Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Antragsbefugnis in einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren.
I.
1. Die Stadt M. beabsichtigte, auf einem ihr gehörenden Grundstück ein Einkaufszentrum errichten zu lassen. Zu diesem Zweck plante sie, das Grundstück – ohne vorherige Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens – an einen Investor zu verkaufen. Für das Projekt interessierte sich unter anderem ein Investor, der mit einer vom Beschwerdeführer vertretenen Planungsgesellschaft vereinbart hatte, dass diese die für die Akquisition und Aufbereitung des Objektes erforderlichen Planungsleistungen erbringen sollte. Gemeinsam mit dem Beschwerdeführer präsentierte der Investor der Stadt M. ein Entwicklungskonzept für das Grundstück. Die Stadt M. entschied sich jedoch für das Konzept eines anderen Investors und schloss mit diesem einen notariellen Grundstückskaufvertrag, mit dem sich der Erwerber unter anderem zum Bau eines Einkaufszentrums auf dem Grundstück verpflichtete.
Daraufhin strengte der Beschwerdeführer ein Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer bei der Bezirksregierung an und machte geltend, dass der Grundstückskaufvertrag wegen der damit verbundenen Bauverpflichtung dem Vergaberecht unterliege, die Stadt M. also zunächst ein förmliches Vergabeverfahren hätte durchführen müssen. Die Vergabekammer gab dem Nachprüfungsantrag statt und ordnete unter anderem die Unwirksamkeit des notariellen Kaufvertrags an. Auf die sofortige Beschwerde der Stadt und des Investors hin hob das Oberlandesgericht den Beschluss der Vergabekammer auf und lehnte den Nachprüfungsantrag ab. Das Gericht ließ ausdrücklich offen, ob der Grundstückskaufvertrag überhaupt dem Vergaberechtsregime des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) unterstand. Jedenfalls sei der Beschwerdeführer nicht nach § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Antragsteller eines Nachprüfungsverfahrens könne nur der potentielle Auftragnehmer sein; sonstige, insbesondere lediglich mittelbar interessierte Unternehmen (zum Beispiel Subunternehmer, Planer, Projektentwickler und Berater), aber auch einzelne Mitglieder einer Bietergemeinschaft seien nicht kraft eigenen Rechts antragsbefugt. Der Beschwerdeführer habe nur als beauftragter Architekt und damit wie ein Subunternehmer für den am Auftrag interessierten Investor gehandelt.
Trotz entsprechender Anträge des Beschwerdeführers hatte das Oberlandesgericht die Sache nicht nach § 124 Abs. 2 GWB dem Bundesgerichtshof vorgelegt; ebenso hatte es von einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 234 EG abgesehen.
2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht erfüllt sind. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt. Sie ist überwiegend mangels einer § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Begründung unzulässig, im Übrigen unbegründet.
1. Nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG hat ein Beschwerdeführer darzulegen, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Recht verletzt sein soll (vgl. BVerfGE 99, 84 ≪87≫). Dabei muss er substantiiert dartun, mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme nach seiner Auffassung kollidiert (vgl. BVerfGE 108, 370 ≪386 f.≫). Soweit das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung anhand dieser Maßstäbe aufgezeigt werden (vgl. BVerfGE 101, 331 ≪345 f.≫; 102, 147 ≪164≫). Werden gerichtliche Entscheidungen angegriffen, so muss sich der Beschwerdeführer auch mit deren Gründen auseinandersetzen (vgl. BVerfGE 85, 36 ≪52≫; 101, 331 ≪345≫; 105, 252 ≪264≫). Diesen Anforderungen wird die Verfassungsbeschwerde in weiten Teilen nicht gerecht.
a) Art. 19 Abs. 4 GG garantiert umfassenden Rechtsschutz nur zum Zweck des Schutzes subjektiver Rechte und daher nur unter der Voraussetzung, dass die Verletzung einer Rechtsposition geltend gemacht wird, die die Rechtsordnung im Interesse des Einzelnen gewährt; die Verletzung rein wirtschaftlicher Interessen genügt ebenso wenig wie die Verletzung von Rechtssätzen, die lediglich Reflexwirkungen haben, weil in ihnen der Einzelne allein aus Gründen des Interesses der Allgemeinheit begünstigt wird (vgl. BVerfGE 116, 1 ≪11≫ m.w.N.). Eine solche von Art. 19 Abs. 4 GG vorausgesetzte Rechtsposition kann sich aus einem anderen Grundrecht oder grundrechtsgleichen Recht ergeben; sie kann aber auch durch Gesetz begründet sein, wobei der Gesetzgeber bestimmt, unter welchen Voraussetzungen dem Bürger ein Recht zusteht und welchen Inhalt es hat (vgl. BVerfGE 113, 273 ≪310≫ m.w.N.). Es ist Sache des Beschwerdeführers, darzulegen, dass ihm ein solches subjektives Recht zusteht, dessen effektiver Rechtsschutz ihm versagt worden ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. Mai 2001 – 1 BvR 481/01 und 1 BvR 518/01 –, NVwZ 2001, S. 1148 ≪1149≫). Daran fehlt es vorliegend. Zwar macht der Beschwerdeführer geltend, dass die Auswahlentscheidung der Stadt M. ihn in seinen Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG verletze. Der Sache nach rügt er auch eine Verletzung von Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB. Seine Darlegungen bleiben aber unsubstantiiert.
aa) Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass die Vergabe eines öffentlichen Auftrags an einen Mitbewerber grundsätzlich nicht den Schutzbereich der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) eines erfolglosen Bewerbers berührt (vgl. BVerfGE 116, 135 ≪151 ff.≫). Nichts anderes kann für solche Personen gelten, die lediglich ein mittelbares Interesse an dem öffentlichen Auftrag haben, weil sie von der Vergabe an einen bestimmten Bewerber wirtschaftlich profitieren würden. Deshalb kann im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG dahinstehen, welcher Art das – von ihm nicht näher dargelegte – Interesse des Beschwerdeführers am fraglichen Auftrag ist. Der Beschwerdeführer setzt sich weder hinreichend mit den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben auseinander, noch ist seinem Vorbringen zu entnehmen, weshalb hier ausnahmsweise der Schutzbereich der Berufsfreiheit berührt sein soll.
bb) Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) folgt zwar, dass bei der Auftragsvergabe durch staatliche Stellen jeder Mitbewerber eine faire Chance erhalten muss, nach Maßgabe der für den spezifischen Auftrag wesentlichen Kriterien und des vorgesehenen Verfahrens berücksichtigt zu werden (vgl. BVerfGE 116, 135 ≪153 f.≫). Der Verfassungsbeschwerde ist aber nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer als ein Mitbewerber anzusehen wäre, der daran interessiert ist, den in Frage stehenden Auftrag ganz oder auch nur teilweise als (Haupt-)Auftragnehmer auszuführen. Die Beschwerdebegründung lässt letztlich offen, welcher Art das Interesse des Beschwerdeführers an dem Auftrag ist.
cc) Von den Fällen der Grundrechte und sonstiger verfassungsmäßiger Rechte abgesehen, bestimmt der Gesetzgeber, unter welchen Voraussetzungen dem Einzelnen ein Recht zusteht und welchen Inhalt es hat (vgl. BVerfGE 78, 214 ≪226≫). Die Entscheidungen der Fachgerichte, ob und in welchem Umfang eine solche von Art. 19 Abs. 4 GG vorausgesetzte Rechtsposition im Einzelfall besteht, hat das Bundesverfassungsgericht nur darauf zu überprüfen, ob die Gerichte die Bedeutung der Rechtsschutzgewährleistung erkannt und berücksichtigt haben und ob sie bei der Feststellung des Norminhalts nicht willkürlich verfahren sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 6. Juli 1989 – 1 BvR 290/87 –, NJW 1990, S. 2249; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. Mai 2001 – 1 BvR 481/01 und 1 BvR 518/01 –, a.a.O., S. 1149).
Vor diesem Hintergrund ist die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung, in der Spruchpraxis der Vergabekammern und im Schrifttum zu beachten, nach der nur mittelbar an einem Auftrag Interessierte wie zum Beispiel Nachunternehmer bereits keine Rechte nach § 97 Abs. 7 GWB inne haben oder ihnen jedenfalls das Interesse im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB fehlt (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 5. Februar 2003 – 17 Verg 14/02 –, NZBau 2003, S. 457; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6. September 2006 – VII-Verg 40/06 –, juris; BKartA, Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 12. Oktober 2000 – VK 2 – 32/00 –, juris; Reidt, in: Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 2. Aufl. 2003, § 107 Rn. 16; Möllenkamp, in: Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 2006, § 107 Rn. 26; Heuvels, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2: GWB, 2006, § 107 Rn. 9 f.; Kadenbach, in: Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, 2008, § 107 GWB Rn. 13; Summa, in: jurisPK-VergR, 2. Aufl. 2008, § 107 GWB Rn. 35 f.; Glahs, NZBau 2004, S. 544 ≪545≫; a.A.: Byok, in: Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 2. Aufl. 2005, Rn. 971; Dreher, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007, § 107 Rn. 15; Wichmann, Die Antragsbefugnis des Subunternehmers im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren, 2006, passim). Die von § 107 Abs. 2 GWB aufgestellte Voraussetzung eines Interesses am Auftrag wird insoweit als Konkretisierung oder Modifizierung der einfachrechtlichen Gewährleistung des § 97 Abs. 7 GWB verstanden (vgl. Wichmann, a.a.O., S. 139 f.; Dreher, in: Immenga/Mestmäcker, a.a.O., § 97 Rn. 269). Aber auch die Gegenansicht, die eine Antragsbefugnis von Nachunternehmern grundsätzlich für möglich hält, macht verschiedene Einschränkungen, unter anderem um Kollisionen mit Interessen des Hauptunternehmers zu vermeiden (vgl. Wichmann, a.a.O., S. 163 und 174; Dreher, in: Immenga/Mestmäcker, a.a.O., § 107 Rn. 15).
Der Beschwerdeführer setzt sich insoweit weder mit den verfassungsrechtlichen Maßstäben noch mit dem einfachen Recht hinreichend auseinander. Seinem Vorbringen ist angesichts des dargestellten Meinungsstandes in Rechtsprechung und Schrifttum auch nichts dafür zu entnehmen, dass das Oberlandesgericht die Bedeutung der Rechtsschutzgewährleistung verkannt oder das einfache Recht willkürlich ausgelegt hätte. Allein der Umstand, dass an die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB grundsätzlich keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind und das Interesse am Auftrag im Sinne dieser Vorschrift weit auszulegen ist (vgl. BVerfGK 3, 355 ≪360 f.≫), begründet noch keine geschützte Rechtsposition. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Vergabeentscheidung der Stadt M. kein förmliches Vergabeverfahren vorausgegangen ist.
b) Soweit der Beschwerdeführer sich dadurch in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verletzt sieht, dass das Oberlandesgericht die Sache nicht nach § 124 Abs. 2 GWB dem Bundesgerichtshof vorgelegt hat, fehlt es ebenfalls an einer hinreichend substantiierten Begründung. Bei der Nichtbeachtung einer Vorlagepflicht ist die Grenze zur Verfassungswidrigkeit erst überschritten, wenn das Gericht willkürlich handelt oder Bedeutung und Tragweite von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennt (vgl. BVerfGE 87, 282 ≪284 f.≫). Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Abweichung von einem – mit der Verfassungsbeschwerde nicht vorgelegten und, soweit ersichtlich, auch nicht veröffentlichten – Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts hat das Oberlandesgericht die Vorlagepflicht verneint, weil diesem Beschluss eine andere Fallgestaltung zugrunde gelegen habe, dem dortigen Antragsteller nämlich das Vergabeverfahren unbekannt geblieben sei. Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Abweichung von Beschlüssen der Oberlandesgerichte Celle und Hamburg bezüglich der Anwendung des § 13 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung ≪VgV≫) hat das Oberlandesgericht eine Vorlage an den Bundesgerichtshof schon deshalb für nicht angezeigt gehalten, weil es dem Beschwerdeführer bereits an der Antragsbefugnis fehle. Mit diesen Begründungen der angegriffenen Entscheidung setzt sich der Beschwerdeführer nicht hinreichend auseinander; er trägt nichts dazu vor, weshalb die Entscheidungen willkürlich sein sollten.
2. Unbegründet ist die Verfassungsbeschwerde, soweit der Beschwerdeführer rügt, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sei dadurch verletzt, dass das Oberlandesgericht seiner Vorlagepflicht nach Art. 234 EG nicht nachgekommen sei.
Wird eine Verletzung der Pflicht zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gerügt, so überprüft das Bundesverfassungsgericht nur, ob die Zuständigkeitsregel des Art. 234 EG in offensichtlich unhaltbarer Weise gehandhabt worden ist (vgl. BVerfGE 82, 159 ≪195≫). Nach diesen Maßstäben ist die angegriffene Entscheidung, von einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof abzusehen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Oberlandesgericht hat die Vorlagepflicht an den Europäischen Gerichtshof nicht in unhaltbarer Weise gehandhabt. Es ist insbesondere nicht bewusst von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs abgewichen, sondern hat nachvollziehbar begründet, weshalb dessen Ausführungen in der vom Beschwerdeführer zitierten Entscheidung (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Januar 2005, Rs. C-26/03, Stadt Halle und RPL Lochau, Slg. 2005, S. I-1) nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar seien. Das Oberlandesgericht hat auch nicht in unvertretbarer Weise den ihm zukommenden Beurteilungsrahmen überschritten. Es hat seiner Entscheidung ein ohne weiteres vertretbares Verständnis des Art. 1 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 89/665/EWG (so genannte Rechtsmittelrichtlinie) zugrunde gelegt. Insbesondere die weite Formulierung dieser Vorschrift und die unterschiedliche Ausgestaltung der mitgliedstaatlichen Rechtsschutzsysteme lassen sich als Argumente dafür anführen, dass die Rechtsmittelrichtlinie eine Antragsbefugnis von bloß mittelbar am Auftrag interessierten Unternehmen zumindest nicht zwingend fordere (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 2000, S. 109 ff.).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Hohmann-Dennhardt, Gaier, Kirchhof
Fundstellen