Uhr,
Sukkot (Laubhüttenfest)
zwei Tage – am 15. und 16. Tischri, beginnend am Vortage um 17.00 Uhr,
Schemini Azereth (Schlussfest)
ein Tag – am 22. Tischri, beginnend am Vortage um 17.00 Uhr,
Simchat Thora (Fest der Gesetzesfreude)
ein Tag – am 23. Tischri, beginnend am Vortage um 17.00 Uhr,
Pessach (Fest zum Auszug aus Ägypten)
- zwei Tage – am 15. und 16. Nisan, beginnend am Vortage um 17.00 Uhr,
- zwei Tage – am 21. und 22. Nisan, beginnend am Vortage um 17.00 Uhr,
Schawuoth (Wochenfest)
zwei Tage – am 6. und 7. Siwan, beginnend am Vortage um 17.00 Uhr.
(3) Die Daten der Feiertage nach Absatz 1 bestimmen sich nach dem jüdischen Mondkalender unter Beachtung der allgemein geltenden Kalenderregeln.
Schlussprotokoll:
Die Daten werden der Landesregierung zwei Jahre im Voraus mitgeteilt.
(4) An jüdischen Feiertagen ist den in Ausbildungs- und Beschäftigungsverhältnissen stehenden Angehörigen der Landesgemeinde Gelegenheit zum Besuch des Gottesdienstes zu geben, sofern unaufschiebbare oder im allgemeinen Interesse vordringliche Aufgaben nicht zu erledigen sind oder zwingende betriebliche Notwendigkeiten nicht entgegenstehen. Über einen etwaigen Lohnausfall für die versäumte Arbeitszeit hinausgehende Nachteile dürfen den Arbeitnehmern nicht erwachsen.
(5) Das Land trifft im Rahmen des geltenden Rechts Regelungen, die es den in Schulverhältnissen stehenden Angehörigen der Landesgemeinde ermöglichen, an den jüdischen Feiertagen ihre religiösen Pflichten zu erfüllen.
Artikel 3
Seelsorge in besonderen Einrichtungen
(1) In Heimen, Krankenhäusern, Justizvollzugsanstalten und ähnlichen öffentlichen Einrichtungen des Landes sind Gottesdienste und Seelsorge nach Maßgabe der bestehenden Bedürfnisse zu ermöglichen.
Schlussprotokoll:
(1) Gegenüber den nichtöffentlichen Trägern der genannten Einrichtungen wird das Land in geeigneter Weise darauf hinweisen, dass auch in diesen Einrichtungen seelsorgerische Besuche und religiöse Handlungen nach Maßgabe der bestehenden Bedürfnisse ermöglicht werden sollen.
(2) In Justizvollzugsanstalten wird die Beachtung ritueller Speisevorschriften ermöglicht.
(2) Bei Einrichtungen anderer öffentlicher Träger wird das Land darauf hinwirken, dass in diesen seelsorgerliche Besuche und religiöse Handlungen entsprechend Absatz 1 ermöglicht werden.
(…)
Artikel 5
Kinderbetreuung, Schulen und Weiterbildung
(1) Die Landesgemeinde hat das Recht, Schulen sowie Einrichtungen der Kinderbetreuung und Weiterbildung zu errichten und zu betreiben.
(2) Die Genehmigung und Anerkennung solcher Einrichtungen sowie die Förderung aus öffentlichen Mitteln bestimmen sich nach den geltenden gesetzlichen Regelungen.
Schlussprotokoll:
Das Land wird die Landesgemeinde über mögliche Fördermaßnahmen bei der Errichtung und Fortführung von Schulen sowie Einrichtungen der Kinderbetreuung und Weiterbildung unterrichten.
Artikel 6
Zuschüsse des Landes
(1) Das Land beteiligt sich zum Zweck des Wiederaufbaus und zur Aufrechterhaltung jüdischen Gemeindelebens im Land Brandenburg an den laufenden Ausgaben der Gemeinde. Es erbringt hierzu einen Betrag von Euro 200.000 jährlich, erstmals im Jahr 2005. Diese Zahlungen treten an die Stelle der bislang an die Landesgemeinde aus dem Haushalt erbrachten Leistungen. Der Jahreszuschuss wird mit einem Zwölftel des Jahresbetrages jeweils monatlich im Voraus erbracht.
(2) Die Vertragsparteien werden den Betrag nach Absatz 1 nach fünf Jahren überprüfen.
(3) Die Landesgemeinde weist die zweckentsprechende Verwendung des Zuschusses bis zum 30. Juni des nachfolgenden Jahres durch Vorlage einer von einem vereidigten Wirtschaftsprüfer geprüften Rechnung nach.
Schlussprotokoll:
Nicht zweckentsprechend verwendete Zuschussbestandteile werden vom Land mit dem Zuschuss für das Folgejahr verrechnet.
(…)
Artikel 8
Sonstige Leistungen
(1) Die Landesgemeinde verwaltet die nach Artikel 6 erbrachten finanziellen Leistungen für alle auf den jüdischen Religionsgesetzen beruhenden Gemeinden des Landes, auch wenn sie jetzt oder in Zukunft der Landesgemeinde nicht angehören. Die Landesgemeinde ist verpflichtet, sämtliche Gemeinden angemessen finanziell zu beteiligen.
(…)
(…)
Artikel 10
Jüdische Friedhöfe
(…)
(3) Die Landesgemeinde hat das Recht, im Rahmen der rechtlichen Bestimmungen Friedhöfe als öffentliche Bestattungsplätze zu unterhalten, neue Friedhöfe anzulegen, bestehende Friedhöfe zu erweitern und verwaiste Friedhöfe wiederzubelegen.
Schlussprotokoll:
Das Land wird im Rahmen seiner Möglichkeiten Bemühungen der Landesgemeinde unterstützen, Grundstücke zur Anlegung von Friedhöfen zu finden, wenn der Friedhof der jeweiligen Ortsgemeinde nicht wieder belegt werden kann.
Artikel 11
Vermögensschutz
(1) Die Landesbehörden werden bei der Anwendung enteignungsrechtlicher Vorschriften im Rahmen des gesetzlichen Ermessens auf die Belange der Landesgemeinde Rücksicht nehmen. Beabsichtigt die Landesgemeinde im Fall der Veräußerung von gemeindeeigenen Grundstücken, gleichwertige Ersatzgrundstücke zu erwerben, werden ihr die Landesbehörden im Rahmen der geltenden Bestimmungen Unterstützung gewähren.
(…)
Artikel 12
Gedenkstätten
Bei Entscheidungen über die Errichtung, Veränderung und Aufhebung sowie die würdige Ausgestaltung von in Trägerschaft des Landes stehenden Gedenkstätten, die die Erinnerung an jüdisches Leben im Land Brandenburg oder an die Verfolgung und Ermordung von Menschen jüdischen Glaubens in der Zeit des Nationalsozialismus zum Gegenstand haben, wird das Land die Landesgemeinde angemessen beteiligen.
(…)
Artikel 15
Gebührenbefreiungen
(1) Die Landesgemeinde ist von der Zahlung der auf Landesrecht beruhenden Verwaltungsgebühren befreit, soweit die Amtshandlung unmittelbar der Durchführung kirchlicher Zwecke im Sinne des § 54 der Abgabenordnung dient.
(2) Die Befreiung gilt auch für Gebühren, die die ordentlichen Gerichte in Angelegenheiten der streitigen und der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Ausnahme der Arbeitsgerichtsbarkeit, die Gerichtsvollzieher, die Justizverwaltungsbehörden und die Behörden der Arbeitsgerichtsverwaltung erheben. Von der Landesgemeinde gebildete juristische Personen des Privatrechts, die unmittelbar kirchliche Zwecke verfolgen, sind von der Zahlung der Gebühren nach der Kostenordnung und der Gebühren in Justizverwaltungsangelegenheiten befreit.
Artikel 16
Rundfunk
(1) Das Land wird darauf hinwirken, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Landesgemeinde angemessene Sendezeiten zur Übertragung gottesdienstlicher Handlungen und Feierlichkeiten sowie sonstiger religiöser Sendungen zur Verfügung stellen.
(…)
b) Zu Art. 6 und Art. 8 Abs. 1 des Vertrages wird in der Begründung Folgendes angeführt:
aa) Art. 6
„Die Bestimmung hat die Erbringung finanzieller Leistungen an die Landesgemeinde zum Gegenstand.
Nach Absatz 1 unterstützt das Land die Betätigung der Landesgemeinde durch einen pauschalen Zuschuss von 200.000 EUR jährlich. Zweck der Leistung ist die Aufrechterhaltung jüdischen Gemeindelebens im Land Brandenburg. Obwohl die Jüdische Gemeinde – Land Brandenburg keine nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 138 WRV geschützten Ansprüche auf Gewährung von Staatsleistungen wegen vorkonstitutioneller Schädigungen innehat, erscheint es sachgerecht, ihr für den vorgenannten Zweck einen jährlichen staatlichen Zuschuss zu gewähren.
In Absatz 2 wird festgelegt, dass nach fünf Jahren eine Überprüfung der Höhe des Zuschusses erfolgt. Hierdurch soll unabhängig von Artikel 18 Abs. 2 die Möglichkeit eröffnet werden, Änderungen der finanziellen Verhältnisse des Landes oder der Landesgemeinde Rechnung zu tragen.
Nach Absatz 3 ist die zweckentsprechende Verwendung der Mittel durch Vorlage der Prüfbescheinigung eines vereidigten Wirtschaftsprüfers nachzuweisen. Diese ermöglicht dem Land die Überzeugungsbildung über die zweckgerechte Mittelverwendung und die Reaktion auf Fehlentwicklungen durch Verrechnung zweckwidrig verwendeter Zuschussbestandteile mit dem Anspruch in den Folgejahren. Die Bestimmung ist ohne Parallele in den Verträgen mit den evangelischen Landeskirchen und dem Heiligen Stuhl, da die dortigen Vertragspartner eine zweckgerechte Verwendung durch interne Rechnungsprüfung sicherstellen können, im Fall der evangelischen Landeskirchen beispielsweise durch unabhängige kirchliche Rechnungshöfe.”
bb) Art. 8 Abs. 1
„Nach Absatz 1 verpflichtet sich die Landesgemeinde, den vom Land empfangenen Zuschuss auch zur Unterstützung aller jüdischen Ortsgemeinden zu verwenden. Dies schließt auch diejenigen Ortsgemeinden ein, die der Landesgemeinde nicht angehören; dies trifft in Brandenburg derzeit nur auf die in Potsdam ansässige gesetzestreue jüdische Gemeinde zu. Die Höhe der Unterstützung und die angemessene Verteilung der Mittel zwischen den Ortsgemeinden sind der Landesgemeinde überlassen; der Vertrag enthält hierzu keinerlei Vorgaben.”
3. Am 10. Februar 2005 brachte die Brandenburgische Landesregierung den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. Januar 2005 zwischen dem Land Brandenburg und der Jüdischen Gemeinde – Land Brandenburg (Landtag Brandenburg, Drucks 4/624) in den Landtag ein. Damit sollte die nach Art. 91 Abs. 2 der Verfassung des Landes Brandenburg notwendige Zustimmung des Landtages zu dem Vertrag bewirkt werden.
a) Der Gesetzentwurf der Landesregierung wurde in erster Lesung am 2. März 2005 im Brandenburgischen Landtag beraten (vgl. Landtag Brandenburg, Plenarprotokoll 4/10, S. 556 ff.). Unter Bezugnahme auf die Überschuldung des Landesverbandes führte die Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur u.a. aus, dass es sich bei dem Vertrag um ein wichtiges Werk handele, um das jüdische Leben in Brandenburg zu konsolidieren. Nur durch den Vertrag könne der Jüdische Landesverband seine noch bestehenden Schulden tilgen. Alle Schulden bei der öffentlichen Hand seien niedergeschlagen worden, was einer indirekten Unterstützung des Landesverbandes in Form von mehreren Hunderttausend Euro gleichkomme. Gleichwohl erweise sich die Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen als nicht einfach. Der finanzielle Handlungsspielraum des Landesverbandes sei in den nächsten Jahren deshalb begrenzt, weil noch ein Teil der Schulden getilgt werden müsse. Für die Zeit danach bestehe eine zukunftsfähige Perspektive (vgl. Landtag Brandenburg, Plenarprotokoll 4/10, S. 556 f.).
b) Im Vorfeld einer vom Hauptausschuss anberaumten Anhörung zum Vertrag nahm die Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur zu verschiedenen Fragen zum Vertrag Stellung. Entgegen der Darstellung des Beschwerdeführers zu 1. handele es sich bei der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland um eine Einheitsgemeinde, die im Zentralrat der Juden und entsprechenden Landesverbänden organisiert sei. Daneben bestehende Richtungsverbände, wie etwa der Bund Gesetzestreuer Juden, seien durchweg sehr kleine Gruppen, denen neben der Einheitsgemeinde kein eigenständiges Gewicht zukomme. Bezogen auf die finanzielle Förderung gebiete im vorliegenden Fall der Gleichbehandlungsgrundsatz keine schematische Gleichbehandlung aller Gruppen, sondern lasse Raum für sachlich begründete Differenzierungen. Durch Art. 8 Abs. 1 des Vertrages werde dafür Sorge getragen, dass auch der Beschwerdeführer zu 1. an den vertraglich zugewandten Mitteln beteiligt werde, was dem Gleichbehandlungsanspruch genüge. Demgegenüber komme der Abschluss eines eigenen Vertrages nicht in Betracht, ebenso wenig die Gewährung einer Zuwendung in gleicher Höhe wie zugunsten des Landesverbandes.
c) In der öffentlichen Anhörung vor dem Hauptausschuss des Brandenburgischen Landtages am 7. April 2005 vertraten die Vorstandsmitglieder des Landesverbandes die Auffassung, eine jüdische Gemeinde setze das Vorhandensein mindestens zehn gläubiger Juden, eines jüdischen Friedhofes, eines Rabbiners, einer Thora sowie einer Synagoge voraus. Die Frage, ob bei dem Beschwerdeführer zu 1. die genannten Voraussetzungen erfüllt seien, wurde unter Hinweis darauf, die „so genannte gesetzestreue Gemeinde” sei nicht bekannt, nicht beantwortet. Weiterhin wurden in der Anhörung verschiedene rechtliche Bedenken gegenüber dem Vertrag geltend gemacht.
d) Der Hauptausschuss des Brandenburgischen Landtages gab am 11. April 2005 die Empfehlung ab, den Gesetzentwurf in unveränderter Fassung anzunehmen (Landtag Brandenburg, Drucks 4/967). Besondere Aufmerksamkeit und intensive Diskussion habe in der abschließenden Beratung Art. 8 des Vertrages erfahren. Eine ähnliche Regelung sei auch in den Staatsverträgen der Länder Sachsen, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Hessen, Bayern und Thüringen zu finden. Deutlich habe man klargestellt, dass es der Vertrag nicht in das Belieben des Landesverbandes stelle, ob jüdische Gemeinden in angemessener Weise in den Genuss der bereitgestellten Mittel kämen. Der Landesverband müsse all jene, die sich zum jüdischen Glauben bekennten, finanziell entsprechend beteiligen. Andernfalls stehe der Klageweg offen. Es habe im Hauptausschuss Einigkeit darüber bestanden, dass dem Land nicht zustehe, darüber zu befinden, wer sich zum jüdischen Glauben bekenne.
e) Am 13. April 2005 stimmte der Brandenburgische Landtag dem Gesetz zum Vertrag in zweiter Lesung zu.
f) Das Gesetz zu dem Vertrag vom 11. Januar 2005 zwischen dem Land Brandenburg und der Jüdischen Gemeinde – Land Brandenburg wurde daraufhin am 29. April 2005 im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg verkündet (GVBl I S. 158) und trat am 30. April 2005 in Kraft.
4. Über die vom Vertrag vorgesehenen Leistungen hinaus wandte das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg dem Landesverband im Jahr 2007 einen Betrag von 35.000 Euro als Schuldendiensthilfe zu; Gleiches erfolgte im Jahr 2008.
5. Der Beschwerdeführer zu 1. beantragte auch nach Abschluss des Vertrages Fördermittel beim Land, was dieses in Bezug auf die Jahre 2005 bis 2007 unter Verweis auf Art. 6 des Vertrages ablehnte; ein Antrag für das Jahr 2008 wurde bisher nicht beschieden. Das Bemühen des Beschwerdeführers zu 1. hatte auch vor dem Verwaltungsgericht bisher keinen Erfolg, weil dieses die Verfahren jeweils unter Hinweis auf die inzwischen erhobene Verfassungsbeschwerde aussetzte. Eine Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg blieb ohne Erfolg.
Parallel dazu wandte sich der Beschwerdeführer zu 1. an den Landesverband und forderte auf der Grundlage des Vertrages für die Jahre 2005 und 2006 die
Überweisung eines jährlichen Anteils von 100.000 Euro in monatlichen Raten. Der Landesverband lehnte dies mit der Begründung ab, dass sich aus dem Vertrag kein Anspruch des Beschwerdeführers zu 1. ergebe. Es solle jedoch geklärt werden, ob durch Aufnahme des Beschwerdeführers zu 1. in den Landesverband der Jüdischen Gemeinden im Land Brandenburg eine Förderung gemäß dem Vertrag in Betracht komme. Über eine entsprechende verwaltungsgerichtliche Klage wurde noch nicht entschieden.
Mit Schreiben vom 28. Dezember 2007 teilte der Landesverband dem Beschwerdeführer zu 1. mit, dass er ihm für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2007 zur Erfüllung seiner Ansprüche aus dem Vertrag einen Betrag von 30.600 Euro zukommen lassen werde; der Betrag wurde in unmittelbarer Folge ausgezahlt. Gleichzeitig kündigte der Landesverband an, dem Beschwerdeführer zu 1. ab dem Jahr 2008 monatlich 1.020 Euro zur Erfüllung seiner Ansprüche aus dem Vertrag zukommen zu lassen.
III.
1. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 3 GG, Art. 4 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG und Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 WRV.
a) aa) Die Regelungen der Art. 6 und Art. 8 Abs. 1 des Vertrages, die eine Zuwendung von Fördergeldern allein gegenüber dem Landesverband vorsähen, diesem die Zuständigkeit für die Verteilung der Mittel übertrügen und es seinem freien Ermessen überließen, in welchem Umfang der Beschwerdeführer zu 1. an der Förderung beteiligt werde, verstießen gegen den Grundsatz der Parität aus Art. 3 GG. Dieser verbiete es dem Staat, Differenzierungen zwischen den Empfängern öffentlicher Fördermaßnahmen vorzunehmen, ohne dass sachliche Gründe eine entsprechende Ungleichbehandlung geböten. Hier sei eine Ungleichbehandlung nur insoweit zulässig, als sie sich zwingend etwa aus der unterschiedlichen Mitgliederzahl der beiden Glaubensgemeinschaften ergebe. Demgegenüber begründe das Ministerium die unterschiedliche Behandlung bei der finanziellen Förderung mit einer religionspolitischen Wertung, nämlich damit, dass der Beschwerdeführer zu 1. nicht Mitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland sei und es sich bei ihm um „eine kleine Splittergruppe” handele, so dass nach Auffassung des Kultusministeriums eine gleichzeitige Förderung zu einer Zersplitterung des Judentums in Brandenburg und damit zu Ineffektivität der Förderung jüdischer Religionsgemeinschaften insgesamt führen würde.
Vorliegend müsse davon ausgegangen werden, dass die Förderregelung des Vertrages den Zweck verfolge, das Judentum in Brandenburg „zusammenzufassen”. Die Verfolgung dieses Zweckes sei eine von der Verfassung verbotene Wertentscheidung und werde von dem Beschwerdeführer zu 1. aus religiöser Überzeugung abgelehnt, weil der Landesverband in weitem Umfang, etwa durch die Aufnahme zahlreicher Nichtjuden, gegen das jüdische Gesetz verstoße. Auch verkenne der Vertrag bis heute die Tatsache, dass es sich beim Judentum nicht um eine starre Einheitsorganisation, sondern vielmehr um eine Vielzahl jeweils unabhängiger Gemeinden handele.
bb) Weiter verstießen die genannten Regelungen des Vertrages zum einen gegen die kollektive Religionsfreiheit des Beschwerdeführers zu 1. und gegen sein durch Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV geschütztes Selbstbestimmungsrecht, zum anderen gegen die individuelle Religionsfreiheit der Mitglieder des Beschwerdeführers zu 1. sowie derjenigen Juden in Brandenburg, die nicht oder noch nicht seine Mitglieder seien. Durch die Exklusivität der Zuwendung aller Fördermittel an den Landesverband greife das Land Brandenburg gezielt in den Prozess der Selbstorganisation des Judentums in Brandenburg ein. Die orthodoxe Richtung des Judentums werde von Seiten des Staates diskriminiert.
cc) Die Delegation der Mittelverteilung an den Landesverband erweise sich auch im Hinblick auf das in Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG enthaltene Rechtsstaatsprinzip als verfassungsrechtlich unzulässig. Unabhängig davon, ob § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwVfG auf die Verteilungsentscheidung durch den Landesverband unmittelbar angewendet werden könne, folge aus dem Rechtsstaatsprinzip, dass ein materiell Beteiligter, der selbst ein Eigeninteresse an dem Ausgang eines Verwaltungsverfahrens habe, nicht mit der Durchführung des entsprechenden Verwaltungsverfahrens betraut werden könne.
dd) Zu keinem anderen Ergebnis führe auch das Urteil des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Februar 2002 (BVerwGE 116, 86), dessen Gegenstand die der brandenburgischen Regelung vergleichbare sachsen-anhaltische Förderbestimmung bilde. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht den Fördermodus im Schlussprotokoll zu Art. 13 Abs. 1 des Vertrages vom 23. März 1994 nicht beanstandet, dies jedoch nur deshalb, weil die Parteien dessen Nichtigkeit nicht gerügt hätten. Mithin liege gerade keine höchstrichterliche Sanktionierung der genannten Regelung vor.
b) Soweit der Vertrag in Art. 2 (Jüdische Feiertage), Art. 3 (Seelsorge in besonderen Einrichtungen), Art. 5 (Kinderbetreuung, Schulen und Weiterbildung), Art. 10 Abs. 3 (Jüdische Friedhöfe), Art. 11 Abs. 1 (Vermögensschutz), Art. 12 (Gedenkstätten), Art. 15 (Gebührenbefreiung) und Art. 16 Abs. 1 (Rundfunk) dem Landesverband bestimmte Rechte einräume, verletze er die Beschwerdeführer in ihrer Glaubensfreiheit und in ihrem Recht auf Gleichbehandlung, überdies den Beschwerdeführer zu 1. in seinem Recht auf Achtung staatlicher Parität und Neutralität. Ausweislich der Präambel verfolge der Vertrag das Ziel, eine abschließende Regelung der Rechtsstellung aller Juden in Brandenburg herbeizuführen. In den Bestimmungen heiße es mehrfach ausdrücklich, dass die entsprechende Rechtsstellung nur dem am Vertragsschluss beteiligten Landesverband bzw. dessen Mitgliedern zukommen solle. Daher müsse dem Vertrag der Regelungswille entnommen werden, den Beschwerdeführer zu 1. und dessen Mitglieder von den aufgeführten Vergünstigungen auszuschließen.
2. Zu der Verfassungsbeschwerde wurden die Bundesregierung, alle Landesregierungen, das Bundesverwaltungsgericht, der Zentralrat der Juden in Deutschland, die Union progressiver Juden in Deutschland, der Bund Gesetzestreuer Jüdischer Gemeinden in Deutschland, die Evangelische Kirche in Deutschland sowie die Deutsche Bischofskonferenz angehört.
a) Nach Auffassung des Landes Brandenburg ist die Verfassungsbeschwerde nur teilweise zulässig und im Übrigen unbegründet.
Bezüglich der außerhalb der Finanzierungsfragen gerügten Regelungen des Vertrages fehle es an einem ausreichend substantiierten Vortrag des Beschwerdeführers zu 1. hinsichtlich seiner Betroffenheit. Der Beschwerdeführer zu 1. werde nicht von den dem Landesverband zugestandenen Rechten ausgeschlossen.
Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 2. sei insgesamt unzulässig; eine eigene Grundrechtsverletzung sei weder dargelegt noch erkennbar.
Hinsichtlich der Regelungen zur finanziellen Förderung sei die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. unbegründet. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichte den Staat nicht dazu, mit allen Bekenntnisgruppen staatskirchenrechtliche Verträge abzuschließen; es seien vielmehr Differenzierungen zulässig, die durch tatsächliche Verschiedenheiten der einzelnen Gruppen bedingt seien.
Dem Beschwerdeführer zu 1. werde durch Art. 8 des Vertrages ein Anspruch auf angemessene Beteiligung an den staatlichen Mitteln eingeräumt. Art. 8 des Vertrages sei insofern keine drittbelastende, sondern eine drittbegünstigende Regelung. Dem Landesverband obliege die Verwaltung der gewährten Summe als staatliche Aufgabe, die ihm zur selbstständigen Erledigung übertragen worden sei. Verletze der Landesverband seine aus dem Vertrag folgende Pflicht zur Beteiligung des Beschwerdeführers zu 1., so stehe diesem der Rechtsweg offen. Zwar verliere der Beschwerdeführer zu 1. durch Art. 8 Abs. 1 des Vertrages einen aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz folgenden Anspruch gegen das Land auf Teilhabe an den vom Haushaltsgesetzgeber bereitgestellten Fördermitteln zugunsten jüdischer Gemeinden, doch erfolge dies aus sachlichen Erwägungen. Insoweit sei es Sache des Landesgesetzgebers, welche Maßnahmen positiver Religionspflege er ergreife.
Hintergrund der Regelung des Art. 8 des Vertrages sei die Absicht der Landesregierung gewesen, auch für den Fall der Entstehung weiterer jüdischer Gemeinden keinen schwer abschätzbaren Leistungsverpflichtungen gegenüber diesen Gruppen ausgesetzt zu sein, sondern für einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Gruppen zu sorgen. Ohne die Regelung hätte damit gerechnet werden müssen, dass bei Bildung weiterer jüdischer Gemeinden diese unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz Förderleistungen hätten einfordern können, ohne dass dem Land die Möglichkeit einer Kürzung der vertraglich abgesicherten Leistungen gegenüber dem Landesverband als Ausgleich offen gestanden hätte.
Es ergebe sich keine grundrechtlich relevante Beeinträchtigung des Beschwerdeführers zu 1. dadurch, dass er seinen Teilhabeanspruch nicht gegenüber dem Staat geltend machen könne, sondern hierzu mit dem Landesverband in Kontakt treten müsse. Insoweit sei nicht dargelegt, dass und in welcher Weise eine solche Fühlungnahme die religiösen Belange des Beschwerdeführers zu 1. beeinträchtigen könne.
Auch liege kein Eingriff in die innerjüdische Organisationsstruktur vor. Insbesondere werde der Beschwerdeführer zu 1. nicht zum Beitritt zum Landesverband genötigt. Dies ergebe sich schon daraus, dass das Land in Art. 8 Abs. 1 des Vertrages zielgerichtet für eine Teilhabe des Beschwerdeführers zu 1. an den staatlichen Leistungen Sorge getragen habe.
b) Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat wie folgt Stellung genommen:
Die Verfassungsbeschwerde werfe die Frage auf, wer zur jüdischen Religionsgemeinschaft zu zählen sei. Diese Frage könne nicht vom Staat beantwortet werden, sondern gehöre zu den eigenen Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften. Entscheidend sei das Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft.
Die Verfassungsbeschwerde sei insgesamt unzulässig, auch soweit sich der Beschwerdeführer zu 1. gegen die Regelung über die Finanzierung wende. Das Zustimmungsgesetz selbst verletze dessen Rechte nicht unmittelbar; es bedürfe eines Vollzugsaktes. Auch sei der Rechtsweg nicht erschöpft, und es fehle das Rechtsschutzbedürfnis, da der Beschwerdeführer zu 1. zunächst im Wege des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes den behaupteten Anspruch auf Beteiligung an den Staatsleistungen durchzusetzen versuchen müsse.
Der Beschwerdeführer zu 2. sei nicht in eigenen Rechten verletzt.
Darüber hinaus verstoße die angegriffene Regelung weder gegen Art. 3 GG noch gegen Art. 4 GG. Zwischen Religionsgemeinschaften dürfe nach sachgerechten Kriterien differenziert werden. Bei der Bestimmung des Begriffs der „auf den jüdischen Religionsgesetzen beruhenden Gemeinden” des Landes sei entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts das religiöse Selbstverständnis des Landesverbandes maßgeblich. Eine Minderheit könne nicht den „etablierten” jüdischen Gemeinden Vorgaben machen, wer von ihnen in religiöser Hinsicht anzuerkennen und in finanzieller Hinsicht zu fördern sei. Bei der Auslegung staatlichen Rechts habe die Beurteilung religiöser Vorfragen ausschließlich nach Maßgabe des religiösen Selbstverständnisses der jeweils beteiligten Religionsgemeinschaft zu erfolgen, was sich auch aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 70, 138 ergebe. Hier sei das Selbstverständnis des Landesverbandes maßgeblich, da dieser Vertragspartner des Landes sei.
Schließlich nehme der Landesverband bei der Verteilung der Mittel keine staatliche, sondern eine eigene Aufgabe als Religionsgemeinschaft wahr; bei der Weitergabe von Mitteln auf der Grundlage des Vertrages komme es auf dessen Selbstverständnis an. Durch den Abschluss des Vertrages habe der Landesverband auch nicht insoweit auf sein Selbstbestimmungsrecht verzichtet.
c) Die Union progressiver Juden in Deutschland trägt vor:
Seit Beginn der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts sei es in Deutschland zunehmend zur Gründung oder Wiedergründung liberaler und strikt orthodoxer jüdischer Richtungsgemeinden außerhalb des Zentralrats gekommen. Für den staatlichen Vertragspartner stelle sich nunmehr die Frage, ob er sich im Hinblick auf die staatliche Neutralität auf den Vertragsschluss mit jüdischen Organisationen nur einer innerjüdischen Ausrichtung beschränken könne oder ob weitere Gemeinden als Vertragspartner in vertragliche Regelungen einbezogen werden müssten.
Eine staatliche Förderung jüdischer Gemeinden sei nur dann mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn die Förderung allen jüdischen Gemeinden in dem jeweils betroffenen Land in gleicher Weise zugute komme. Bei der Frage, welche Eigenschaften ein Zusammenschluss von Juden aufweisen müsse, um als jüdische Gemeinde zu gelten, die von Verfassungs wegen an der Förderung zu beteiligen sei, könne auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Februar 2002 zurückgegriffen werden, nach dem zur jüdischen Gemeinschaft im Sinne des dort gegenständlichen Vertrages jede Gemeinde gehöre, die sich selbst als jüdische Gemeinde verstehe und unbeschadet der jeweiligen Art des Glaubensverständnisses innerhalb des Judentums Aufnahme und Anerkennung gefunden habe (BVerwGE 116, 86 ≪90 f.≫).
Das Ziel der Gleichbehandlung aller jüdischen Gemeinden lasse sich am besten verwirklichen, wenn ein Land alle existierenden Gemeinden als Vertragspartner in einen Vertrag einbeziehe oder die Beteiligung von Gemeinden, die nicht dem Vertragspartner des Landes angehören, im Vertrag selbst betragsmäßig festschreibe. Auch in diesen Fällen müssten allerdings Regelungen für die Beteiligung neu entstehender jüdischer Gemeinden getroffen werden.
Im Fall Brandenburgs sei dem Landesverband die Verteilung der Mittel als staatliche Aufgabe zur selbstständigen Erledigung übertragen worden. Die Einhaltung des Gebots der angemessenen Beteiligung sämtlicher auf den jüdischen Religionsgesetzen beruhenden Gemeinden des Landes werde dabei nur durch die Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle der Mittelverteilung sanktioniert. Dies genüge nicht, um den Schutz der Grundrechte der Minderheitsgemeinden auf Religionsfreiheit und Gleichbehandlung wirksam zu gewährleisten; vielmehr sei es erforderlich, in den jeweiligen Staatsverträgen, zumindest aber in der Staatspraxis darüber hinausgehende konkrete Vorkehrungen in Form von Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten zu treffen, um eine angemessene Beteiligung der jüdischen Gemeinden an der staatlichen Förderung sicherzustellen.
Die Übertragung der Aufgabe der Verteilung der staatlichen Mittel an den Landesverband sei nicht unproblematisch, da der Landesverband nicht auf die Rolle eines neutralen Dritten beschränkt sei. Allerdings erfülle der Landesverband bei der Verteilung der Fördergelder eine staatliche Aufgabe und unterliege dabei allen öffentlich-rechtlichen Bindungen.
Könne der Staat die Beteiligung einer jüdischen Gemeinde an den gewährten Mitteln nicht wirksam durchsetzen, so leite sich aus dem Paritätsprinzip ein unmittelbarer Anspruch der nicht berücksichtigten jüdischen Gemeinde auf direkte Förderung gegen das Land ab. Das Interesse des Landes an der Deckelung der Ausgaben stehe dem nicht entgegen: Das Land sei frei, durch entsprechende Klauseln im Vertrag dafür zu sorgen, dass für die Förderung vom Landesverband nicht berücksichtigter Gemeinden benötigte Mittel vom Land einbehalten werden könnten.
Hinsichtlich der nicht finanziellen Fragen des Vertrages seien ebenfalls alle jüdischen Gemeinden gleich zu behandeln; die Individualrechte des Vertrages müssten allen Angehörigen der jüdischen Gemeinschaft in gleicher Weise zugute kommen.
d) Der Bund Gesetzestreuer Jüdischer Gemeinden in Deutschland trägt vor, dass die Landesregierungen und die Bundesregierung mit ihrer Praxis des Abschlusses von Staatsverträgen mit dem Zentralrat und den diesem angehörigen Gruppierungen in den Ländern die Rechte der gesetzestreuen Juden in Deutschland auf Religionsfreiheit und Gleichbehandlung nicht gewährleisteten. Die Bildung von Einheitsgemeinden im Nachkriegsdeutschland entspreche nicht der heutigen Struktur des Judentums in Deutschland. Der Staat müsse reformistische und gesetzestreue Juden gleichermaßen anerkennen; soweit das liberale Judentum in Staatsverträge einbezogen oder anderweitig gefördert werde, müsse dies auch für die gesetzestreuen Juden gelten. Die gesetzestreuen Juden in Brandenburg würden vom Kulturministerium genötigt, sich der Einheitsgemeinde anzuschließen; dies sei für orthodoxe Juden aus religiösen Gründen jedoch nicht möglich.
e) Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Äußerung des 7. Revisionssenats übersandt. Dieser weist darauf hin, dass er sich in seinem Urteil vom 28. Februar 2002 (BVerwGE 116, 86) nicht ausdrücklich mit der Frage befasst habe, ob Verfassungsgrundsätze es verbieten, die Verteilung von Staatsleistungen an Religionsgemeinschaften einer Religionsgemeinschaft als staatliche Aufgabe zur selbstständigen Erledigung zu übertragen. Er sieht insoweit aber keine verfassungsrechtlichen Bedenken, auch wenn diese Übertragung als Begünstigung der betreffenden Religionsgemeinschaft angesehen werde. Das Grundgesetz verlange keine schematische Gleichbehandlung aller Religionsgemeinschaften. Zu den zulässigen Differenzierungskriterien zählten die äußere Größe und Verbreitung der Religionsgemeinschaft, der Grad ihrer öffentlichen Wirksamkeit, ihre Kultur- und sozialpolitische Stellung in der Gesellschaft und ihr Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts.
f) Das Bundesministerium des Innern sowie die Landesregierungen, die Stellung genommen haben, beschränken sich im Wesentlichen auf eine Darstellung der Rechtslage im eigenen Bereich.
Entscheidungsgründe
B.
I.
Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. ist nur hinsichtlich der Anfechtung von § 1 des Zustimmungsgesetzes in Verbindung mit Art. 6 und Art. 8 Abs. 1 des Vertrages zulässig.
1. a) Das Gesetz, mit dem der Brandenburgische Landtag dem Vertrag des Landes Brandenburg mit der Jüdischen Gemeinde – Land Brandenburg (jetzt: Landesverband der Jüdischen Gemeinden – Land Brandenburg) zugestimmt hat, ist tauglicher Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können Zustimmungsgesetze zu völkerrechtlichen Verträgen mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden, wenn der Vertrag Regelungen enthält, die unmittelbar in die Rechtssphäre des Einzelnen eingreifen (vgl. BVerfGE 6, 290 ≪294 f.≫; 40, 141 ≪156≫; 84, 90 ≪113≫). Für das Zustimmungsgesetz zu dem hier vorliegenden Vertrag muss Entsprechendes gelten, da durch das Gesetz ähnlich wie bei völkerrechtlichen Verträgen der Inhalt des Vertrages in Gesetzesrang erhoben wird (vgl. zu völkerrechtlichen Verträgen BVerfGE 6, 290 ≪294≫).
b) Der Beschwerdeführer zu 1. hat hinreichend die Möglichkeit dargelegt, hinsichtlich der Regelungen zur Finanzierung jüdischer Religionsgemeinschaften in Art. 6 und Art. 8 Abs. 1 des Vertrages unmittelbar und gegenwärtig in seinen Rechten betroffen zu sein.
Eine Religionsgemeinschaft in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts (hier: eingetragener Verein) kann sich im Verfassungsbeschwerdeverfahren auf die Rechte aus Art. 3 GG und aus Art. 4 GG sowie den staatskirchenrechtlichen Paritätsgrundsatz berufen. Dabei bestehen auch keine Zweifel daran, dass es sich bei dem Beschwerdeführer zu 1. um eine eigene, insbesondere von dem Landesverband zu unterscheidende Religionsgemeinschaft handelt.
Es besteht die konkrete Möglichkeit, dass die genannten Rechte des Beschwerdeführers zu 1. von der Regelung in Art. 6 und Art. 8 Abs. 1 des Vertrages unmittelbar berührt werden. Der Vertrag könnte bei einer dem Wortlaut der Art. 6 Abs. 1 Satz 3 und Art. 8 Abs. 2 folgenden Interpretation zwar dahin verstanden werden, dass er ausschließlich die bislang an den Landesverband erbrachten staatlichen Finanzzuschüsse neu regelt und Ansprüche anderer jüdischer Religionsgemeinschaften unberührt lässt. Eine historische und eine teleologische Auslegung sowie insbesondere der Wortlaut des Art. 8 Abs. 1 des Vertrages sprechen jedoch dafür, dass eine Gesamtregelung der finanziellen Zuschüsse an alle jüdischen Gemeinden in Brandenburg beabsichtigt war. Jedenfalls bei dieser Auslegung ist der Beschwerdeführer zu 1. von der vertraglichen Regelung erfasst.
Der unmittelbaren Betroffenheit des Beschwerdeführers zu 1. steht auch nicht entgegen, dass die geltend gemachte Rechtsverletzung sich erst in einem Akt der Rechtsanwendung, nämlich der Entscheidung des Landesverbandes über die Beteiligung des Beschwerdeführers zu 1. an den Fördermitteln, aktualisiert. Regelungsgegenstand des Vertrages ist jedenfalls auch der Ausschluss des Beschwerdeführers zu 1. von direkten Ansprüchen gegenüber dem Land. Davon ist der Beschwerdeführer zu 1. unmittelbar betroffen.
2. a) Die Verfassungsbeschwerde genügt dem Grundsatz der Subsidiarität. Danach ist die Verfassungsbeschwerde eines von der angegriffenen Rechtsnorm selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffenen Grundrechtsträgers unzulässig, wenn er in zumutbarer Weise Rechtsschutz durch die Anrufung der Fachgerichte erlangen kann (vgl. BVerfGE 68, 319 ≪325 f.≫; 71, 305 ≪335 ff.≫; 74, 69 ≪74≫; 97, 157 ≪165≫). Damit soll unter anderem erreicht werden, dass das Bundesverfassungsgericht nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage weitreichende Entscheidungen trifft (vgl. BVerfGE 79, 1 ≪20≫; 97, 157 ≪165≫). Das Bundesverfassungsgericht hat die Pflicht zur Anrufung der Fachgerichte aber ausnahmsweise verneint, wenn sie dem Beschwerdeführer nicht zumutbar ist, weil dies offensichtlich sinn- und aussichtslos wäre (vgl. BVerfGE 55, 154 ≪157≫; 79, 1 ≪20≫; 102, 197 ≪208≫). Die Sinn- und Aussichtslosigkeit kann auch darin bestehen, dass der Misserfolg eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens von vornherein feststeht, weil die Norm der Verwaltung keinen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum einräumt (vgl. BVerfGE 102, 197 ≪208≫).
b) Vorliegend war es dem Beschwerdeführer zu 1. nicht zuzumuten, vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde den Abschluss der anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren abzuwarten.
aa) Mit seinem auf den Vertrag gestützten Vorgehen gegen den Landesverband bezogen auf die Haushaltsjahre 2005 und 2006 konnte der Beschwerdeführer zu 1. sein primäres Rechtsschutzziel nicht erreichen. Der Streitgegenstand dieser Klagen ist beschränkt auf die Zuwendung eines bestimmten Betrages durch den Landesverband für das jeweilige Haushaltsjahr. Um einen unmittelbaren Anspruch auf Förderung gegen das Land Brandenburg zu erlangen, ist der Landesverband schon nicht der richtige Beklagte.
bb) Im Rahmen der bezüglich der Jahre 2005 bis 2007 gegen das Land erhobenen Leistungsklagen stellt sich zwar die entscheidende Frage nach einer eigenen Verpflichtung des Landes zur Ausreichung von Mitteln und damit nach der Verfassungsmäßigkeit des Vertrages. Unabhängig von der Aussetzung der Verfahren durch das Verwaltungsgericht ist dem Beschwerdeführer zu 1. der Abschluss dieser Verfahren jedoch nicht zumutbar, weil unter Geltung des Vertrages ihr Misserfolg von vornherein feststeht. In Bezug auf den Hauptangriffspunkt des Beschwerdeführers zu 1., nämlich die Zuweisung sämtlicher vom Staat zur Verfügung gestellten Fördermittel an den Landesverband und die Übertragung der Aufgabe der Mittelverteilung auf diesen, belässt der Vertrag dem Normanwender keinen Spielraum.
Das Durchlaufen des Rechtswegs ist zwar in der Regel auch dann zu verlangen, wenn das Gesetz keinen Auslegungs-, Ermessens- oder Beurteilungsspielraum offen lässt, der es den Fachgerichten erlauben würde, die geltend gemachte Grundrechtsverletzung kraft eigener Entscheidungskompetenz zu vermeiden (vgl. BVerfGE 72, 39 ≪43 f.≫; 79, 1 ≪20≫). Obwohl in derartigen Fällen die vorherige fachgerichtliche Prüfung für den Beschwerdeführer günstigenfalls dazu führen kann, dass die ihm nachteilige gesetzliche Regelung gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt wird, ist eine solche Prüfung regelmäßig geboten, um zu vermeiden, dass das Bundesverfassungsgericht ohne die Fallanschauung der Fachgerichte auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage entscheiden muss (vgl. BVerfGE 8, 222 ≪227≫; 79, 1 ≪20≫; 86, 382 ≪387 f.≫; 97, 157 ≪165≫). Der vorliegende Fall wirft jedoch allein spezifisch verfassungsrechtliche Fragen auf, die das Bundesverfassungsgericht beantworten kann, ohne dass von einer vorausgegangenen fachgerichtlichen Prüfung verbesserte Entscheidungsgrundlagen zu erwarten wären. Jedenfalls unter diesen Bedingungen ist die vorherige Ausschöpfung des Rechtswegs dem Beschwerdeführer zu 1. auch im Hinblick auf einen in zeitlicher und tatsächlicher Hinsicht effektiven Rechtsschutz nicht zumutbar (vgl. auch BVerfGE 102, 197 ≪209≫).
3. Das Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers zu 1. ist auch nicht dadurch entfallen, dass der Landesverband ihn seit Januar 2008 – sowohl rückwirkend für den Zeitraum seit dem 1. Juli 2005 als auch für die Zukunft – mit einem monatlichen Betrag von 1.020 Euro an den staatlichen Leistungen beteiligt. Unabhängig von der Frage, ob die Höhe dieser Leistungen den Anforderungen an eine paritätische Beteiligung genügt, wird dem Rechtsschutzbegehren, einen Förderanspruch unmittelbar gegen den Staat zu erhalten, damit nicht Rechnung getragen.
4. Die Jahresfrist des § 93 Abs. 3 BVerfGG ist gewahrt.
5. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit der Beschwerdeführer zu 1. weitere Vorschriften des Vertrages angreift. Insoweit ist ein Sachverhalt, der die Möglichkeit einer Verletzung von Grundrechten erkennen ließe (vgl. BVerfGE 17, 252 ≪258≫; 52, 303 ≪327 f.≫), nicht aufgezeigt.
a) Die Regelung zur Freistellung von Auszubildenden und Arbeitnehmern von der Arbeit an jüdischen Feiertagen in Art. 2 Abs. 4 des Vertrages ist zwar auf die Angehörigen des Landesverbandes beschränkt. Der Beschwerdeführer zu 1. kann sich jedoch auf eine entsprechende Regelung im Feiertagsgesetz des Landes Brandenburg (§ 7 Abs. 1 und Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 4 FTG) berufen, die seinen Mitgliedern die gleichen Rechte gewährt. Die Beschränkung des Wortlautes dieser Vorschrift auf anerkannte Religionsgemeinschaften ist insoweit ohne Bedeutung, weil das deutsche Staatskirchenrecht über die Verleihung des Körperschaftsstatus hinaus ein Institut der Anerkennung von Religionsgemeinschaften nicht kennt.
Die entsprechende Regelung zu Schülern, die dem Landesverband angehören, in Art. 2 Abs. 5 des Vertrages gewährt dem Landesverband keine einklagbare Rechtsposition, so dass eine unmittelbare Betroffenheit des Beschwerdeführers zu 1. in eigenen Rechten ausscheidet.
b) Durch die Regelungen zur Anstaltsseelsorge in Art. 3 des Vertrages einschließlich des Schlussprotokolls wird der Beschwerdeführer zu 1. nicht schlechter gestellt als der Landesverband. Zugunsten des Beschwerdeführers zu 1. ergeben sich gegenüber öffentlichen Trägern entsprechender Einrichtungen die gleichen Rechte aus Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 141 WRV sowie aus Art. 38 Satz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg (Vf Bbg). Bezüglich der Beachtung von Speisevorschriften von Religionsgemeinschaften in Justizvollzugsanstalten gilt § 21 Satz 3 StVollzG. Der in Abs. 1 des Schlussprotokolls zu Art. 3 Abs. 1 des Vertrages enthaltene Hinweis des Landes auf die Ermöglichung der Anstaltsseelsorge gegenüber nichtöffentlichen Trägern von Einrichtungen findet zwar keine Entsprechung in anderen Rechtsvorschriften; mangels rechtlicher Verbindlichkeit der Regelung fehlt es insoweit jedoch an einer unmittelbaren Betroffenheit des Beschwerdeführers zu 1. in eigenen Rechten.
c) Das in Art. 5 des Vertrages garantierte Recht des Landesverbandes, Schulen sowie Einrichtungen der Kinderbetreuung und Weiterbildung zu errichten und zu betreiben, folgt für den Beschwerdeführer zu 1. als juristische Person des Privatrechts in gleichem Umfang aus § 118 Abs. 1 des Gesetzes über die Schulen im Land Brandenburg (BbgSchulG), § 14 Abs. 1 des Kindertagesstättengesetzes des Landes Brandenburg (KitaG) und § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung und Förderung der Weiterbildung im Land Brandenburg (BbgWBG). Insofern liegt keine Schlechterstellung des Beschwerdeführers zu 1. vor.
d) Das in Art. 10 Abs. 3 des Vertrages verankerte Recht des Landesverbandes, Friedhöfe zu betreiben, ist auch nach dem Brandenburgischen Bestattungsgesetz (§ 28 Abs. 1 BbgBestG) auf Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, beschränkt. Durch den Vertrag wird die bereits bestehende Rechtslage lediglich wiederholt; die Gewährung weitergehender Rechtspositionen ist mit dem Vertrag nicht verbunden. Der Beschwerdeführer zu 1. kann sich daher nicht auf eine Benachteiligung gerade durch die angegriffene Bestimmung berufen.
e) Die Regelung zum Vermögensschutz in Art. 11 des Vertrages begründet keine über das allgemein geltende Recht hinausgehenden Rechte des Landesverbandes. Eine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers zu 1. scheidet daher aus.
f) Soweit der Beschwerdeführer zu 1. die Regelung zur Beteiligung des Landesverbandes an der Errichtung und Veränderung von Gedenkstätten nach Art. 12 des Vertrages angreift, fehlt es an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit der nahe liegenden Erwägung, dass im Hinblick auf die Praktikabilität derartiger Verfahren eine Beteiligung mehrerer jüdischer Religionsgemeinschaften nicht verlangt werden kann.
g) Die Gebührenbefreiung zugunsten des Landesverbandes nach Art. 15 des Vertrages entspricht dem geltenden Recht, nämlich § 8 Abs. 1 Nr. 5 des Gebührengesetzes für das Land Brandenburg (GebG Bbg) und § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Justizkostengesetzes für das Land Brandenburg (JKGBbg), nach denen Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts von der Zahlung der genannten Gebühren befreit sind. Der Beschwerdeführer zu 1. als eingetragener Verein profitiert von dieser Regelung nicht. Wie bei Art. 10 Abs. 3 des Vertrages begründet die bloße Wiederholung der Rechtslage jedoch keine rügefähige Benachteiligung des Beschwerdeführers zu 1., und die Bestimmungen des Landesgebühren- und -kostenrechts sind nicht Gegenstand der Verfassungsbeschwerde.
h) Die Hinwirkungspflicht des Landes hinsichtlich der Zurverfügungstellung angemessener Sendezeiten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nach Art. 16 Abs. 1 des Vertrages geht über das in § 8 Abs. 3 des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg (RBB-Staatsvertrag) sowie in § 11 Abs. 3 ZDF-Staatsvertrag Enthaltene nicht hinaus. Auch insoweit gilt, dass eine Wiederholung der Rechtslage keine rügefähige Ungleichbehandlung des Beschwerdeführers zu 1. mit sich bringt.
II.
Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 2. ist in vollem Umfang unzulässig. Von den finanziellen Regelungen der Art. 6 und Art. 8 des Vertrages ist er als Mitglied des Beschwerdeführers zu 1., auf das sich dessen finanzielle Situation nur mittelbar auswirkt, nicht unmittelbar betroffen. Auch hinsichtlich der weiteren mit der Verfassungsbeschwerde angefochtenen Vertragsbestimmungen mangelt es an einer eigenen Betroffenheit des Beschwerdeführers zu 2. Von Art. 2 des Vertrages kann er schon deshalb nicht berührt sein, weil es an einem Vortrag hinsichtlich seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer, Auszubildendem oder Schüler fehlt. Die übrigen angegriffenen Regelungen betreffen jeweils nur die Religionsgemeinschaft als solche, nicht aber deren Mitglieder.
C.
Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. ist teilweise begründet. § 1 des Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. Januar 2005 zwischen dem Land Brandenburg und der Jüdischen Gemeinde – Land Brandenburg in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 des Vertrages zwischen dem Land Brandenburg und der Jüdischen Gemeinde – Land Brandenburg ist mit Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG in Verbindung mit dem aus Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitenden Rechtsstaatsprinzip unvereinbar.
I.
Bei der Beurteilung einer Verfassungsbeschwerde ist das Bundesverfassungsgericht nicht darauf beschränkt zu prüfen, ob die in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 13 Nr. 8a, § 90 BVerfGG aufgeführten Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte verletzt sind. Die angegriffene Norm kann vielmehr unter jedem in Betracht kommenden Gesichtspunkt auf ihre verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit hin geprüft werden (stRspr; vgl. BVerfGE 99, 100 ≪119≫; 102, 370 ≪384≫). Der verfassungsrechtliche Maßstab ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 und Art. 20 Abs. 3 GG.
1. a) Das Grundrecht auf Glaubensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG gewährleistet sowohl die innere Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, als auch die äußere Freiheit, den Glauben zu manifestieren, zu bekennen und zu verbreiten (vgl.
2. BVerfGE 32, 98 ≪106≫). Art. 4 Abs. 2 GG gewährleistet die ungestörte Religionsausübung. Aus den beiden ersten Absätzen des Art. 4 GG zusammen wird auch die religiöse Vereinigungsfreiheit abgeleitet, die die Freiheit umfasst, aus gemeinsamem Glauben sich zu einer Religionsgesellschaft zusammenzuschließen und zu organisieren (vgl. BVerfGE 83, 341 ≪355≫). Verschiedene Strömungen einer Religion haben dabei das Recht, sich unabhängig voneinander zu organisieren.
b) Von hoher Bedeutung für die Freiheit der Religionsausübung ist die materielle Ausstattung einer Religionsgesellschaft. Das Bundesverfassungsgericht hat auf die Bedeutung des kirchlichen Vermögens für die Entfaltung der Selbstbestimmung im Sinne von Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV hingewiesen (vgl. BVerfGE 66, 1 ≪20 ff.≫; 99, 100 ≪120≫). Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 138 Abs. 2 WRV hat dabei die Aufgabe, den durch Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG und durch Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 WRV zugesagten Schutz der Stellung und der Freiheit der Kirchen in ihren sächlichen Grundlagen zu gewährleisten (vgl. BVerfGE 99, 100 ≪120≫).
c) Aus Art. 4 GG lassen sich keine Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen ableiten (vgl. Robbers, in: Listl/Pirson, Handbuch des Staatskirchenrechts, Bd. 1, 2. Aufl. 1994, S. 867 ≪876≫; Kokott, in: Sachs, GG, 5. Aufl. 2009, Art. 4 Rn. 70). Als grundrechtliche Verbürgung der Pflicht des Staates zu weltanschaulich-religiöser Neutralität entfaltet Art. 4 GG aber bezogen auf die finanzielle Förderung von Religionsgesellschaften auch eine leistungsrechtliche Komponente, in dem er die Teilhabe an etwaigen staatlichen Leistungen verbürgt (vgl. Robbers, a.a.O.; Morlok, in: Dreier, GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2004, Art. 4 Rn. 150).
Aus dem Grundsatz der religiösen und weltanschaulichen Neutralität des Staates, der sich aus einer Zusammenschau der Art. 4 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 33 Abs. 3, Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136 Abs. 1, Abs. 4 und Art. 137 Abs. 1 WRV ableiten lässt, folgt, dass der Staat auf eine am Gleichheitssatz orientierte Behandlung der verschiedenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zu achten hat (vgl. BVerfGE 19, 1 ≪8≫; 19, 206 ≪216≫; 24, 236 ≪246≫; 93, 1 ≪17≫). Wo er mit Religionsgesellschaften zusammenarbeitet oder sie fördert, darf dies nicht zu einer Identifikation mit bestimmten Religionsgesellschaften oder zu einer Privilegierung bestimmter Bekenntnisse führen (vgl. BVerfGE 30, 415 ≪422≫; 93, 1 ≪17≫; 108, 282 ≪299 f.≫). Insoweit kann er auch zu Vorkehrungen organisatorischer Art verpflichtet sein (vgl. Morlok, a.a.O.).
d) Im Rahmen der finanziellen Förderung von Religionsgesellschaften durch den Staat spielen auch das Trennungsprinzip des Art. 137 Abs. 1 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG sowie das Gebot religiöser und weltanschaulicher Neutralität des Staates eine wesentliche Rolle. Das Bundesverfassungsgericht hat bisher in Entscheidungen zur Kirchensteuer, zum Körperschaftsstatus und zum Kopftuch im Schulunterricht den Bedeutungsgehalt des Art. 137 Abs. 1 WRV dahin ausgelegt, dass er die Einführung staatskirchlicher Rechtsformen verwehre (vgl. BVerfGE 19, 206 ≪216≫; 93, 1 ≪17≫; 108, 282 ≪299≫).
2. Gibt der Staat die Vergabe von ihm bereitgestellter Mittel an Religionsgesellschaften aus der Hand, so hat er darüber hinaus die Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips zu beachten. An dieser Stelle kann unerörtert bleiben, unter welchen Voraussetzungen eine derartige Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf nichtstaatliche Stellen grundsätzlich in Betracht kommt. Denn hier ist die Besonderheit zu würdigen, dass diese Aufgabe auf eine von mehreren Religionsgesellschaften übertragen wird, die einen Teil der Fördergelder selbst beanspruchen kann.
Dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip ist zu entnehmen, dass Entscheidungen eines Aufgabenträgers in eigener Sache nur in begrenztem Umfang zulässig sind. Die in Art. 20 Abs. 3 GG niedergelegte Bindung des Gesetzgebers sowie die Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht bezwecken den Ausschluss von Staatswillkür. Damit ist das Gebot der Lauterkeit und Unparteilichkeit der Amtsträger eng verbunden (vgl. Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 5. Aufl. 2005, Art. 20 Rn. 305, 307), das in § 20 VwVfG seine einfach-rechtliche Ausprägung findet. Ein generelles Gebot der Unparteilichkeit nicht nur des handelnden Amtsträgers, sondern des Verwaltungsträgers und der ihn vertretenden Behörde ist von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung allerdings bisher nicht angenommen worden; die Rechtsprechung ist in verschiedenen Entscheidungen vor allem zum Planfeststellungsrecht davon ausgegangen, dass die mangelnde Neutralität der handelnden Stelle durch gerichtlichen Rechtsschutz und die Aufsicht übergeordneter Stellen kompensiert werden könne (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. April 1987 – 4 B 73/87 –, NVwZ 1987, S. 886 ≪886 f.≫; Beschluss vom 24. August 1987 – 4 B 129/87 –, DVBl 1987, S. 1267 ≪1268≫; Urteil vom 27. Juli 1990 – 4 C 26/87 –, NVwZ 1991, S. 781 ≪782≫; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 17. März 1998 – 4 B 25/98 –, NVwZ 1998, S. 737; OVG NW, Urteil vom 10. Juli 1998 – 11 A 7238/95 –, NWVBl 1999, S. 141 ≪142≫). Inwieweit dieser Ansatz für andere Fallgruppen, in denen Eigeninteressen der mit der Erfüllung einer hoheitlichen Aufgabe betrauten Institution die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung beeinträchtigen können, herangezogen werden kann, bedarf keiner grundsätzlichen Klärung.
Jedenfalls in dem von Art. 4 GG geprägten Bereich finanzieller Förderung von Religionsgesellschaften durch den Staat können die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Neutralität der mittelverwaltenden Stelle je nach Ausgestaltung der Regelung, mit der die Aufgabe der Mittelvergabe auf eine Religionsgesellschaft übertragen wird, anders zu fassen sein. Der Staat ist in diesem grundrechtlich sensiblen und vom Prinzip staatlicher Neutralität geprägten Bereich verpflichtet, die Entstehung einer strukturellen Gefährdungslage hinsichtlich der Gehalte des Art. 4 GG zu verhindern. Durch die Aufgabenübertragung darf nicht eine Situation entstehen, in der die mit der Aufgabe betraute Religionsgesellschaft als selbst anspruchsberechtigter Grundrechtsträger regelmäßig über einen Gegenstand zu entscheiden hat, in Bezug auf den eine andere, möglicherweise konkurrierende Religionsgesellschaft die gleiche grundrechtliche Berechtigung geltend machen kann. Eine derartige Interessenkollision, die gleichzeitig auf Seiten derjenigen Religionsgesellschaft, die auf die Weiterleitung durch die damit betraute Religionsgesellschaft angewiesen ist, zu einem Abhängigkeitsverhältnis führt, steht der Grundrechtsverwirklichung im Bereich des Art. 4 GG entgegen und ist mit den Anforderungen an eine rechtsstaatliche Verwaltungsstruktur unvereinbar.
II.
Die Bestimmung des Art. 8 Abs. 1 des Vertrages wird den sich aus Art. 4 GG und Art. 20 Abs. 3 GG ergebenden Anforderungen nicht gerecht.
Nach Art. 8 Abs. 1 des Vertrages verwaltet der Landesverband die vom Land erhaltenen finanziellen Leistungen für alle auf den jüdischen Religionsgesetzen beruhenden Gemeinden des Landes, auch wenn sie jetzt oder in Zukunft dem Landesverband nicht angehören. Der Landesverband ist verpflichtet, sämtliche Gemeinden angemessen finanziell zu beteiligen.
1. Nach ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem Sinn und Zweck ist diese Regelung so zu verstehen, dass damit eine abschließende Regelung der Förderung jüdischer Gemeinden in Brandenburg getroffen und darüber hinausgehende Ansprüche aller jüdischen Gemeinden gegen das Land ausgeschlossen werden sollten (ebenso für Art. 13 des – früheren – Vertrages des Landes Sachsen-Anhalt mit der jüdischen Gemeinschaft in Sachsen-Anhalt BVerwGE 116, 86 ≪88 ff.≫). Damit war beabsichtigt, das Land von der Verantwortung für eine gerechte Verteilung der Mittel zu entlasten und die Fördermittel für jüdische Gemeinden im Land Brandenburg auf den vertraglich vereinbarten Betrag zu begrenzen.
a) Der Vertrag regelt nicht nur die bislang an den Landesverband erbrachten staatlichen Finanzzuschüsse neu, sondern erfasst die Förderung jüdischer Gemeinden in Brandenburg insgesamt. Durch die Regelung des Art. 8 Abs. 1 des Vertrages, nach dem der Landesverband die nach Art. 6 erbrachten finanziellen Leistungen für alle auf den jüdischen Religionsgesetzen beruhenden Gemeinden des Landes verwaltet, auch wenn sie jetzt oder in Zukunft dem Landesverband nicht angehören, sowie sämtliche Gemeinden angemessen finanziell zu beteiligen hat, wird der Beschwerdeführer zu 1. auf einen Anspruch gegen den Landesverband verwiesen. Auch in der Begründung des Vertrages, die den Beschwerdeführer zu 1. als Zahlungsempfänger ausdrücklich anspricht (vgl. Landtag Brandenburg, Drucks 4/624, zu Art. 8), und in der parlamentarischen Beratung des Entwurfs des Zustimmungsgesetzes wurde davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer zu 1. sich mit seinen Forderungen allein an den Landesverband zu halten habe (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses, Landtag Brandenburg, Drucks 4/967; Redebeitrag der Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Frau Prof. Dr. Wanka, Landtag Brandenburg, Plenarprotokoll 4/12, S. 671). Unmittelbare Ansprüche des Beschwerdeführers zu 1. gegen das Land Brandenburg sollten durch den Vertrag erkennbar ausgeschlossen werden.
b) Auch für den Fall einer Verletzung der vertraglichen Pflichten durch den Landesverband sollte die Vergabe zusätzlicher Landesmittel ausgeschlossen werden.
In diesem Sinne ist der Vertrag bereits in den parlamentarischen Beratungen zum Zustimmungsgesetz verstanden worden. So wurde befürchtet, dass der Beschwerdeführer zu 1. mangels Mitgliedschaft im Landesverband von diesem keine Unterstützung erhalten werde (in diesem Sinne etwa die Wortbeiträge der Abgeordneten Vietze ≪PDS≫, Klein ≪SPD≫ und Schuldt ≪DVU≫ bei der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs am 13. April 2005, Landtag Brandenburg, Plenarprotokoll 4/12, S. 667, 668, 669). Dabei wurde impliziert, dass vom Land Brandenburg auch dann keine Unterstützung zu erwarten sei, wenn der Landesverband seinen Verpflichtungen nicht nachkommen würde.
Dem entsprach auch die nach Abschluss des Vertrages geübte Staatspraxis. In den Jahren 2005 bis 2007, in denen die Beteiligung des Beschwerdeführers zu 1. an den bereitgestellten Mitteln vom Landesverband in offensichtlicher Verletzung der vertraglichen Pflichten vollständig verweigert wurde, lehnte das Land seine Verantwortlichkeit unter Verweis auf die vertragliche Regelung stets ab.
2. Die Zuweisung von im Haushalt ausgewiesenen staatlichen Fördermitteln an jüdische Religionsgesellschaften im Land Brandenburg durch den Landesverband ist nicht deshalb verfassungsrechtlich unbedenklich, weil es sich dabei um die Wahrnehmung einer eigenen Angelegenheit des Landesverbandes handelte.
Die Vergabe vom Land bereitgestellter Mittel verliert durch die Übertragung auf den Landesverband nicht ihren Charakter als hoheitliche Aufgabe und wird nicht dadurch zur eigenen Angelegenheit und zum Gegenstand des Selbstbestimmungsrechts des Landesverbandes, dass die Mittel diesem zunächst vollständig zufließen (vgl. auch BVerwGE 116, 86 ≪89≫). Das Selbstbestimmungsrecht nach Art. 137 Abs. 3 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG betrifft nur den eigenen internen Bereich einer Religionsgesellschaft, nicht jedoch die rechtliche Einwirkung auf den internen Bereich anderer Religionsgesellschaften (vgl. Maurer, JZ 2002, S. 1104 ≪1105≫).
3. Die Betrauung des Landesverbandes mit der Vergabe der Landesmittel an die übrigen jüdischen Religionsgesellschaften in Brandenburg durch Art. 8 Abs. 1 des Vertrages schafft Strukturen, die sich im Hinblick auf das Ziel einer gleichmäßigen Verwirklichung der Religionsfreiheit gefährdend auswirken können (vgl. auch BVerfGE 111, 333 ≪355≫) und ist unvereinbar mit dem Grundsatz der religiösweltanschaulichen Neutralität.
a) Das Grundrecht des Beschwerdeführers zu 1. aus Art. 4 Abs. 1 GG ist verletzt, weil die Beauftragung des Landesverbandes mit der Weitervergabe der vom Land bereitgestellten Mittel an andere jüdische Religionsgesellschaften in Brandenburg den Landesverband in einem sensiblen grundrechtlich geschützten Bereich in eine Situation institutioneller Befangenheit versetzt. Nach der vertraglichen Regelung werden die Gelder zunächst vollständig an den Landesverband ausgereicht, der verpflichtet ist, einen von ihm zu bestimmenden Anteil an alle jüdischen Gemeinden des Landes weiterzugeben. Der Landesverband steht dem Land dabei selbst als Grundrechtsträger gegenüber: Auch er hat das Recht, gemäß den sich aus Art. 4 GG ergebenden leistungs- und teilhaberechtlichen Anforderungen an der staatlicherseits bereitgestellten finanziellen Unterstützung beteiligt zu werden. Wegen der Zweckbestimmung in Art. 8 Abs. 1 des Vertrages, nach der ein Teil der Gelder zur Weitergabe an andere bestimmt ist, kann sich diese grundrechtliche Berechtigung zwar nicht auf den gesamten vom Land zur Verfügung gestellten Betrag beziehen. Durch die Beauftragung mit der Mittelvergabe in der durch den Vertrag vorgesehenen Form, die die Entscheidung über die Höhe des weiterzureichenden Betrages vollständig in die Hände des Landesverbandes legt, wird dieser aber verpflichtet, die Grenzen seiner eigenen Berechtigung selbst abzustecken. Da es sich bei der Mittelvergabe um eine staatliche Aufgabe handelt, ist er dabei gegenüber dem Beschwerdeführer zu 1. an dieselben grundrechtlichen Vorgaben gebunden, auf die er sich gegenüber dem Land Brandenburg berufen kann. Die Übertragung der Mittelvergabe bringt damit den Landesverband als zugleich Grundrechtsberechtigten und -verpflichteten in einen Interessenkonflikt.
Der Landesverband hat ein starkes Eigeninteresse an den Geldern, das durch seine hohe Verschuldung gesteigert wird und umso stärker werden kann, je stärker er sich in einem Konkurrenzverhältnis zu dem Beschwerdeführer zu 1. sieht. Dass hier ein Konkurrenzverhältnis besteht, ist jedenfalls in der Anhörung vor dem Hauptausschuss des Landtages deutlich geworden, in der die Vertreter des Landesverbandes die Frage nach der Bereitschaft zur Unterstützung des Beschwerdeführers zu 1. mit dem Hinweis beantworteten, die „so genannte gesetzestreue Gemeinde” sei nicht bekannt.
b) Mit den Geboten staatlicher Neutralität bei der Förderung von Religionsgesellschaften sowie einer rechtsstaatlichen Verwaltungsorganisation ist ferner unvereinbar, dass der Beschwerdeführer zu 1. durch die Übertragung der Mittelvergabe an den Landesverband in ein Verhältnis der Abhängigkeit zu diesem gebracht wird. Der Beschwerdeführer zu 1. ist nach der angegriffenen Regelung darauf angewiesen, dass der Landesverband seinen Verpflichtungen nachkommt, während dieser – zumindest tatsächlich – über die zugewiesenen staatlichen Mittel verfügen kann. Jedenfalls vor dem Hintergrund des bestehenden Konkurrenzverhältnisses ist diese Ausgestaltung der Mittelvergabe, die den Beschwerdeführer zu 1. absehbar zur Inanspruchnahme von Rechtsschutz nötigt, nicht hinnehmbar. Tatsächlich wurde der Beschwerdeführer zu 1. zwischen 2005 und 2007 überhaupt nicht an den Landesmitteln beteiligt; wirksamer Rechtsschutz für den Beschwerdeführer zu 1. war nicht gegeben.
4. Der festgestellte Grundrechtsverstoß betrifft nur die Beauftragung des Landesverbandes mit der Verwaltung der vom Land bereitgestellten Mittel und der Beteiligung aller jüdischen Gemeinden daran in Art. 8 Abs. 1 des Vertrages. Gegen die Zuwendung finanzieller Mittel zur Förderung und zum Aufbau jüdischen Gemeindelebens entsprechend Art. 6 des Vertrages bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
III.
1. § 1 des Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. Januar 2005 zwischen dem Land Brandenburg und der Jüdischen Gemeinde – Land Brandenburg vom 26. April 2005 ist, soweit er sich auf Art. 8 Abs. 1 des Vertrages bezieht, mit Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG unvereinbar und wird gemäß § 95 Abs. 3 Satz 1 BVerfGG für nichtig erklärt. Es besteht weder Notwendigkeit noch Anlass, die Nichtigerklärung über die Beauftragung des Landesverbandes mit der Verwaltung der vom Land bereitgestellten Mittel hinaus auf andere Bestimmungen zu erstrecken. Insbesondere nötigt dazu nicht der Umstand, dass das Zustimmungsgesetz sich auf den Vertrag vom 11. Januar 2005 als Ganzes bezieht.
In Anbetracht der zahlreichen darin getroffenen Regelungen zu unterschiedlichen Materien kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Vertragsparteien und der Gesetzgeber den Bestand des gesamten Vertragswerks von der Gültigkeit der Vorschrift abhängig machen wollten, die allein die Verteilung der vom Staat zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel regelt, nicht aber die Grundlage der Entscheidung zur Förderung jüdischen Gemeindelebens durch das Land Brandenburg bildet.
2. Für den Zeitraum ab dem Jahr 2005 bis zu einer Neuregelung hat das Land Brandenburg im Hinblick auf seine aus dem Grundsatz der staatskirchenrechtlichen Parität folgende Verpflichtung zur gleichmäßigen Förderung vergleichbarer Religionsgesellschaften dem Beschwerdeführer zu 1. unter Anrechnung der vom Landesverband bereits zugewendeten Beträge eine finanzielle Förderung zukommen zu lassen, die gemessen an der dem Landesverband zugewandten Summe Paritätsgesichtspunkten entspricht.
Unterschriften
Voßkuhle, Broß, Osterloh, Di Fabio, Mellinghoff, Lübbe-Wolff, Gerhardt, Landau
Fundstellen
Haufe-Index 2182063 |
BVerfGE 2010, 148 |