Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
1. Der Beschwerdeführer wurde von der zuständigen Rechtsanwaltskammer wegen eines Eintrags in den gelben Seiten des Telefonbuchs gerügt. Der Eintrag hatte folgendes Format und lautete wie folgt:
Der Beschwerdeführer räumt ein, dass sein Hinweis auf eine erfolgreiche Tätigkeit den Boden sachlicher Information verlässt. Er hält sich aber für befugt, die von ihm langjährig bearbeiteten Materien aufzuführen, auch wenn mehr als fünf Rechtsgebiete benannt werden. Die Rüge verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG.
2. Die Verfassungsbeschwerde gegen die Rüge und die sie bestätigenden berufsgerichtlichen Entscheidungen ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der von dem Beschwerdeführer als verletzt gerügten Rechte angezeigt. Die Verhängung der Rüge ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, denn der Beschwerdeführer hat eingeräumt, seine Werbung habe gegen das Sachlichkeitsgebot gemäß § 43b der Bundesrechtsanwaltsordnung verstoßen.
3. Soweit dem Beschwerdeführer zusätzlich vorgeworfen wird, gegen § 7 Abs. 1 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (im Folgenden: BORA) verstoßen zu haben, fallen diese Ausführungen letztlich nicht ins Gewicht. Allerdings wurde in den angegriffenen Entscheidungen nicht in Erwägung gezogen, dass es sich bei den Angaben “Miet- und Wohnungseigentumsrecht, privates Baurecht, Familien- und Erbrecht” um Präzisierungen des allgemeinen zivilrechtlichen Tätigkeitsschwerpunkts handeln könnte; dies wäre zulässig (vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, NJW 2001, S. 1926 f.). Die Vorgaben der Berufsordnung hinsichtlich der Höchstzahl möglicher Angaben wären nicht überschritten.
Bei der Anwendung von § 7 Abs. 1 BORA fehlen auch Ausführungen dazu, ob die Vorschrift den Anforderungen genügt, die in einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Februar 2002 (NJW 2002, S. 877) formuliert worden sind. Danach legt bei der Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen an einen Berufsverband der Mitgliedstaat selbst die Kriterien des Allgemeininteresses und die wesentlichen Grundsätze fest, die bei der Normsetzung von den öffentlichen Kammern zu beachten sind. Bei Auslegung und Anwendung von Satzungsrecht ist daher auch mit Rücksicht auf Art. 12 Abs. 1 GG eine strikte Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unter konkreter Benennung der vom parlamentarischen Gesetzgeber vorgegebenen Gemeinwohlbelange gefordert. Es hätte jedenfalls einer näheren Begründung bedurft, dass § 7 Abs. 1 BORA diesen Anforderungen genügt.
Schließlich werden die Berufsgerichte auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu beachten haben, wonach bei der Auslegung von Vorschriften über ein Werbeverbot die Meinungsfreiheit des Betroffenen und das Informationsbedürfnis der Mandanten zu berücksichtigen sind (vgl. Urteil vom 17. Oktober 2002 im Verfahren Stambuk gegen Bundesrepublik Deutschland – Az. 37928/97). Ein Abweichen vom europäischen Standard ist auch im Hinblick auf die Verbürgungen des Grundgesetzes rechtfertigungsbedürftig.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Unterschriften
Jaeger, Hömig, Bryde
Fundstellen
Haufe-Index 874998 |
NJW 2003, 344 |
NVwZ 2003, 472 |
ZAP 2003, 60 |
BRAK-Mitt. 2003, 18 |
KammerForum 2003, 153 |