Verfahrensgang
AG Meppen (Vorlegungsbeschluss vom 11.09.2008; Aktenzeichen NZS 21 Gs 276/08) |
Tenor
Die Vorlage ist unzulässig.
Tatbestand
I.
1. Im Zuge der Föderalismusreform wurde die Gesetzgebungskompetenz für den Untersuchungshaftvollzug neu geregelt. Durch Art. 1 Nr. 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (52. Änderungsgesetz zum Grundgesetz, BGBl I S. 2034) erhielt Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG folgenden Wortlaut:
(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:
1. das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung; ….
Diese Verfassungsänderung ist am 1. September 2006 in Kraft getreten (vgl. Art. 2 des Änderungsgesetzes).
2. Das Niedersächsische Justizvollzugsgesetz vom 14. Dezember 2007 (GVBl 2007 S. 720 – NJVollzG), in Kraft getreten am 1. Januar 2008 (Art. 5 des Gesetzes zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen vom 14. Dezember 2007, a.a.O., S. 720 ≪753≫), trifft in seinem Fünften Teil Regelungen für den “Vollzug der Untersuchungshaft”. Zu diesen Regelungen zählt die Bestimmung des § 146 Abs. 1 Satz 1 NJVollzG, wonach der Schriftverkehr überwacht wird. Zuständig für die Textkontrolle ist nach § 146 Abs. 3 in Verbindung mit § 134 Abs. 1 Nr. 1 NJVollzG – abweichend von den bundesgesetzlichen Regelungen in § 126 Abs. 1 und Abs. 2 StPO sowie § 72 Abs. 6 JGG – unabhängig vom Verfahrensstand das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Vollzugsbehörde ihren Sitz hat.
3. a) In einem anderen als dem hier vorliegenden Ausgangsverfahren hat das Amtsgericht Meppen unter Verweis auf seine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der § 146 Abs. 3, § 134 Abs. 1 Nr. 1 NJVollzG entsprechend §§ 14, 19 StPO zur Bestimmung des zuständigen Gerichts das Oberlandesgericht Oldenburg angerufen. Dieses hat angenommen, dem Land Niedersachsen fehle für den Erlass der § 146 Abs. 3, § 134 Abs. 1 Nr. 1 NJVollzG die Gesetzgebungskompetenz, und hat die Frage der Verfassungsmäßigkeit der genannten Bestimmungen dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung nach Art. 100 Abs. 1 GG vorgelegt (vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 12. Februar 2008 – 1 Ws 87/08 –, StV 2008, S. 195 f.).
b) Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 28. Mai 2008 die Unzulässigkeit der Vorlage festgestellt, da das Amtsgericht entweder die Postkontrolle hätte durchführen oder, sofern es von der Verfassungswidrigkeit der fraglichen Bestimmungen überzeugt war, selbst ein Normenkontrollverfahren beim Bundesverfassungsgericht hätte anstrengen müssen (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 28. Mai 2008 – 2 BvL 8/08 –, juris).
c) Einen hierauf erlassenen eigenen Vorlagebeschluss vom 10. Juli 2008 (2 BvL 14/08) hat das Amtsgericht Meppen aufgehoben, nachdem das gegen den Betroffenen ergangene landgerichtliche Urteil Rechtskraft erlangt hatte und die Untersuchungshaft infolgedessen in Strafhaft übergegangen war.
4. Mit dem vorliegenden Aussetzungs- und Vorlagebeschluss stellt das Amtsgericht Meppen erneut dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Prüfung gemäß Art. 100 Abs. 1 GG, ob die § 146 Abs. 3 und § 134 Abs. 1 Nr. 1 NJVollzG mit dem Grundgesetz unvereinbar sind, soweit danach das Gericht am Sitz der Vollzugsbehörde für die Überwachung des Schriftwechsels von Untersuchungsgefangenen zuständig ist.
Entscheidungsgründe
II.
1. Der Betroffene des Ausgangsverfahrens befand sich aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts Oldenburg in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Oldenburg. Der Haftbefehl ist auf den Haftgrund der Fluchtgefahr sowie “subsidiär” auf den Haftgrund der Wiederholungsgefahr gestützt.
Mit Beschluss vom 2. Juli 2008 erteilte das Amtsgericht Oldenburg die Genehmigung zur Unterbrechung der Untersuchungshaft zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe. Zugleich ordnete es an, dass Anträge auf Besuchserlaubnisse weiterhin zur Prüfung vorzulegen seien.
Der Betroffene wurde hierauf am 19. August 2008 in die Justizvollzugsanstalt Meppen verlegt. Unter Hinweis darauf, dass in der Justizvollzugsanstalt fast ausschließlich Strafhaft vollstreckt werde, dass eine Vielzahl der Gefangenen sich frei in der Anstalt bewegen könne und somit auch Kontakt zu Gefangenen bestehe, bei denen Strafhaft in Unterbrechung der Untersuchungshaft vollstreckt werde, und dass die Möglichkeit bestehe, Telefonate mit Personen außerhalb der Anstalt zu führen sowie lediglich einer Sichtkontrolle unterliegende Briefe zu erhalten, ersuchte die Anstalt das Amtsgericht Oldenburg um Entscheidung über die Genehmigung oder Nichtgenehmigung verschiedener in einem Formular aufgeführter Freiheiten beziehungsweise beschränkender Vollzugsmaßnahmen in Bezug auf den Betroffenen.
Unter dem 11. September 2008 beschloss das Amtsgericht Oldenburg, dass “der Beschluss vom 02.07.2008 über die Unterbrechung der Untersuchungshaft insoweit präzisiert” werde, “dass insgesamt die Einschränkungen der Untersuchungshaft fortgelten”.
2. Das Amtsgericht Meppen erließ hierauf am selben Tage – soweit ersichtlich ohne Anhörung der Staatsanwaltschaft und des Verteidigers des Betroffenen – den vorliegenden Beschluss, mit dem es gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Prüfung stellt, ob § 146 Abs. 3 und § 134 Abs. 1 Nr. 1 NJVollzG mit dem Grundgesetz unvereinbar sind, soweit danach das Gericht am Sitz der Vollzugsbehörde für die Überwachung des Schriftwechsels von Untersuchungsgefangenen zuständig ist. Eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für den Grundrechtseingriff, der mit der Postkontrolle verbunden sei, liege nur dann vor, wenn § 146 Abs. 3, § 134 Abs. 1 Nr. 1 NJVollzG verfassungsgemäß seien. Daher sei die Vorlagefrage entscheidungserheblich. Zur Darlegung seiner Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der genannten Bestimmungen zitiert das Amtsgericht die Ausführungen, mit denen das Oberlandesgericht Oldenburg in seinem Vorlagebeschluss vom 12. Februar 2008 seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmungen begründet hatte, und erklärt, sich diese Ausführungen zu eigen zu machen. Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten werde, die Regelung der Überwachung des Schriftverkehrs von Untersuchungsgefangenen gehöre eindeutig zu dem Bereich des Vollzugsrechts und falle damit in den Bereich der Gesetzgebungskompetenz der Länder (Seebode, Das “Recht des Untersuchungshaftvollzugs” im Sinne des Art. 74 GG, HRRS, S. 236 f.), könne dem aus den genannten Gründen nicht gefolgt werden. Die Auffassung von Seebode werde im Übrigen auch vom Bundesgesetzgeber nicht geteilt. Denn in dem aktuellen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Überarbeitung des Untersuchungshaftrechts vom 9. Juli 2008 sei eine Änderung des § 119 StPO vorgesehen, in welcher ausdrücklich die Überwachung des Schriftverkehrs von Untersuchungsgefangenen geregelt werde. Der weitere Verfahrensablauf sei nicht vollständig absehbar. Dies könne jedoch nicht dazu führen, dass es auf die Klärung der Verfassungsmäßigkeit der zu prüfenden Norm nicht mehr ankomme. Die Untersuchungshaft dauere an. Ein Zuwarten auf eine in der Zukunft mögliche Erledigung durch Beendigung der Untersuchungshaft sei wegen des Kommunikationsgrundrechtes des Untersuchungsgefangenen nicht möglich.
3. Der Verteidiger des Betroffenen hat mitgeteilt, dass er mit amtsgerichtlichem Kurzbrief den Vorlagebeschluss vom 11. September 2008 zur Kenntnis bekommen habe.
4. Das vorlegende Gericht hat die Ausfertigung eines Beschlusses der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Oldenburg vom 5. November 2008 nachgereicht. Mit diesem Beschluss wird die Beschwerde des Betroffenen gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 17. Oktober 2008 – der die nochmalige Unterbrechung der Untersuchungshaft zur Vollstreckung einer restlichen Freiheitsstrafe von 50 Tagen genehmigt und angeordnet habe, dass insoweit die Beschränkungen der Untersuchungshaft bestehen bleiben – als unbegründet verworfen. Es verstehe sich von selbst, dass etwa eine Unterbringung im offenen Vollzug oder auch andere Vollzugslockerungen nicht in Betracht kommen könnten. Auch die weiteren Beschränkungen, wie die Überwachung des Schrift- und Besuchsverkehrs, seien geboten und nicht unverhältnismäßig, wie bereits die 4. Große Strafkammer des Landgerichts Oldenburg in ihrem Beschluss vom 30. September 2008 ausgeführt habe.
III.
Die Vorlage ist unzulässig.
1. Die Zulässigkeit einer Vorlage, mit der die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes eingeholt werden soll, setzt voraus, dass das Fachgericht die vorgelegte Rechtsvorschrift für verfassungswidrig hält und es auf deren Gültigkeit bei der Entscheidung ankommt (Artikel 100 Abs. 1 Satz 1 GG). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muss im Vorlagebeschluss dargelegt werden. Das Fachgericht hat anzugeben, inwiefern die in Frage gestellte Rechtsvorschrift im Ausgangsverfahren entscheidungserheblich ist und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie nach seiner Auffassung kollidiert (§ 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG; vgl. BVerfGE 97, 49 ≪66 f.≫).
Der Vorlagebeschluss muss daher mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der für verfassungswidrig gehaltenen Rechtsvorschrift zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie es dieses Ergebnis begründen würde (BVerfGE 7, 171 ≪173 f.≫; 106, 275 ≪294≫; stRspr). Soweit sich die Bedenken gegen eine Vorschrift richten, von deren Anwendung die im Ausgangsverfahren zu treffende Entscheidung nicht allein abhängt, müssen die weiteren, mit ihr in Zusammenhang stehenden Vorschriften jedenfalls dann in die rechtlichen Erwägungen des vorlegenden Gerichts einbezogen werden, wenn sie zu jener Norm in einem ergänzenden Verhältnis stehen, so dass sie nur zusammen die entscheidungserhebliche Regelung bilden (vgl. BVerfGE 72, 91 ≪102≫; 78, 306 ≪316≫; 105, 48 ≪56≫; stRspr). Die Beantwortung der gestellten Verfassungsfrage muss grundsätzlich unerlässlich sein, damit das vorlegende Gericht im Ausgangsverfahren abschließend entscheiden kann (BVerfGE 11, 330 ≪334≫; 42, 42 ≪50≫; 50, 108 ≪113≫; stRspr). Das Gericht hat die für seine Überzeugung maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar darzulegen und sich dabei jedenfalls mit naheliegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten auseinanderzusetzen (vgl. BVerfGE 76, 100 ≪104≫; 88, 198 ≪201≫; stRspr). Der Sachverhalt, soweit er für die rechtliche Beurteilung wesentlich ist, und die rechtlichen Erwägungen müssen in den Gründen des Vorlagebeschlusses erschöpfend dargelegt sein (vgl. BVerfGE 37, 328 ≪333 f.≫; 93, 121 ≪132≫; stRspr). Es ist nicht Aufgabe des Instanzrichters, nach Wegen zur Anrufung des Bundesverfassungsgerichts statt nach Möglichkeiten eigener Entscheidung zu suchen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Mai 2006 – 2 BvL 4/02 –, www.bverfg.de).
2. Die Entscheidungserheblichkeit der zur Prüfung gestellten Normen ist hier nicht ausreichend dargelegt.
a) Die Unzulässigkeit der Vorlage ergibt sich nach den obigen Maßstäben (vgl. BVerfGE 72, 91 ≪102≫; 78, 306 ≪316≫; 105, 48 ≪56≫) bereits daraus, dass das Amtsgericht nicht dargelegt hat, weshalb die zur Prüfung gestellten Normen entscheidungserheblich sind, obwohl der Beschwerdeführer sich nicht in Untersuchungshaft, sondern im Vollzug der Freiheitsstrafe befindet, der durch die als Überhaft notierte Untersuchungshaft lediglich beeinflusst wird (vgl. Seebode, Der Vollzug der Untersuchungshaft, 1985, S. 96; Callies/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl. 2008, § 122 StVollzG, Rn. 1; BTDrucks 7/3998, S. 41). Dass unter diesen Umständen die zur Prüfung vorgelegten Bestimmungen überhaupt Geltung beanspruchen, ergibt sich erst aus § 135 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz NJVollzG, einer Bestimmung, die das Amtsgericht weder mit zur Prüfung gestellt noch in seinem Vorlagebeschluss auch nur erwähnt hat.
In diesem Zusammenhang sind die Darlegungen im Vorlagebeschluss auch deshalb unzureichend, weil sie sich weitgehend in einem Zitat der Ausführungen des Oberlandesgerichts Oldenburg zur Reichweite der Gesetzgebungskompetenz in Fragen, die die Untersuchungshaft und deren Vollzug betreffen, erschöpfen. Der im Ausgangsverfahren Betroffene befindet sich dagegen gerade nicht in Untersuchungshaft – diese ist vielmehr gemäß § 135 Abs. 3 Satz 1, 1. Halbsatz NJVollzG unterbrochen –, so dass sich die Frage stellt, ob die zitierten Ausführungen des Oberlandesgerichts auf eine gesetzliche Regelung, die für diesen Fall die Zuständigkeit für die Postkontrolle regelt, überhaupt zu beziehen und für die Beurteilung ihrer Verfassungsmäßigkeit passend sind. Hierauf geht der Vorlagebeschluss nicht ein.
b) Ferner fehlt es an notwendigen Darlegungen zu der – unter den gegebenen Umständen naheliegenden – Frage, ob gegen den Betroffenen über die im Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 2. Juli 2008 angeordnete Beschränkung seines Rechts auf Besuch nach § 143 Abs. 1 NJVollzG hinaus auch die Kontrolle seines Schriftverkehrs nach § 146 Abs. 1 NJVollzG wirksam beziehungsweise rechtmäßig angeordnet worden war und, verneinendenfalls, weshalb die behauptete Entscheidungserheblichkeit dennoch besteht.
aa) Weder im Vorlagebeschluss selbst noch durch nachträgliche Ergänzungen ist hinreichend dargelegt, ob der “präzisierende” Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 11. September 2008 dem Betroffenen oder seinem Verteidiger in der gebotenen Weise bekanntgemacht war (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 6. November 2007 – 2 BvR 1136/07 –, juris, Rn. 33). Da der Vorlagebeschluss vom gleichen Tage wie der “präzisierende” Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg datiert, kann nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden, dass die Bekanntgabe zum Zeitpunkt seines Erlasses bereits erfolgt war, und stellt sich die vom vorlegenden Gericht nicht beantwortete Frage, ob die mit dem letzteren Beschluss angeordneten Beschränkungen überhaupt Wirksamkeit erlangt hatten oder wenigstens zwischenzeitlich erlangt haben. Aus dem ohne Erläuterungen nachgereichten Beschluss der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts vom 5. November 2008 ergibt sich dies nicht. Er bezieht sich auf einen zeitlich nachfolgenden, dem Bundesverfassungsgericht zu keinem Zeitpunkt zur Kenntnis gebrachten Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 17. Oktober 2008, mit dem offenbar eine weitere Unterbrechung der Untersuchungshaft genehmigt worden war. Es ist nicht auszuschließen, dass der in der Entscheidung zitierte Beschluss der 4. Großen Strafkammer des Landgerichts auf eine vorausgegangene Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 11. September 2008 hin ergangen ist; dies kann jedoch allenfalls vermutet werden.
Unklar bleibt mangels näherer Erläuterungen auch, ob das vorlegende Gericht die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage nunmehr statt auf den Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 11. September 2008 auf dessen Beschluss vom 17. Oktober 2008 stützen will.
bb) Weiter fehlt jede Darlegung dazu, ob der Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 11. September 2008, dem der Vorlagebeschluss entnimmt, dass die Post des Betroffenen zu überwachen ist, an einem Mangel der örtlichen Zuständigkeit leidet und was sich hieraus für die Entscheidungserheblichkeit der zur Prüfung gestellten Normen ergibt. An dem Tag, den das Datum dieses Beschlusses ausweist, war der Beschuldigte bereits in die Justizvollzugsanstalt Meppen verlegt. Nach § 135 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz NJVollzG trifft die erforderlichen Entscheidungen und sonstigen Maßnahmen “die nach den Vorschriften dieses Teils zuständige Stelle”. Es ist nicht ohne weiteres ersichtlich, dass danach im vorliegenden Ausgangsfall für die Anordnung der Postüberwachung ein anderes Gericht als das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Vollzugsbehörde ihren Sitz hat (§ 134 Abs. 1 Nr. 1 NJVollzG), zuständig sein könnte. Danach wäre hier das Amtsgericht Oldenburg für diese Anordnung nicht mehr zuständig gewesen. Darlegungen hierzu erübrigen sich nicht deshalb, weil das vorlegende Gericht von der Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmungen überzeugt ist und bei gegebener Verfassungswidrigkeit die Zuständigkeit für die fragliche Anordnung weiterhin nach § 126 StPO zu beurteilen wäre. Denn auch wenn das Amtsgericht Oldenburg wie das vorlegende Gericht der Überzeugung gewesen sein sollte, dass § 135 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz, § 134 Abs. 1 Nr. 1 NJVollzG verfassungswidrig sind, hätte es diese gesetzlichen Bestimmungen nicht einfach beiseitesetzen dürfen.
c) Auch der Umfang der “Einschränkungen der Untersuchungshaft”, die nach dem Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 11. September 2008 im Vollzug der Freiheitsstrafe fortgelten sollten, bleibt unklar. Welche konkreten richterlichen Anordnungen für die Untersuchungshaft ursprünglich getroffen worden waren, wird im Vorlagebeschluss nicht mitgeteilt. Denkbar ist, dass das Amtsgericht Oldenburg zu einem früheren Zeitpunkt bestimmte Anordnungen für den Vollzug der Untersuchungshaft getroffen hatte und diese weiterhin wirksam bleiben sollten. Denkbar ist auch, dass der Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg als allgemeine Verweisung auf die im Fünften Teil des Niedersächsischen Justizvollzugsgesetzes zum Vollzug der Untersuchungshaft vorgesehenen Beschränkungen – und damit unter anderem auf die in § 146 Abs. 1 Satz 1 NJVollzG getroffene Regelung zur Überwachung des Schriftverkehrs – gedacht war. Diese Deutung liegt allerdings insofern nicht nahe, als die grundsätzliche Anwendbarkeit dieser und anderer Regelungen des Fünften Teils des Gesetzes sich für den vorliegenden Ausgangsfall bereits aus § 135 Abs. 3 Satz 1, 1. Halbsatz NJVollzG ergibt. Nach dieser Bestimmung unterliegt der Gefangene, dessen Untersuchungshaft zum Zweck der Vollstreckung einer anderen freiheitsentziehenden Maßnahme unterbrochen wird, den im Fünften Teil des Gesetzes vorgesehenen Beschränkungen, die der Zweck der Untersuchungshaft erfordert. Der richterlichen Entscheidung bedurfte demgemäß, welche konkreten – in den fraglichen Gesetzesbestimmungen teilweise nur als Möglichkeit vorgesehenen – Beschränkungen der Zweck der Untersuchungshaft erforderte.
Aus dem Vorlagebeschluss geht danach nicht einmal hervor, weshalb das vorlegende Gericht davon auszugehen hatte, dass eine Kontrolle der Briefpost des Betroffenen durch den genannten Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg überhaupt angeordnet war. Davon, dass es aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 146 Abs. 1 Satz 1 NJVollzG, anders als nach § 119 Abs. 3, Abs. 6 StPO, für die Überwachung des Schriftwechsels einer richterlichen Anordnung gar nicht mehr bedurft hätte – eine Auslegung, die gegebenenfalls auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu prüfen gewesen wäre –, geht ausweislich seiner Berufung auf den Anordnungsbeschluss des Amtsgerichts Oldenburg auch das vorlegende Gericht nicht aus. Erst der kommentarlos nachgereichte landgerichtliche Beschluss vom 5. November 2008 lässt indirekt erkennen, dass das Amtsgericht Oldenburg in einem späteren Beschluss vom 17. Oktober 2008 eine Überwachung des Schriftverkehrs angeordnet hat oder dass jedenfalls das Landgericht die angeordnete Fortgeltung der “Beschränkungen der Untersuchungshaft” dahin versteht, dass dies auch eine Überwachung des Schriftverkehrs einschloss. Auch insoweit wird allerdings nicht ersichtlich, dass und warum die Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Anordnung (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 6. November 2007 – 2 BvR 1136/07 –, juris, Rn. 26, m.w.N.) erfüllt waren oder dass das vorlegende Gericht verpflichtet sein könnte, die Anordnung unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit auszuführen.
3. Ob der Zulässigkeit der Vorlage noch weitere Gründe entgegenstehen – etwa die, soweit ersichtlich, fehlende Anhörung der Staatsanwaltschaft und des Verteidigers des Betroffenen vor der Entscheidung, das Verfahren auszusetzen (vgl. bislang BVerfGE 47, 146 ≪151≫) –, bedarf nach alledem hier keiner Entscheidung.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Mellinghoff, Lübbe-Wolff, Gerhardt
Fundstellen