Verfahrensgang
OLG Braunschweig (Beschluss vom 03.12.2008; Aktenzeichen Ws 390/08) |
LG Göttingen (Beschluss vom 29.09.2008; Aktenzeichen 51 StVK 62/08) |
Tenor
Der Beschluss des Landgerichts Göttingen vom 29. September 2008 – 51 StVK 62/08 – und der Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 3. Dezember 2008 – Ws 390/08 – verletzen, soweit die Fortdauer der Unterbringung der Beschwerdeführerin in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin als unbegründet verworfen wird, die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 104 Absatz 1 des Grundgesetzes.
Die Beschlüsse werden insoweit aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Göttingen zur erneuten Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung der Beschwerdeführerin in einem psychiatrischen Krankenhaus zurückverwiesen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Das Land Niedersachsen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.
Tatbestand
A.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Entscheidungen der Fachgerichte, mit denen die Fortdauer der Unterbringung der Beschwerdeführerin in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet wird.
I.
1. a) Das Landgericht Lüneburg hatte die 1972 geborene Beschwerdeführerin durch Urteil vom 3. Juni 2003 wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte die unter einem Borderline-Syndrom leidende und sich seit Jahren mit Okkultismus und Satanismus beschäftigende Beschwerdeführerin ihren damaligen Freund unter Alkohol- und Medikamenteneinfluss mit zahlreichen Messerstichen im Zustand verminderter Schuldfähigkeit getötet. Sie hatte zusätzlich dem Opfer mit einer Axt, die sie von einem als „Satansaltar” hergerichteten Beistelltisch entnommen hatte, drei Mal gezielt ins Gesicht geschlagen. Die Unterbringungsanordnung stützte das Landgericht auf die Ausführungen des Sachverständigen, wonach die Beschwerdeführerin primär unter einer Persönlichkeitsstörung vom emotional instabilen und impulsiven Typ (Borderline-Syndrom) leide und zusätzlich ein Alkoholmissbrauch zu diagnostizieren sei, wobei die Merkmale der Persönlichkeitsstörung im alkoholisierten Zustand jeweils sehr deutlich hervorträten. Von Relevanz für die Prognoseentscheidung sei vor allem die „broken home”-Lebenssituation der Beschwerdeführerin. Bereits im Alter von sechs Jahren war sie in einem Heim untergebracht worden und dort bis zu ihrem 13. Lebensjahr verblieben. Anschließend war sie bis zu ihrem 23. Lebensjahr überwiegend in Kinder- und Jugendpsychiatrien sowie psychiatrischen Fachkrankenhäusern untergebracht. Nach den Aussagen des Sachverständigen, auf die sich das Landgericht stützte, war ihre Unterbringung in der Psychiatrie erforderlich, damit sie lerne, ohne Suchtmittel auszukommen und die Persönlichkeitsstörung im Alltag zu bewältigen. Ohne eine mehrjährige Therapie gehe von ihr – insbesondere bei einem belastenden sozialen Umfeld – eine erhebliche Gefahr erneuter Gewalttaten aus.
b) Die Beschwerdeführerin, die sich seit 29. November 2002 zunächst in Untersuchungshaft befand, war seit 3. Januar 2003 einstweilen gemäß § 126a StPO untergebracht. Ihre reguläre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB wird seit 3. Juni 2003 (vor der Freiheitsstrafe) vollzogen. Die Beschwerdeführerin ist seither ohne Unterbrechung in dem Niedersächsischen Landeskrankenhaus Moringen untergebracht. Im Rahmen der gemäß § 67e Abs. 2 StGB jährlich anstehenden Überprüfung der Fortdauer der Unterbringung ist sie bislang ausschließlich von Ärzten dieses Krankenhauses begutachtet worden.
c) Mit dem am 20. Juli 2007 in Kraft getretenen Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt hat der Gesetzgeber die Neuregelung des § 463 Abs. 4 StPO eingefügt. Satz 1 und 2 sehen vor:
Im Rahmen der Überprüfungen nach § 67e des Strafgesetzbuches soll das Gericht nach jeweils fünf Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63) das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet.
d) Im Rahmen der vierten Überprüfungsentscheidung vom 9. Juli 2007, mit der – wie in den Jahren zuvor – die Fortdauer der Unterbringung der Beschwerdeführerin angeordnet wurde, führte das Landgericht, das die Entwicklung der Beschwerdeführerin insgesamt positiv beurteilte, abschließend aus:
Nach insgesamt kontinuierlich positiver Entwicklung wurde der Verurteilten schließlich im Mai 2007 gestattet, sich in Göttingen eine Wohnung zum Probewohnen zu suchen, das […] kleinschrittig mit zunächst einer Übernachtung wöchentlich beginnen und dann behutsam erweitert werden soll. Zudem ist die Verurteilte wieder an der Berufsbildenden Schule III in Göttingen angemeldet, wo sie im Fachbereich Sozialpädagogik das Abitur anstrebt.
Dass diese weiteren Schritte zunächst noch intensiver therapeutischer Begleitung bedürfen, ist nicht zweifelhaft und wird insbesondere auch von der Verurteilten selbst so gesehen. Deshalb hat die Strafvollstreckungskammer erneut die Fortdauer der Unterbringung angeordnet.
Sollte sich bei weiterhin positivem Verlauf bereits vor Ablauf des Unterbringungsjahres eine Entlassungsperspektive konkretisieren, wird die Strafvollstreckungskammer auf einen entsprechenden Hinweis der Klinik hin auch schon vor dem nächsten Anhörungstermin das Prognosegutachten zur Vorbereitung der Entlassungsentscheidung in Auftrag geben. Anderenfalls wird im Rahmen der nächsten Anhörung zu prüfen sein, ob nach fünf Jahren vollzogener Unterbringung die Einholung eines externen Gutachtens nach Maßgabe des neuen § 463 Abs. 4 StPO angezeigt ist.
e) Die nächste Überprüfungsentscheidung stand am 9. Juli 2008 an. Unter Hinweis darauf sandte die Staatsanwaltschaft am 12. Februar 2008 das Vollstreckungsheft mit folgendem Vermerk an die Strafvollstreckungskammer:
Angesichts der Tatsache, dass die Verurteilte sich am 03.06.2008
5 Jahre im Maßregelvollzug befinden wird, ist gem. § 463 IV StPO vom Gericht ein Sachverständigengutachten einzuholen.
Der Berichterstatter der Kammer sandte das Vollstreckungsheft im Februar 2008 mit folgendem Vermerk an die Staatsanwaltschaft zurück:
Für die Inauftraggabe eines Prognosegutachtens besteht im Moment keine Veranlassung. Zum einen liegen die Voraussetzungen des § 463 Abs. 4 StPO schon dem reinen Gesetzeswortlaut nach noch nicht vor. Denn danach soll das Gericht ein externes Prognosegutachten erst nach fünf Jahren vollzogener Unterbringung – und nicht schon vor dem 5-Jahres-Prüfungstermin – einholen, so dass vorliegend eine Begutachtung nicht vor Sommer 2008 veranlasst zu werden braucht.
Außerdem gilt Folgendes: Der letzte Fortdauerbeschluss datiert vom 9. Juli 2007. Darin hat die Strafvollstreckungskammer eine Indikation für eine Prognosebegutachtung mit Rücksicht auf den Verfahrensstand ausdrücklich verneint.
16Der Strafvollstreckungskammer waren dabei die Gesetzesbeschlüsse des Deutschen Bundestages und des Bundesrates über das dann am 19. Juli 2007 im Bundesgesetzblatt verkündete Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus etc. sowie die einschlägigen Gesetzesmaterialien bereits bekannt.
Insbesondere die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages stellt indes klar, dass auf eine externe Begutachtung nach fünf Jahren vollzogener Unterbringung gemäß § 463 Abs. 4 StPO verzichtet werden kann, „wenn sich der zu begutachtende Straftäter bereits aufgrund früherer Regelüberprüfungen in der Entlassungsvorbereitung befindet und ohnehin in Kürze aus dem Maßregelvollzug entlassen werden soll” (BT-Drucks. 16/5137, S. 11 f.).
Das genau ist hier der Fall. Ich verweise insoweit auf die drei letzten Absätze des eingangs genannten Beschlusses. Danach sollte in der Folge der Anhörung und Entscheidung das entlassungsvorbereitende Probewohnen eingeleitet und in behutsamen Schritten voran getrieben werden. Der Fortdauerbeschluss schließt daher mit dem Hinweis: „Sollte sich bei weiterhin positivem Verlauf bereits vor Ablauf des Unterbringungsjahres eine Entlassungsperspektive konkretisieren, wird die Strafvollstreckungskammer auf einen entsprechenden Hinweis der Klinik hin auch schon vor dem nächsten Anhörungstermin das Prognosegutachten zur Vorbereitung der Entlassungsentscheidung in Auftrag geben. Anderenfalls wird im Rahmen der nächsten Anhörung zu prüfen sein, ob nach fünf Jahren vollzogener Unterbringung die Einholung eines externen [Gutachtens] nach Maßgabe des neuen § 463 Abs. 4 StPO angezeigt ist.”
Derzeit ist mithin nichts zu veranlassen, sondern der Verlauf der weiteren Behandlung und ggf. des Probewohnens abzuwarten.
Die dortige Zuschrift gibt im Übrigen Anlass zu einer allgemeinen Bemerkung, die ich anrege, auch Ihren Kollegen bekannt zu machen:
Infolge des neuen § 463 Abs. 4 StPO werden im Zuständigkeitsbereich der Göttinger Strafvollstreckungskammer in nächster Zeit weit mehr als 200 Untergebrachte extern zu begutachten sein. Das ist in dieser Form kurzfristig nicht zu bewältigen, weil weder in ausreichendem Maße qualifizierte Gutachter zur Verfügung stehen noch die Maßregelvollzugskliniken und die Strafvollstreckungskammer über ausreichende Kapazitäten verfügen, um die Begutachtung zu ermöglichen und die Gutachten zu „verarbeiten”. Die Strafvollstreckungskammer wird den Gutachtenstau unter Ausschöpfung des Soll-Charakters des neuen § 463 Abs. 4 StPO daher sukzessive, d.h. auf die nächsten Jahre verteilt „abbauen”. Dabei wird sie sich an der Art des Anlassdelikts, der bisherigen Dauer der Unterbringung und dem Behandlungsstand sowie an den eigenen Wünschen der Untergebrachten orientieren. Ebensowenig wie in der vorliegenden Fallgestaltung, in der ohnehin demnächst ein Entlassungsgutachten einzuholen sein dürfte, macht es z.B. dann Sinn, einen externen Gutachter hinzuzuziehen, wenn sich der / die Untergebrachte aktuell in einer besonderen Entwicklungsphase befindet und daher – womöglich in Übereinstimmung mit seinen Behandlern – erklärt, dass eine Begutachtung im gegenwärtigen Zeitpunkt den eingeleiteten Entwicklungsprozess eher stören als befördern würde.
Unabhängig davon ist es allerdings in jedem Falle hilfreich, wenn die Staatsanwaltschaft das Vorliegen der zeitlichen Voraussetzungen des § 463 Abs. 4 StPO mit überwacht und bei Vorlage der Vollstreckungsakten zum nächsten turnusmäßigen Anhörungstermin zur Frage der Dringlichkeit einer externen Begutachtung Stellung nimmt.
Mit Schreiben vom 14. Februar und 5. März 2008 beantragte die Beschwerdeführerin die Einholung eines Prognosegutachtens.
Am 1. April 2008 leitete die Strafvollstreckungskammer das Prüfverfahren ein, indem sie mit Blick auf die am 9. Juli 2008 anstehende Entscheidung einen Anhörungstermin am 9. Juni 2008 anberaumte und das psychiatrische Krankenhaus um eine vorbereitende Stellungnahme bat. Die Einholung eines externen Sachverständigengutachtens gab die Kammer nicht in Auftrag.
Das psychiatrische Krankenhaus befürwortete in zwei Stellungnahmen vom 30. April und 6. Juni 2008 die weitere Unterbringung der Beschwerdeführerin. Den Besuch des Abendgymnasiums habe sie aus Überforderung im November 2007 abgebrochen; das im September 2007 begonnene Probewohnen sei aufgrund ihrer schlechten psychischen Gesamtverfassung – sie habe Suizidgedanken gehabt und in ihrer Wohnung habe sich neben Büchern über Satanismus ein „Altar samt Dolch” befunden – zum Ende des Jahres 2007 beendet worden. Ab April 2008 habe sich ihre psychische Situation stabilisiert; gleichwohl würde eine Entlassung die Beschwerdeführerin derzeit überfordern, so dass man eine Gefährdung durch sie nicht ausschließen könne. Eine Entlassung müsse in vielen Zwischenschritten vorbereitet werden.
2. Nach zwei Anhörungsterminen am 16. Juni und 29. September 2008 beschloss das Landgericht mit hier angegriffenem Beschluss vom 29. September 2008 die Fortdauer der Unterbringung der Beschwerdeführerin nach § 67d, § 67e StGB. Das Landgericht stützte die Entscheidung auf die anstaltsinternen Stellungnahmen vom 30. April und 6. Juni 2008 und auf die Ausführungen des Krankenhausleiters Dr. Sch. im zweiten Anhörungstermin. Gleichzeitig beauftragte das Landgericht den externen psychiatrischen Sachverständigen Dr. Sü. mit der Erstellung eines Prognosegutachtens. Ausführungen dazu, weshalb die Einholung eines externen Prognosegutachtens bisher nicht veranlasst wurde, sind der Entscheidung nicht zu entnehmen.
3. Die Beschwerdeführerin legte gegen die Fortdauerentscheidung sofortige Beschwerde ein, mit der sie ihre fortbestehende Gefährlichkeit in Abrede stellte und die Erledigterklärung der Maßregel beantragte.
4. Die Generalstaatsanwaltschaft hielt die sofortige Beschwerde für unbegründet. Nicht relevant sei, dass das Landgericht die Fortdauerentscheidung nach § 67e StGB noch nicht auf eine externe Begutachtung der Beschwerdeführerin gemäß § 463 Abs. 4 StPO gestützt habe. Denn auch ohne ein solches externes Gutachten sei die Unterbringungsentscheidung wirksam. Sie basiere auf der Stellungnahme der behandelnden und damit auch sachverständigen Ärzte und sei bereits deshalb nicht willkürlich und stelle zumindest vorläufig eine hinreichende Grundlage dar. Das Vorgehen der Kammer sei auch verfassungsrechtlich unbedenklich, weil eine etwaige Verletzung des Freiheitsgrundrechts das mit dem Maßregelvollzug verfolgte Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit vor zu erwartenden erheblichen Rechtsgutverletzungen noch nicht zurücktreten lasse, wenn das grundrechtlich gebotene Verfahren – wie hier – erst um einige Monate verzögert worden sei. Angesichts des Beschleunigungsgrundsatzes sei allerdings eine unverzügliche Gutachtenerstattung geboten, weshalb dem Sachverständigen nachträglich noch aufzugeben sein dürfte, das Gutachten so schnell zu erstatten, wie dies unter Beachtung der erforderlichen Explorationszeit möglich sei.
5. Mit hier angegriffenem Beschluss vom 3. Dezember 2008 verwarf das Oberlandesgericht die sofortige Beschwerde als unbegründet: Derzeit könne noch keine günstige Prognose gestellt werden. Der Krankenhausleiter Dr. Sch. habe in der Anhörung erklärt, die Beschwerdeführerin werde zwar akut oder sofort nichts Deliktrelevantes tun, müsse jedoch weiterhin schrittweise auf ein Leben außerhalb der Unterbringung vorbereitet werden, da anderenfalls mit einer erneuten Überforderung zu rechnen sei. Weiter führte der Senat aus:
Vorsorglich weist der Senat auch im vorliegenden Fall […] darauf hin, dass es sich bei der vorliegenden Fortdauerentscheidung noch nicht um die endgültige jährliche Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67e StGB handelt, sondern dass es sich nur um eine vorläufige Entscheidung handeln kann. Denn die aufgrund eines sogenannten externen Sachverständigengutachtens nach § 463 Abs. 4 StPO n. F. endgültig zu treffende Entscheidung hat grundsätzlich bereits im Rahmen der jährlich anstehenden Regelüberprüfung nach § 67e StGB zu ergehen (OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.04.2008 – 3 Ws 401/08 –, Zit. nach juris). Zwar hat die Nichteinhaltung der vom Gesetzgeber festgesetzten Überprüfungsfristen im Maßregelvollzug keine sachlich-rechtliche Wirkung, etwa der Art, dass der Verurteilte freizulassen wäre […]. Daher war der angefochtene Beschluss, der nicht auf der Grundlage eines externen Sachverständigengutachtens innerhalb der 5-Jahres-Frist des § 463 Abs. 4 StPO n. F. ergangen ist, nicht aufzuheben. Der Begleitverfügung des angefochtenen Beschlusses kann jedoch entnommen werden, dass der Strafvollstreckungskammer ihre Verpflichtung bekannt ist, die versäumte Prüfung von Amts wegen unverzüglich nachzuholen […].
In der vom Senat angesprochenen landgerichtlichen Begleitverfügung vom 9. Oktober 2008 hatte der Kammervorsitzende vermerkt, der bestellte externe Sachverständige Dr. Sü. habe auf telefonische Nachfrage mitgeteilt, dass er „das Gutachten ganz kurzfristig erstatten könne”.
6. Derzeit läuft das Begutachtungsverfahren. Einen Antrag der Beschwerdeführerin, ihre Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. Sü. im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, hat die 3. Kammer des Zweitens Senats des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 9. Januar 2009 abgelehnt.
II.
1. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin in der Sache die Verletzung ihres Freiheitsgrundrechts. Sie beantragt die Aufhebung der Fortdauerentscheidungen und die Erledigterklärung der Maßregel, jedenfalls ihre bedingte Entlassung aus dem Maßregelvollzug.
2. Sie führt im Wesentlichen aus, das Landgericht habe die Einschätzung ihrer fortbestehenden Gefährlichkeit auf die Angaben des Krankenhausleiters Dr. Sch. bei dessen mündlicher Anhörung am 29. September 2008 gestützt; dieser habe allerdings – anders als vom Landgericht protokolliert – ausgeführt, dass sie nicht gefährlich sei, von ihr keine schweren Gewalttaten zu befürchten seien, sie absprachefähig sei und sich in der gesamten Zeit der Unterbringung nichts habe zuschulden kommen lassen; tatsächlich gehe von ihr keine Gefahr für andere aus. Zudem hätte das externe Prognosegutachten bereits 2008 erstellt werden müssen.
3. Die Beschwerdeführerin hat die Aussetzung der Maßregel bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde beantragt.
III.
Das Niedersächsische Justizministerium hatte Gelegenheit zur Stellungnahme; es hat von einer Stellungnahme abgesehen. Dem Bundesverfassungsgericht hat das Vollstreckungsheft vorgelegen.
Entscheidungsgründe
B.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), und gibt ihr statt. Zu dieser Entscheidung ist sie berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde zulässig und offensichtlich begründet ist (§ 93b Satz 1 in Verbindung mit § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
I.
Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG.
1. a) Die Freiheit der Person darf nur aus besonders gewichtigen Gründen und unter strengen formellen Gewährleistungen eingeschränkt werden (Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 104 Abs. 1 GG). Die freiheitssichernde Funktion des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG erfordert dabei auch im Verfahrensrecht Beachtung. Aus ihr ergeben sich Mindesterfordernisse für eine zuverlässige Wahrheitserforschung. Denn es ist unverzichtbare Voraussetzung eines rechtsstaatlichen Verfahrens, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht (vgl. BVerfGE 70, 297 ≪308≫ m.w.N.).
Daher gilt auch für das Verfahren der Überprüfung der Unterbringung das Gebot bestmöglicher Sachaufklärung (vgl. BVerfGE 70, 297 ≪309≫). Geht es um Prognoseentscheidungen, bei denen geistige und seelische Anomalien in Frage stehen, folgt aus dem Gebot bestmöglicher Sachaufklärung in der Regel die Pflicht des Richters, einen erfahrenen Sachverständigen hinzuzuziehen. Dies gilt insbesondere dort, wo die Gefährlichkeit eines in einem psychiatrischen Krankenhaus Untergebrachten zu beurteilen ist; denn die Umstände, die diese bestimmen, sind für den Richter oft schwer erkennbar und abzuwägen (BVerfGE 70, 297 ≪309≫). Daraus folgt zwar noch nicht, dass bei jeder nach § 67e Abs. 2 StGB turnusmäßig vorzunehmenden Überprüfung der Unterbringung von Verfassungs wegen zwingend ein ärztliches Sachverständigengutachten einzuholen wäre (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Juni 2008 – 2 BvR 598/08 –, juris, Abs.-Nr. 4). Nicht bei jeder Überprüfung der Unterbringung muss der gleiche Aufwand veranlasst sein (BVerfGE 70, 297 ≪309≫). Bestehen keine zwingenden gesetzlichen Vorgaben, hängt es von dem sich nach den Umständen des einzelnen Falles bestimmenden pflichtgemäßen Ermessen des Richters ab, in welcher Weise er die Aussetzungsreife prüft. Immer ist allerdings eine für den Einzelfall hinreichende Gründlichkeit bei der Entscheidungsfindung zu gewährleisten (BVerfGE 70, 297 ≪309 f.≫).
Mit zunehmender Dauer des Freiheitsentzugs steigen die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Sachverhaltsaufklärung und die Begründungstiefe einer Überprüfungsentscheidung; mit dem immer stärker werdenden Freiheitseingriff wächst auch die verfassungsgerichtliche Kontrolldichte. Befindet sich der Untergebrachte seit langer Zeit in ein und demselben psychiatrischen Krankenhaus, ist es daher in der Regel geboten, von Zeit zu Zeit einen anstaltsfremden Sachverständigen hinzuzuziehen, um der Gefahr repetitiver Routinebeurteilungen vorzubeugen (vgl. BVerfGE 70, 297 ≪311, 316≫; 109, 133 ≪162≫; 117, 71 ≪105, 106≫; BVerfGK 5, 40 ≪43≫) und um auszuschließen, dass anstaltsinterne Belange oder die Beziehung zwischen Untergebrachtem und Therapeuten das Gutachten beeinflussen (vgl. BVerfGE 109, 133 ≪164≫). Aus denselben Gründen kann es bei langdauernder Unterbringung weitergehend angezeigt sein, den Untergebrachten von einem solchen externen Sachverständigen begutachten zu lassen, der im Laufe des Vollstreckungsverfahrens noch überhaupt nicht mit dem Untergebrachten befasst war (vgl. BVerfGE 109, 133 ≪164≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Juni 2008 – 2 BvR 598/08 –, juris, Abs.-Nr. 6).
Die Frage, wann eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus in diesem Sinne als langdauernd bezeichnet werden kann, so dass nur noch ein externes Sachverständigengutachten den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine ausreichende Sachverhaltsaufklärung genügt, lässt sich nicht allgemeingültig beantworten, sondern nur auf der Grundlage einer wertenden Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls (BVerfGE 70, 297 ≪316≫). Von Bedeutung sind neben dem Strafrahmen der Anlasstat und der von dem Untergebrachten möglicherweise noch drohenden Delikte die Gesamtdauer des Freiheitsentzugs, die Dauer des bisherigen Maßregelvollzugs, das Alter des letzten ausführlicheren Gutachtens eines externen Sachverständigen und die Aussagekraft der nachfolgenden ärztlichen Stellungnahmen (vgl. BVerfGE 70, 297 ≪316, 317≫). Dabei kommt insbesondere dem Alter der letzten externen Begutachtung im Beurteilungszeitpunkt maßgebliche Bedeutung zu (vgl. BVerfGE 70, 297 ≪317≫).
b) Vor dem Hintergrund dieser das Maßregelvollstreckungsverfahren generell beherrschenden verfassungsrechtlichen Vorgaben hat sich der Gesetzgeber entschlossen, das Freiheitsgrundrecht des in einem psychiatrischen Krankenhaus Untergebrachten einfachrechtlich prozedural besonders abzusichern.
aa) Mit dem Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl I S. 1327) hat der Gesetzgeber die Neuregelung des § 463 Abs. 4 StPO eingeführt. Diese sieht vor, dass im Rahmen der Überprüfungen nach § 67e StGB das Gericht nach jeweils fünf Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen soll (§ 463 Abs. 4 Satz 1 StPO), der weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen ist (§ 463 Abs. 4 Satz 2 Alt. 1 StPO) noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeitet, in dem sich die untergebrachte Person befindet (§ 463 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 StPO). Die Vorschrift konkretisiert das verfassungsrechtliche Gebot bestmöglicher Sachaufklärung im Strafvollstreckungsverfahren, indem durch die Hinzuziehung eines bisher nicht mit der untergebrachten Person befassten Gutachters, der eine kritische Distanz zu den bisherigen – im Laufe der letzten fünf Jahre eingeholten – Stellungnahmen hält, der Gefahr von Routinebeurteilungen vorgebeugt und die Prognosesicherheit des Gerichts entscheidend verbessert werden soll (vgl. BTDrucks 16/1110, S. 19).
bb) Die einfachgesetzliche Absicherung des Freiheitsgrundrechts durch die Neuregelung schließt nicht aus, dass das Gericht bereits vor Erreichen der Fünf-Jahres-Frist im Rahmen seiner von Verfassungs wegen bestehenden Sachaufklärungspflicht bei Überprüfung der Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus einen externen Sachverständigen hinzuziehen muss (zutreffend: OLG Zweibrücken, Beschluss vom 10. Juni 2008 – 1 Ws 154/08 –, BeckRS 2008 11943). Umgekehrt ist nach der Neuregelung ein externes Gutachten als Grundlage einer nach fünf Jahren zu treffenden Überprüfungsentscheidung nur in sehr eng begrenzten Ausnahmefällen entbehrlich (zutreffend: OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 28. April 2008 – 3 Ws 401/08 –, NStZ-RR 2008, S. 292; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30. Januar 2008 – 2 Ws 14/08 –, juris, Abs.-Nr. 3). Dies zeigt schon die Ausgestaltung der das Freiheitsgrundrecht sichernden Verfahrensnorm als Sollvorschrift. Sie schließt ein Abweichen von der Regel nicht aus, erhöht allerdings die Begründungslast der Vollstreckungsgerichte für ein solches Abweichen.
Die Entstehungsgeschichte der Norm bekräftigt dies. Zwar hat der Gesetzgeber die noch im Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 31. März 2006 (BTDrucks 16/1110, S. 8) vorgesehene ausnahmslose Verpflichtung der Vollstreckungsgerichte zur Einholung eines anstaltsfremden Gutachtens im Fünf-Jahres-Rhythmus abgemildert. Damit wollte er allerdings nicht den Einwänden des Bundesrates entgegenkommen, der für eine Streichung der Vorschrift plädiert hatte und es den Strafvollstreckungskammern hatte überlassen wollen, „in welchen gegebenenfalls kritischen Fällen externe Gutachter beauftragt werden” (BTDrucks 16/1110, S. 25). Diesen Vorschlag des Bundesrates hat der Gesetzgeber unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Sachverhaltsaufklärung im Verfahren der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus verworfen (vgl. BTDrucks 16/1110, S. 27 f.). Vielmehr sollte die Umgestaltung der geplanten Regelung zu einer Soll-Vorschrift (vgl. BTDrucks 16/5137, S. 7) ausweislich der klaren Gesetzesbegründung lediglich dem Umstand Rechnung tragen, dass einige Ländergesetze zum Maßregelvollzug bereits regelmäßige externe Begutachtungen in kürzeren Zeitintervallen vorsehen. Wenn in diesen Fällen nach fünf Jahren vollzogener Unterbringung bereits ein aktuelles externes Gutachten vorliege, könne – so der Gesetzgeber – auf die neuerliche Einholung eines externen Gutachtens verzichtet werden (BTDrucks 16/5137, S. 11). Dasselbe könne gelten, wenn die untergebrachte Person sich bereits in der Entlassungsvorbereitung befinde und ohnehin in Kürze aus dem Maßregelvollzug entlassen werden solle, da die Einholung eines externen Gutachtens hier zu einer ungewollten Verlängerung der Unterbringung führen könne (vgl. BTDrucks 16/5137, S. 11 f.). Neben diesen beiden Konstellationen hatte der Gesetzgeber nur noch eine weitere Ausnahme im Blick: In Fällen, in denen die untergebrachte Person neben der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu einer langen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei, erweise es sich unter Umständen als sachgerechter, eine externe Begutachtung mit dem möglichen Zeitpunkt der Strafaussetzung nach § 67 Abs. 5 StGB abzustimmen (BTDrucks 16/5137, S. 12).
cc) Die Einhaltung der Vorgaben aus § 463 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO ist ein Verfassungsgebot. Art. 104 Abs. 1 GG nimmt den schon in Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG enthaltenen Gesetzesvorbehalt auf und verstärkt ihn dergestalt, dass die Einhaltung der Formvorschriften eines freiheitsbeschränkenden Gesetzes zum Verfassungsgebot erhoben wird. Die Verletzung der freiheitsschützenden Form des Gesetzes wird damit zu einem Verfassungsverstoß ausgeweitet, dem der Betroffene mit der Verfassungsbeschwerde entgegentreten kann (BVerfGE 65, 317 ≪321 f.≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Februar 2001 – 2 BvR 1261/00 –, NJW 2001, S. 2247).
dd) Ungeachtet des hohen Ranges des Freiheitsgrundrechts ist es freilich in erster Linie Aufgabe der Fachgerichte, den Regelungsgehalt der gesetzlich vorgeschriebenen Förmlichkeiten einer Freiheitsbeschränkung im Einzelnen verbindlich festzustellen. In diesem Sinne ist die Auslegung und Anwendung des § 463 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO zunächst Aufgabe der Fachgerichte. Ein Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts ist aus funktionellrechtlichen Erwägungen erst dann gerechtfertigt, wenn deren Auslegung und Anwendung der freiheitssichernden Formvorschrift des § 463 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO mit Bedeutung und Tragweite des Freiheitsgrundrechts nicht zu vereinbaren sind oder sich als objektiv willkürlich erweisen (vgl. BVerfGE 65, 317 ≪322≫).
Die Fachgerichte haben bei Auslegung und Anwendung der prozeduralen Sicherungen des Freiheitsgrundrechts allerdings zu berücksichtigen, dass die materiellen Freiheitsgarantien des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG unter den grundrechtlich verbürgten Rechten ein besonderes Gewicht haben und die Freiheit des Einzelnen nur in einem mit wesentlichen formellen Garantien ausgestatteten Verfahren entzogen werden darf. Daher sind Inhalt und Reichweite der Formvorschriften eines freiheitsbeschränkenden Gesetzes von den Fachgerichten so auszulegen, dass sie eine der Bedeutung des Grundrechts angemessene Wirkung entfalten, schon um einer Aushöhlung und Entwertung des Grundrechts über das Verfahrensrecht entgegenzuwirken (BVerfGE 65, 317 ≪322 f.≫; im Kontext der Einhaltung der Überprüfungsfristen des § 67e StGB vgl. BVerfGK 4, 176 ≪180 ff.≫; 5, 67 ≪68 f.≫; vgl. auch – mit Hinweis auf Sorgfaltsanforderungen bei Anwendung des das Freiheitsgrundrecht sichernden Verfahrensrechts – BVerfGE 109, 133 ≪162, 164 f., 189≫).
2. Die angegriffenen Entscheidungen halten diesen Maßstäben nicht stand.
a) Es kann dahinstehen, ob angesichts der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin nach ihrer Begutachtung im Erkenntnisverfahren im Jahr 2003 von keinem externen Sachverständigen untersucht worden ist und die Freiheitsentziehung unter Berücksichtigung von Untersuchungshaft und vorläufiger Unterbringung bereits seit Ende November 2002 andauert, eine externe Begutachtung nicht schon unabhängig von der Regelung des § 463 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO von Verfassungs wegen angezeigt gewesen wäre. Die Entscheidung des Landgerichts verletzt das Freiheitsgrundrecht der Beschwerdeführerin jedenfalls deshalb, weil das Gericht die einfachrechtlichen Vorgaben aus § 463 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO und deren Bedeutung für die Sicherung des Freiheitsgrundrechts der Beschwerdeführerin nicht hinreichend zur Kenntnis genommen hat.
aa) Der angegriffene Beschluss vom 29. September 2008 zur Fortdauer der Unterbringung der Beschwerdeführerin unterlag der Sollvorschrift des § 463 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO. Das Landgericht hat seine Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung im Überprüfungsverfahren nach § 67e StGB auf anstaltsinterne ärztliche Stellungnahmen gestützt. Dabei war die Fünf-Jahres-Frist des § 463 Abs. 4 Satz 1 StPO seit dem 4. Juni 2008 abgelaufen, so dass die Überprüfungsentscheidung auf der Grundlage eines externen Prognosegutachtens hätte ergehen sollen (§ 463 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO).
bb) Die Gründe der Fortdauerentscheidung lassen nicht erkennen, dass sich das Landgericht während des Prüfverfahrens an die Sollvorschrift überhaupt gebunden sah. Die Entscheidung lässt jegliche Ausführungen dazu vermissen, weshalb die Kammer von der Regelanordnung abgewichen ist und gemeint hat, die Fortdauer der bei Beschlussfassung fünf Jahre deutlich überschreitenden Unterbringung ausnahmsweise auf anstaltsinterne ärztliche Stellungnahmen stützen zu dürfen.
cc) Auch das Fehlen nachvollziehbarer Gründe für ein Abweichen von der Sollvorschrift spricht dafür, dass das Landgericht die Vorgaben des § 463 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO und dessen freiheitssichernde Funktion nicht, jedenfalls nicht hinreichend, zur Kenntnis genommen hat. Die vom Gesetzgeber ins Auge gefassten Fälle, die ein Abweichen von der Regelanordnung hätten rechtfertigen können, lagen in offenkundiger Weise nicht vor.
(1) Ein auf der Grundlage eines Landesgesetzes zum Maßregelvollzug eingeholtes aktuelles Gutachten eines externen Sachverständigen lag nicht vor.
(2) Die Beschwerdeführerin befand sich auch nicht in Entlassungsvorbereitungen, die durch die Einholung eines externen Gutachtens konterkariert zu werden drohten. Der Gesetzgeber hatte mit dieser – als Abweichung von der Sollvorschrift eng auszulegenden – Ausnahmekonstellation Fälle vor Augen, in denen eine konkrete Entlassungsperspektive besteht und sich die Entlassung der untergebrachten Person durch die Einholung des Gutachtens verzögern könnte. An einer in diesem Sinne konkretisierten Entlassungsperspektive fehlte es bei der Beschwerdeführerin. Das belegen letztlich auch die – durch den Abbruch des Probewohnens zum Ende des Jahres 2007 ohnehin überholten – Ausführungen des Berichterstatters im Vermerk von Februar 2008, wonach das entlassungsvorbereitende Probewohnen der Beschwerdeführerin erst eingeleitet und in behutsamen Schritten vorangetrieben werden müsse und die Kammer das Prognosegutachten nur dann vor dem nächsten Anhörungstermin in Auftrag geben werde, wenn „sich bei weiterhin positivem Verlauf bereits vor Ablauf des Unterbringungsjahres eine Entlassungsperspektive konkretisieren [sollte]”.
(3) Mangels hinreichend konkretisierter Entlassungsperspektive war die Nichteinholung eines externen Gutachtens auch nicht damit zu rechtfertigen, dass – wie der Berichterstatter im Vermerk von Februar 2008 an die Staatsanwaltschaft ausführte – „ohnehin demnächst ein Entlassungsgutachten einzuholen sein dürfte”. Der Zeitpunkt einer Entlassung der Beschwerdeführerin war weder im Zeitpunkt des Vermerks noch bei Einleitung des Prüfverfahrens nach § 67e StGB hinreichend sicher. Ein Prognosegutachten, das das Gericht in unbestimmter Zukunft einzuholen hat, wenn es die Aussetzung der Vollstreckung der Unterbringung der Beschwerdeführerin zur Bewährung dann erwägt (§ 463 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 in Verbindung mit § 454 Abs. 2 Satz 1 StPO), konnte ein externes Prognosegutachten nach Ablauf der fünf Jahre nicht entbehrlich machen.
(4) Es ist auch nicht erkennbar, dass die spätere Einholung eines externen Gutachtens mit Blick auf die fehlende Aussetzungsreife der Reststrafe (vgl. § 67 Abs. 5 StGB) geboten schien (vgl. dazu OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 28. April 2008 – 3 Ws 401/08 –, NStZ-RR 2008, S. 292; Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl. 2008, § 463 Rn. 10).
(5) Ein etwaiger nach Einführung der Neuregelung des § 463 Abs. 4 StPO von den Strafvollstreckungskammern abzuarbeitender „Gutachtenstau”, auf den der Berichterstatter in seinem Vermerk an die Staatsanwaltschaft von Februar 2008 verweist, vermag ein Abweichen von der Regelanordnung ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Der tatsächliche Verfahrensablauf belegt, dass sich ohne erkennbare Schwierigkeiten ein Gutachter finden ließ. Die vom Berichterstatter aufgeworfenen Kapazitätsprobleme hätten es überdies gerade nahe gelegt, das Gutachten mit einem angemessenen Vorlauf zum Prüftermin in Auftrag zu geben. Eine – vom Berichterstatter pauschal beklagte – unzureichende personelle Ausstattung der Strafvollstreckungskammern darf sich bereits aus grundsätzlichen Erwägungen nicht zu Lasten des Freiheitsgrundrechts der untergebrachten Person auswirken (vgl. BVerfGK 4, 176 ≪183≫).
(6) Ob ein Abweichen von der gesetzlichen Regelanordnung dann gerechtfertigt ist, wenn die fortbestehende Gefährlichkeit der untergebrachten Person für die Allgemeinheit „völlig unzweifelhaft” ist (in diesem Sinne wohl: OLG Oldenburg, Beschluss vom 7. September 2007 – 1 Ws 481/07 –, NStZ 2008, S. 225; OLG Brandenburg, Beschluss vom 11. Januar 2008 – 1 Ws 319/07 –, juris, Abs.-Nr. 8; vgl. andererseits: OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 28. April 2008 – 3 Ws 401/08 –, NStZ-RR 2008, S. 292; LG Hildesheim, Beschluss vom 24. April 2008 – 23 StVK 184/08 –, juris, Abs.-Nr. 11), wird man angesichts der mit der Neuregelung des § 463 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO beabsichtigten strikten Prozeduralisierung der Sachverhaltsaufklärung in Zweifel ziehen müssen. Die Frage braucht nicht abschließend entschieden zu werden, da die – ohnehin eng auszulegende – Ausnahmekonstellation voraussetzte, dass sich die Einholung des externen Gutachtens angesichts einer offenkundigen, ohne eingehendere Begründung feststellbaren Gefährlichkeit der untergebrachten Person als sinnentleerte Förmelei darstellte. Entsprechende Feststellungen hat das Landgericht nicht getroffen. Solchermaßen enge Voraussetzungen lagen hier auch nicht vor, nachdem das Landgericht der Beschwerdeführerin in der Überprüfungsentscheidung von Juli 2007 eine positive Gesamtentwicklung bescheinigt hatte und nach der im Oktober 2007 aufgetretenen Krise jedenfalls seit April 2008 eine deutliche Stabilisierung erfolgt war.
dd) Das Landgericht hat Bedeutung und Tragweite des Freiheitsgrundrechts der Beschwerdeführerin auch nicht dadurch angemessen Rechnung getragen, dass es zwar die Fortdauer der Unterbringung ohne externes Sachverständigengutachten angeordnet, gleichzeitig mit dieser Anordnung aber – zur Vorbereitung einer künftigen Überprüfungsentscheidung – die Einholung eines solchen Gutachtens veranlasst hat. Diese Verfahrensweise konnte die bisherigen Versäumnisse nicht kompensieren.
(1) Zwar sind die Fachgerichte bei Auslegung und Anwendung freiheitssichernder Formvorschriften nicht gehalten, unter mehreren möglichen Deutungen des Gesetzes unter Zurückstellung anderer Gesichtspunkte jeweils der Lesart den Vorzug zu geben, die das Freiheitsgrundrecht über das verfassungsrechtlich Gebotene hinaus mit dem denkbar größten Schutz umgibt (vgl. BVerfGE 65, 317 ≪323≫). Eine Auslegung und Anwendung der Norm dahingehend, dass nach Ablauf von fünf Jahren vollzogener Unterbringung die Einholung eines externen Gutachtens erst als Grundlage künftiger Entscheidungen zu veranlassen sei, verhindert allerdings, dass die Formvorschrift des § 463 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO die vom Gesetzgeber gewollte und der Bedeutung des Freiheitsgrundrechts angemessene Wirkung entfaltet.
(2) (a) Die Regelung erhöht die formellen Anforderungen an die nach fünf Jahren des Vollzugs der Unterbringung – jeweils – anstehende Überprüfungsentscheidung. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Regelung, der ausdrücklich auf die turnusmäßigen Überprüfungen nach § 67e Abs. 2 StGB verweist, und aus ihrer Funktion, das Freiheitsgrundrecht der untergebrachten Person mit Ablauf von fünf Jahren prozedural besonders abzusichern. Die freiheitssichernden Vorgaben des § 463 Abs. 4 StPO sind nicht irgendwann nach Ablauf von fünf Jahren vollzogener Unterbringung zu beachten, sondern schon bei der ersten, nach Ablauf von fünf Jahren gemäß § 67e StGB (jeweils) anstehenden turnusmäßigen Überprüfung (vgl. BTDrucks 16/5137, S. 11). Liegen keine Ausnahmefälle vor, hat das Gericht in diesem Überprüfungsverfahren das externe Gutachten einzuholen und sicherzustellen, dass die in diesem Verfahren nach Ablauf der Fünf-Jahres-Frist zu treffende Überprüfungsentscheidung auf einem externen Sachverständigengutachten beruht.
Schon bisher hatten die Vollstreckungsgerichte das Überprüfungsverfahren so zu gestalten und es vor allem so rechtzeitig einzuleiten, dass eine Entscheidung über die Aussetzung des Maßregelvollzugs zu dem sich aus § 67e StGB ergebenden Prüftermin ergehen konnte (vgl. nur BVerfGK 4, 176 ≪181≫). Die Verfahrensvorschrift des § 463 Abs. 4 StPO hat diese Anforderungen ersichtlich nicht gelockert. Vielmehr haben die Vollstreckungsgerichte unverändert dafür Sorge zu tragen, dass die nach dem Gesetz erforderlichen Entscheidungsgrundlagen bereits zum Prüftermin umfassend vorliegen. Ist absehbar, dass die Fünf-Jahres-Frist des § 463 Abs. 4 Satz 1 StPO zum Prüftermin abgelaufen sein wird, haben die Vollstreckungsgerichte das Verfahren so zu gestalten, dass das Gutachten des anstaltsfremden Sachverständigen nach Möglichkeit im Prüftermin vorliegt (zutreffend: OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 28. April 2008 – 3 Ws 401/08 –, NStZ-RR 2008, S. 292; vgl. weiter OLG Dresden, Beschluss vom 9. Juni 2005 – 2 Ws 317/05 u.a. –, juris, Abs.-Nr. 10). Nur so wird das Hinausschieben einer den Vorgaben des § 463 Abs. 4 StPO genügenden Entscheidung vermieden und dem gesetzgeberischen Anliegen, die Überprüfungsentscheidung nach Ablauf von jeweils fünf Jahren auf eine hinreichend verlässliche Grundlage zu stellen, angemessen Rechnung getragen.
Diese Vorgaben hat das Landgericht in deutlicher Weise missachtet. Obwohl für das Gericht spätestens nach dem Hinweis der Staatsanwaltschaft in deren Vermerk vom 12. Februar 2008 erkennbar war, dass die Fünf-Jahres-Frist zu dem am 9. Juli 2008 anstehenden Prüftermin um mehr als einen Monat überschritten sein würde, hat das Gericht von der Einholung eines externen Sachverständigengutachtens abgesehen. Das Gericht hat die Einholung selbst dann nicht veranlasst, als die Fünf-Jahres-Frist nach dem Anhörungstermin am 16. Juni 2008 abgelaufen und damit klar absehbar war, dass das Prüfverfahren bis zu dem weiteren Anhörungstermin am 29. September 2008 dauern und im Zeitpunkt einer dann zu treffenden Entscheidung die Fünf-Jahres-Frist um nahezu vier Monate überschritten sein würde.
(b) Die vom Landgericht gewählte Verfahrensweise, im Überprüfungsverfahren nach § 67e StGB trotz Ablaufs von fünf Jahren „erst einmal” ohne externes Sachverständigengutachten zu entscheiden und die verurteilte Person unter gleichzeitiger Inauftraggabe eines Prognosegutachtens auf eine neue Überprüfungsentscheidung zu verweisen, führt gerade zu dem Ergebnis, das die Formvorschrift des § 463 Abs. 4 Satz 1 StPO vermeiden will. Eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Überprüfungsentscheidung wird hinausgeschoben; bis zu einer solchen Entscheidung beruht der Freiheitsentzug – bei zunehmender Überschreitung der Fünf-Jahres-Frist – auf einer Tatsachenbasis, die nach dem klaren Willen des Gesetzes den Anforderungen an die richterliche Beurteilungsgrundlage im Regelfall nicht mehr genügt (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 28. April 2008 – 3 Ws 401/08 –, NStZ-RR 2008, S. 292).
Der vorliegende Fall belegt dies anschaulich. Bei rechtzeitiger Inauftraggabe eines externen Gutachtens hätte im Prüftermin am 9. Juli 2008 ohne Schwierigkeiten über die Fortdauer der Unterbringung auf der Grundlage eines solchen Gutachtens entschieden werden können. Nachdem aber das Landgericht den externen Gutachter nahezu vier Monate nach Ablauf der Fünf-Jahres-Frist erst bestellt hatte, wird eine verfahrensfehlerfreie Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung erheblich hinausgeschoben. Der externe Sachverständige hat die Beschwerdeführerin Mitte Januar 2009 begutachtet. Eine erneute Überprüfungsentscheidung auf der Grundlage dieses Gutachtens wird vor Anfang April 2009 nicht ergangen sein. Damit ist eine den Formanforderungen des § 463 Abs. 4 StPO genügende Überprüfungsentscheidung um mindestens zehn Monate hinausgeschoben worden. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass das Gesetz bei Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus eine obligatorische Überprüfung im Jahresrhythmus anordnet (§ 67e Abs. 2 Var. 2 StGB), ist dies ein erheblicher Zeitraum.
(c) Es ist für die verfassungsrechtliche Beurteilung der Fortdauerentscheidung des Landgerichts unerheblich, ob eine Verletzung des Freiheitsgrundrechts der Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt der Verzögerung einer verfassungsmäßigen Überprüfungsentscheidung auch dann festzustellen gewesen wäre, wenn das Landgericht unter Verzicht auf die Anordnung der Fortdauer der Unterbringung im Anschluss an den Anhörungstermin am 29. September 2008 alleine die Einholung eines externen Gutachtens veranlasst hätte. Die besondere Bedeutung des Freiheitsgrundrechts verbietet hypothetische Betrachtungen dieser Art. Entscheidend ist hier allein, ob die getroffene Fortdauerentscheidung die Freiheitsentziehung rechtfertigen kann.
b) Das Oberlandesgericht hat die Grundrechtsverstöße des Landgerichts vertieft, indem es die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin als unbegründet verworfen hat.
aa) Der Verfahrensfehler des Landgerichts musste zur Aufhebung der Überprüfungsentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen – nunmehr verfahrensfehlerfreien – Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung der Beschwerdeführerin auf der Grundlage eines externen Prognosegutachtens führen (zutreffend in diesem Sinne: OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 28. April 2008 – 3 Ws 401/08 –, NStZ-RR 2008, S. 292). Wenn der Senat auf die Aufhebung der landgerichtlichen Fortdauerentscheidung deshalb verzichten will, weil es sich bei dieser noch nicht um die „endgültige” jährliche Überprüfung der Unterbringung, sondern, da die endgültige Entscheidung auf der Grundlage eines externen Gutachtens hätte ergehen müssen, nur um eine „vorläufige” Entscheidung handele, ist dies nicht nachvollziehbar. Dem Gesetz ist eine Unterscheidung zwischen vorläufigen und endgültigen Überprüfungsentscheidungen im Verfahren nach § 67e Abs. 2 StGB fremd. Der Verzicht des Landgerichts auf ein externes Gutachten stellt nicht den Charakter der Fortdaueranordnung als Überprüfungsentscheidung in Frage, sondern begründet umgekehrt die Rechtswidrigkeit dieser ausdrücklich im Verfahren nach § 67e StGB getroffenen Entscheidung.
bb) Die Rechtsanwendung des Senats, dass der Beschluss zur Fortdauer der Unterbringung deshalb nicht aufzuheben sei, weil ein Verstoß gegen die Überprüfungsfristen des § 67e Abs. 2 StGB keine sachlich-rechtliche Wirkung etwa der Art habe, dass der Verurteilte freizulassen sei, trägt Bedeutung und Tragweite des Freiheitsgrundrechts der Beschwerdeführerin nicht angemessen Rechnung. Verletzt die Fortdauerentscheidung – wie hier – das Freiheitsgrundrecht der untergebrachten Person, zwingt dieser Verstoß unabhängig davon zur Aufhebung der Entscheidung, ob die Verletzung des Freiheitsgrundrechts weitergehend ein die Freilassung der Person gebietendes Vollstreckungshindernis begründet. Denn nur die Aufhebung der Entscheidung und die Zurückverweisung der Sache stellen sicher, dass die Fortdauer des Freiheitsentzugs auf einer rechtmäßigen Grundlage beruht. Eine gerade wegen Verletzung einer freiheitsschützenden Formvorschrift rechtswidrige Entscheidung als Grundlage des Freiheitsentzugs aufrechtzuerhalten, verkennt das besondere Gewicht der materiellen Freiheitsgarantien des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG und trägt der Tatsache, dass Art. 104 Abs. 1 GG die Einhaltung der Formvorschriften eines freiheitsbeschränkenden Gesetzes zum Verfassungsgebot erhebt (BVerfGE 65, 317 ≪322≫), nicht angemessen Rechnung. Dementsprechend wird auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren eine das Freiheitsgrundrecht der untergebrachten Person verletzende Fortdauerentscheidung ohne Rücksicht darauf aufgehoben (und die Sache zur neuen Entscheidung an die Fachgerichte zurückverwiesen), ob die Verletzung des Freiheitsgrundrechts weitergehend zu einem Vollstreckungshindernis führt (vgl. jüngst BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Mai 2008 – 2 BvR 1615/07 –, juris, Abs.-Nr. 18 ff.; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Juni 2008 – 2 BvR 1119/07 –, juris, Abs.-Nr. 19 und 21; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 23. September 2008 – 2 BvR 936/08 –, juris, Abs.-Nr. 23; vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 6. April 1995 – 2 BvR 1087/94 –, NJW 1995, S. 3048 ≪3049≫; analog die Feststellung der Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG durch Verzögerungen im Prüfverfahren, vgl. BVerfGK 4, 176 ≪183≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 6. Juni 2001 – 2 BvR 828/01 –, NStZ 2002, S. 333 ≪334≫).
II.
Mit der Annahme der Verfassungsbeschwerde erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
III.
Die Entscheidung über die Aufhebung und Zurückverweisung beruht auf § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG.
IV.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34a Abs. 2 Alt. 1 BVerfGG. Damit erledigt sich der Antrag der Beschwerdeführerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts (vgl. BVerfGE 105, 1 ≪17≫ m.w.N.).
Unterschriften
Voßkuhle, Mellinghoff, Lübbe-Wolff
Fundstellen
NStZ-RR 2010, 122 |
NPA 2010 |
R&P 2009, 224 |