Entscheidungsstichwort (Thema)
Approbation als Psychologischer Psychotherapeut
Beteiligte
Rechtsanwälte Otto Husten und Koll. |
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Zwischenurteil vom 15.11.1999; Aktenzeichen 13 B 1851/99) |
VG Gelsenkirchen (Zwischenurteil vom 27.09.1999; Aktenzeichen 7 L 1965/99) |
OVG für das Land NRW (Zwischenurteil vom 12.07.1999; Aktenzeichen 13 B 1168/99) |
VG Gelsenkirchen (Zwischenurteil vom 25.05.1999; Aktenzeichen 7 L 844/99) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Rechtsstellung der im Bereich Psychotherapie tätigen Heilpraktiker, die kein Studium der Psychologie an einer Universität oder einer gleichstehenden Hochschule abgeschlossen haben. Solche bereits im Berufsfeld tätige Personen werden von den Übergangsregelungen des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeutengesetz – PsychThG) vom 16. Juni 1998 (BGBl I S. 1311) nicht erfasst.
I.
1. Durch das Psychotherapeutengesetz wurden zum 1. Januar 1999 nach langem Ringen um eine gesetzliche Regelung (vgl. BTDrucks 12/5890; BTDrucks 12/7870; BRDrucks 157/94; BTDrucks 13/1206; BTDrucks 13/8035; BTDrucks 13/8039; BTDrucks 13/8087; BTDrucks 13/9212; BTDrucks 13/9540; BTDrucks 13/9541; BTDrucks 13/9770) Berufsbilder für zwei neue Heilberufe in der Bundesrepublik Deutschland festgelegt: für den Beruf des Psychologischen Psychotherapeuten und für den Beruf des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Für beide Berufsgruppen hat der Gesetzgeber nunmehr die Approbation vorgesehen, die bisher Ärzten vorbehalten war.
a) Voraussetzung für die Approbation als Psychologischer Psychotherapeut ist eine mindestens dreijährige Ausbildung zu diesem Beruf; Zugangsvoraussetzung für diese Ausbildung ist ein erfolgreich abgeschlossenes Studium der Psychologie (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a, § 6 PsychThG). Für die Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut ist als Zugangsvoraussetzung auch der erfolgreiche Abschluss eines Studiums der Pädagogik oder Sozialpädagogik vorgesehen (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b PsychThG).
b) Die Übergangsvorschriften regeln die Voraussetzungen der Approbation für solche Diplom-Psychologen, Diplom-Sozialpädagogen und Diplom-Pädagogen, die beim Inkrafttreten des Gesetzes bereits psychotherapeutisch tätig waren. Dabei knüpft das Gesetz an die frühere Mitwirkung bzw. die Qualifikation für eine solche Mitwirkung bei der psychotherapeutischen Behandlung von gesetzlich Krankenversicherten an. Das Gesetz greift damit für die berufsrechtliche Erteilung der Approbation auf ältere Regelungen des Sozialversicherungsrechts zurück. Das gilt auch für die Differenzierung zwischen den akademischen Studiengängen der Sozialpädagogik/Pädagogik einerseits und der Psychologie andererseits und ihre Bedeutung für die unterschiedlichen Berufsbilder des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten.
aa) Wer bisher am Delegationsverfahren nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Durchführung der Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung (Psychotherapie-Richtlinien in der Neufassung vom 3. Juli 1987, BAnz Nr. 156 Beilage Nr. 156 a, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 12. März 1997, BAnz Nr. 49, S. 2946) teilgenommen hat oder aufgrund seiner Qualifikation hätte teilnehmen können, erhält bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen eine Approbation (§ 12 Abs. 1 PsychThG). In den Psychotherapie-Richtlinien war die Qualifikation zur Durchführung der Psychotherapie und psychosomatischen Grundversorgung im Einzelnen festgelegt. Berechtigt zur Teilnahme am Delegationsverfahren waren lediglich Ärzte und Diplom-Psychologen mit einer abgeschlossenen Zusatzausbildung an einem von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung anerkannten Institut. Für die Zulassung zum Delegationsverfahren von nichtärztlichen Psychotherapeuten wurde seit 1976 eine abgeschlossene akademische Ausbildung als Diplom-Psychologe an einer deutschen Universität oder Hochschule gefordert (vgl. § 2 Abs. 2 der Vereinbarung über die Ausübung von tiefenpsychologisch fundierter und analytischer Psychotherapie in der kassenärztlichen Versorgung vom 11. Juni 1976, Deutsches Ärzteblatt 1976, S. 1768). In der Zeit ab der Einführung des Delegationsverfahrens im Jahr 1972 war bis 1976 für nichtärztliche Psychotherapeuten im Regelfall das abgeschlossene Psychologiestudium vorgesehen (vgl. § 3 Abs. 2 der Vereinbarung über die Ausübung von tiefenpsychologisch fundierter und analytischer Psychotherapie in der kassenärztlichen Versorgung vom 10. Januar 1972, Deutsches Ärzteblatt 1972, S. 591).
Sonderregelungen galten jeweils für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen im Delegationsverfahren. In diesem Bereich wurde auch der Abschluss eines Sozialpädagogik- bzw. Pädagogikstudiums anerkannt.
bb) Wer zuvor über das Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs. 2 oder 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – SGB V –, also außerhalb des Delegationsverfahrens, an der Versorgung von gesetzlich Versicherten als Diplom-Psychologe mitgewirkt hat, wird von der Übergangsregelung des § 12 Abs. 3 PsychThG erfasst:
(3) Personen mit einer bestandenen Abschlußprüfung im Studiengang Psychologie an einer Universität oder einer gleichstehenden Hochschule erhalten bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 auf Antrag eine Approbation zur Ausübung des Berufs des Psychologischen Psychotherapeuten nach § 1 Abs. 1 Satz 1, wenn sie zwischen dem 1. Januar 1989 und dem 31. Dezember 1998 mit einer Gesamtdauer von mindestens sieben Jahren an der Versorgung von Versicherten einer Krankenkasse mitgewirkt haben oder ihre Leistungen während dieser Zeit von einem Unternehmen der privaten Krankenversicherung vergütet oder von der Beihilfe als beihilfefähig anerkannt worden sind. Voraussetzung für die Erteilung der Approbation nach Satz 1 ist ferner, daß die Antragsteller
- während des Zeitraums nach Satz 1 mindestens 4 000 Stunden psychotherapeutischer Berufstätigkeit oder 60 dokumentierte und abgeschlossene Behandlungsfälle sowie
- mindestens 140 Stunden theoretischer Ausbildung in wissenschaftlich anerkannten Verfahren
nachweisen. Personen im Sinne des Satzes 1, die das Erfordernis nach Satz 1 zweiter Halbsatz oder die Voraussetzung nach Satz 2 Nr. 1 nicht erfüllen, erhalten die Approbation nur, wenn sie nachweisen, daß sie bis zum 31. Dezember 1998
- mindestens 2 000 Stunden psychotherapeutischer Berufstätigkeit abgeleistet oder 30 dokumentierte Behandlungsfälle abgeschlossen,
- mindestens fünf Behandlungsfälle unter Supervision mit insgesamt mindestens 250 Behandlungsstunden abgeschlossen,
- mindestens 280 Stunden theoretischer Ausbildung in wissenschaftlich anerkannten Verfahren abgeleistet haben und
- am 24. Juni 1997 für die Krankenkasse tätig waren oder ihre Leistungen zu diesem Zeitpunkt von einem Unternehmen der privaten Krankenversicherung vergütet oder von der Beihilfe als beihilfefähig anerkannt worden sind.
Das Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs. 3 SGB V ist als Ausnahme zum Sachleistungsprinzip in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgestaltet. Danach hat die Krankenkasse die Kosten zu erstatten, die für vom Versicherten selbst beschaffte notwendige Leistungen dadurch entstehen, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder eine Leistung rechtswidrig abgelehnt hat. Faktisch erreichte das Ausgabevolumen für die Vergütung der Therapeuten im Wege der Kostenerstattung dieselbe Höhe wie die Ausgaben für das Delegationsverfahren. Der Gesetzgeber ging daher davon aus, dass in diesem Bereich ein „grauer Markt” psychotherapeutischer Leistungserbringung durch nicht am Delegationsverfahren beteiligte Psychotherapeuten entstanden war, in dem mögliche Defizite hinsichtlich der Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Behandlung hingenommen worden waren (vgl. BTDrucks 13/1206, S. 1, 12).
cc) § 12 Abs. 4 PsychThG enthält eine ebenfalls nach der Dauer der Berufstätigkeit abgestufte Übergangsregelung für beamtete und angestellte Psychologen in psychiatrischen, psychotherapeutischen, psychosomatischen oder neurologischen Einrichtungen.
c) In der Sozialversicherung hat sich der Gesetzgeber für eine den Ärzten gleichberechtigte Einbeziehung der Psychotherapeuten in die vertragsärztliche Versorgung entschieden. Liegen neben der Approbation die weiteren Voraussetzungen nach § 95 Abs. 10 in Verbindung mit § 95 c Satz 2 Nr. 3 SGB V vor, erfolgt nach den Übergangsvorschriften zunächst eine bedarfsunabhängige Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Eine Ermächtigung zur vertragsärztlichen Versorgung mit der Möglichkeit zur Nachqualifikation wird durch § 95 Abs. 11 SGB V eröffnet.
2. Der Beschwerdeführer hat kein Psychologiestudium abgeschlossen. Er ist Diplom-Sozialwissenschaftler und hat eine psychotherapeutische Ausbildung zum Gestalt- und Körpertherapeuten abgeschlossen. Er ist seit mehreren Jahren hauptberuflich selbständig psychotherapeutisch tätig und hat auch gesetzlich Krankenversicherte auf der Grundlage des Kostenerstattungsverfahrens nach § 13 Abs. 3 SGB V behandelt. Nach eigenen Berechnungen hat der Beschwerdeführer in den letzten Jahren bis zu 61 vom Hundert seiner Einnahmen aus Psychotherapiebehandlungen im Wege des Kostenerstattungsverfahrens durch die gesetzliche Krankenversicherung erzielt.
Der Antrag auf Erteilung einer Approbation als Psychologischer Psychotherapeut wurde abgelehnt, da er kein Studium der Psychologie erfolgreich abgeschlossen habe. Der Antrag auf vorläufige Erteilung der Approbation bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens wurde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vom Verwaltungsgericht abgelehnt. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung.
3. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. Die Beschränkung der Approbation zum Psychologischen Psychotherapeuten auf die Diplom-Psychologen verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es gebe andere gleichwertige akademische Abschlüsse. Sein Ausschluss von den Übergangsregelungen führe zur Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz und sei nicht durch besonders wichtige Gemeinschaftsgüter wie die Volksgesundheit zu rechtfertigen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn – wie vom Beschwerdeführer – im Rahmen des Studiums auch Lehrveranstaltungen mit psychotherapierelevanten Inhalten besucht wurden.
Gleichzeitig begehrt der Beschwerdeführer im Rahmen einer einstweiligen Anordnung durch das Bundesverfassungsgericht eine vorläufige Erteilung der Approbation.
Entscheidungsgründe
II.
Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde (§ 93 a Abs. 2 BVerfGG) liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde gegen die verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen im vorläufigen Rechtsschutz ist unzulässig, weil zu den verfassungsrechtlich möglicherweise klärungsbedürftigen Fragen im Zusammenhang mit der Beteiligung von Leistungserbringern an der vertragsärztlichen Versorgung eine weitere einfachrechtliche Vorklärung im Hauptsacheverfahren erforderlich ist.
1. Keine grundsätzlichen Fragen wirft die Verfassungsbeschwerde allerdings auf, soweit es um die berufsrechtliche Stellung der Psychotherapeuten ohne Psychologiestudium geht, die bisher im weiten Berufsfeld der Psychotherapie tätig waren. Auch eine Grundrechtsverletzung des Beschwerdeführers ist insoweit nicht ersichtlich.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass der Gesetzgeber befugt ist, im Rahmen von Art. 12 Abs. 1 GG Berufsbilder zu fixieren (vgl. BVerfGE 34, 252 ≪256≫; 59, 302 ≪315≫; 75, 246 ≪265≫). Indem bestimmte wirtschafts-, berufs- und gesellschaftspolitische Zielvorstellungen als wichtige Gemeinschaftsinteressen durchgesetzt werden sollen, wirkt die Fixierung der Berufsbilder auch gestaltend durch Änderung und Ausrichtung überkommener Berufsbilder (BVerfGE 75, 246 ≪265≫).
aa) Ausgehend davon konnte der Gesetzgeber das Berufsbild des Psychologischen Psychotherapeuten als einen neuen Heilberuf auf akademischem Niveau schaffen, der durch die berufs- und sozialversicherungsrechtliche Gleichstellung mit den Ärzten besonders herausgehoben ist. Diese Gleichstellung zwischen den Diplom-Psychologen mit psychotherapeutischer Zusatzausbildung und den Ärzten mit einer entsprechenden Ausbildung entspricht den allgemein akzeptierten gesundheitspolitischen Grundentscheidungen des Gesetzgebers.
bb) Die berufsrechtlich gewählte Begrenzung des Berufsbildes allein auf Diplom-Psychologen stellt eine subjektive Berufswahlregelung dar, die nach den bisher entwickelten verfassungsrechtlichen Maßstäben gerechtfertigt ist.
Es ist geklärt, dass Ausbildungsnachweise, Qualifikationsanforderungen und Regelungen zum Sachkundenachweis subjektive Zulassungsvoraussetzungen im Sinne der so genannten Stufentheorie sind (vgl. BVerfGE 7, 377 ≪406≫; 19, 330 ≪337≫). Solche Zulassungsbeschränkungen sind zulässig, wenn sie als Voraussetzung zur ordnungsgemäßen Erfüllung des Berufs und zum Schutz hoher Gemeinschaftsgüter erforderlich sind und wenn sie nicht außer Verhältnis zum angestrebten Zweck stehen, d.h. nicht übermäßig und unzumutbar belasten (vgl. BVerfGE 64, 72 ≪82≫).
Die Zugangsvoraussetzung des abgeschlossenen Diplom-Studiums ist als subjektive Berufswahlregelung anzusehen, die dem Schutz eines besonders wichtigen Gemeinwohlbelangs in Gestalt der Gesundheit der Bevölkerung zu dienen bestimmt ist. Diesem Gemeinschaftsgut kommt ein hoher Stellenwert zu (vgl. BVerfGE 78, 179 ≪192≫). Das vom Gesetzgeber gewählte Mittel in Form des erfolgreichen Abschlusses des Psychologiestudiums an einer Universität oder gleichstehenden Hochschule ist zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels geeignet und erforderlich. Denn hierdurch wird ein hohes Qualifikationsniveau sichergestellt. Mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber konnte bei einer typisierenden Betrachtung davon ausgehen, dass gerade durch ein Psychologiestudium Kenntnisse und Inhalte vermittelt werden, die für die Tätigkeit als Psychotherapeut wesentlich sind (vgl. BTDrucks 12/5890, S. 12).
b) Auch zum Vertrauens- und Bestandsschutz werden durch die Verfassungsbeschwerde keine grundsätzlichen Fragen aufgeworfen.
Der Gesetzgeber ist zwar verpflichtet, eine angemessene Übergangsregelung für diejenigen vorzusehen, welche eine künftig unzulässige Tätigkeit in der Vergangenheit in erlaubter Weise ausgeübt haben (vgl. BVerfGE 75, 246 ≪279≫; 98, 265 ≪309≫ m.w.N.). So liegt es hier aber nicht. Der Gesetzgeber hat vielmehr im Rahmen der Neuordnung durch das Psychotherapeutengesetz das bisherige Berufsfeld der psychotherapeutischen Heilpraktiker nicht geschlossen. Sie dürfen in ihrer bisherigen Berufstätigkeit fortfahren, allerdings die Berufsbezeichnung „Psychotherapeut” bzw. „Psychologischer Psychotherapeut” nicht mehr führen. Das ist aus Gründen des Patientenschutzes und der vom Gesetzgeber erwünschten Transparenz gerechtfertigt (vgl. dazu Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. Juli 1999 – 1 BvR 1056/99 –, teilweise abgedruckt in NJW 1999, S. 2730); anderenfalls wäre nicht erkennbar, welche Therapeuten einen einschlägigen akademischen Abschluss aufweisen und welche nicht.
Soweit die Neuregelung dadurch faktische Auswirkungen auf die im Berufsfeld verbleibenden psychotherapeutisch tätigen Heilpraktiker haben wird, weil sie als minder qualifiziert angesehen werden, wird der Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG nicht berührt. Dieses Grundrecht bietet grundsätzlich keinen Schutz gegen neue Konkurrenz für einen Beruf, der selbst unangetastet bleibt; es gibt kein subjektives Recht auf Erhaltung des Geschäftsumfangs und die Sicherung weiterer Erwerbsmöglichkeiten (vgl. BVerfGE 7, 377 ≪408≫; 31, 8 ≪31≫; 34, 252 ≪256≫; vgl. dazu auch Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. Juli 1999 – 1 BvR 1006/99 –, teilweise abgedruckt in NJW 1999, S. 2729).
2. Auch soweit in der Verfassungsbeschwerde die Frage aufgeworfen wird, ob Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG durch die gesetzliche Unterscheidung nach dem jeweiligen Studienabschluss verletzt wird, hat die Verfassungsbeschwerde weder grundsätzliche Bedeutung noch kommt eine Verletzung der Grundrechte des Beschwerdeführers in Betracht.
a) Es ist geklärt, dass Einschränkungen der Berufsfreiheit durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls im Rahmen von Art. 12 Abs. 1 GG gerechtfertigt sein können. Sie können dennoch verfassungswidrig sein, wenn sie am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vornehmen (vgl. BVerfGE 80, 269 ≪278 ff.≫; 98, 49 ≪62≫). Diese liegt vor, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten im Verhältnis zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen (vgl. BVerfGE 75, 166 ≪179≫; stRspr).
b) Gemessen hieran stellt die Anknüpfung an ein erfolgreich abgeschlossenes Studium der Psychologie, wie es auch für die Zukunft in § 5 Abs. 2 Nr. 1 PsychThG vorgeschrieben ist, einen vernünftigen und sachgerechten Grund zur Differenzierung unter den bereits im Berufsfeld tätigen Therapeuten dar.
Eröffnet der Gesetzgeber ein neues berufliches Betätigungsfeld, hat er vielfältige Interessen zum Ausgleich zu bringen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 1999 – 1 BvR 1904/95 u.a. –, Umdruck S. 27). Vorliegend hatte der Gesetzgeber bei der Konzeption der Übergangsregelungen das Ziel, nur für solche Personen den Verbleib im Beruf unter der neu geschaffenen Berufsbezeichnung zu garantieren, die eine hohe Qualifikation für die Berufsausübung besitzen (vgl. für den Zugang: BTDrucks 13/1206, S. 14). Das schließt zwar eine Erweiterung auf gleichwertige andere akademische Ausbildungen (in diesem Sinne wohl Spellbrink, NVwZ 2000, S. 141 ff.) oder Studiengänge, in denen im Einzelfall konkrete psychotherapierelevante Lehrinhalte vermittelt wurden (so wie vom Beschwerdeführer gefordert) nicht von vornherein aus. Der Gesetzgeber ist hierzu aber nicht verpflichtet, wenn er sich auf sachliche Gründe von einigem Gewicht stützen kann.
Vorliegend sprechen vor allem Gründe der Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung gegen eine Erweiterung der Übergangsregelung. Eine weitere Verfeinerung der bereits jetzt komplizierten Übergangsvorschrift, nach der im Einzelfall die Qualifikation der Antragsteller hinsichtlich ihrer psychotherapeutischen Zusatzausbildung und der Berufserfahrung nachgeprüft wird, ist nicht geboten. Im Übrigen würde die Begrenzung auf ähnliche Studiengänge oder Studiengänge mit psychotherapierelevanten Lehrinhalten andere Abgrenzungsprobleme und Ungleichbehandlungen nach sich ziehen, die in noch höherem Maße rechtfertigungsbedürftig wären. Es erschiene kaum noch begründbar, warum im Rahmen der Übergangsvorschrift für die bisher im Beruf Tätigen überhaupt noch ein akademischer Abschluss erforderlich sein sollte, wenn dieser Abschluss ohne eindeutigen inhaltlichen Bezug zur jetzt gültigen Zugangsqualifikation wäre. Mit der weitgehenden Übereinstimmung zwischen den Psychologischen Psychotherapeuten alter und neuer Art hat der Gesetzgeber offenkundig ein sachlich vertretbares Anknüpfungsmerkmal gewählt, zumal es seit 1976 für die Beteiligung an der vertragsärztlichen Versorgung von Bedeutung war.
3. Soweit sich der Beschwerdeführer allerdings darauf beruft, dass er aufgrund seiner bisherigen faktischen Beteiligung an der Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten im Wege des Kostenerstattungsverfahrens aus Vertrauensschutzgründen oder aus Gründen des Bestandsschutzes zu dem für die Psychotherapeuten erweiterten System der vertragsärztlichen Versorgung als Leistungserbringer zuzulassen sei, könnten grundsätzlich klärungsbedürftige verfassungsrechtliche Fragen zur Reichweite und zur Bedeutung von Art. 12 Abs. 1 GG für das Vertragsarztrecht aufgeworfen werden. Insoweit steht der Verfassungsbeschwerde jedoch der Grundsatz der Subsidiarität (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) entgegen.
a) Der Grundsatz der Subsidiarität will unter anderem erreichen, dass das Bundesverfassungsgericht weitreichende Entscheidungen nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage trifft (vgl. BVerfGE 79, 1 ≪20≫). Der Subsidiaritätsgrundsatz soll vor allem sichern, dass durch die umfassende fachgerichtliche Vorprüfung der Beschwerdepunkte dem Bundesverfassungsgericht ein regelmäßig in mehreren Instanzen geprüftes Tatsachenmaterial unterbreitet wird und ihm die Fallanschauung und Rechtsauffassung der Gerichte, insbesondere auch der obersten Bundesgerichte, vermittelt werden; zugleich wird damit der grundgesetzlichen Zuständigkeitsverteilung und Aufgabenzuweisung entsprochen, nach der vorrangig die Fachgerichte Rechtsschutz gegen Verfassungsverletzungen gewähren (vgl. BVerfGE 77, 381 ≪401≫). Daraus folgt, dass die Erschöpfung des Rechtswegs im Eilverfahren dann nicht ausreicht, wenn das Hauptsacheverfahren noch hinreichende Möglichkeiten bietet, der Grundrechtsverletzung abzuhelfen. Dies ist regelmäßig anzunehmen, wenn – wie im vorliegenden Verfahren – mit der Verfassungsbeschwerde ausschließlich Grundrechtsverletzungen gerügt werden, die sich auf das Hauptsacheverfahren beziehen, wenn die tatsächliche und einfachrechtliche Lage durch die Fachgerichte noch nicht ausreichend geklärt ist und dem Beschwerdeführer durch die Verweisung auf den Rechtsweg in der Hauptsache kein schwerer Nachteil entsteht (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 401 f.; 78, 290 ≪301 f.≫; s. auch Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 2. Dezember 1999 – 1 BvR 436/95 –).
b) Nach diesen Grundsätzen ist der Beschwerdeführer auf die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache zu verweisen.
Der Beschwerdeführer rügt ausschließlich Grundrechtsverletzungen, die sich nicht auf die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes als solche, sondern auf die Hauptsache beziehen. Er wendet sich gegen die Beurteilung der Erfolgsaussicht seines Begehrens in der Hauptsache, die den gerichtlichen Entscheidungen über den vorläufigen Rechtsschutz zugrunde liegt. Seine Rüge betrifft damit letztlich die Versagung der Approbation, die von den Verwaltungsgerichten im Hauptsacheverfahren zu prüfen ist.
c) Bei der fachgerichtlichen Vorklärung geht es dabei nicht um die Frage, ob Gründe der Volksgesundheit es rechtfertigen, bisher tätige Therapeuten ohne abgeschlossenes Psychologiestudium von der Zulassung zur bedarfsunabhängigen vertragsärztlichen Versorgung auszuschließen. Eine solche Fragestellung ließe außer Acht, dass die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung eine neue, bisher den Psychotherapeuten nicht eröffnete berufliche Position mit besonderen Verdienst- und Einkommensmöglichkeiten vermittelt. Aufklärungs- und begründungsbedürftig ist vielmehr, ob und wann durch die Kostenerstattung im Rahmen von § 13 Abs. 3 SGB V, von der auch der Beschwerdeführer profitiert hat, ein schützenswertes Vertrauen begründet wurde, welches durch das Psychotherapeutengesetz in Verbindung mit den Änderungen des SGB V enttäuscht wurde. Insbesondere muss vorgeklärt werden, welche schützenswerte Vertrauensposition das Kostenerstattungsverfahren vermitteln konnte, wenn die Therapeuten – wie der Beschwerdeführer – am Delegationsverfahren mangels ausreichender Qualifikation nicht beteiligt werden konnten. Dazu gehört auch die Frage, ob die Kostenerstattung für Psychotherapiebehandlungen durch Therapeuten, die nicht die persönlichen Voraussetzungen für eine Zulassung zum Delegationsverfahren erfüllen, rechtmäßig war.
Weiter muss bei der Frage nach dem Bestandsschutz geklärt werden, auf welche Einnahmen (absolut und prozentual) ein Therapeut sein Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Regelungen gründet. Dies erfordert einen Vergleich der wirtschaftlichen Lage vor dem für den Vertrauensschutz maßgeblichen Stichtag der Beschlussfassung über das angegriffene Gesetz mit der durch die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung für einen Psychologischen Psychotherapeuten vermittelten wirtschaftlichen Position. Weiter ist einfachrechtlich zu klären, ob ein solcher Bestandsschutz nur aufgrund selbständiger Tätigkeit in Betracht kommt oder auch bei Beschäftigungsverhältnissen und Mitarbeit in Beratungsstellen.
d) Dem Beschwerdeführer entsteht auch kein schwerer Nachteil, wenn er auf den Rechtsweg im Hauptsacheverfahren verwiesen wird. Unzumutbar ist das schon deshalb nicht, weil er im einstweiligen Rechtsschutz nicht die Beibehaltung der bisherigen Lage, sondern eine Erweiterung seiner beruflichen Betätigungsfelder erstrebt. Zur Fortsetzung seiner beruflichen Arbeit ist der Beschwerdeführer ohnedies berechtigt, denn er kann weiterhin selbständig psychotherapeutisch tätig sein. Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen der Kostenerstattung nach § 13 SGB V sind im Zusammenhang mit dem Psychotherapeutengesetz nicht verändert worden, weshalb bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen auch weiterhin eine Kostenerstattung durch die Krankenkassen, insbesondere bei laufenden Behandlungen und Verlängerungsanträgen, in Betracht kommen kann. Es ist allerdings nicht zu verkennen, dass sich die Erwerbschancen des Beschwerdeführers im Verhältnis zu den approbierten Psychotherapeuten faktisch verschlechtern werden. Dies ist aber verfassungsrechtlich hinzunehmen (vgl. II. 1. b).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Kühling, Jaeger, Hömig
Fundstellen
Haufe-Index 565123 |
NJW 2000, 1779 |
NVwZ 2000, 793 |
DVBl. 2000, 978 |