Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Alimentierung deutscher Eisenbahnbeamter, die auf Schweizer Gebiet Dienst geleistet haben. Der Beschwerdeführer erstrebt eine erhöhte Festsetzung seiner Versorgungsbezüge in Schweizer Franken auf Basis der so genannten “Frankenbesoldung”.
I.
1. Der im Jahr 1957 geborene Beschwerdeführer trat 1973 in den Dienst der Deutschen Bundesbahn ein und wurde im Jahr 1984 zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Nach seiner Versetzung zum Badischen Bahnhof in Basel und der daraufhin genehmigten Wohnsitznahme in der Schweiz wurden ihm ab Oktober 1989 Besoldungsbezüge in Schweizer Franken auf Grundlage der “Vereinbarung über die deutschen Eisenbahnstrecken auf Schweizer Gebiet” vom 25. August 1953 gewährt. Im Zuge der Privatisierung der Deutschen Bahn wurde der Beschwerdeführer im Dezember 1996 der Restrukturierungsabteilung der Zentralbereiche Karlsruhe/Stuttgart zugewiesen; Frankenbesoldung wurde jedoch weiterhin gewährt. Seit April 1997 war der Beschwerdeführer dienstunfähig erkrankt und wurde deshalb zum Ablauf des Januar 1999 in den Ruhestand versetzt.
2. Das Ruhegehalt des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid vom 7. Juli 1999 auf 2.500,40 DM festgesetzt; eine “Frankenversorgung” lehnte das Bundeseisenbahnvermögen dabei ab. Nur ein Beamter, der mit Anspruch auf Frankenbesoldung in den Ruhestand versetzt worden sei, habe gemäß Art. 9 der “Vereinbarung über die deutschen Eisenbahnstrecken auf Schweizer Gebiet” vom 25. August 1953 auch Anspruch auf die Gewährung von Frankenversorgung. Der Beschwerdeführer sei jedoch zum Dezember 1996 in die Restrukturierungsabteilung der Zentralbereiche Karlsruhe/Stuttgart versetzt worden und damit ab diesem Zeitpunkt auch nicht mehr bei einer Dienststelle der deutschen Eisenbahnstrecken auf Schweizer Gebiet beschäftigt gewesen.
3. Widerspruch und Klage blieben erfolglos; letztinstanzlich wies das Bundesverwaltungsgericht die Revision durch Urteil vom 1. April 2004 zurück. Ausweislich des Eingangsstempels ging die Entscheidung den Bevollmächtigten des Beschwerdeführers am 28. Juni 2004 zu.
Zur Begründung führten die Gerichte aus, für die begehrte Frankenversorgung fehle es bereits an einer gesetzlichen Grundlage. Es gehöre jedoch zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, dass ein Besoldungs- oder Versorgungsanspruch nur nach Maßgabe eines Gesetzes bestehe. Für das vom Beschwerdeführer geltend gemachte “Gewohnheitsrecht” verbleibe daher kein Raum. Soweit der Beschwerdeführer auf die “Vereinbarung über die deutschen Eisenbahnstrecken auf Schweizer Gebiet” vom 25. August 1953 verwiesen habe, sei diese nicht durch Zustimmungsgesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG umgesetzt worden und erfülle damit auch nicht die Anforderungen des Gesetzesvorbehalts. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus Art. IX § 17 Abs. 2 Satz 2 des Zweiten Gesetzes zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern vom 23. Mai 1975 – 2. BesVNG – (BGBl I S. 1173 ≪1249≫).
II.
Mit der am 28. Juli 2004 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 33 Abs. 5 und Art. 103 Abs. 1 GG.
1. Er ist der Auffassung, die angegriffenen Entscheidungen verstießen gegen die durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Die völkerrechtlich verbindliche Verpflichtung zur Gewährung von Frankenbesoldung und -versorgung auf Grund der “Vereinbarung über die deutschen Eisenbahnstrecken auf Schweizer Gebiet” vom 25. August 1953 gewährleiste den kaufkraftausgleichenden Mehrverdienst in Schweizer Franken als hergebrachten Grundsatz der betreffenden Beamtengruppe nicht nur für den Zeitraum des aktiven Dienstes, sondern auch für den Zeitraum des Ruhestandes. Anders als bei anderen Beamten, denen ein ausländischer Dienstort nur vorübergehend zugewiesen werde, sei bei der Vereinbarung zu Grunde gelegt worden, dass die betroffenen deutschen Beamten ihren Lebensmittelpunkt auf Dauer in die Schweiz verlegten und ihnen daher auch eine Rückkehr im Ruhestand nicht zugemutet werden könne.
Entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts müsse deshalb die Bestimmung in Art. IX § 17 Abs. 2 Satz 2 des 2. BesVNG so ausgelegt werden, dass auch die entsprechende Frankenversorgung im Ruhestand erfasst werde. Nur so könne der Tatsache Rechnung getragen werden, dass diese Bestimmung gerade auf die Vereinbarung über die deutschen Eisenbahnstrecken auf Schweizer Gebiet zugeschnitten sei. Der völkerrechtliche Vertrag habe eine besoldungs- und versorgungsrechtliche Gleichbehandlung der Eisenbahnbeamten unabhängig von ihrer deutschen oder schweizerischen Staatsangehörigkeit angestrebt. Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folgen wolle, so ergebe sich die Rechtsgrundlage für den begehrten Anspruch des Beschwerdeführers aus Gewohnheitsrecht. Denn die Frankenversorgung sei völkerrechtlich verbürgt und dementsprechend seit über 50 Jahren auch praktiziert worden.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg verletze überdies die Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 EMRK. Angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Falles habe der Verwaltungsgerichtshof auch im Berufungsverfahren nicht auf eine mündliche Verhandlung verzichten dürfen. Streitig seien nicht lediglich Rechtsfragen gewesen, vielmehr sei der Gerichtshof zur weiteren Sachaufklärung über die jahrzehntelang gewohnheitsrechtlich verbürgte Frankenversorgung verpflichtet gewesen.
2. Das Bundesverfassungsgericht hat der Bundesregierung, dem Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts und dem Bundeseisenbahnvermögen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
a) Für die Bundesregierung hat das Bundesministerium des Inneren ausgeführt, die zulässige Verfassungsbeschwerde sei unbegründet. Bei der “Vereinbarung über die deutschen Eisenbahnstrecken auf Schweizer Gebiet” vom 25. August 1953 handle es sich um ein Ressortabkommen gemäß § 3 der Richtlinien für die Behandlung völkerrechtlicher Verträge, eine Befassung des Deutschen Bundestages habe nicht stattgefunden. Der Vertrag sei zwar völkerrechtlich verbindlich und am 1. September 1953 in Kraft getreten; der Beschwerdeführer könne sich auf die dort in Art. 9 Abs. 1 getroffene Regelung aber gleichwohl nicht berufen, weil der völkerrechtliche Vertrag in der Bundesrepublik Deutschland nicht umgesetzt worden sei. Die Ausgestaltung der Alimentierungspflicht unterliege dem Gesetzesvorbehalt, so dass ein Anspruch auf Versorgung außerhalb der Festlegungen des Gesetzgebers ausgeschlossen sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus Art. IX § 17 Abs. 2 Satz 2 des 2. BesVNG, weil diese Vorschrift an einen “Dienstort” anknüpfe und daher nur für aktive Beamte anwendbar sei. Hinsichtlich der “Vereinbarung über die deutschen Eisenbahnstrecken auf Schweizer Gebiet” vom 25. August 1953 sei daher nur die in Art. 6 Abs. 4 geregelte Besoldung, nicht aber die in Art. 9 Abs. 1 geregelte Versorgung erfasst.
b) Der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts hat auf die Darlegungen des angegriffenen Urteils verwiesen.
c) Das Bundeseisenbahnvermögen bekräftigt die Auffassung, dass der Beschwerdeführer bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen der Frankenversorgung nicht erfülle, was von den Verwaltungsgerichten bislang nicht vertieft geprüft worden sei. Abgesehen hiervon bestehe jedoch eine ausreichende Rechtsgrundlage für die streitige Frankenversorgung. Art. IX § 17 Abs. 2 Satz 2 des 2. BesVNG habe die “Aufrechterhaltung” völkerrechtlich geregelter Zulagen angeordnet, wobei sich diese Bestimmung ausweislich des Berichts des Innenausschusses ausdrücklich auf die “Vereinbarung über die deutschen Eisenbahnstrecken auf Schweizer Gebiet” vom 25. August 1953 bezogen habe. Eine derartige Fortgeltungsklausel setze aber bereits begrifflich einen bestehenden Anspruch voraus, was belege, dass der Gesetzgeber selbst von einer innerstaatlichen Anwendbarkeit der Alimentierungsregelungen ausgegangen sei. Hinweise dafür, dass mit dem Gesetzgebungsverfahren des Jahres 1975 die praktizierte Frankenversorgung habe entfallen sollen, seien jedoch nicht ersichtlich. Vielmehr sei wahrscheinlich, dass eine ausdrückliche Regelung der Versorgung schlicht übersehen worden sei und der Gesetzgeber mit der Fortgeltungsanordnung den gesamten Inhalt des völkerrechtlichen Vertrages habe erfassen wollen.
III.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24 ff.≫; 96, 245 ≪248≫). Sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die den angegriffenen Entscheidungen zu Grunde liegende Auslegung des Art. IX § 17 Abs. 2 Satz 2 des 2. BesVNG ist in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Sie ist mit den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 5 GG (1.), dem Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG (2.) und den vom Bundesverfassungsgericht zu prüfenden Anforderungen des Grundsatzes der völkerrechtsfreundlichen Auslegung (3.) zu vereinbaren.
1. Die angegriffenen Entscheidungen verstoßen nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG.
a) Der hergebrachte Grundsatz der Beamtenversorgung, nach dem unter Wahrung des Leistungsprinzips und Anerkennung aller Beförderungen das Ruhegehalt aus dem letzten Amt zu berechnen ist, prägt das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beamten und gehört zu den Grundlagen, auf denen die Einrichtung des Berufsbeamtentums ruht (vgl. BVerfGE 11, 203 ≪Leitsatz 1≫). Zu den vom Gesetzgeber gemäß Art. 33 Abs. 5 GG zu beachtenden Grundsätzen zählt daher, dass das Ruhegehalt anhand der Dienstbezüge des letzten vom Beamten bekleideten Amts zu berechnen ist (vgl. BVerfGE 61, 43 ≪57 f.≫; 114, 258 ≪286≫).
Hieraus folgt jedoch nicht, dass alle Bestandteile der Beamtenbesoldung ruhegehaltfähig sein müssten (vgl. BVerfGE 44, 227 ≪244 f.≫). Denn die beamtenrechtliche Alimentation ist amts-, nicht personenbezogen (vgl. BVerfGE 76, 256 ≪323 f.≫). Maßstab für die Überprüfung der Angemessenheit der Bezüge ist daher das vom Beamten ausgeübte oder – im Fall des Ruhestandsbeamten – zuletzt bekleidete Amt (vgl. BVerfGE 11, 203 ≪210, 212≫; 14, 30 ≪31≫; 61, 43 ≪57 f.≫). Der Dienstherr ist verpflichtet, den Beamten nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Unterhalt zu gewähren (vgl. BVerfGE 8, 1 ≪14≫; 21, 329 ≪345≫; 39, 196 ≪200 f.≫; 44, 249 ≪265 f.≫; 70, 69 ≪80≫; 107, 218 ≪237≫). Dies ist zugleich Ausdruck des in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Leistungsgrundsatzes (vgl. BVerfGE 39, 196 ≪201≫; 76, 256 ≪324 f.≫). Mit einer Beförderung werden Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beamten förmlich anerkannt. Er wird Inhaber eines Amtes mit größerem Verantwortungsbereich und damit zugleich aus der Gruppe derjenigen Beamten herausgehoben, die vorher mit ihm das gleiche, geringer eingestufte Amt innehatten.
Zulagen, die an besondere Lebenslagen anknüpfen – wie etwa Familien- oder Auslandszuschläge – dagegen sind nicht auf das Amt bezogen, sie hängen in ihrem Bestand vielmehr vom Fortbestehen der tatbestandlich vorausgesetzten Lage ab. Die vom Bundesverwaltungsgericht vertretene Auffassung, dass solche Besoldungsbestandteile bei der Festsetzung der Höhe der Versorgungsbezüge unberücksichtigt bleiben können, die dienstlich bedingte höhere Lebenshaltungskosten ausgleichen sollen, steht daher in Einklang mit den Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG. Entfällt der dienstliche Grund für die Zahlung derartiger Zulagen, so ist die Weiterberücksichtigung dieser Besoldungsbestandteile als Bemessungsgrundlage für die Versorgungsbezüge nicht durch den Alimentationsgrundsatz geboten. Ein über den Ausgleich der höheren Lebenshaltungskosten in der Schweiz hinausgehender Zweck der “Frankenbesoldung und -versorgung”, der eine andere rechtliche Beurteilung erforderlich machen würde, ist nicht ersichtlich.
b) Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung ist der Kaufkraftausgleich im Ruhestand auch nicht als hergebrachter Grundsatz der betreffenden Beamtengruppe gewährleistet.
Eine derartige Durchbrechung des Gesetzlichkeitsgrundsatzes ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwar nicht von vornherein ausgeschlossen. Denn im Beschluss des Zweiten Senats vom 7. November 1979 hat das Gericht die – gesetzlich nicht geregelte – Zusage des Rechts auf Privatliquidation für Chefärzte gebilligt. Die Rechtfertigung für derartige Vereinbarungen ergebe sich aus dem “hergebrachten Grundsatz des Rechts der leitenden Krankenhausärzte, demzufolge das Amt, die dienstliche und sonstige fachliche Tätigkeit sowie die die Einkünfte der Chefärzte aus dieser den Krankenhausbereich und die Dienststellung berührenden Betätigung in besonderen Einstellungsvereinbarungen und durch besondere Zusicherungen rechtsverbindlich geregelt werden können” (BVerfGE 52, 303 ≪335≫).
Ausreichende Anhaltspunkte für einen hergebrachten Grundsatz zu Gunsten der Frankenversorgungsempfänger sind jedoch nicht ersichtlich. Auch die Beschwerdeschrift erschöpft sich insoweit in der Bezugnahme auf die Vereinbarung des Jahres 1953, die schon in zeitlicher Hinsicht zu kurz greift. Denn mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG ist der Kernbestand von Strukturprinzipien gemeint, die allgemein oder doch ganz überwiegend während eines längeren, traditionsbildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewährt worden sind (vgl. etwa BVerfGE 107, 218 ≪237≫; stRspr).
2. Die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogene Auslegung des Art. IX § 17 Abs. 2 Satz 2 des 2. BesVNG entspricht auch den Vorgaben des Willkürverbots aus Art. 3 Abs. 1 GG.
a) Da die “Vereinbarung über die deutschen Eisenbahnstrecken auf Schweizer Gebiet” vom 25. August 1953 nicht ins deutsche Recht umgesetzt worden ist, kann sich die Grundlage für den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruch nur aus Art. IX § 17 Abs. 2 Satz 2 des 2. BesVNG ergeben. Denn das einfach-rechtlich in § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz – BeamtVG – geregelte Gesetzlichkeitsprinzip der Beamtenversorgung ist seinerseits als hergebrachter Grundsatz im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG geschützt (vgl. BVerfGE 8, 1 ≪18≫; 8, 28 ≪35≫; 81, 363 ≪386≫). Die Frage, ob der Anspruch auf Frankenversorgung auf Art. IX § 17 Abs. 2 Satz 2 des 2. BesVNG gestützt werden kann, ist daher von entscheidender Bedeutung. Diese Bestimmung lautet:
Sieht ein völkerrechtlicher Vertrag für einen Dienstort im Ausland die Gewährung einer Zulage vor, so bleibt die Zulage für Beamte mit dienstlichem Wohnsitz an diesem Ort aufrechterhalten.
b) Auslegung und Anwendung einfachen Rechts sind aber Sache der dafür zuständigen Fachgerichtsbarkeit und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen. Nur bei einer Verletzung von spezifischem Verfassungsrecht durch die Gerichte kann das Bundesverfassungsgericht im Rahmen des Verfassungsbeschwerdeverfahrens eingreifen (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫; stRspr). Ein derartiger Verstoß ist aber nicht ersichtlich; insbesondere verletzt die angegriffene Entscheidung nicht Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Bestimmung in Art. IX § 17 Abs. 2 Satz 2 des 2. BesVNG dahin ausgelegt, dass von ihr nur die Besoldung aktiver Beamter, nicht aber die Versorgung der Ruhestandsbeamten erfasst wird. Zur Begründung wird zunächst auf den Wortlaut verwiesen, weil nur aktive Beamte den in der Vorschrift in Bezug genommenen “Dienstort” im Ausland haben könnten. Darüber hinaus führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass auch kein einleuchtender Grund für die Gewährung erhöhter Versorgungsleistungen an Ruhestandsbeamte bestehe. Denn die dienstliche Veranlassung und das öffentliche Interesse rechtfertigten nur die Mehraufwendungen, die durch die aktive Diensttätigkeit im Ausland entstünden. Gründe, die erhöhten Versorgungsleistungen auch im Ruhestand zu gewähren, seien demgegenüber nicht ersichtlich. Insbesondere stehe dies auch in Widerspruch zum sonst geltenden System der Beamtenversorgung, denn entsprechende Zuschläge seien nach der Systematik des Beamtenrechts niemals ruhegehaltfähig, weil der Auslandsaufenthalt eines Ruhestandsbeamten nicht mehr dienstbedingt sein könne.
Diese Ausführungen sind in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Das Bundesverwaltungsgericht stützt seine Auffassung auf nachvollziehbare und vertretbare Erwägungen, die mit Argumenten des Wortlauts, des Sinnzusammenhangs und der Gesamtsystematik der Beamtenversorgung unterfüttert sind. Die Auffassung entbehrt daher nicht jeden sachlichen Grundes (vgl. BVerfGE 87, 273 ≪279≫).
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers lässt sich auch der Entstehungsgeschichte ein eindeutiger Hinweis auf eine etwaige Absicht des Gesetzgebers, auch die Versorgungsempfänger zu begünstigen, nicht entnehmen. Denn in den Gesetzesmaterialien ist ebenfalls nur von “Bundesbahnbeamten mit dienstlichem Wohnsitz in der Schweiz”, nicht aber von dort wohnhaften Ruhestandsbeamten oder Versorgungsempfängern die Rede (BTDrucks 7/3249, S. 9). Falls der Gesetzgeber mit Art. IX § 17 Abs. 2 Satz 2 des 2. BesVNG das Ziel verfolgt haben sollte, seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen entsprechend auch eine Regelung für die Versorgungsempfänger zu treffen, hat ein derartiges Bestreben weder in der Norm selbst noch in ihrer Begründung einen Niederschlag gefunden, der als Grundlage einer dem Beschwerdeführer günstigen Auslegung dienen könnte.
3. Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus dem Grundsatz der völkerrechtsfreundlichen Auslegung.
a) Das Grundgesetz legt die deutsche öffentliche Gewalt programmatisch auf die internationale Zusammenarbeit (Art. 24 GG) und die europäische Integration (Art. 23 GG) fest und bindet die Fachgerichte gemäß Art. 59 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG unmittelbar an die von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen und innerstaatlich umgesetzten völkerrechtlichen Verträge. Es kennt jedoch – anders als etwa die französische Verfassung (vgl. dazu Oellers-Frahm, Die Beachtung völkerrechtlicher Verpflichtungen in Frankreich, in: Festschrift für Helmut Steinberger, 2002, S. 865 ≪868 f.≫) – keine Vorrangregelung für völkerrechtliche Verträge, so dass die abweichende Regelung eines später erlassenen Gesetzes nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Das Risiko der Kollision von gesetzlichen Bestimmungen mit bestehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen wird aber auch in der deutschen Rechtsordnung durch die völkerrechtskonforme Auslegung des staatlichen Rechts nach Möglichkeit vermieden (vgl. etwa Tomuschat, in: HStR VII, 1992, § 172 Rn. 35). Nach diesem Grundsatz sind Gesetze im Rahmen geltender methodischer Standards im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland auszulegen und anzuwenden, selbst wenn sie zeitlich später erlassen worden sind. Denn es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber, sofern er dies nicht klar bekundet hat, von völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland abweichen oder die Verletzung solcher Verpflichtungen ermöglichen will (vgl. BVerfGE 74, 358 ≪370≫). In ständiger Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht daher betont, dass Verletzungen des Völkerrechts, die in der fehlerhaften Anwendung oder Nichtbeachtung völkerrechtlicher Normen durch deutsche Gerichte liegen und eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit der Bundesrepublik begründen könnten, nach Möglichkeit zu verhindern oder zu beseitigen seien (vgl. BVerfGE 58, 1 ≪34≫; 59, 63 ≪89≫; 109, 13 ≪23≫; 111, 307 ≪328≫).
b) Das Gebot der völkerrechtsfreundlichen Auslegung ist allerdings kein absolutes. Die Völkerrechtsfreundlichkeit entfaltet Wirkung nur im Rahmen des demokratischen und rechtsstaatlichen Systems des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 111, 307 ≪318≫). Diese Grenze wird durch die Entscheidung des Grundgesetzes verdeutlicht, in deutsches Recht umgesetzte völkerrechtliche Verträge nur mit dem Rang eines Bundesgesetzes auszustatten und auch die allgemeinen Regeln des Völkerrechts im Rang unter der Verfassung einzuordnen. Im Grundsatz gilt deshalb, dass das Bundesverfassungsgericht die fachgerichtliche Auslegung und Anwendung völkerrechtlicher Abkommen ebenso wie die Frage, ob eine völkerrechtsfreundliche Auslegung im konkreten Fall in Betracht kommen kann, grundsätzlich nur daraufhin überprüft, ob sie willkürlich sind, auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts beruhen oder mit anderen verfassungsrechtlichen Vorgaben unvereinbar sind (vgl. BVerfGE 18, 441 ≪450≫; 94, 315 ≪328≫; 111, 307 ≪328≫).
Eine verfassungsunmittelbare Pflicht der staatlichen Organe zur Berücksichtigung des Völkerrechts, deren Verletzung vor dem Bundesverfassungsgericht in vollem Umfang gerügt werden könnte, ist indes nicht unbesehen für jede beliebige Bestimmung des Völkerrechts anzunehmen, sondern nur, soweit dies dem in den Art. 23 bis Art. 26 GG sowie in den Art. 1 Abs. 2, Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG niedergelegten Konzept des Grundgesetzes entspricht (vgl. BVerfGE 112, 1 ≪25≫). Diese Bereiche sind vorliegend jedoch nicht betroffen. Eine weitere Erstreckung scheidet hier aber schon deshalb aus, weil die völkerrechtliche Vereinbarung nicht ins deutsche Recht umgesetzt worden ist und damit auch der Ansatzpunkt des Art. 59 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. hierzu Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 19. September 2006 – 2 BvR 2132/01 und 2 BvR 348/03 –) verschlossen ist.
Darüber hinaus wäre auch mit einer völkerrechtsfreundlichen Auslegung des Art. IX § 17 Abs. 2 Satz 2 des 2. BesVNG die konkrete Höhe der Versorgungsbezüge nicht zu ermitteln. Art. 9 der völkerrechtlichen Vereinbarung sieht lediglich vor, dass die Deutsche Bundesbahn die Versorgungsbezüge “in angemessener Weise den Lebenshaltungskosten in der Schweiz angepasst halten” wird. Es ist offensichtlich, dass allein aus dieser Bestimmung die konkreten Versorgungsbezüge nicht festgesetzt werden können.
4. Ob dem Beschwerdeführer angesichts der fehlenden Umsetzung des Art. 9 der “Vereinbarung über die deutschen Eisenbahnstrecken auf Schweizer Gebiet” vom 25. August 1953 ins deutsche Recht ein Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der Amtshaftung zustehen kann (vgl. zur grundsätzlichen Möglichkeit der Drittgerichtetheit unterlassener legislatorischer Maßnahmen etwa BGHZ 134, 30 ≪32≫), ist vorliegend nicht zu entscheiden. Weder ist derartiges mit der Verfassungsbeschwerde vorgetragen noch ist der hierfür gegebene Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten erschöpft.
5. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Hassemer, Di Fabio, Landau
Fundstellen