Leitsatz (amtlich)
§ 22b Abs. 1 Satz 1 Fremdrentengesetz in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz – RVNG) vom 21. Juli 2004 (BGBl I S. 1791) und dessen rückwirkende Inkraftsetzung zum 7. Mai 1996 sind mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit hierdurch die Höhe solcher Hinterbliebenenrenten beschränkt wird, die allein auf Zeiten nach dem Fremdrentengesetz beruhen und die ohne die in § 22b Abs. 1 Satz 1 Fremdrentengesetz in der Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes vorgesehene Beschränkung noch nicht bestandskräftig gewährt worden sind.
Verfahrensgang
Tenor
1. Artikel 15 Absatz 3 des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz) vom 21. Juli 2004 (Bundesgesetzblatt I Seite 1791) ist mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit hierdurch die Höhe solcher Hinterbliebenenrenten beschränkt wird, die allein auf Zeiten nach dem Fremdrentengesetz beruhen und die ohne die in § 22b Absatz 1 Satz 1 Fremdrentengesetz in der Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes vorgesehene Beschränkung noch nicht bestandskräftig gewährt worden sind.
2. Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Tatbestand
A.
Die Verfahren betreffen die Frage, ob § 22b Abs. 1 Satz 1 Fremdrentengesetz in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz – RVNG; BGBl I S. 1791) vom 21. Juli 2004 (im Folgenden: § 22b FRG n.F.) und dessen rückwirkende Inkraftsetzung zum 7. Mai 1996 durch Art. 15 Abs. 3 RVNG mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
I.
1. Das Fremdrentenrecht regelt, wie Rentenansprüche von Vertriebenen und Flüchtlingen zu behandeln sind, die Rentenversicherungsbeiträge allenfalls in ihrem Heimatland, aber nicht an einen Rentenversicherungsträger in der Bundesrepublik Deutschland entrichtet haben.
a) Durch das Gesetz zur Neuregelung des Fremdrenten- und Auslandsrentenrechts und zur Anpassung der Berliner Rentenversicherung an die Vorschriften des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes und des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz – FANG) vom 25. Februar 1960 (BGBl I S. 93) wurde in den 1960er Jahren das Eingliederungsprinzip zur Leitidee des Fremdrentenrechts. Vertriebene und Flüchtlinge wurden in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund dessen nach ihrem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland so behandelt, als ob sie ihre bisherige Erwerbstätigkeit unter der Geltung des deutschen Rentenversicherungsrechts zurückgelegt hätten (vgl. BVerfGE 116, 96 ≪97 f.≫). Das Fremdrentengesetz ordnete den von den Vertriebenen in den Herkunftsländern zurückgelegten Beschäftigungszeiten fiktive Bruttoarbeitsentgelte zu, für die dann – wie für originäre Versicherungszeiten in der Bundesrepublik Deutschland – Entgeltpunkte (bis 1992: Werteinheiten) ermittelt wurden. Entgeltpunkte drücken das Verhältnis des versicherten Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens zu dem Durchschnittsentgelt aller Versicherten aus. Die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres ergibt einen vollen Entgeltpunkt (§ 63 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – SGB VI). Multipliziert mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert ergeben die Entgeltpunkte den Monatsbetrag der Rente (sog. Rentenformel, § 64 SGB VI).
b) Die politischen Umwälzungen in den Staaten Ost- und Südosteuropas Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre veranlassten den Gesetzgeber zuerst zu einer Einschränkung und sodann zu einer Abkehr vom Eingliederungsprinzip (vgl. BVerfGE 116, 96 ≪98 ff.≫). In einem ersten Schritt führte der Gesetzgeber 1991 einen Abschlag in Höhe von 30 % auf die nach dem Fremdrentengesetz ermittelten Entgeltpunkte ein (§ 22 Abs. 3 FRG in der vom 1. August 1991 bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung und § 22 Abs. 4 FRG in der ab dem 1. Januar 1992 geltenden Fassung des Renten-Überleitungsgesetzes – RÜG – vom 25. Juli 1991, BGBl I S. 1606). In einem zweiten Schritt erhöhte der Gesetzgeber durch das am 1. Januar 1997 in Kraft getretene Gesetz zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz – WFG) vom 25. September 1996 (BGBl I S. 1461) mit Wirkung zum 7. Mai 1996, dem Tag des Kabinettsbeschlusses über den Gesetzentwurf, den Abschlag von 30 % auf 40 %.
c) Zugleich führte der Gesetzgeber eine Begrenzung der für Zeiten nach dem Fremdrentengesetz berücksichtigungsfähigen Entgeltpunkte ein. § 22b FRG lautete in der am 7. Mai 1996 in Kraft getretenen Fassung (im Folgenden: § 22b FRG a.F.):
(1) Für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz werden für einen Berechtigten höchstens 25 Entgeltpunkte der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten zugrunde gelegt. Hierbei sind zuvor die Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung mit dem Wert 1,3333 zu multiplizieren.
(2) Die Entgeltpunkte einer Rente mit anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz werden ermittelt, indem die Summe aller Entgeltpunkte um die Entgeltpunkte vermindert wird, die sich ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach diesem Gesetz ergeben.
(3) Bei Ehegatten und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach den Absätzen 1 und 2 festgestellt worden sind, werden höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte zugrunde gelegt. Diese werden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich nach Anwendung von den Absätzen 1 und 2 jeweils ergebenden Entgeltpunkte zueinander stehen, höchstens jedoch 25 Entgeltpunkte für einen Berechtigten.
Die Begrenzung der zugrunde zu legenden Entgeltpunkte orientiert sich an der Höhe der Eingliederungshilfe des § 62a Arbeitsförderungsgesetz a.F., bei Ehepaaren und Berechtigten, die in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, am 1,6fachen der Eingliederungshilfe (vgl. auch BVerfGK 8, 338 ≪342 f.≫).
Die Übergangsregelung des Art. 6 § 4b FANG lautete (Art. 4 Nr. 4 WFG):
§ 22b des Fremdrentengesetzes ist nicht für Berechtigte anzuwenden, die vor dem 7. Mai 1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben.
2. a) § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a. F. wurde von den Rentenversicherungsträgern und den Sozialgerichten zunächst so verstanden, dass die Begrenzung auf 25 Entgeltpunkte als Gesamtobergrenze für eine Einzelperson auch dann gilt, wenn dieser Person sowohl eine eigene Rente aufgrund eigener Beschäftigung im Herkunftsland als auch eine Hinterbliebenenrente aufgrund Beschäftigung des Verstorbenen im Herkunftsland zugestanden hätte (vgl. Bönisch, Mitteilungen der LVA Oberfranken und Mittelfranken 2000, S. 149 ≪153≫; Heller, DAngVers 1997, S. 1 ≪7≫; Krohm, Kompaß 1998, S. 212; Moser, Kompaß 1996, S. 499 ≪500≫; Polster, DRV 1997, S. 63 ≪72≫; Silber, Mitteilungen der LVA Württemberg 1997, S. 11 f.; Spegel, Mitteilungen der LVA Württemberg 1996, S. 384 ≪385 f.≫; Stockhaus, Mitteilungen der LVA Rheinprovinz 1997, S. 325 ≪327≫; KomGRV, § 22b FRG Rn. 4.51 ≪Januar 1998≫; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Oktober 2000 – L 12 RA 2663/99 –, juris, Rn. 16).
b) Der 4. Senat des Bundessozialgerichts befand mit Urteil vom 30. August 2001 (BSGE 88, 288 ff.) jedoch, dass die Begrenzung auf insgesamt 25 Entgeltpunkte keine Anwendung fände, wenn ein Begünstigter neben einem Recht aus eigener Versicherung ein abgeleitetes Recht auf Hinterbliebenenrente habe. Die Praxis, eine Wertbestimmung von Hinterbliebenenrenten insgesamt zu verweigern, wenn 25 Entgeltpunkte aufgrund von Zeiten nach dem Fremdrentengesetz bereits im Rahmen einer eigenen Rente Berücksichtigung gefunden hätten, und damit Witwer und Witwen mit einem derartigen Recht aus eigener Versicherung anders zu behandeln als sonstige Inhaber eines Rechts auf Hinterbliebenenrente, entbehre der gesetzlichen Grundlage.
c) Die Rentenversicherungsträger folgten der Entscheidung des 4. Senats des Bundessozialgerichts nicht (vgl. Göhde, Mitteilungen der LVA Rheinprovinz 2002, S. 313 ≪317, 319≫; Pflüger, RVaktuell 2005, S. 531 ≪532≫). Die unteren Instanzgerichte schlossen sich der Rechtsauffassung des 4. Senats des Bundessozialgerichts nur teilweise an (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Juli 2003 – L 11 RJ 511/03 –, juris, Rn. 20 ff.; Urteil vom 15. Juli 2003 – L 13 KN 974/03 –, juris, Rn. 20; LSG Brandenburg, Urteil vom 26. August 2003 – L 2 RJ 78/03 –, juris, Rn. 41; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26. August 2003 – L 18 KN 27/03 –, juris, Rn. 22 ff.; SG Karlsruhe, Urteil vom 11. Februar 2003 – S 2 RA 4039/02 –, juris, Rn. 20 f.). Zu einem beachtlichen Teil blieben die Sozialgerichte erster und zweiter Instanz unter Hinweis auf grammatische, systematische, entstehungsgeschichtliche und teleologische Auslegungsgesichtspunkte bei der Anwendung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. als Gesamtobergrenze auch beim Zusammentreffen von unabgeleiteten und abgeleiteten Rentenansprüchen (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 12. Dezember 2002 – L 5 Kn 2/02 –, juris, Rn. 22 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. Juli 2003 – L 8 RJ 64/03 –, juris, Rn. 28 ff.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Oktober 2003 – L 3 RJ 2585/03 –, juris, Rn. 32 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26. Februar 2004 – L 2 KN 42/03 –, juris, Rn. 13 ff.; SG Mannheim, Urteil vom 27. November 2002 – S 9 RJ 2074/02 –, juris, Rn. 19 ff.; SG Freiburg [Breisgau], Urteil vom 29. April 2003 – S 9 RJ 2625/02 –, juris, Rn. 16 ff.; SG Berlin, Urteil vom 24. Juli 2003 – S 30 RJ 526/03 –, juris, Rn. 18 ff.; SG Altenburg, Urteil vom 2. September 2003 – S 17 RJ 2055/02 –, juris, Rn. 17 ff.; SG Düsseldorf, Urteil vom 9. September 2003 – S 15 RJ 275/02 –, juris, Rn. 18 ff.; SG Berlin, Urteil vom 8. Januar 2004 – S 30 RJ 824/03 –, juris, Rn. 19 ff.).
d) In mehreren Urteilen schloss sich der 13. Senat des Bundessozialgerichts am 11. März 2004 der Rechtsauffassung des 4. Senats des Bundessozialgerichts zur Auslegung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a. F. an (vgl. etwa BSGE 92, 248 ff.).
e) Bereits am 9. Dezember 2003 hatten die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag einen Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz – RVNG) vorgelegt. Am 11. März 2004 erfolgte im Bundestag die zweite und dritte Lesung dieses Gesetzentwurfes sowie der Gesetzesbeschluss (vgl. Plenarprotokoll 15/97, S. 8647 ≪8667 D, 8670 C≫). Den vom Bundesrat nach Art. 77 Abs. 3 GG eingelegten Einspruch wies der Bundestag am 16. Juni 2004 zurück (vgl. Plenarprotokoll 15/113, S. 10303 f.). Am 26. Juli 2004 wurde das am 21. Juli 2004 ausgefertigte Gesetz verkündet (BGBl I S. 1791). Durch Art. 9 Nr. 2 RVNG wurde § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG neugefasst. Die Vorschrift erhielt folgenden Wortlaut:
Für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz werden für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten zugrunde gelegt.
Zu dieser Änderung heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfes (BTDrucks 15/2149, S. 31):
„Die Ergänzung stellt klar, dass – entgegen der Auffassung des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 30. August 2001 (B 4 RA 118/00 R) – auch für einen einzelnen Berechtigten mit Anspruch auf eine eigene Versichertenrente und auf eine Hinterbliebenenrente der Höchstwert für alle seine Renten insgesamt auf 25 Entgeltpunkte begrenzt wird. Die rückwirkende Inkraftsetzung stellt sicher, dass alleinstehende Berechtigte mit mehreren Renten weiterhin eine Rentensumme höchstens in einer Höhe erhalten, die sich an der Höhe der Eingliederungshilfe orientiert.”
Art. 15 Abs. 3 RVNG ordnete das Inkrafttreten dieser Änderung mit Wirkung vom 7. Mai 1996 an. Hierzu heißt es in der Gesetzesbegründung (BTDrucks 15/2149, S. 32):
„§ 22b des Fremdrentengesetzes ist am 7. Mai 1996 in Kraft getreten. Die Ergänzung dieser Regelung stellt die ursprüngliche Regelungsabsicht des Gesetzgebers im Sinne einer authentischen Interpretation klar und soll daher ebenfalls am 7. Mai 1996 in Kraft treten […]. Soweit im Einzelfall ein begünstigender Verwaltungsakt vorliegen sollte, sind mögliche Betroffene durch die Vertrauensschutzregelungen des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch vor einer rückwirkenden Anwendung geschützt.”
f) Mit Urteil vom 7. Juli 2004 schloss sich der 8. Senat des Bundessozialgerichts der Rechtsprechung des 4. Senats vom 30. August 2001 und des 13. Senats vom 11. März 2004 zur Auslegung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. an (BSGE 93, 85 ff.).
II.
1. a) Die Beschwerdeführerin des Verfahrens 1 BvR 2530/05 ist die Witwe ihres im Jahre 1980 im Ausland verstorbenen Ehemannes. Die Beschwerdeführerin reiste am 20. November 1998 in die Bundesrepublik Deutschland ein und wurde als Spätaussiedlerin anerkannt. Der Rentenversicherungsträger bewilligte ihr mit Begrenzung der Entgeltpunkte nach § 22b Abs. 1 FRG a.F. eine Altersrente unter Zugrundelegung von insgesamt 25 Entgeltpunkten. Der Rentenversicherungsträger stellte auch die Witwenrente der Beschwerdeführerin fest, allerdings unter Hinweis auf § 22b Abs. 1 FRG a.F. mit dem Zahlbetrag „Null”. Der Bescheid wurde mit dieser Beschränkung bestandskräftig.
Im Februar 2002 beantragte die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf das Urteil des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 30. August 2001 die Rücknahme des bestandskräftigen Bescheides und die Neuberechnung der Witwenrente. Dies lehnte der Rentenversicherungsträger ab.
b) Das Sozialgericht wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Der persönliche Anwendungsbereich des § 22b FRG a.F. sei eindeutig. Insoweit verwende das Gesetz den Begriff des „Berechtigten”. Eine Auslegung von § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F., wonach der dort verwendete Begriff des Berechtigten Hinterbliebene ausschließen solle, erscheine wegen des Wortlautes und im Hinblick auf die Verwendung dieses Begriffs an anderer Stelle im selben Gesetz unzutreffend. Auch unter systematischen und teleologischen Gesichtspunkten erfasse der in § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. verwendete Begriff Hinterbliebene. Die Neufassung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG bewirke keine andere Betrachtungsweise. Sie führe, wie vom Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien begründet, lediglich zu einer Klarstellung.
c) Die vom Sozialgericht zugelassene Sprungrevision wurde vom Bundessozialgericht zurückgewiesen. Für den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Witwenrente ergebe sich kein Zahlbetrag, weil die Höchstzahl von nach dem Fremdrentengesetz anrechenbaren Entgeltpunkten bereits durch ihre Regelaltersrente ausgeschöpft sei. Dies folge zwar nicht schon aus § 22b FRG a.F., sondern sei erst aus § 22b FRG n.F. abzuleiten. Der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen nicht gehindert gewesen, den Anspruch auf Hinterbliebenenrente in die Begrenzungsregelung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. einzubeziehen.
§ 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. sei auch insoweit verfassungsgemäß, als er den bereits vor Verkündung dieser Vorschrift bestehenden Anspruch der Beschwerdeführerin vom Zeitpunkt seines Entstehens an erfasst habe. Zwar handele es sich dabei um eine verfassungsrechtlich grundsätzlich verbotene sogenannte echte Rückwirkung. Sie sei hier jedoch ausnahmsweise zulässig. Ein schutzwürdiges Vertrauen in die bisherige Rechtslage habe sich bei den Betroffenen nicht bilden können. Bis zum Urteil des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 30. August 2001 sei die Vorschrift von den Rentenversicherungsträgern durchgehend dahin verstanden worden, dass der Höchstwert von 25 Entgeltpunkten alle für Zeiten nach dem Fremdrentengesetz ermittelten Entgeltpunkte erfasse, unabhängig davon, aus welcher Versicherung sie stammten, also auch beim Zusammentreffen einer eigenen mit einer Rente wegen Todes. Dieses Verständnis sei, soweit ersichtlich, von den Gerichten der ersten und zweiten Instanz und den Betroffenen nicht in Frage gestellt worden. Der objektive Regelungsinhalt der Norm, wie ihn das Bundessozialgericht festgestellt habe, sei mithin den Betroffenen zunächst nicht erkennbar gewesen. Die Auslegung des 4. Senats des Bundessozialgerichts habe überrascht und sei auf erhebliche Kritik gestoßen. Die Rentenversicherungsträger hätten verabredet, ihr nicht zu folgen. Die Gerichte der unteren Instanzen hätten sich der Auslegung des 4. Senats des Bundessozialgerichts nur zum Teil angeschlossen. Andere Gerichte hätten der Auslegung des 4. Senats des Bundessozialgerichts widersprochen und an ihrem Widerspruch teilweise auch noch nach Bestätigung dieser Auslegung durch die Urteile des 13. Senats des Bundessozialgerichts vom 11. März 2004 und das Urteil des 8. Senats des Bundessozialgerichts vom 7. Juli 2004 festgehalten. Erst mit den Urteilen des 13. Senats des Bundessozialgerichts vom 11. März 2004 und des 8. Senats vom 7. Juli 2004 habe erwartet werden können, dass es bei dieser Auslegung bleiben werde. Ein berechtigtes Vertrauen in den ihnen günstigen Inhalt des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. habe sich daher bei den Betroffenen vor dem Gesetzesbeschluss über das RV-Nachhaltigkeitsgesetz am 11. März 2004 nicht bilden können.
d) Mit der Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Rückwirkungsverbotes, des Rechtsstaatsgebotes, des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Vertrauensschutzes sowie von Art. 3 und Art. 14 GG. Die Voraussetzungen für eine zulässige echte Rückwirkung seien nicht erfüllt. Die Regelung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a. F. sei klar und eindeutig gewesen.
2. a) Die Klägerin im Ausgangsverfahren des Normenkontrollverfahrens 1 BvL 11/06 ist die Witwe ihres im Jahre 1986 im Ausland verstorbenen Ehemannes. Am 12. Juni 1999 siedelte die Klägerin in die Bundesrepublik Deutschland aus. Sie wurde als Spätaussiedlerin anerkannt. Der Rentenversicherungsträger bewilligte ihr Altersrente aus eigener Versicherung und erkannte einen Anspruch auf große Witwenrente dem Grunde nach an. Einen Anspruch auf Zahlung der Witwenrente verneinte er jedoch unter Hinweis auf § 22b FRG a.F. wegen vorrangiger Berücksichtigung von 25 Entgeltpunkten aus eigener Versicherung. Der Bescheid wurde mit dieser Beschränkung bestandskräftig.
Im April 2002 stellte die Klägerin unter Hinweis auf das Urteil des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 30. August 2001 einen Antrag auf Überprüfung des Bescheides und Neufestsetzung der Hinterbliebenenrente in Höhe der tatsächlichen Entgeltpunkte. Dies lehnte der Rentenversicherungsträger ab.
b) Die hiergegen gerichtete Klage wurde vom Sozialgericht abgewiesen. Das Sozialgericht folgte der Entscheidung des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 30. August 2001 unter Hinweis auf den Wortlaut des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F., den Gesetzeszweck und die Systematik nicht.
c) Die Berufung vor dem Landessozialgericht blieb erfolglos. Die Begrenzung der Entgeltpunkte nach dem Fremdrentengesetz sei nicht nur beim Zusammentreffen mehrerer Renten aus eigener Versicherung vorzunehmen. Vielmehr ergebe sich aus § 22b FRG a.F., dass ein Berechtigter als Inhaber mehrerer Ansprüche auf Rente generell nur die Berücksichtigung von höchstens 25 Entgeltpunkten für Zeiten nach dem Fremdrentengesetz begehren könne, das heißt auch beim Zusammentreffen einer Rente aus eigenem Recht und einer Hinterbliebenenrente.
d) Auf die Revision der Klägerin hat der 13. Senat des Bundessozialgerichts das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die folgende Frage gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG zur Entscheidung vorgelegt:
„Verstößt Art. 15 Abs. 3 des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz) vom 21. Juli 2004 (BGBl I 1791) insoweit gegen das Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (hier: Verbot echter Rückwirkung von Gesetzen), als er Art. 9 Nr. 2 RV-Nachhaltigkeitsgesetz mit Wirkung ab einem Zeitpunkt vor der Verkündung des Gesetzes am 26. Juli 2004 in Kraft setzt (hier: rückwirkend zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von § 22b des Fremdrentengesetzes am 7. Mai 1996) ?”
Von der Entscheidung über die Vorlagefrage hänge das Ergebnis des Rechtsstreits ab. Wäre die Vorschrift des Art. 15 Abs. 3 RVNG wirksam, wäre sie auch zu Ungunsten der Klägerin anzuwenden, was in vollem Umfang zur Abweisung der Revision führen würde; wäre sie hingegen insoweit verfassungswidrig und daher nichtig, als sie eine Rückwirkung der Neufassung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG durch Art. 9 Nr. 2 RVNG für die Zeit vor Verkündung des Gesetzes anordne, wäre die Revision der Klägerin für diesen Zeitraum begründet.
Der Klägerin habe ab dem 12. Juni 1999 eine große Witwenrente zugestanden. Ein Zahlungsanspruch der Klägerin sei nicht bereits nach § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. ausgeschlossen. Die hierin enthaltene Begrenzung der Entgeltpunkte auf 25 bedeute nicht, dass sich für einen Hinterbliebenen kein Zahlbetrag der Hinterbliebenenrente mehr ergebe, wenn er die 25 Entgeltpunkte bereits mit einem Rentenanspruch aus eigenen Zeiten nach dem Fremdrentengesetz ausgeschöpft habe. Die einfachrechtliche Rechtslage habe sich jedoch dadurch verändert, dass § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. Rückwirkung ab dem 7. Mai 1996 habe. Die Regelung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. begegne als solche keinen Bedenken.
Das vorlegende Gericht ist aber überzeugt, dass Art. 15 Abs. 3 RVNG mit seiner rückwirkenden Inkraftsetzung des Art. 9 Nr. 2 RVNG verfassungswidrig sei. Eine authentische Interpretation, wie sie dem Gesetzgeber des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes augenscheinlich vorgeschwebt habe, sei dem geltenden deutschen Verfassungsrecht fremd. Die Auslegung der gesetzlichen Vorschriften obliege ausschließlich den Gerichten. Der Änderung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz komme eine echte Rückwirkung zu.
Die Neufassung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG sei belastend; nur dann könne eine Rückwirkung verfassungsrechtlich fraglich sein. Sie sei nicht etwa rein deklaratorischer Art; denn sie bestätige nicht lediglich, was schon vordem aus der ursprünglichen Norm folgte. Dementsprechend habe sich die Neuregelung auch zum Nachteil der Klägerin ausgewirkt. Denn § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. habe ihrem Anspruch auf Zahlung von Witwenrente nicht entgegengestanden, während die Neufassung einen solchen Zahlungsanspruch ausschließe.
Diese echte Rückwirkung sei verfassungsrechtlich nicht erlaubt. Insbesondere habe weder eine unklare Rechtslage vorgelegen noch sei die echte Rückwirkung deshalb zulässig, weil die Betroffenen aus sonstigen Gründen zu einem früheren als dem Verkündungszeitpunkt mit der Neuregelung hätten rechnen müssen. Eine unklare Rechtslage resultiere insbesondere nicht daraus, dass bis zum Urteil des 4. Senats des Bundessozialgerichts aus dem Jahre 2001 dessen Auslegung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. nicht vertreten worden sei, und nicht nur die Rentenversicherungsträger, sondern auch ein Großteil der Instanzgerichte damals dem 4. Senat des Bundessozialgerichts die Gefolgschaft verweigert hätten. Allein daraus, dass eine Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht sofort von den betroffenen Trägern und den Instanzgerichten akzeptiert werde, folge keine Unklarheit der Rechtslage. Im typischen Verlauf der Klärung des konkreten Inhalts einer neuen Vorschrift trügen höchstrichterliche Entscheidungen im Gegenteil dazu bei, die Unklarheit einer Rechtslage zu beseitigen. Mit dieser Wendung müsse daher denknotwendig etwas anderes gemeint sein als ein Zwischenstadium innerhalb eines derartigen Ablaufs – wie hier nach Inkrafttreten des § 22b FRG a.F. Eine solche Klärung könne nicht abgeschlossen sein, bevor der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes hierzu entschieden habe. Der Erfahrung entspreche es, dass der Prozess einer solchen Klärung auch länger dauern und mehrere Entscheidungen, gegebenenfalls auch unterschiedlicher Senate, erfordern könne. Als typisch könne ferner gewertet werden, dass, solange der Prozess noch nicht abgeschlossen sei, sowohl die Instanzgerichte als auch die Beteiligten versuchten, weiterhin jeweils ihre eigene Auslegung der Vorschrift durchzusetzen. Es sei daher von vornherein zweifelhaft, ob überhaupt durch eine Rechtsprechung eine unklare Rechtslage eintreten könne. Jedenfalls aber dürfe sich der Gesetzgeber nicht unter Berufung darauf rückwirkend in Widerspruch zu einer oberstgerichtlichen Rechtsprechung begeben.
Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der echten Rückwirkung folge auch nicht daraus, dass die Betroffenen aus sonstigen Gründen zu einem früheren als dem Verkündungszeitpunkt mit der Neuregelung hätten rechnen müssen. Ein Anhaltspunkt, das objektivierte Vertrauen und damit die Rechtssicherheit vor dem erneuten Tätigwerden des Gesetzgebers ab Dezember 2003 enden zu lassen, fehle. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klärung der durch § 22b FRG a.F. geschaffenen Rechtslage durch das Bundessozialgericht zumindest schon begonnen; sie sei dem Grunde nach jedenfalls abgeschlossen gewesen, bevor die Neufassung der Vorschrift durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz verkündet worden sei. Der objektiven Betrachtungsweise widerspräche es ferner, an Einschnitte innerhalb des Gesetzgebungsverfahrens des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes in dem Sinne anzuknüpfen, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt kein „Vertrauen” in den Bestand der Regelung mehr gerechtfertigt gewesen sei. Die echte Rückwirkung sei weder ab dem Zeitpunkt zum Beispiel des Kabinettsbeschlusses noch ab dem des ersten Gesetzesbeschlusses des Bundestages am 11. März 2004 oder ab dem der Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrates am 16. Juni 2004 zulässig. Dies müsse jedenfalls dann gelten, wenn sich das Gesetz selbst – wie hier – keine derartige Rückwirkung beimesse, sondern für sein Inkrafttreten einen noch weiter zurückliegenden Zeitpunkt in der Vergangenheit wähle.
Auch zwingende Gründe des gemeinen Wohls rechtfertigten keine Durchbrechung des rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbots. Zu den Gründen des gemeinen Wohls könnten zwar finanzielle Belange der öffentlichen Haushalte gehören. Geringe Einspareffekte rechtfertigten indes noch nicht zwingend eine echte Rückwirkung, insbesondere keine einschneidenden Eingriffe in bereits entstandene Ansprüche auf Rente. Im vorliegenden Fall seien die mit der rückwirkenden Anwendung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. verbundenen Einsparungen geringfügig. Demgegenüber habe die Klägerin bei ihren Renteneinkünften gravierende Einbußen erlitten. Daher müsse das Interesse der Allgemeinheit, möglichst schnell zu Einsparungen zu kommen, gegenüber dem Interesse der Klägerin an dem Fortbestand der bereits entstandenen Rentenansprüche für die Vergangenheit zurücktreten.
3. a) Die Klägerin des Ausgangsverfahrens im Normenkontrollverfahren 1 BvL 12/06 ist die Witwe ihres im Jahre 1990 im Ausland gestorbenen Ehemannes. Die Klägerin siedelte am 18. Dezember 1999 in die Bundesrepublik Deutschland aus. Sie wurde als Spätaussiedlerin anerkannt.
Im Dezember 1999 beantragte die Klägerin eine Altersrente und eine Hinterbliebenenrente. Der Rentenversicherungsträger verfügte zunächst, dass die Klägerin eine große Witwenrente erhalte; die Rente werde aber ab Rentenbeginn nicht gezahlt. Ein Zahlbetrag ergebe sich nicht, weil Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem Fremdrentengesetz vorrangig bei ihrer Altersrente zu berücksichtigen seien. Der Rentenversicherungsträger gewährte der Klägerin sodann eine Altersrente ab dem 18. Dezember 1999 und legte dabei 20,8164 Entgeltpunkte zugrunde. Daraufhin stellte der Rentenversicherungsträger die große Witwenrente der Klägerin ab dem 18. Dezember 1999 neu fest und berücksichtigte 4,1836 Entgeltpunkte. Der Widerspruchsbescheid brachte keine Abhilfe.
b) Das Sozialgericht hob die Bescheide des Rentenversicherungsträgers auf und verurteilte ihn, die der Klägerin gewährte große Witwenrente ohne Begrenzung auf 25 Entgeltpunkte nach § 22b FRG a.F. neu zu berechnen. Das Sozialgericht folgte der Entscheidung des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 30. August 2001. Das Bundessozialgericht habe darin grundlegende Auslegungskriterien zu § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. aufgestellt, die verbindlich seien.
c) Auf die Berufung des Rentenversicherungsträgers hob das Landessozialgericht die erstinstanzliche Entscheidung auf und wies die Klage ab. Die in § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. vorgesehene Begrenzung auf 25 Entgeltpunkte betreffe nicht nur Versicherte, die verschiedene Rechte auf Rente aus eigener Versicherung haben. Sie sei vielmehr auch dann anwendbar, wenn einem Begünstigten neben einem Recht auf Rente aus eigener Versicherung noch ein aus der Versicherung des verstorbenen Ehegatten abgeleitetes Recht auf eine Hinterbliebenenrente zustehe. Die Norm drücke dabei den gesetzgeberischen Willen aus, das zuvor geltende Eingliederungsprinzip durch das sogenannte Bedürftigkeitsprinzip zu ersetzen.
d) Auf die Revision der Klägerin hat der 13. Senat des Bundessozialgerichts das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die gleiche Frage wie im konkreten Normenkontrollverfahren 1 BvL 11/06 zur Entscheidung vorgelegt. Die Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit und zur Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit von Art. 15 Abs. 3 RVNG stimmen mit den Ausführungen im Verfahren 1 BvL 11/06 im Wesentlichen überein.
4. a) Die Klägerin des Ausgangsverfahrens im Normenkontrollverfahren 1 BvL 13/06 siedelte im Juli 1996, ihr Ehemann bereits im Juni 1996 aus Rumänien nach Deutschland aus; beide wurden als Spätaussiedler anerkannt.
Der Rentenversicherungsträger gewährte dem Ehemann ab Juni 1996 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit; es ergaben sich – ausschließlich unter Anrechnung von Zeiten nach dem Fremdrentengesetz – 31,9994 Entgeltpunkte, die auf 25 Entgeltpunkte gekürzt wurden.
Ab Juli 1997 erhielt die Klägerin Altersrente nach 26,1959 persönlichen Entgeltpunkten, wovon 25,9619 Entgeltpunkte auf anrechenbare Zeiten nach dem Fremdrentengesetz entfielen. Diese kürzte der Rentenversicherungsträger zunächst auf 25 Entgeltpunkte und aufgrund der Berücksichtigung der Rente des Ehemannes auf 20 Entgeltpunkte; der Rentenberechnung legte er sodann – unter Berücksichtigung der nicht nach dem Fremdrentengesetz anrechenbaren Zeiten – 20,2340 Entgeltpunkte zugrunde.
b) Nach dem Tod des Ehemannes im Februar 1998 beantragte die Klägerin die Gewährung von Witwenrente. Der Rentenversicherungsträger berechnete die Altersrente der Klägerin neu und legte ihr zuletzt 25 Entgeltpunkte nach dem Fremdrentengesetz zugrunde. Für die Witwenrente ergebe sich kein Zahlbetrag, weil der zulässige Höchstwert von 25 Entgeltpunkten für einen Berechtigten bereits erreicht sei. Der Bescheid wurde mit dieser Beschränkung bestandskräftig.
c) Im März 2002 beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf das Urteil des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 30. August 2001, die bisherigen Witwenrentenbescheide zu ändern und ihr ab März 1998 Witwenrente ohne Begrenzung nach § 22b Abs. 1 FRG a. F. zu gewähren. Dies lehnte der Rentenversicherungsträger ab. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erst- und zweitinstanzlich ohne Erfolg.
d) Auf die Revision der Klägerin hat der 13. Senat des Bundessozialgerichts das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die mit der im Verfahren 1 BvL 11/06 identische Frage zur Entscheidung vorgelegt. Die Ausführungen hinsichtlich der Entscheidungserheblichkeit und der Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit von Art. 15 Abs. 3 RVNG decken sich auch hier mit der Begründung der Vorlage im Verfahren 1 BvL 11/06.
III.
Zu der Verfassungsbeschwerde und den Vorlagebeschlüssen haben das Bundesministerium für Arbeit und Soziales namens der Bundesregierung, die Deutsche Rentenversicherung Bund, die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See Stellung genommen.
1. Die Bundesregierung erachtet Art. 15 Abs. 3 RVNG für verfassungsgemäß. Ein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG liege nicht vor. Ein schutzwürdiges Vertrauen in eine Rechtslage, wonach die Begrenzungsregelung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a. F. nur im Falle des Bezugs einer oder mehrerer Versichertenrenten, nicht aber beim Zusammentreffen einer Versichertenrente mit einer abgeleiteten Hinterbliebenenrente anwendbar sei, sei im hier einschlägigen Zeitraum nicht entstanden. Bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 30. August 2001 habe sich ein Vertrauen der Betroffenen dahingehend, dass die Vorschrift des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a. F. im Falle des Zusammentreffens eines Rechts aus eigener Versicherung und eines Hinterbliebenenrentenrechts nicht anwendbar sei, nicht einstellen können, weil erst mit diesem Urteil ein solcher möglicher Norminhalt erkennbar geworden sei. Zuvor sei die Vorschrift einhellig anders ausgelegt worden.
Fest stehe auch, dass jedenfalls ab dem Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes am 11. März 2004 die Bildung schutzwürdigen Vertrauens der Betroffenen in eine Auslegung, wonach die Begrenzungsregelung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a. F. im Falle des Zusammentreffens eines Rechts aus eigener Versicherung und eines Hinterbliebenenrentenrechts nicht anwendbar sei, nicht mehr möglich sei, da zu diesem Zeitpunkt mit der Änderung der Rechtslage habe gerechnet werden müssen.
Aber auch in der Zeit zwischen dem 30. August 2001 und dem 11. März 2004 habe ein Vertrauen der Betroffenen in die vom 4. Senat des Bundessozialgerichts angenommene Rechtslage nicht entstehen können, weil die Rechtslage so unklar gewesen sei, dass eine Klärung hätte erwartet werden müssen. Die Rechtslage sei jedenfalls insofern unklar gewesen, als die Rentenversicherungsträger und das Bundessozialgericht das in dem hier interessierenden Rückwirkungszeitraum geltende Recht unterschiedlich interpretiert hätten. Der Auffassung des Bundessozialgerichts, dass es für die Beurteilung, ob in den vorliegenden Fällen eine unklare Rechtslage gegeben sei, nicht darauf ankommen könne, dass die Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts von den Rentenversicherungsträgern nicht geteilt werde, stimme die Bundesregierung nicht zu. Denn diese Ansicht setze in unzutreffender Weise voraus, dass bereits ein einzelnes höchstrichterliches Urteil die Rechtslage abschließend klären könnte.
2. Auch die Deutsche Rentenversicherung Bund, die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See halten Art. 15 Abs. 3 RVNG für verfassungsgemäß. Insbesondere liege kein Verstoß gegen das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip vor. Die Neufassung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG enthalte keine Rechtsänderung, sondern lediglich eine durch den Gesetzgeber erfolgte Klarstellung des bisherigen Regelungsgehalts. Wortlaut, Sinn und Zweck von § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. stünden einer Kürzung der Entgeltpunkte nach dem Fremdrentengesetz nicht entgegen. Die Deutung als Klarstellung entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers, der lediglich eine authentische Interpretation habe vornehmen wollen.
Selbst wenn man in der Neufassung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG keine authentische Interpretation, sondern eine inhaltliche Änderung dieser Vorschrift sehe, führe dies zu keiner anderen verfassungsrechtlichen Bewertung. In diesem Fall wäre die rückwirkende Inkraftsetzung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. als Fall der echten Rückwirkung ausnahmsweise verfassungsrechtlich zulässig, weil die durch § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. geschaffene Rechtslage unklar gewesen sei. Die Rechtslage sei aufgrund des Urteils des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 30. August 2001 unklar geworden. Der 4. Senat habe § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. einen Inhalt gegeben, der seit Inkrafttreten der Vorschrift im Jahre 1996 weder von den Fachgerichten noch vom juristischen Schrifttum in Erwägung gezogen worden sei. Selbst die Betroffenen hätten nicht über die bis dahin einheitliche Auslegung der Norm, sondern nur über ihre Verfassungsmäßigkeit gestritten. Da die Rentenversicherungsträger und zahlreiche Sozial- und Landessozialgerichte dem Urteil des 4. Senats des Bundessozialgerichts nicht gefolgt seien, sei weder für die Betroffenen noch für die Rentenversicherungsträger absehbar gewesen, ob sich die vom 4. Senat des Bundessozialgerichts entwickelte Auslegungsvariante etablieren würde. Deshalb sei davon auszugehen, dass auch im Zeitraum zwischen dem 30. August 2001 und dem Beschluss des Deutschen Bundestags vom 11. März 2004 die Rechtslage bezüglich § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. nicht geklärt gewesen sei und sich bei den Betroffenen kein schützenswertes Vertrauen in die für sie günstige Auslegung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. habe entwickeln können. Schließlich verstoße die Begrenzung der Entgeltpunkte aus der Versichertenrente und der Hinterbliebenenrente gemäß § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. weder gegen Art. 14 Abs. 1 noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Entscheidungsgründe
B.
Die Verfassungsbeschwerde und die Vorlagen sind zulässig. Allerdings bedürfen die Vorlagen der Auslegung (vgl. BVerfGE 69, 373 ≪377 f.≫; 78, 104 ≪116 f.≫; 99, 280 ≪289≫; 116, 96 ≪120≫; 117, 272 ≪291≫).
Das Bundesverfassungsgericht prüft im Rahmen der konkreten Normenkontrolle eine Regelung nur insoweit am Maßstab der Grundrechte, als die Kläger des Ausgangsverfahrens hiervon betroffen sind und eine Grundrechtsverletzung in Betracht kommt (vgl. BVerfGE 116, 96 ≪120≫; 117, 272 ≪291 f.≫; 122, 151 ≪180≫). Den Klägerinnen der Ausgangsverfahren ist nie bestandskräftig eine Hinterbliebenenrente ohne Begrenzung auf 25 Entgeltpunkte gewährt worden. Daher ist die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des Art. 15 Abs. 3 RVNG nur für diesen Personenkreis zu beantworten. Keiner Entscheidung bedarf es hingegen, ob Art. 15 Abs. 3 RVNG auch bezüglich solcher Personen, denen bereits eine Hinterbliebenenrente ohne diese Begrenzung bestandskräftig gewährt wurde, verfassungsgemäß ist. Zudem setzen sich die Hinterbliebenenrentenansprüche der Klägerinnen der Ausgangsverfahren ausschließlich aus Zeiten nach dem Fremdrentengesetz zusammen. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob sich aus verfassungsrechtlicher Sicht etwas ändert, wenn ein Hinterbliebenenrentenanspruch sowohl auf Zeiten nach dem Fremdrentengesetz als auch auf Beitragszeiten in einer deutschen Rentenversicherung beruhen würde. Dies gilt auch für den Hinterbliebenenrentenanspruch der Klägerin des Ausgangsverfahrens im konkreten Normenkontrollverfahren 1 BvL 13/06. Diese Klägerin hat selbst zwar auch deutsche Versicherungszeiten vorzuweisen. Sie betreffen aber nur ihre eigene Altersrente, die unabhängig von ihrem Hinterbliebenenrentenanspruch ist und im Ausgangsverfahren nicht Gegenstand des Streits ist.
Die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Art. 15 Abs. 3 RVNG ist abweichend von den Vorlagebeschlüssen nicht auf die Frage der Vereinbarkeit mit Art. 20 Abs. 3 GG beschränkt. Denn das Bundesverfassungsgericht prüft im Verfahren der konkreten Normenkontrolle die Vereinbarkeit einer zur Prüfung vorgelegten Norm unter jedem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt. Es ist hinsichtlich des Prüfungsmaßstabes nicht an den Vorlagebeschluss gebunden (vgl. BVerfGE 3, 187 ≪196 f.≫; 67, 1 ≪11≫; 90, 145 ≪168≫; 90, 226 ≪236≫; 93, 121 ≪133≫).
Prüfungsgegenstand ist in den konkreten Normenkontrollverfahren nur Art. 15 Abs. 3 RVNG, nicht aber § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F., weil das vorlegende Gericht nicht die Verfassungsmäßigkeit von § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. bezweifelt, sondern nur dessen rückwirkende Inkraftsetzung (vgl. BVerfGE 10, 332 ≪335≫).
C.
Art. 15 Abs. 3 RV-Nachhaltigkeitsgesetz ist mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit hierdurch die Höhe solcher Hinterbliebenenrenten beschränkt wird, die allein auf Zeiten nach dem Fremdrentengesetz beruhen und die ohne die in § 22b Abs. 1 Satz 1 Fremdrentengesetz in der Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes vorgesehene Beschränkung noch nicht bestandskräftig gewährt worden sind (dazu unter I.). Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet, da die Beschwerdeführerin weder durch Art. 15 Abs. 3 RV-Nachhaltigkeitsgesetz noch durch § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. in ihren Grundrechten verletzt wird (dazu unter II.).
I.
Der Normenkontrollantrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Änderung des Fremdrentengesetzes beruht auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG, nach dem sich die konkurrierende Gesetzgebung unter anderem auf das Gebiet der Sozialversicherung erstreckt. Zwar handelt es sich bei den Renten nach dem Fremdrentengesetz der Sache nach um eine Fürsorgeleistung (vgl. BVerfGE 29, 22 ≪34≫; 116, 96 ≪122≫). Diese wird aber seit Anbeginn im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung in Gestalt eines Rentenanspruchs gewährt. Vom Kompetenztitel für die Sozialversicherung werden auch solche Bereiche erfasst, die eng an einen Träger der klassischen Sozialversicherung angelehnt sind (vgl. BVerfGE 11, 105 ≪113≫), ohne dass es insoweit auf eine Beitragszahlung ankäme, weil es für die Sozialversicherung im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG seit jeher kennzeichnend ist, dass das Versicherungsprinzip mit Elementen der öffentlichen Fürsorge verbunden wird (vgl. BVerfGE 113, 167 ≪196≫).
Eine bundesgesetzliche Regelung war im Sinne des Art. 72 Abs. 2 GG in der vom 15. November 1994 bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich. Einheitliche Rechtsregeln auf den in Art. 74 GG genannten Gebieten können dann erforderlich sein, wenn eine unterschiedliche rechtliche Behandlung desselben Lebenssachverhaltes erhebliche Rechtsunsicherheiten und damit unzumutbare Behinderungen für den länderübergreifenden Rechtsverkehr erzeugen kann (vgl. BVerfGE 106, 62 ≪146≫; 111, 226 ≪254≫). So verhält es sich auf dem Gebiet der Sozialversicherung, in deren Gewand das Fremdrentenrecht gekleidet ist. Die bundesweite Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung hat elementare Bedeutung für die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. BVerfGE 113, 167 ≪198≫). Eine in allen Landesteilen gleich funktionierende Sozialversicherung ist auf der Basis unterschiedlicher Ländergesetze praktisch kaum denkbar (vgl. BVerfGE 113, 167 ≪198≫). Die grundsätzlich gebotene bundesweite Einheitlichkeit der Leistungen nach dem Fremdrentengesetz lässt sich mit unterschiedlichen landesrechtlichen Regelungen nicht erreichen. Eine Erforderlichkeit bundeseinheitlicher Regelungen auf diesem Gebiet besteht auch, soweit § 22b FRG n.F. das Ziel von Einsparungen verfolgt und damit letztlich dem Erhalt der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung dient. Da allein der Bund mit dem Bundeszuschuss für die finanzielle Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung einzustehen hat (vgl. Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG, § 213 Abs. 1 SGB VI), können notwendige Einsparungen nicht gesetzlichen Regelungen auf Länderebene überlassen werden.
2. Art. 15 Abs. 3 RV-Nachhaltigkeitsgesetz ist nicht an Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG zu messen, soweit davon – wie hier – Renten betroffen sind, die ausschließlich auf Beitrags- und Beschäftigungszeiten außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland beruhen.
Zu den von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtspositionen können grundsätzlich auch öffentlichrechtliche Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung gehören (vgl. BVerfGE 53, 257 ≪289 f.≫; 97, 271 ≪283 f.≫). Sie genießen Eigentumsschutz, wenn es sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhen und seiner Existenzsicherung dienen (vgl. BVerfGE 69, 272 ≪300≫; 92, 365 ≪405≫; 97, 271 ≪284≫; 100, 1 ≪32 f.≫). Geschützt ist neben dem eigentlichen Rentenanspruch auch die zuvor erworbene Anwartschaft, wenn sie die konstituierenden Merkmale des Eigentumsbegriffs aufweist (vgl. BVerfGE 11, 221 ≪226≫; 14, 288 ≪293≫; 22, 241 ≪253≫; 24, 220 ≪225≫). Von einer Anwartschaft geht das Bundesverfassungsgericht aus, wenn die rentenrechtliche Position eines Versicherten bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen zum Vollrecht erstarken kann (vgl. BVerfGE 53, 257 ≪289 f.≫). Nicht geschützt durch Art. 14 Abs. 1 GG ist dagegen mangels einer eigenen Leistung des Begünstigten ein Anspruch, der auf staatlicher Gewährung beruht oder den der Staat in Erfüllung einer Fürsorgepflicht einräumt (vgl. BVerfGE 22, 241 ≪253≫; 24, 220 ≪226≫; 100, 1 ≪33≫; 116, 96 ≪121 f.≫).
Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits geklärt, dass die Voraussetzungen für einen grundrechtlichen Eigentumsschutz bei allein durch das Fremdrentengesetz begründeten Rentenansprüchen und -an-wartschaften nicht vorliegen. Diese unterfallen nicht dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, wenn ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt worden sind, weil es insofern am Äquivalent einer nicht unerheblichen eigenen Leistung in eine bundesdeutsche Rentenversicherung fehlt (vgl. BVerfGE 29, 22 ≪34≫; 116, 96 ≪121≫; BVerfGK 8, 338 ≪340≫).
3. Art. 15 Abs. 3 RV-Nachhaltigkeitsgesetz ist mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar. Zwar handelt es sich bei Art. 15 Abs. 3 RV-Nachhaltigkeitsgesetz um eine Norm, der zumindest in formaler Hinsicht echte Rückwirkung zukommt (dazu unter a) und deren Rechtmäßigkeit der uneingeschränkten verfassungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt (dazu unter b). Sie ist aber zulässig (dazu unter c).
a) Art. 15 Abs. 3 RVNG führt zu einer echten Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (vgl. BVerfGE 13, 206 ≪212≫; 33, 265 ≪293≫; 101, 239 ≪263≫) oder wenn der Beginn ihrer zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent, das heißt gültig geworden ist (vgl. BVerfGE 63, 343 ≪353≫; 72, 200 ≪241≫; 97, 67 ≪78≫; 109, 133 ≪181≫). Ein Tatbestand in diesem Sinne ist bei Rechtssätzen, die unmittelbar Rechtsansprüche einräumen, nicht erst abgewickelt, wenn ein Anspruch durch Bescheid zuerkannt wird, da er schon mit der Verwirklichung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale und nicht erst durch behördlichen Vollzugsakt entsteht. Es genügt für die Annahme echter Rückwirkung in formaler Hinsicht, dass der Gesetzgeber in Sachverhalte eingreift, die vor der Gesetzesverkündung abgeschlossen waren und die Voraussetzungen des bisher geltenden Anspruchstatbestandes erfüllten (vgl. BVerfGE 30, 367 ≪386 f.≫).
Damit kommt Art. 15 Abs. 3 RVNG zumindest in formaler Hinsicht allein schon deswegen echte Rückwirkung zu, weil er bewirkt, dass § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. seit dem 7. Mai 1996 zeitlich anwendbar ist und damit auch für diejenigen Betroffenen gilt, deren Versicherungsfall zwischen dem 7. Mai 1996 und dem 26. Juli 2004 eingetreten ist, obwohl die Norm erst mit der Verkündung am 26. Juli 2004 rechtlich existent geworden ist.
b) Die in der Begründung des Gesetzesentwurfs zu § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. in Anspruch genommene Befugnis des Gesetzgebers zur authentischen Interpretation ist für die rechtsprechende Gewalt nicht verbindlich. Sie schränkt weder die Kontrollrechte und -pflichten der Fachgerichte und des Bundesverfassungsgerichtes ein noch relativiert sie die verfassungsrechtlichen Maßstäbe. Zur verbindlichen Auslegung einer Norm ist letztlich allein die rechtsprechende Gewalt berufen, die gemäß Art. 92 GG den Richtern anvertraut ist (vgl. BVerfGE 65, 196 ≪215≫; 111, 54 ≪107≫). Dies gilt auch für die Frage, ob eine Norm konstitutiven oder deklaratorischen Charakter hat. Der Gesetzgeber ist zwar befugt, im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung zu handeln, zu der auch die aus den Grundrechten und dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Grenzen für rückwirkende Rechtsetzung gehören, und dabei gegebenenfalls eine Rechtsprechung zu korrigieren, mit der er nicht einverstanden ist. Er kann diese Ausgangslage und die Prüfungskompetenz der Gerichte aber nicht durch die Behauptung unterlaufen, seine Norm habe klarstellenden Charakter. Eine durch einen Interpretationskonflikt zwischen Gesetzgeber und Rechtsprechung ausgelöste Normsetzung ist nicht anders zu beurteilen als eine durch sonstige Gründe veranlasste rückwirkende Gesetzesänderung (vgl. LVerfG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15. Januar 2002 – LVG 3/01, LVG 5/01 –, juris, Rn. 60).
c) Es kann indes dahinstehen, ob durch § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. die Rechtslage – wie das Bundessozialgericht meint – konstitutiv verändert wurde und damit die Grundsätze des Rückwirkungsverbotes greifen oder ob – wie Teile der Sozialgerichtsbarkeit mit beachtlichen Argumenten vertreten – eine bereits nach § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. bestehende Rechtslage lediglich deklaratorisch bestätigt worden ist, so dass das Rückwirkungsverbot gar nicht eingreift (vgl. BVerfGE 10, 332 ≪335 f.≫; 18, 429 ≪436≫; 50, 177 ≪193≫). Denn auch eine echte Rückwirkung durch die zur Kontrolle gestellte Norm wäre hier zulässig.
aa) Das Rechtsstaatsprinzip und die Grundrechte begrenzen die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die an Sachverhalte der Vergangenheit anknüpfen. Aus dem Umstand, dass Art. 103 Abs. 2 GG nur für die Strafbarkeit ein ausdrückliches Rückwirkungsverbot aufstellt, kann nicht gefolgert werden, Rückwirkungen seien im Übrigen unbedenklich (vgl. BVerfGE 72, 200 ≪257≫; 88, 384 ≪403≫; 109, 133 ≪180≫). Die Verlässlichkeit der Rechtsordnung ist vielmehr eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen (vgl. BVerfGE 109, 133 ≪180≫). Dabei findet das Rückwirkungsverbot seinen Grund im Vertrauensschutz (vgl. BVerfGE 95, 64 ≪86 f.≫; 101, 239 ≪263≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. Oktober 2008 – 1 BvR 1138/06 –, juris, Rn. 14). Das grundsätzliche Verbot der echten Rückwirkung greift daher nur ein, wenn eine gesetzliche Regelung dazu geeignet war, Vertrauen auf ihren Fortbestand in vergangenen Zeiträumen zu erwecken (vgl. BVerfGE 13, 39 ≪45 f.≫; 30, 367 ≪389≫; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2000 – 1 BvR 704/00 –, NJW 2000, S. 3416). Entscheidend ist dabei, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe auf ihren Fortbestand zu begründen (vgl. BVerfGE 32, 111 ≪123≫). Die Fundierung im Vertrauensschutz zeichnet zugleich die Grenze des Rückwirkungsverbotes vor (vgl. BVerfGE 32, 111 ≪123≫; 88, 384 ≪404≫; 101, 239 ≪266≫; BVerfGK 8, 338 ≪340≫). Dieses greift unter anderem dann nicht ein, wenn sich kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts für vergangene Zeiträume bilden konnte (vgl. BVerfGE 88, 384 ≪404≫; 95, 64 ≪86 f.≫; 101, 239 ≪263≫; BVerfGK 8, 338 ≪340≫), etwa weil die Rechtslage unklar war (vgl. BVerfGE 13, 261 ≪272≫).
bb) Die Klägerinnen in den Ausgangsverfahren der Normenkontrollen konnten nicht darauf vertrauen, dass bei der Berechnung ihrer Alters – und Hinterbliebenenrenten mehr als 25 Entgeltpunkte berücksichtigt würden.
(1) Bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des 4. Senats des Bundessozialgerichts am 30. August 2001 konnte § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. keine geeignete Grundlage für die Bildung von Vertrauen dahingehend bilden, dass für die eigene Rente und für die Hinterbliebenenrente keine Gesamtobergrenze von 25 Entgeltpunkten gelte, weil damals nach übereinstimmender Rechtsauffassung niemand von einem solchen Regelungsgehalt der Norm ausging. Sowohl die Rentenversicherungsträger als auch die Sozialgerichte vertraten einhellig die gegenteilige Position (siehe oben bei A.I.2.a). Damit mangelte es für diese Zeitspanne an jeder objektiven Grundlage für ein Vertrauen im Sinne der späteren Auslegung durch das Bundessozialgericht.
(2) Die Entscheidung des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 30. August 2001 war ebenfalls ungeeignet, Vertrauen dahingehend zu erzeugen, dass ein Anspruch auf die Gewährung der Hinterbliebenenrente ohne Berücksichtigung der Entgeltpunkte aus der eigenen Fremdrente bestehe.
Zwar wirken fachgerichtliche Entscheidungen, obwohl sie nur Einzelfälle beurteilen und inter partes binden, darüber hinaus, wenn sie zur Klärung zweifelhafter und umstrittener Rechtslagen beitragen und damit als Präjudiz für künftige Fälle bedeutsam sind (vgl. Maurer, in: Isensee/Kirchhof, HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 79 Rn. 135). Gerade für die höchstrichterliche Rechtsprechung hat diese Funktion Eingang in die Verfahrensordnungen gefunden. Vor allem aus den Revisionsvorschriften lässt sich die Aufgabe der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung entnehmen (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG für die hier betroffene Sozialgerichtsbarkeit). Weil die unteren Instanzen an die höchstrichterliche Rechtsprechung außerhalb der Bindungswirkung der Revisionsentscheidung im konkreten Verfahren (vgl. § 170 Abs. 5 SGG) jedoch nicht gebunden sind, ist die Eignung judikativer Akte als Anknüpfungspunkt schutzwürdigen Vertrauens im Vergleich zu Normen, die generelle Verbindlichkeit beanspruchen, eingeschränkt. Die Rechtspflege ist aufgrund der Unabhängigkeit der Richter (Art. 97 GG) konstitutionell uneinheitlich (Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 3 Abs. 1 Rn. 410 ≪Dez. 1973≫). Kein Prozessbeteiligter kann daher darauf vertrauen, der Richter werde stets an einer bestimmten Rechtsauffassung aus der bisherigen Judikatur festhalten (vgl. BVerfGE 78, 123 ≪126≫; 87, 273 ≪278≫). Entsprechend ist auch die höchstrichterliche Rechtsprechung in ungeklärten Rechtslagen weniger geeignet, schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage zu erzeugen, als eine klarstellende gesetzliche Regelung (vgl. BVerfGE 59, 128 ≪165≫; 84, 212 ≪227≫; 105, 17 ≪38≫; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. September 1992 – 1 BvR 496/87 –, NZA 1993, S. 213 ≪214≫). Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist nicht Gesetzesrecht und erzeugt keine damit vergleichbare Rechtsbindung (vgl. BVerfGE 84, 212 ≪227≫; 122, 248 ≪277≫). Der Geltungsgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus beruht allein auf der Überzeugungskraft ihrer Gründe sowie der Autorität und Kompetenz des Gerichts (vgl. BVerfGE 84, 212 ≪227≫; 122, 248 ≪277≫). Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung kann allenfalls bei gefestigter, langjähriger Rechtsprechung entstehen (vgl. BVerfGE 72, 302 ≪326≫; 122, 248 ≪277 f.≫).
In den vorliegenden Fällen konnten sich die Betroffenen nicht sicher sein, ob das Bundessozialgericht nach der Kritik und der weiter abweichenden Rechtsprechung der Untergerichte die zunächst eingeschlagene Richtung beibehalten würde (vgl. BVerfGE 38, 386 ≪397≫; 72, 302 ≪326≫; 84, 212 ≪227≫). Eine gefestigte, langjährige Rechtsprechung existierte nicht. Bei der Beurteilung, ob eine höchstrichterliche Rechtsprechung Vertrauen im Sinne des Art. 20 Abs. 3 GG begründet, kann nicht außer Betracht bleiben, dass es sich beim Urteil des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 30. August 2001 um eine in Fachkreisen unerwartete „Auslegungsüberraschung” (vgl. Hey, Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem, 2002, S. 636) handelte, die von der Sozialgerichtsbarkeit weithin nicht akzeptiert wurde. Die auch nach dieser Entscheidung noch abweichende Haltung der Rentenversicherungsträger und eines beachtlichen Teils der Sozialgerichte erster und zweiter Instanz stand der Bildung von Vertrauen in den Fortbestand der Auslegung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. durch das Bundessozialgericht ebenfalls entgegen.
(3) An dieser Bewertung ändert sich nichts dadurch, dass der 13. Senat des Bundessozialgerichts am 11. März 2004 die Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts zu § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. bestätigt hat. Denn weitere Umstände haben eine Vertrauensbildung ausgeschlossen. Seit Dezember 2003 war beim Deutschen Bundestag ein Gesetzgebungsverfahren zu § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. anhängig. Am 11. März 2004 beschloss der Deutsche Bundestag das Gesetz abschließend. Ein Bürger kann jedenfalls ab dem Tag des endgültigen Gesetzesbeschlusses des Bundestags nicht mehr auf den Fortbestand der bisherigen Regelung vertrauen (vgl. BVerfGE 13, 261 ≪273≫; 14, 288 ≪298≫; 27, 167 ≪173 f.≫; 30, 272 ≪287≫; 31, 222 ≪227≫; 72, 200 ≪260, 271≫; 97, 67 ≪79≫; 97, 271 ≪290≫; 97, 378 ≪389≫), sondern muss ab diesem Zeitpunkt mit der Verkündung und dem Inkrafttreten der Neuregelung rechnen (vgl. BVerfGE 97, 67 ≪79≫). Aufgrund dessen gab es auch in der Zeit nach dem 11. März 2004 keine objektive Grundlage dafür, auf den Bestand des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a.F. in der vom Bundessozialgericht vorgenommenen Auslegung zu vertrauen.
Eine andere Beurteilung ist nicht dadurch veranlasst, dass der Bundesrat zu diesem Zeitpunkt noch nicht am Zustandekommen des Gesetzes mitgewirkt hatte und sich der Deutsche Bundestag am 16. Juni 2004 nochmals mit dem Gesetz befassen musste, als er den Einspruch des Bundesrats überstimmte. Ein schutzwürdiges Vertrauen entfällt nicht erst, wenn eine Änderung der Rechtslage sicher ist, sondern schon wenn mit einer Neuregelung ernsthaft zu rechnen ist.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist gleichfalls unbegründet. Die Beschwerdeführerin ist weder durch Art. 15 Abs. 3 RV-Nachhaltigkeitsgesetz noch durch § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. in ihren Grundrechten verletzt. Art. 15 Abs. 3 RV-Nachhaltigkeitsgesetz ist aus den unter I. dargelegten Gründen mit dem Grundgesetz vereinbar und kann daher Grundrechte der Beschwerdeführerin nicht verletzen. Aber auch § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. steht mit dem Grundgesetz in Einklang.
1. Ein Verstoß gegen Art. 14 GG sowie gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG kommt aus den unter I. dargelegten Gründen nicht in Betracht.
2. § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. verletzt nicht Art. 3 Abs. 3 GG. Eine Diskriminierung wegen der Heimat oder der Herkunft der Fremdrentenberechtigten bewirkt sie nicht. Die rentenrechtliche Behandlung dieser Personen liegt darin begründet, dass sie ihre Versicherungsbiografie in einem anderen Land als der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt haben; ihre Beiträge sind anderen Versicherungsträgern, ihre Beschäftigung einem anderen Wirtschafts- und Sozialsystem zugute gekommen (vgl. BVerfGE 116, 96 ≪130≫). Die unterschiedliche Behandlung ist daher allein in unterschiedlichen Versicherungsbiografien begründet und nicht in der Anwendung eines Merkmals, das im Sinne des Art. 3 Abs. 3 GG diskriminieren würde (vgl. BVerfGE 116, 96 ≪130≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 3. Juli 2006 – 1 BvR 1224/03 –, juris, Rn. 14; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 3. Juli 2006 – 1 BvR 476/02 –, n.v.).
3. Eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht ersichtlich. Wird durch eine Norm eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten, verletzt sie den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 100, 195 ≪205≫; 107, 205 ≪214≫; 109, 96 ≪123≫; stRspr). Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, dass hinsichtlich der Ungleichbehandlung an ein sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungsmerkmal angeknüpft wird. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitsgrundsätze reichen (vgl. BVerfGE 97, 271 ≪290≫; 99, 367 ≪388≫; 107, 27 ≪45≫ m.w.N.). Auf dem Gebiet des Sozialrechts ist dem Gesetzgeber eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen (vgl. BVerfGE 17, 210 ≪216≫; 77, 84 ≪106≫; 81, 156 ≪205≫).
a) Soweit die nach dem Fremdrentengesetz Berechtigten oder deren Hinterbliebene anders behandelt werden als die Versicherten, die ihr Versicherungsleben in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verbracht haben, ist die Ungleichbehandlung dadurch gerechtfertigt, dass sie im Gegensatz zu Letzteren keine eigenen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet haben. Sie werden zwar schlechter behandelt, soweit bei ihrer Rentenberechnung für ihre Arbeitsentgelte oder die ihrer verstorbenen Ehegatten nur bis zu 25 Entgeltpunkte berücksichtigt werden. Der Umstand, dass die eine Personengruppe eigene Beiträge gezahlt hat, die andere Personengruppe aber nicht, rechtfertigt indessen die unterschiedliche Höhe der Leistungsgewährung. Die durch das Fremdrentengesetz gewährte Begünstigung muss keine volle Gleichstellung mit denjenigen bewirken, die ein Versicherungsverhältnis zu einem Versicherungsträger in der Bundesrepublik Deutschland begründet hatten und haben (vgl. BVerfGE 29, 22 ≪33≫; 116, 96 ≪129 f.≫).
b) Im Vergleich zu früheren Bürgern der DDR, die ihr Arbeitsleben in der DDR verbracht und dort Rentenansprüche oder Rentenanwartschaften erworben, aber für diese Zeiten vor der Wiedervereinigung ebenfalls keine Beiträge an Rentenversicherungsträger der Bundesrepublik Deutschland gezahlt haben, liegt ebenfalls keine unzulässige Ungleichbehandlung vor. Jene werden zwar in das Rentensystem der Bundesrepublik Deutschland ohne Kürzung nach dem Fremdrentengesetz eingegliedert. Die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung folgt aber daraus, dass die beiden deutschen Staaten eine Einheit auch auf dem Gebiet der Sozialversicherung angestrebt und vereinbart haben. Ein zentraler Aspekt der Wiederherstellung der deutschen Einheit war die Angleichung der Lebensverhältnisse in beiden Teilen Deutschlands. Dazu gehörte ein einheitliches Rentenrecht (vgl. BVerfGE 116, 96 ≪130≫).
c) Die Kürzung nach § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n. F. ist im Übrigen auch insoweit mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, als sie aufgrund Art. 6 § 4b FANG nicht für Personen gilt, die bereits vor dem 7. Mai 1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben.
Dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (vgl. BVerfGE 3, 58 ≪148≫; 13, 31 ≪38≫; 58, 81 ≪126≫; 101, 239 ≪270≫; 117, 272 ≪301≫; 122, 151 ≪178≫). Voraussetzung ist allerdings, dass die Einführung eines Stichtags überhaupt notwendig und die Wahl des Zeitpunktes, orientiert am gegebenen Sachverhalt, vertretbar ist (vgl. BVerfGE 13, 31 ≪38≫; 58, 81 ≪126≫; 75, 78 ≪106≫; 101, 239 ≪270≫; 117, 272 ≪301≫; 123, 111 ≪128≫).
Bei der Wahl des Stichtags 7. Mai 1996 liegen diese Voraussetzungen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits wiederholt entschieden, dass es nicht zu beanstanden ist, wenn der Gesetzgeber danach differenziert, ob ein Versicherter bei Inkrafttreten einer Neuregelung bereits ein Vollrecht auf Rente erworben hat oder nicht (vgl. BVerfGE 58, 81 ≪126 f.≫; 75, 78 ≪106≫; 117, 272 ≪302≫). Da vor der Begründung des gewöhnlichen Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland kein Anspruch auf eine Rente nach dem Fremdrentengesetz besteht (§ 30 FRG; vgl. BVerfGE 116, 96 ≪121≫), betrifft die Neuregelung nur Personen, die bei Inkrafttreten des § 22b FRG (alter und neuer Fassung) noch keinen Rechtsanspruch auf die Gewährung einer Rente nach dem Fremdrentengesetz hatten. Der Zuzug markiert grundsätzlich den Zeitpunkt, zu dem ein Fremdrentenberechtigter frühestens eine Anwartschaft auf eine Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung und damit eine gefestigte Rechtsposition statt nur einer bloßen Erwartung erwirbt. Nach diesem Zeitpunkt zu differenzieren, ist zulässig (vgl. BVerfGE 51, 257 ≪267≫). Es kann daher nicht beanstandet werden, wenn der Gesetzgeber nur diejenigen Berechtigten der Neuregelung unterwirft, die erst nach deren Inkrafttreten neu zugezogen sind.
Auch die Wahl des Zeitpunkts, nämlich der Tag des Kabinettsbeschlusses vom 7. Mai 1996, ist vertretbar. Damit wird an das Inkrafttreten des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a. F. angeknüpft. Dieser Anknüpfung lag ein vernünftiger Sachgrund zugrunde. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sind die entsprechenden Gesetzesvorhaben der Öffentlichkeit bekannt geworden. Ein späteres Inkrafttreten hätte Teile des betroffenen Personenkreises veranlassen können, die Zeit zwischen Kabinettsbeschluss und Inkrafttreten des Gesetzes zu nutzen, in die Bundesrepublik Deutschland auszusiedeln, um noch in den Genuss der ungekürzten Leistungen zu kommen (vgl. auch BVerfGK 8, 338 ≪341 f., 343≫).
D.
Diese Entscheidung ist einstimmig ergangen.
Unterschriften
Kirchhof, Hohmann-Dennhardt, Bryde, Gaier, Eichberger, Schluckebier, Masing, Paulus
Fundstellen
Haufe-Index 2381305 |
BVerfGE 2011, 369 |