Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzesvorbehalt für Besoldung und Versorgung. Festsetzung auch der Höhe der Versorgung durch Gesetz. auf schweizerischem Gebiet eingesetzte Bedienstete der Deutschen Bahn. sog. Frankenbesoldung und Frankenversorgung. Gewohnheitsrecht als Rechtsgrundlage für höhere Versorgung. Alimentationsprinzip. Beschlussverfahren nach § 130a VwGO. Prinzip der Öffentlichkeit des Verfahrens. Ausnahmen für Rechtsmittelzug
Leitsatz (amtlich)
Die ehemals beim Betrieb der deutschen Eisenbahn auf schweizerischem Gebiet eingesetzten Beamten der Deutschen Bahn, die nach ihrem Eintritt in den Ruhestand ihren Wohnsitz in der Schweiz beibehalten, haben keinen Anspruch auf eine das Ruhegehalt nach dem Beamtenversorgungsgesetz übersteigende sog. Frankenversorgung.
Normenkette
EMRK Art. 6; GG Art. 33 Abs. 5, Art. 103 Abs. 1; BeamtVG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 3; BBesG § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 1; 2. BesVNG Art. IX § 17 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 24.01.2003; Aktenzeichen 4 S 1566/01) |
VG Freiburg i. Br. (Urteil vom 05.03.2001; Aktenzeichen 10 K 838/00) |
Nachgehend
Tenor
Die Revision des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 24. Januar 2003 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Der am 1. Februar 1999 in den Ruhestand getretene Kläger hat während der letzten dem Ruhestand vorausgehenden Jahre Dienstbezüge in Form der sog. Frankenbesoldung erhalten. Als Frankenbesoldung bezeichnet der Beklagte die Dienstbezüge, die er den in der Schweiz eingesetzten und dort auch wohnenden Bediensteten der Deutschen Bundesbahn bzw. Deutschen Bahn gewährt und die entsprechend den Bestimmungen der “Vereinbarung über die deutschen Eisenbahnstrecken auf Schweizer Gebiet” festgesetzt und in Schweizer Währung ausgezahlt werden. Die genannte Vereinbarung ist am 25. August 1953 zwischen dem Bundesminister für Verkehr und dem Vorsteher des Eidgenössischen Post- und Eisenbahndepartements abgeschlossen worden.
Der Kläger war zum 28. Oktober 1989 zum … Bahnhof in Basel versetzt, die Wohnsitznahme in der Schweiz war ihm gestattet worden. Zum 1. Dezember 1996 wurde er vom … Bahnhof in Basel in die … Zentralbereiche Karlsruhe/Stuttgart der Deutschen Bahn AG versetzt. Weil er seine Wohnung in der Schweiz wegen der geltenden Kündigungsfristen nicht sogleich aufgeben konnte, gewährte ihm der Beklagte weiterhin Frankenbesoldung. Vom 1. Dezember 1996 bis zum April 1997 verrichtete der Kläger in Karlsruhe – bei überwiegenden Urlaubs- und Krankheitszeiten – Aushilfsarbeiten. Seit dem 23. April 1997 war er dienstunfähig krank und wurde deshalb mit Ablauf des 31. Januar 1999 in den Ruhestand versetzt.
Mit Bescheid vom 7. Juli 1999 setzte der Beklagte das Ruhegehalt des Klägers auf 2 500,40 DM fest und lehnte eine “Frankenversorgung” ab. Der Widerspruch und die Klage hatten keinen Erfolg.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Besoldung und Versorgung der Beamten dürften nur nach Maßgabe eines verfassungsmäßigen Gesetzes gewährt werden. Für einen Anspruch auf eine der Höhe nach von den Regelungen des Beamtenversorgungsgesetzes abweichende und in Schweizer Franken zu zahlende Versorgung gebe es keine gesetzliche Grundlage. Art. 9 Abs. 1 der “Vereinbarung über die Deutschen Eisenbahnstrecken auf Schweizer Gebiet” sei kein Gesetz, ebenso wenig genüge das zu dieser Vertragsbestimmung ergangene Schreiben der Hauptverwaltung der ehemaligen Deutschen Bundesbahn vom 30. Dezember 1983 in Verbindung mit der “Arbeitsunterlage” vom 1. Dezember 1983. Aus Gewohnheitsrecht könne der Kläger gleichfalls keinen Anspruch auf eine Versorgung herleiten, die vom Beamtenversorgungsgesetz abweiche.
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Er stellt den Antrag,
den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 24. Januar 2003 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 5. März 2001 sowie die Bescheide des Beklagten vom 7. Juli 1999 und 1. März 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die dem Kläger ab dem 1. Februar 1999 zustehende Beamtenversorgung als “Frankenversorgung” auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 1 der Vereinbarung über die Deutschen Eisenbahnstrecken auf Schweizer Gebiet vom 25. August 1953 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Seiner Ansicht nach hat zwar der Besoldungsgesetzgeber mit der Regelung des Art. IX § 17 Abs. 2 Satz 2 des Zweiten Gesetzes zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern vom 23. Mai 1975 – 2. BesVNG – (BGBl I S. 1173) die Festlegungen in Art. 9 Abs. 1 der Vereinbarung vom 25. August 1953 zur Besoldung und Versorgung der auf Schweizer Gebiet tätigen Beamten anerkannt, so dass diesen Festlegungen die Qualität einer gesetzlichen Norm zukomme. Der Kläger habe aber keinen Anspruch auf Versorgung nach Maßgabe des Art. 9 Abs. 1 der Vereinbarung, weil er beim Eintritt in den Ruhestand nicht mehr auf Schweizer Gebiet eingesetzt gewesen sei. Er sei zum 1. Dezember 1996 nach Karlsruhe versetzt worden und habe deshalb keinen Anspruch auf Frankenbesoldung, der Voraussetzung für eine Frankenversorgung sei, mehr gehabt. Nur weil er damals seinen Wohnsitz in der Schweiz beibehalten habe, sei ihm, allerdings aus bloßer Kulanz, auch in dieser Zeit die Frankenbesoldung gezahlt worden.
Der Vertreter des Bundesinteresses verneint einen Anspruch auf Frankenversorgung. Selbst wenn aufgrund der Bezugnahme auf die Besoldung nach der Vereinbarung vom 25. August 1953 in Art. IX § 17 Abs. 2 Satz 2 2. BesVNG eine gesetzeskonforme Grundlage für die Frankenbesoldung vorhanden wäre, so fehle es jedenfalls an einer gesetzlichen Vorschrift, wonach diese Besoldung ruhegehaltfähig ist.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil verletzt kein revisibles Recht.
Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, und den Grundsatz des öffentlichen Verfahrens, Art. 6 EMRK, nicht verletzt.
Der Verwaltungsgerichthof konnte nach § 130 a VwGO durch Beschluss entscheiden, da er die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet gehalten und eine mündliche Verhandlung nicht als erforderlich angesehen hat. Zu dieser Verfahrensweise hat er den Kläger gemäß § 130 a Satz 2, § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO vorher, nämlich durch Schreiben vom 23. Dezember 2002 angehört. Die ablehnende Stellungnahme des Klägers vom 13. Januar 2003 erforderte, da mit ihr weder ein Beweisantrag gestellt noch der bisherige Sachvortrag in erheblicher Weise ergänzt oder erweitert wurde, keine erneute Anhörungsmitteilung (vgl. Beschluss vom 21. Januar 2000 – BVerwG 9 B 614.99 – Buchholz 310 § 130 a VwGO Nr. 46 m.w.N.).
Der Verwaltungsgerichtshof war nicht gehalten, wegen seiner ursprünglichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, auf die er zuvor die Zulassung der Berufung gestützt hatte, das ihm durch § 130 a VwGO eröffnete Ermessen zugunsten einer Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung auszuüben. Die inzwischen gewonnene Erkenntnis, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist, schloss eine Entscheidung im Beschlussverfahren nach § 130 a VwGO nicht aus (vgl. Beschluss vom 3. Februar 1999 – BVerwG 4 B 4.99 – Buchholz 310 § 130 a Nr. 33 und vom 1. März 2002 – BVerwG 1 B 358.01 – a.a.O. Nr. 57).
Die Verfahrensweise widerspricht auch nicht der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. Urteile vom 22. Februar 1984 – EuGRZ 1985, S. 229; vom 29. Oktober 1991 – 22/1990/213/275 – NJW 1992, S. 1813 und vom 21. September 1993 – EuGRZ 1995, 537) und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 12. März 1999 – BVerwG 4 B 112.98 – Buchholz 310 § 130 a Nr. 35) erlaubt Art. 6 EMRK nach einer mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz den Verzicht auf mündliche Verhandlung in der zweiten Instanz jedenfalls dann, wenn eine mündliche Verhandlung auch in dieser Instanz wegen der Besonderheiten des Rechtsmittelverfahrens nicht erforderlich ist. Eine derartige Besonderheit besteht auch darin, dass im Rechtsmittelzug nur noch über Rechtsfragen zu befinden ist, also das Berufungsgericht den Sachverhalt nicht anders als das erstinstanzliche Gericht beurteilen, sondern die erstinstanzlichen tatsächlichen Feststellungen übernehmen will (vgl. Beschluss vom 25. September 2003 – BVerwG 4 B 68.03 – NVwZ 2004, S. 108).
In der Sache hat das Berufungsgericht zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Versorgungsbezüge in einer von den Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes abweichenden Höhe verneint. Für diesen Anspruch gibt es keine Rechtsgrundlage.
Art. 9 Abs. 1 der “Vereinbarung über die Deutschen Eisenbahnstrecken auf Schweizer Gebiet” vom 25. August 1953, wonach die Deutsche Bundesbahn die in der Schweiz an Deutsche Staatsangehörige auszahlbaren Versorgungsbezüge in angemessener Weise den Lebenshaltungskosten in der Schweiz angepasst halten wird, ist keine Grundlage für einen Anspruch auf “Frankenversorgung”. Diese Regelung hat keinen Gesetzesrang und vermag nicht die gesetzlichen Bestimmungen zu modifizieren.
§ 3 Abs. 1 des Beamtenversorgungsgesetzes in der seit dem 1. Januar 1999 unverändert geltenden Fassung des Gesetzes vom 16. März 1999 (BGBl I S. 322, bereinigt S. 847, 2033) – BeamtVG – bestimmt, dass die Versorgung der Beamten und ihrer Hinterbliebenen durch Gesetz geregelt wird. Nach diesem – für die Besoldung der Beamten in gleicher Weise geltenden (vgl. § 2 Abs. 1 BBesG) – Grundsatz, bei dem es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts um einen hergebrachten Grundsatz im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG handelt, besteht ein Besoldungs- und der Versorgungsanspruch nur nach Maßgabe eines verfassungsmäßigen Gesetzes (vgl. BVerfGE 81, 363 ≪386≫, 8, 1 ≪15 ff.≫; 8, 28 ≪35≫; Urteil vom 20. Juni 1996 – BVerwG 2 C 7.95 – Buchholz 240 § 2 BBesG Nr. 8). Der Gesetzesvorbehalt verhindert, dass die Besoldung und Versorgung von Verwaltungsbehörden oder Gerichten durch weitere Leistungen zur Bestreitung des allgemeinen Lebensunterhaltes ergänzt werden, etwa, weil einzelne Berechtigte unter Berufung auf die Verfassungswidrigkeit des geltenden Besoldungs- oder Versorgungsrechts einen Anspruch auf weitere und höhere als die gesetzlich bestimmten Bezüge geltend machen und durchsetzen. Gesetz im Sinne des besoldungs- und versorgungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts sind die besonderen beamten-, besoldungs- und versorgungsrechtlichen Gesetze (vgl. Urteil vom 14. Mai 1964 – BVerwG 2 C 133.60 – BVerwGE 18, 293 ≪295≫) im formellen und materiellen Sinne.
Art. 9 der “Vereinbarung über die Deutschen Eisenbahnstrecken auf Schweizer Gebiet” ist weder Gesetz noch eine auf einer gesetzlichen Ermächtigung beruhende Verordnungsregelung. Die Vereinbarung ist nicht in innerstaatliches Recht transformiert worden. Dies geschieht bei völkerrechtlichen Verträgen, die sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, durch ein Bundesgesetz, Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist ein Vertragsinhalt dann Gegenstand der Bundesgesetzgebung, wenn zur Vollziehung des Vertrages ein Bundesgesetz erforderlich wird, wenn also der Bund durch den Vertrag Verpflichtungen übernimmt, deren Erfüllung allein durch Erlass eines Bundesgesetzes möglich ist (vgl. BVerfGE 1, 372 ≪388≫; in der Sache wohl ebenso BVerfGE 77, 170 ≪232≫). Treffen die Vertragschließenden Vereinbarungen über die Besoldung der Beamten, bedarf es eines Bundesgesetzes, weil die Regelung der Beamtenbesoldung diese Rechtsform erfordert. Als bloßes Verwaltungsabkommen im Sinne des Art. 59 Abs. 2 Satz 2 GG könnte die Vereinbarung zwar den weisungsgebundenen Adressaten verpflichten, dem in Art. 9 Abs. 1 festgelegten Verhalten entsprechende Richtlinien zu erlassen, ein Besoldungsanspruch des einzelnen Beamten ist dadurch aber nicht begründet worden.
Aus dem Beamtenversorgungsgesetz selbst lässt sich ein Anspruch auf die sog. Frankenversorgung nicht herleiten. Diese ist in § 2 BeamtVG nicht als eigenständige Art von Versorgungsbezügen aufgeführt. Sie ergibt sich auch nicht aufgrund der Regelung des § 4 Abs. 3 BeamtVG. Nach dieser Bestimmung wird das Ruhegehalt auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und der ruhegehaltfähigen Dienstzeit berechnet.
Zweifelhaft ist bereits, ob die Beträge, die der Kläger in der Zeit seines Dienstes als sog. Frankenbesoldung erhalten hat, Dienstbezüge im Sinne der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 BBesG gewesen sind. Dienstbezüge sind gemäß § 1 Abs. 2 BBesG eine Art der Besoldung. Die sog. Frankenbesoldung lässt sich nicht den dort genannten Dienstbezügen zuordnen. Ob der Gesetzgeber durch Art. IX § 17 Abs. 2 Satz 2 des Zweiten Gesetzes zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern vom 23. Mai 1975 – 2. BesVNG – (BGBl I S. 1173) eine weitere Art der Besoldung geschaffen hat, mag auf sich beruhen. Jedenfalls wären diese Bezüge nicht ruhegehaltfähig.
Die zuletzt genannte Vorschrift bestimmt, dass dann, wenn ein völkerrechtlicher Vertrag für einen Dienstort im Ausland die Gewährung einer Zulage vorsieht, die Zulage für Beamte mit dienstlichem Wohnsitz an diesem Ort aufrechterhalten bleibt. Die sog. Frankenbesoldung nach Art. 6 Abs. 4 der Vereinbarung vom 25. August 1953 erfüllt die Voraussetzungen nach Art. IX § 17 Abs. 2 Satz 2 2. BesVNG. Bei der genannten Vereinbarung handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag, sei es nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG, sei es nach Art. 59 Abs. 2 Satz 2 GG. Aus den Gesetzgebungsmaterialien zu Art. IX § 17 Abs. 2 Satz 2 2. BesVNG ergibt sich, dass diese Regelung auf Antrag des Innenausschusses gerade wegen der Vereinbarung vom 25. August 1953 in das 2. Besoldungs-, Vereinheitlichungs- und Neuregelungsgesetz aufgenommen worden ist (vgl. BTDrucks 7/3213 S. 157). Der Innenausschuss hat sich in seinem Bericht ausdrücklich auf diese “Zulage” bezogen und ihre Beibehaltung gefordert (vgl. BTDrucks 7/3249 S. 9). Ob es sich dabei um eine Zulage im technischen Sinne, um einen besonderen Kaufkraftausgleich oder um einen Niveauausgleich zur Annäherung an die Einkommensverhältnisse in der Schweiz handelt, ist aus der Sicht des Beamtenversorgungsrechts unerheblich.
Die Frankenbesoldung ist jedenfalls keine Art von Dienstbezügen, die im Besoldungsrecht als ruhegehaltfähig bezeichnet sind. Art. IX § 17 Abs. 2 Satz 2 2. BesVNG erfüllt diese Funktion nicht. Schon nach dem Wortlaut der Vorschrift, dem nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zur Auslegung besoldungs- und versorgungsrechtlicher Normen besondere Bedeutung zukommt (vgl. Urteil vom 25. Juni 1992 – BVerwG 2 C 13.91 – Buchholz 239.2 § 11 SVG Nr. 6), ist die “Zulage” nach Art. IX § 17 Abs. 2 Satz 2 2. BesVNG nicht als ruhegehaltfähig bezeichnet. Bereits die “Aufrechterhaltung” eines Besoldungsbestandteils ist nach dem Sprachgebrauch des Besoldungs- und Versorgungsrechts etwas anderes als dessen Bezeichnung als ruhegehaltfähig. Auch der Sache nach bedeutet “Aufrechterhaltung” der “Zulage” nicht auch die Einräumung eines subjektiven Rechts auf die spätere sog. Frankenversorgung. Gegenstand der Bezugnahme in Art. IX § 17 Abs. 2 Satz 2 2. BesVNG ist die in einem völkerrechtlichen Vertrag vorgesehene Gewährung einer Zulage für einen Dienstort im Ausland. Einen Dienstort im Ausland haben nur aktive Beamte, im Falle der Vereinbarung vom 25. August 1953 nur die Empfänger der sog. Frankenbesoldung, nicht die von Art. 9 Abs. 1 der Vereinbarung erfassten Empfänger von Frankenversorgung. Für die Zahlung erhöhter Versorgungsleistungen an die Ruhestandsbeamten, die in ihrer aktiven Dienstzeit auf Schweizer Territorium eingesetzt waren, besteht auch kein einleuchtender Grund. Die Zahlung der Besoldung in einer den Lebenshaltungskosten in der Schweiz angepassten Höhe und in Schweizer Franken an die aktiven Beamten, die zur Aufrechterhaltung des Betriebs, der Erhaltung und der Bedienung der Anlagen der Deutschen Eisenbahnstrecken auf Schweizer Gebiet unentbehrlich sind und die deshalb von dem Beklagten nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 der Vereinbarung zur Wohnsitznahme in der Schweiz verpflichtet werden mussten, mag durch die höheren Lebenshaltungskosten dieses Personenkreises gerechtfertigt sein. Verbleibt ein solcher Beamter nach dem Eintritt in den Ruhestand in der Schweiz, treffen ihn die höheren Kosten nicht mehr aus dienstlichen Gründen, sondern weil er auf Grund freier Entscheidung seinen Ruhestand in der Schweiz verbringen möchte. Für den Mehraufwand, der aus diesem Grund entsteht, sieht das Beamtenversorgungsrecht grundsätzlich keine Leistungen vor. Zusätzliche Besoldungsbestandteile, die an einen Auslandsaufenthalt anknüpfen (vgl. §§ 52 ff. BBesG) fallen auch sonst mit dem Eintritt in den Ruhestand weg und setzen sich bei der Versorgung nicht fort.
Auch aus Gewohnheitsrecht kann ein Anspruch auf Frankenversorgung nicht hergeleitet werden. Der besoldungs- und versorgungsrechtliche Vorbehalt eines formellen Gesetzes lässt allenfalls vorkonstitutionelles Gewohnheitsrecht zu. Dies beruht darauf, dass das Gebot formeller Gesetzgebung das vorkonstitutionelle Recht nicht berührt. Insoweit hat es bei dem Grundsatz des Art. 123 Abs. 1 GG sein Bewenden. Danach gilt das Recht aus der Zeit vor dem erstmaligen Zusammentreten des Bundestages fort, soweit es dem Grundgesetz nicht widerspricht (vgl. BVerfGE 34, 293 ≪303≫ m.w.N.). Unter der Geltung des Grundgesetzes konnten, wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausgeführt hat, die Regelungen in Art. 6 Abs. 4 und in Art. 9 Abs. 1 der Vereinbarung vom 25. August 1953, die dem durch Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verbürgten Prinzip der Gesetzesbindung der Besoldung und Versorgung zuwider liefen, nicht zu Gewohnheitsrecht erstarken. Deshalb kam es nach der – insoweit maßgebenden – Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht auf die Umstände an, die nach Ansicht des Klägers zur Entstehung von Gewohnheitsrecht geführt haben. Aus diesem Grunde greift die Aufklärungsrüge nicht durch.
Aus dem Alimentationsprinzip, das durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützt ist, ergibt sich kein Anspruch auf Frankenversorgung. Der Grundsatz der Angemessenheit der Versorgung einschließlich ihrer Bindung an die Dienstbezüge, die der Versorgungsempfänger als aktiver Beamter im Allgemeinen zuletzt bezogen hat (vgl. BVerfGE 76, 256 ≪324≫), verlangt nicht, dass alle Teile der Dienstbezüge aus dem letzten Amt ruhegehaltfähig sind. Unberücksichtigt können insbesondere solche Besoldungsbestandteile bleiben, die dienstlich bedingte höhere Lebenshaltungskosten ausgleichen sollen. Entfällt der dienstliche Grund für die Zahlung derartiger Besoldungsbestandteile durch den Eintritt des Beamten in den Ruhestand, fordert der Alimentationsgrundsatz nicht die Weiterberücksichtigung dieser Besoldungsbestandteile als Bemessungsgrundlage für die Versorgungsbezüge.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Albers, Prof. Dawin, Dr. Kugele, Groepper, Dr. Bayer
Fundstellen
ZBR 2005, 40 |
DVBl. 2004, 1380 |