Entscheidungsstichwort (Thema)
Kommunale Selbstverwaltung im Bereich Energiewirtschaft
Beteiligte
Professor Dr. Karl Heinrich Friauf |
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Tatbestand
Die beschwerdeführende Kommune wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG gegen das am 29. April 1998 in Kraft getretene Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24. April 1998 (BGBl I S. 730) und gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der ab 1. Januar 1999 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1998 – GWB – (BGBl I S. 2546). Sie sieht sich durch einzelne Vorschriften dieser Gesetze in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG verletzt.
I.
1. Bis zum Inkrafttreten des durch die Kommunalverfassungsbeschwerde insbesondere zur Überprüfung gestellten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts galt das Gesetz zur Förderung der Energiewirtschaft (Energiewirtschaftsgesetz) vom 13. Dezember 1935 (RGBl I S. 1451). Mit der Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts – ebenso mit der angegriffenen Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen – will der Gesetzgeber u.a. den als im internationalen Vergleich für zu hoch erachteten Strompreisen in Deutschland durch eine Liberalisierung und Deregulierung der nationalen Strommärkte begegnen; zugleich soll die Binnenmarkt-Richtlinie Strom der Europäischen Union (Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, ABl EG 1997 Nr. L 27, S. 20) umgesetzt werden.
Das Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts verfolgt das Ziel der Stärkung des brancheninternen Wettbewerbs. Dies strebt es vor allem mittels Beseitigung der bislang bestehenden geschlossenen Versorgungsgebiete u.a. durch eine Erleichterung des Zugangs der Elektrizitätsversorgungsunternehmen zum Netz (Artikel 1 §§ 5 ff.), durch die Möglichkeit der Einrichtung von Direktleitungen zur Belieferung von Energieabnehmern (Artikel 1 § 13) sowie durch die Abschaffung der bisherigen kartellrechtlichen Freistellung von Demarkations- und Konzessionsverträgen (Artikel 2) an.
2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, durch einzelne Vorschriften des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts und des mit Wirkung zum 1. Januar 1999 veränderten Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen werde in das den Gemeinden als Bestandteil der Selbstverwaltungsgarantie gewährleistete Recht zur eigenständigen Wahrnehmung der örtlichen Versorgung mit elektrischer Energie eingegriffen. Durch die erzwungene Öffnung auch des örtlichen Energiemarktes für externe Energieanbieter werde die Existenzfähigkeit der von den Gemeinden wahrgenommenen Versorgung mit elektrischer Energie im Kern getroffen. Deren Infrastruktur werde entwertet; das für den Kommunalhaushalt bedeutsame Aufkommen an Konzessionsabgaben werde erheblich geschmälert.
Die Beschwerdeführerin werde durch eine traditionelle Industriestruktur als Standort des Steinkohlebergbaus und der Eisen- und Stahlindustrie geprägt. Der wirtschaftliche Wandel habe zu Strukturproblemen geführt. Die Beschwerdeführerin befinde sich – ungeachtet äußerster Sparanstrengungen – seit Jahren in einer besonders schwierigen finanziellen Situation; wegen des nicht auszugleichenden Haushalts unterliege sie einem Haushaltssicherungskonzept. Die Aufgabe der örtlichen Versorgung mit Energie werde durch die Stadtwerke Duisburg AG wahrgenommen, deren Anteile sich unmittelbar oder mittelbar im Eigentum der Beschwerdeführerin befänden und die von ihr gesellschaftsrechtlich beherrscht werde. Der Strom werde ganz überwiegend in eigenen Kraftwerken erzeugt, und zwar bis zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts ausschließlich im Wege der sogenannten Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Die Einnahmen aus Konzessionsabgabe und Gewinn der Stadtwerke seien eine tragende Säule des städtischen Haushalts; ohne ihn könne das aktuelle Haushaltssicherungskonzept nicht realisiert werden. Berichte und Prognosen der Geschäftsleitung der Stadtwerke AG zeigten, dass Umsatz- und Ergebniseinbrüche drohten, denen auch mit Gegensteuerungsmaßnahmen nicht in vollem Umfang begegnet werden könne. Werde die Ertragskraft und letztlich die wirtschaftliche Existenz der Stadtwerke Duisburg durch die Auswirkungen der Energierechtsreform untergraben, so entfiele auch die Möglichkeit, die chronischen Defizite der Verkehrsbetriebe intern auszugleichen. Die im Energiewirtschaftsgesetz enthaltenen Klauseln zum Schutz der Kraft-Wärme-Kopplung seien rechtlich und faktisch unwirksam. Werde eine wirtschaftliche Weiternutzung der Stromerzeugungsanlagen der Stadtwerke vereitelt, so bedeute dies die ökonomische Vernichtung der im Rahmen von Selbstverwaltungsentscheidungen geschaffenen und genutzten Substanz. Derartige „stranded costs” seien bei der Reform des Energiewirtschaftsrechts unberücksichtigt geblieben. Die angegriffenen Vorschriften seien auch im Hinblick auf fehlende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes, Nichtbeachtung des Zustimmungsvorbehaltes für den Bundesrat gemäß Art. 84 Abs. 1 GG sowie wegen Gesetzesungenauigkeiten formal verfassungswidrig.
3. a) Zugleich mit der Verfassungsbeschwerde hat die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 BVerfGG gestellt. Zur Begründung dieses Antrags wird im Wesentlichen vorgetragen:
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei erforderlich, um schwerwiegende, nicht reparable Nachteile für die Beschwerdeführerin abzuwenden und zugleich im Interesse des gemeinen Wohls das Überleben der unmittelbar in ihrer Existenz bedrohten kommunalen Energieversorgung bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Hauptsache sicherzustellen.
Bis zum Herbst 1998 sei die Entwicklung des Wettbewerbs auf dem Energiemarkt nur sehr verhalten verlaufen; seit Winter 1998/99 hätten sich die Umwälzungen zu Lasten der kommunalen Energieversorger jedoch progressiv beschleunigt. Der Wettbewerbsdruck habe inzwischen ein Ausmaß angenommen, dem die kommunale Energieversorgung aus strukturellen Gründen nicht standhalten könne. Bei der Stadtwerke Duisburg AG sei es zu einem – weiter anhaltenden – Erlösverfall gekommen, dem sich auch durch äußerste Sparanstrengungen auf der Kostenseite nicht begegnen lasse. Sollte sich der Preisverfall fortsetzen, so würde bei der Stadtwerke Duisburg AG nicht nur der bisher aus der Stromerzeugung erzielte Ertrag vollständig aufgezehrt. Die Stadtwerke wären darüber hinaus auch nicht mehr in der Lage, eine Konzessionsabgabe zu erwirtschaften.
Die besondere Dringlichkeit ergebe sich unter den zur Begründung der Kommunalverfassungsbeschwerde im Einzelnen dargelegten Gesichtspunkten.
Ohne die begehrte einstweilige Anordnung würde ein sehr erheblicher Teil des bisherigen Stromabsatzes zugunsten konkurrierender Anbieter verloren gehen. Der vorhandene Kraftwerkspark würde unrentabel. In der Folge müssten die Tarifpreise für die verbleibenden kleineren Kunden zwangsläufig steigen, was zu einem weiteren Kundenverlust (auch durch Bündelung von Energienachfragern u.ä.) führen würde. Die Dringlichkeit der beantragten einstweiligen Anordnung sei auch nicht durch die Einbringung des Entwurfes eines Gesetzes zum Schutz der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK-Vorschaltgesetz) vom 22. Februar 2000 (BTDrucks 14/2765) entfallen.
Das für die Beschwerdeführerin unverzichtbare Konzessionsabgabeaufkommen würde – ohne jede Ausgleichsmöglichkeit – verfallen. Die Erste Verordnung zur Änderung der Konzessionsabgabenverordnung vom 22. Juli 1999 (BGBl I S. 1669) ändere hieran nichts.
Mit dem Zwang zur vorzeitigen Stilllegung der vorhandenen kommunalen Kraftwerke drohe deren vollständige Entwertung. Der ohnehin extrem schwache Arbeitsmarkt im Bereich der Beschwerdeführerin würde infolge des kurzfristig notwendig werdenden erheblichen Personalabbaus belastet. Zudem sei mit hohen Sozialplankosten zu rechnen. Da der in der Technik der Kraft-Wärme-Kopplung erzeugte Strom der Preiskonkurrenz mit überregionalen Energieversorgern nicht standhalten könne, drohe die Aufgabe dieses zentralen Instruments des kommunalen Umweltschutzes. Dies ziehe unzumutbare, aber notwendige Preiserhöhungen für die Fernwärme beziehenden Haushalte nach sich.
b) Die Beschwerdeführerin beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung wie folgt zu beschließen:
Bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache wird
aus Artikel 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts die Anwendung des § 13 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 14 EnWG vollständig und
aus Artikel 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts die Anwendung der §§ 5 bis 7 EnWG, soweit diese Vorschriften auf Netze kommunaler Versorgungsunternehmen anwendbar sind, und aus Artikel 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts die Anwendung des § 103b Satz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1998, soweit er sich auf die Versorgung mit Elektrizität und Gas durch kommunale Versorgungsunternehmen bezieht, und des § 19 Abs. 4 GWB, soweit diese Vorschrift auf Netze kommunaler Versorgungsunternehmen anwendbar ist, ausgesetzt;
- bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache ist Artikel 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts, § 13 Abs. 1 Satz 3 EnWG mit der Maßgabe anwendbar, dass Verträge mit Gasversorgungsunternehmen den Verträgen mit Elektrizitätsversorgungsunternehmen gleichstehen;
- bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache ist Artikel 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts, § 14 Abs. 1 EnWG mit der Maßgabe anwendbar, dass auch Entgelte für die Einräumung des Rechts zur Versorgung von Zwischenverteilern mit Energie einbezogen sind, soweit diese private Grundstücke bzw. nicht-öffentliche Wege für die Belieferung von Letztverbrauchern benutzen;
- bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache bleiben die §§ 103, 103a und 105 GWB sowie die auf sie verweisenden Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der in § 131 Abs. 1 GWB genannten Fassung anwendbar, soweit sie sich auf die Versorgung mit Elektrizität und Gas durch kommunale Versorgungsunternehmen beziehen;
hilfsweise:
Die gemäß Ziffer I. 1. bis 3. beantragte Anordnung wird mit der Maßgabe erlassen, dass sie sich auf die Lieferung von elektrischer Energie an Endverbraucher mit einem Jahresverbrauch von weniger als neun Gigawattstunden (GWh) beschränkt;
äußerst hilfsweise:
Die gemäß Ziffer I. 1. bis 4. beantragte Anordnung wird mit der Maßgabe erlassen, dass sie sich auf die Lieferung von elektrischer Energie an die Endverbraucher beschränkt, die aus dem Niederspannungsnetz (Spannung bis 1 Kilovolt) versorgt werden.
4. Die Bundesregierung hat sich zu der Verfassungsbeschwerde und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geäußert.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bleibt ohne Erfolg.
1. a) Da eine Entscheidung des Senats über die Annahme der Verfassungsbeschwerde bislang nicht ergangen ist, ist die Kammer für alle die Verfassungsbeschwerde betreffenden Entscheidungen zuständig (§ 93d Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Dies gilt auch – mit der Einschränkung des § 93d Abs. 2 Satz 2 BVerfGG – für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
b) Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht auch im Verfahren der Verfassungsbeschwerde gemäß § 91 BVerfGG einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies u.a. zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Gesetzes vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Bei offenem Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache muss das Bundesverfassungsgericht die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre. Dabei ist ein besonders strenger Maßstab anzulegen, wenn eine gesetzliche Regelung außer Vollzug gesetzt werden soll (BVerfGE 82, 310 ≪313≫; 96, 120 ≪128 f.≫; stRspr).
Schwere Nachteile oder ein anderer wichtiger Grund rechtfertigen für sich eine einstweilige Anordnung noch nicht. Ihr Erlass muss zur Abwehr der Nachteile oder Ausräumung des anderen wichtigen Grundes „dringend geboten” sein. Es muss also ein spezifischer Regelungsanlass bestehen. Die in § 32 Abs. 1 BVerfGG geforderte Dringlichkeit ist als Unaufschiebbarkeit einer zumindest vorläufigen Regelung zu verstehen. Dies beurteilt sich danach, welche tatsächlichen oder rechtlichen Entwicklungen sich ergeben, wenn eine einstweilige Anordnung im jetzigen Zeitpunkt nicht ergeht, und ob der so entstehende Zustand nur durch ein alsbaldiges Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts verhindert werden kann (vgl. zum Ganzen Berkemann in: Umbach/Clemens, BVerfGG, § 32 Rn. 208-210). Ein Einschreiten des Bundesverfassungsgerichts ist in der Regel dann nicht dringend geboten, wenn vorläufiger Rechtsschutz auch auf anderem Wege – insbesondere etwa durch die Anrufung der Gerichte im jeweils eröffneten Rechtsweg – erlangt werden kann (vgl. BVerfGE 15, 77 ≪78≫; 17, 120 ≪122≫; 21, 50 ≪51≫; 37, 150 ≪151≫; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juni 1994 – 2 BvQ 27/94 –, NJW 1994, S. 3221; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 17. August 1999 – 2 BvR 2276/98 –, JURIS).
2. Hieran gemessen ist der Erlass der von der Beschwerdeführerin beantragten einstweiligen Anordnung sowohl im Hauptantrag als auch in den Hilfsanträgen nicht dringend geboten.
a) Die Beschwerdeführerin macht zur Dringlichkeit der beantragten einstweiligen Anordnung – im Wesentlichen entsprechend der Begründung der Verfassungsbeschwerde – geltend, dass die Stadtwerke Duisburg AG durch den mit der gesetzlichen Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts und der Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgelösten Wettbewerb und nachfolgenden Preisverfall auf dem Energiemarkt erhebliche Einnahmeausfälle erlitten habe und weiterhin erleide, die schwerwiegende Folgen für die Stadtwerke und die Haushaltssituation der Beschwerdeführerin nach sich zögen.
aa) Diesen Ausgangspunkt der Darlegungen der Beschwerdeführerin hat der von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK-Vorschaltgesetz) vom 22. Februar 2000 (BTDrucks 14/2765) aufgegriffen. Der genannte Entwurf ist nach seiner ersten Beratung in der 91. Sitzung des Deutschen Bundestages am 25. Februar 2000 in der 96. Sitzung des Deutschen Bundestages am 24. März 2000 in der mit kleineren, vor allem klarstellenden Änderungen versehenen Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie (BTDrucks 14/3007) als Gesetz zum Schutz der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) in zweiter und dritter Beratung angenommen worden (vgl. Amtliches Protokoll, Zusatzpunkt 7). Das Gesetz soll den befristeten Schutz der Kraft-Wärme-Kopplung in der allgemeinen Versorgung im Interesse von Energieeinsparung und Klimaschutz gewährleisten (§ 1). Dafür ist neben der Verpflichtung der Netzbetreiber, Kraft-Wärme-Kopplungs-(KWK)-anlagen im Sinne des § 2 an ihr Netz anzuschließen und in solchen Anlagen erzeugten Strom abzunehmen (§ 3 Abs. 1), insbesondere ein System von Vergütungs- (§ 4) und Ausgleichsansprüchen (§ 5) vorgesehen, das die Folgen des Wettbewerbs für die Betreiber von KWK-Anlagen abfedert. Begünstigte dieser Neuregelung wird – soweit ersichtlich – auch die Beschwerdeführerin sein: Die Stromerzeugung der Stadtwerke Duisburg AG fällt in den Anwendungsbereich des § 2 des Gesetzesbeschlusses; in ihrer Eigenschaft als vergütungspflichtiger Netzbetreiberin (vgl. § 3 Abs. 2 i.V.m. § 4 des Gesetzesbeschlusses) wird ihr in § 5 Abs. 1 des Gesetzesbeschlusses gegen den vorgelagerten Netzbetreiber ein – jeweils zum 1. Januar eines neuen Jahres um 0,5 Pfennige sinkender – Ausgleichsanspruch in Höhe von zunächst 3 Pfennig pro Kilowattstunde eingeräumt. Ziel dieses Ausgleichsmechanismus ist es, die Betreiber von KWK-Anlagen in die Lage zu versetzen, den in ihren KWK-Anlagen – relativ teuer, jedoch umweltfreundlich – produzierten Strom zu wirtschaftlichen, marktfähigen und damit im Wettbewerb auf der Grundlage des neu geregelten Energiewirtschafts- und geänderten Wettbewerbsrechts konkurrenzfähigen Preisen abzusetzen.
Die von der Beschwerdeführerin befürchteten negativen Konsequenzen werden mit dem Inkrafttreten des beschlossenen Gesetzes, das nach § 7 des Gesetzesbeschlusses für den ersten Tag nach der Verkündung vorgesehen ist, nach dem Regelungsinhalt der vorgesehenen Vorschriften voraussichtlich verhindert, jedenfalls aber nicht in dem befürchteten – nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin existenzbedrohenden – Ausmaß eintreten. Im Hinblick auf die sich aufgrund des Gesetzesbeschlusses konkret abzeichnende Entwicklung ist deshalb nach dem für die beantragte Aussetzung des weiteren Vollzugs einer gesetzlichen Regelung anzulegenden besonders strengen Maßstab der Erlass einer einstweiligen Anordnung jedenfalls derzeit nicht dringend geboten.
bb) Die Beschwerdeführerin beruft sich für die nach ihrer Auffassung trotz dieses Gesetzesvorhabens fortbestehende Dringlichkeit der beantragten einstweiligen Anordnung darauf, dass wegen des Inkrafttretens der gesetzlichen Regelung erst nach dem Tag ihrer Verkündung die existenzgefährdenden wirtschaftlichen Einbußen fortbestünden, die ihre Stadtwerke bereits während der vergangenen rund eineinhalb Jahre erlitten hätten und im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens weiterhin erleiden würden. Dem ist entgegenzuhalten, dass solche bereits eingetretenen wirtschaftlichen Einbußen auch bei einem ihrem Antrag vollumfänglich stattgebenden Beschluss nicht rückgängig gemacht werden könnten.
Die Beschwerdeführerin führt weiterhin an, sie werde bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung weitere wirtschaftliche Einbußen erleiden. Dieses Vorbringen ist hinsichtlich der befürchteten Verzögerungen im Gesetzgebungsverfahren spekulativ und angesichts des bereits vorliegenden Gesetzesbeschlusses über das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz weitgehend überholt. Im Übrigen wird auch nicht entsprechend den Anforderungen der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG (vgl. BVerfGE 71, 25 ≪36 f.≫; 76, 107 ≪112≫) substantiiert dargetan, dass der Zeitraum bis zum Inkrafttreten des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes für die Stadtwerke Duisburg AG finanziell nicht zu „überstehen” wäre: Die Beschwerdeführerin hat in der Vergangenheit im Verfahren vorgebracht, dass dieGewinne der Stadtwerke Duisburg AG aus der Stromerzeugung erheblich geschmälert würden, nicht jedoch, dass die Stromerzeugung der Stadtwerke bereitsdefizitär arbeite. So hat sie noch mit ihrem Schriftsatz vom 31. Januar 2000 erläutert, dass der Rohüberschuss in 1999 voraussichtlich auf 65 Mio. DM gesunken sei, im Jahre 2000 voraussichtlich auf 37,6 Mio. DM und bis 2002 weiter auf 20,8 Mio. DM sinken werde. Angesichts dessen erscheint der nunmehr geltend gemachte kurzfristig zu befürchtende Wegfall der Existenzgrundlage für ihre Stadtwerke nicht schlüssig. Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin auch im Hinblick auf ihre eigene Haushaltslage nicht substantiiert dargetan, dass sie selbst den Zeitraum bis zum Inkrafttreten des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes wegen gesunkener Einnahmen aus Abführungen der Stadtwerke finanziell nicht verkraften könnte.
Die Beschwerdeführerin hat sich im Weiteren darauf berufen, dass ihr ein bloßer Gesetzentwurf nicht das Mindestmaß an Planungssicherheit biete, das sie dringlichst benötige, um im Bereich ihrer Stadtwerke die unabdingbar notwendigen Entscheidungen – insbesondere zur Stilllegung zweier weiterer Heizkraftwerke mit den notwendigen Folgeinvestitionen – treffen zu können. Dieses Vorbringen ist im Hinblick auf den zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesbeschluss über das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz überholt.
Dafür, dass das Gesetz der Zustimmung des Bundesrates bedürfte, ist nichts ersichtlich. Im Übrigen hat der Bundesrat das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz in seiner Sitzung vom 7. April 2000 gebilligt (vgl. BRDrucks 177/00 ≪Beschluss≫). Das weitere Argument, es werde geltend gemacht, die im Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz vorgesehene Regelung beinhalte eine Beihilfe im gemeinschaftsrechtlichen Sinne und könne deshalb nur nach Genehmigung durch die EU-Kommission in Kraft gesetzt werden, ist unsubstantiiert.
b) Die Beschwerdeführerin beruft sich zur Begründung ihres Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auch darauf, dass das Aufkommen aus Konzessionsabgaben seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts unmittelbar und progressiv zunehmend zurückgegangen sei. Auch hieraus folgt indes nicht, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne des § 32 Abs. 1 BVerfGG dringend geboten ist.
aa) Dies ergibt sich zunächst daraus, dass die Konzessionsabgabenverordnung (KAV) vom 9. Januar 1992 (BGBl I S. 12) bereits novelliert worden ist. Mit der am 31. Juli 1999 in Kraft getretenen Ersten Verordnung zur Änderung der Konzessionsabgabenverordnung vom 22. Juli 1999 (BGBl I S. 1669) soll klarstellend verhindert werden, dass die Pflicht zur Zahlung der Konzessionsabgaben durch besondere Gestaltung der Lieferverhältnisse unterlaufen wird (vgl. BRDrucks 358/99, S. 4). Diese Umgehungsgefahr resultierte aus den in § 2 KAV festgelegten unterschiedlichen Höchstbeträgen an Konzessionsabgabe pro Kilowattstunde je nach dem, ob es sich um die Belieferung von Tarifkunden (§ 2 Abs. 2 KAV) oder Sondervertragskunden (§ 2 Abs. 3 KAV) handelte. Dabei liegen die Höchstbeträge für die Belieferung von Tarifkunden deutlich, teilweise um ein Vielfaches höher als bei Sondervertragskunden. Hierin lag ein Anreiz, durch entsprechende Gestaltung von Stromlieferungsverträgen – etwa bei einer „Bedarfsbündelung” von Tarifkunden durch Zwischenhändler – den Status eines Sondervertragskunden zu begründen. Mit einer solchen „Umwandlung” von Tarif- in Sondervertragskunden wäre zwangsläufig eine Schmälerung des Konzessionsabgabeaufkommens verbunden gewesen. Darüber hinaus erschien es denkbar, dass etwa Wohnungsvermietungsunternehmen als Stromabnehmer auftreten, die ohne Inanspruchnahme öffentlicher Wege den von den kommunalen Stromerzeugern bezogenen Strom an die einzelnen Mieter weiterverteilen; auch dies hätte das Aufkommen an Konzessionsabgabe beeinträchtigen können. Diese Risiken für das Konzessionsabgabeaufkommen hat der Verordnunggeber mit der Anfügung der Absätze 6 bis 8 in § 2 KAV aufgegriffen. Er hat dabei das Ziel verfolgt, sicherzustellen, dass im Ergebnis Wettbewerbslieferungen Dritter grundsätzlich mit derselben Konzessionsabgabe belastet werden können, wie sie auch beim bisherigen Lieferanten anfallen. Ferner hat er der Schmälerung des Konzessionsabgabeaufkommens durch bloße Änderung der Vertragsgestaltung dadurch vorgebeugt, dass Stromlieferungen aufgrund von Sonderkundenverträgen aus dem Niederspannungsnetz (bis 1 kV) konzessionsabgabenrechtlich als Lieferungen an Tarifkunden gelten (vgl. BRDrucks 358/99, S. 5). Insoweit dürften die von der Beschwerdeführerin maßgeblich als Risiken für ihr Konzessionsabgabeaufkommen angenommenen Umgehungsmöglichkeiten mit dem Inkrafttreten der geänderten Konzessionsabgabenverordnung weitgehend entfallen sein.
bb) Die Beschwerdeführerin befürchtet gleichwohl einen Rückgang des Konzessionsabgabenaufkommens mit Blick auf die Regelung des § 2 Abs. 4 Satz 1, 2 KAV und aus steuerrechtlichen Gründen.
Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 KAV dürfen bei Strom Konzessionsabgaben für Lieferungen an Sondervertragskunden nicht vereinbart oder gezahlt werden, deren Durchschnittspreis im Kalenderjahr je Kilowattstunde unter dem Durchschnittserlös je Kilowattstunde aus der Lieferung von Strom an alle Sondervertragskunden liegt. Den ins Einzelne gehenden Ausführungen der Bundesregierung zur fehlenden Wesentlichkeit der mit Blick auf diese Regelung allenfalls zu befürchtenden Einbußen der Beschwerdeführerin – nach deren eigenen Angaben 1,3 Mio. DM im Verhältnis zu dem bisherigen Aufkommen an Konzessionsabgabe von insgesamt etwa 68,59 Mio. DM im Jahre 1998 – und zum Regelungsmechanismus ist die Beschwerdeführerin nur unsubstantiiert entgegengetreten.
Soweit die Beschwerdeführerin außerdem eine steuerrechtliche Qualifizierung der Konzessionsabgabe als „verdeckte Gewinnausschüttung” fürchtet, weil und soweit die Stadtwerke nicht mehr in der Lage seien, den für eine steuerrechtlich unschädliche Leistung von Konzessionsabgaben erforderlichen Mindestgewinn zu erwirtschaften, ist im Hinblick auf die Auslegung und Handhabung der einschlägigen steuerrechtlichen Vorschriften zu berücksichtigen, dass sowohl während des Gesetzgebungsverfahrens als auch nach Meinung der (jetzigen) Bundesregierung stets Einvernehmen darüber bestand, dass den Kommunen das bisherige Konzessionsabgabenaufkommen ungeschmälert erhalten bleiben solle. Dieser politische Wille wurde nicht zuletzt durch die Änderung der Konzessionsabgabenverordnung akzentuiert. Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin selbst darauf verwiesen, dass „die Verschiebung zwischen Konzessionsabgabe und Gewinn … bei gleichbleibendem Rohüberschuss so lange keine Katastrophe (ist), solange die Stadtwerke zu 100% der Beschwerdeführerin gehören und solange der steuerliche Querverbund mit dem öffentlichen Nahverkehr hält.” Da hinsichtlich des von der Beschwerdeführerin insoweit erwähnten status quo nicht ersichtlich ist, dass dieser sich in absehbarer Zeit ändern könnte, und auch die weitere Aussage, der steuerliche Querverbund mit dem öffentlichen Nahverkehr stoße zunehmend auf europarechtliche Bedenken, im einstweiligen Rechtsschutzverfahren kein Gewicht hat, kann die behauptete Dringlichkeit der beantragten einstweiligen Anordnung jedenfalls auch nicht aus dem Gesichtspunkt der „verdeckten Gewinnausschüttung” abgeleitet werden.
Die sonstigen Ausführungen der Beschwerdeführerin, etwa zur Einführung sogenannter Schwellenwerte und zu praktischen Schwierigkeiten der Umsetzung der geänderten Konzessionsabgabenverordnung erweisen sich als spekulativ oder unsubstantiiert. Gleiches gilt hinsichtlich der Behauptung einer Gefährdung der Konzessionsabgaben für die Lieferung von Gas.
c) Ein Einschreiten des Bundesverfassungsgerichts ist vorliegend auch deshalb nicht im Sinne von § 32 Abs. 1 BVerfGG dringend geboten, weil die Stadtwerke – bzw. die Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihren unmittelbaren und mittelbaren Anteilsbesitz an den Stadtwerken von 100% durch entsprechende Einflussnahme auf die Stadtwerke – nicht den Versuch unternommen haben, das vorliegend verfolgte Rechtsschutzziel einstweiliger Sicherung durch Verweigerung der Abnahme des von Dritten anderweitig gekauften Stroms nach Maßgabe von § 7 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 2 bis 4 und Abs. 3 EnWG zu erreichen.
aa) Die Stadtwerke der Beschwerdeführerin haben das sogenannte Alleinabnehmersystem nach § 7 EnWG gewählt. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 EnWG ist allerdings ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen, das das Alleinabnehmersystem nach § 7 Abs. 1 EnWG gewählt hat, verpflichtet, die Elektrizität abzunehmen, die ein Letztverbraucher, der im Gebiet ansässig ist, auf das sich die Bewilligung nach § 7 Abs. 1 EnWG bezieht, bei einem anderen Elektrizitätsversorgungsunternehmen gekauft hat. Nach Maßgabe von § 7 Abs. 2 Satz 2 EnWG findet jedoch § 6 Abs. 1 Satz 2 bis 4 und Abs. 3 EnWG entsprechende Anwendung. In entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 1 Satz 2 EnWG greift die Abnahmeverpflichtung demnach nicht ein, soweit das Elektrizitätsversorgungsunternehmen nachweist, dass ihm die Abnahme aus betriebsbedingten oder sonstigen Gründen unter Berücksichtigung der Ziele des § 1 EnWG nicht möglich oder nicht zumutbar ist. § 6 Abs. 3 EnWG konkretisiert den Begriff der Zumutbarkeit im vorstehenden Sinne u.a. dahin, dass bei der Beurteilung der Zumutbarkeit besonders zu berücksichtigen ist, inwieweit dadurch Elektrizität aus fernwärmeorientierten, umwelt- und ressourcenschonenden sowie technisch-wirtschaftlich sinnvollen KWK-Anlagen verdrängt und ein wirtschaftlicher Betrieb dieser Anlagen verhindert würde, wobei Möglichkeiten zum Verkauf dieser Elektrizität an Dritte zu nutzen sind. Die Ablehnung der Abnahme ist gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 EnWG schriftlich zu begründen; § 19 Abs. 4 und § 20 Abs. 1 und 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen bleiben unberührt (§ 6 Abs. 1 Satz 4 EnWG).
Ziel dieser gesetzlichen Regelung ist insbesondere, wegen der Bedeutung der Schonung der Ressourcen und des Umweltschutzes zu verhindern, dass eine energiewirtschaftlich förderungswürdige Art der Stromerzeugung infolge von Durchleitungen von Strom aus anderen Kraftwerkstypen verdrängt wird, die die Effekte der Ressourcenschonung und des Umweltschutzes im Vergleich zu den in § 6 Abs. 3 EnWG aufgeführten Formen der Stromerzeugung nicht aufweisen können (vgl. Büdenbender, Schwerpunkte der Energierechtsreform 1998, Rn. 204; ders., Durchleitung elektrischer Energie nach der Energierechtsreform, RdE 1999, S. 1 ≪4≫). Freilich ist die vom Gesetzgeber aufgerichtete materielle Hürde für eine Durchleitungs- oder Abnahmeverweigerung wegen des Zieles, den Markt in der Elektrizitätswirtschaft mit Hilfe von Durchleitungen soweit wie möglich wettbewerblich zu öffnen, grundsätzlich relativ hoch (vgl. zu den Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 EnWG im Einzelnen Harms, Zur Anwendung der Schutzklauseln für Öko-, KWK- und Braunkohlestrom im Neuregelungsgesetz vom 24.04.1998, RdE 1999, S. 165 ≪169 ff.≫); sie wird zudem von der formellen Voraussetzung einer schriftlichen Begründung der Ablehnung nach § 6 Abs. 1 Satz 3 EnWG flankiert. Andererseits werden aber KWK-Anlagen durch § 6 Abs. 3 EnWG ausdrücklich und hervorgehoben privilegiert.
Eindeutig ist die Bedeutung von § 6 Abs. 3 EnWG, wenn die Verdrängung der dort erfassten, energiepolitisch besonders förderungswürdigen Formen der Stromerzeugung in Anlagen der Netzbetreiber selbst erfolgt, da in diesem Fall – wie bei den Stadtwerken der Beschwerdeführerin – potentielle Durchleitungspflicht/Abnahmepflicht und Betroffenheit im Erzeugungsbereich zusammenfallen (vgl. Büdenbender, Durchleitung elektrischer Energie nach der Energierechtsreform, RdE 1999, S. 1 ≪5≫). § 6 Abs. 3 EnWG schützt allerdings nicht die individuellen Interessen des Netzbetreibers; vielmehr wird mit dieser Vorschrift dem Allgemeininteresse an energiepolitisch förderungswürdiger Stromerzeugung entsprochen und der Netzinhaber insoweit nur reflexartig begünstigt; auch soweit der Netzbetreiber die Verdrängung der in § 6 Abs. 3 EnWG erfassten Stromerzeugung in eigenen Anlagen geltend macht, wird dadurch das Interesse der Allgemeinheit an dem Erhalt förderungswürdiger Stromerzeugung geschützt (vgl. Büdenbender, Durchleitung elektrischer Energie nach der Energierechtsreform, RdE 1999, S. 1 ≪5≫). Im Übrigen wird im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin befürchteten „stranded costs” in der Literatur die Auffassung vertreten, dass im Rahmen der bei der Zumutbarkeitsprüfung vorzunehmenden Interessenabwägung grundsätzlich das Interesse an der Amortisation der in der Vergangenheit getätigten Investitionen eingestellt werden kann; dies jedenfalls dann, wenn es sich um Investitionen handelt, die das jeweilige Energieversorgungsunternehmen zur Aufrechterhaltung einer sicheren, preiswürdigen und umweltverträglichen Energieversorgung für erforderlich halten durfte (vgl. Walter/v. Keussler, Der diskriminierungsfreie Zugang zum Netz: Reichweite des Anspruchs auf Durchleitung (Teil 2), RdE 1999, S. 223 ≪225 f.≫). § 6 Abs. 3 EnWG dürfte mit Blick auf die in § 6 Abs. 1 Satz 4 EnWG angesprochenen kartellrechtlichen Vorschriften der Missbrauchsaufsicht als energiepolitisches Abwägungskriterium auch im Rahmen einer parallelen kartellrechtlichen Prüfung zu beachten sein (vgl. Büdenbender, Durchleitung elektrischer Energie nach der Energierechtsreform, RdE 1999, S. 1 ≪10 f.≫; Walter/v. Keussler, Der diskriminierungsfreie Zugang zum Netz: Reichweite des Anspruchs auf Durchleitung ≪Teil 1≫, RdE 1999, S. 190 ≪193 f.≫; vgl. auch Harms, Zur Anwendung der Schutzklauseln für Öko-, KWK- und Braunkohlestrom im Neuregelungsgesetz vom 24.4.1998, RdE 1999, S. 165 ≪166 f.≫; vgl. zur Problematik der kartellrechtlichen Relevanz von § 6 Abs. 3 EnWG auch Rebentisch, Umweltschutz im Energiewirtschaftsgesetz – Probleme der Durchsetzung, in: Hake u.a. ≪Hrsg.≫, Liberalisierung des Energiemarktes, S. 257 ≪266 f.≫; Kühne, Der Netzzugang und seine Verweigerung im Spannungsfeld zwischen Zivilrecht, Energierecht und Kartellrecht, RdE 2000, S. 1 ≪5 f.≫).
bb) Nach den soeben dargestellten gesetzlichen Regelungen kann das bisherige Monopol-Elektrizitätsversorgungsunternehmen unter Berufung auf eine (nachweisliche) Unzumutbarkeit die Abnahme des von einem Letztverbraucher bei einem anderen Elektrizitätsversorgungsunternehmen gekauften Stroms verweigern; es hat diese Ablehnung der Abnahme schriftlich zu begründen. Soweit die Voraussetzungen für die Ablehnung tatsächlich nachgewiesen und entsprechend begründet sind, wird der Wettbewerb im Gebiet des (bisherigen Monopol-) Elektrizitätsversorgungsunternehmens entsprechend eingeschränkt oder auch gänzlich ausgeschlossen. Das hat zur Folge, dass das die Abnahme verweigernde Elektrizitätsversorgungsunternehmen – jedenfalls in der Tendenz – weiterhin Strompreise erzielen kann, die – zumindest – kostendeckend sind.
Dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen, das die Abnahme verweigert, steht zum einen die zuständige Kartellbehörde gegenüber; diese kann – soweit sie zu der Auffassung gelangt, die Verweigerungsvoraussetzungen lägen nicht vor – eine Untersagungsverfügung nach § 32 GWB i.V.m. § 19 Abs. 1, 4 GWB erlassen. Zum anderen sind betroffen konkurrierende Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die Letztverbrauchern im betroffenen Gebiet Energie verkaufen wollen; diese könnten etwa einen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch nach Maßgabe von § 33 GWB geltend machen. Das Elektrizitätsversorgungsunternehmen erreicht aber schon mit einer schlichten Ablehnung unmittelbar – jedenfalls zunächst – den angestrebten – vorliegend mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geltend gemachten – Schutz. Sollten Kartellbehörde oder Konkurrenten mit der Abnahmeverweigerung nicht einverstanden sein, liegt es an ihnen, aktiv zu werden.
cc) Betrachtet man vor diesem Hintergrund die Argumentation der Beschwerdeführerin zur Situation ihrer Stadtwerke, so macht sie einen für die Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 2 bis 4 und Abs. 3 EnWG geradezu prototypischen Sachverhalt einer möglichen Unzumutbarkeit der Stromabnahme von Dritten geltend. Aus Sicht der Beschwerdeführerin bzw. ihrer Stadtwerke erscheint es daher naheliegend, den für diesen Fall gesetzlich eröffneten Weg zu beschreiten, der Kartellbehörde und den Konkurrenten gegebenenfalls die weiteren Schritte zu überlassen und eine „Insel ohne oder mit nur eingeschränktem Wettbewerb” zu begründen. Dies dürfte auch technisch für die Stadtwerke der Beschwerdeführerin unproblematisch sein, da ihr Stromnetz nach eigenem Bekunden der Beschwerdeführerin „in jeder Hinsicht als ‚Insel mit Eigenversorgung’ ausgestaltet worden (ist) und … als solche betrieben (wird)”.
Die erforderliche schriftliche Begründung nach § 6 Abs. 1 Satz 3 EnWG dürfte den Stadtwerken der Beschwerdeführerin angesichts der vorliegend erhobenen Verfassungsbeschwerde nicht schwer fallen; eine Abnahmeverweigerung erscheint auf der Grundlage des umfassenden Vortrags der Beschwerdeführerin auch hinsichtlich der Frage, ob sie in einem möglichen Streit mit der Kartellbehörde oder Konkurrenzunternehmen Bestand haben kann, keinesfalls offensichtlich aussichtslos.
Soweit die Beschwerdeführerin zur Frage einer Abnahmeverweigerung darauf verweist, der Nachweis der Unwirtschaftlichkeit lasse sich nur schwer führen, kann daraus nicht bereits geschlussfolgert werden, dass dieser Nachweis nicht möglich ist. Der weiter angeführte Gesichtspunkt, dass das „BMWi, dem sich das Bundeskartellamt offenbar anschließt” eine bestimmte Rechtsauffassung zur Schutzklausel des § 6 Abs. 3 EnWG vertrete, die eine restriktive Handhabung bzw. einengende Auslegung derselben zur Folge habe, ist ungeeignet, die behauptete „rechtliche Unwirksamkeit” des gesetzlich geregelten Schutzmechanismus zu untermauern. Trotz der behaupteten Schwierigkeit der notwendigen Nachweisführung verweist die Beschwerdeführerin selbst darauf, dass der Nachweis der Voraussetzungen für eine Abnahmeverweigerung „… allerdings von Kunde zu Kunde, die sich einen neuen Versorger suchen, sicher besser gelingen (würde), insbesondere, wenn in Summe so viele Kunden verloren gingen, dass das erste Kraftwerk aus wirtschaftlichen Gründen abgeschaltet werden müsste. …” Die Stadtwerke der Beschwerdeführerin haben aber nach deren Vortrag bereits ein Kraftwerk – HKW II A – stillgelegt. Der eigenen Argumentation der Beschwerdeführerin folgend hätte mithin der notwendige Nachweis spätestens nach dieser Stilllegung erheblich leichter erbracht werden können. Dem Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 16. März 2000 zufolge hat der Vorstand der Stadtwerke dem Aufsichtsrat zwischenzeitlich sogar die Stilllegung zweier weiterer Kraftwerke vorgeschlagen. Hervorzuheben ist ferner, dass die Abnahme bei jedem weiteren Abnahmebegehren Dritter unter Berufung auf eine insoweit geänderte Sachlage erneut abgelehnt werden könnte.
Das Argument, ein Schutz der Kraft-Wärme-Kopplung durch § 6 Abs. 3 EnWG erweise sich als faktisch unmöglich, denn Durchleitungsverweigerungsrechte seien dafür im Hinblick auf eine Gefährdung des Wirtschaftsstandorts grundsätzlich ungeeignet, greift jedenfalls im Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht durch. In dem hier zu erwartenden und mit einer einstweiligen Anordnung zu sichernden Zeitraum zwischen dem Eingang der Verfassungsbeschwerde und der Entscheidung in der Hauptsache dürfte eine Verlagerung eines Unternehmens wegen anderenorts niedrigerer Strompreise aus Wirtschaftlichkeitserwägungen regelmäßig nicht in Betracht kommen. Die Beschwerdeführerin hat hierzu auch nichts Konkretes vorgetragen.
d) Sowohl der Hauptantrag als auch die Hilfsanträge sind hinsichtlich der räumlichen Reichweite der begehrten vorläufigen Regelung unbeschränkt. Zum unmittelbaren Schutz der Stadtwerke der Beschwerdeführerin und der Sicherung der Einnahmesituation der Beschwerdeführerin selbst bedarf es aber keiner Aussetzung der angegriffenen gesetzlichen Regelungenim gesamten Bundesgebiet. Die Interessen der Beschwerdeführerin könnten auch durch einen vom Wettbewerb ausgenommenen „Inselbetrieb” – analog § 6 Abs. 1 Satz 2 bis 4, Abs. 3 EnWG – gewahrt werden (vgl. oben unter II. 2. c≫).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Sommer, Broß, Osterloh
Fundstellen
Haufe-Index 565356 |
NVwZ 2000, 789 |
RdE 2000, 194 |
UPR 2000, 269 |