Die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, begehrt ihre Anerkennung als Asylberechtigte.
1. a) Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge im September 2001 machte sie im Wesentlichen geltend, dass sie 1981 als angebliches Mitglied der Devrimci-Yol verhaftet, schwer misshandelt und als Grundschullehrerin suspendiert worden sei. Sie habe bis 1986 eine Freiheitsstrafe verbüßt und sei nach Istanbul verzogen. Dort habe sie an verschiedenen Demonstrationen und Veranstaltungen teilgenommen. Sie sei immer wieder von der Polizei aufgesucht und in Gewahrsam genommen worden, weil man ihr unterstellt habe, weiterhin für Devrimci-Yol tätig zu sein. Aus demselben Grund sei ihr Sohn 1996 verhaftet worden. Er befinde sich seitdem in Untersuchungshaft. Der auf sie ausgeübte Druck sei 1994 unerträglich geworden, nachdem sie versucht habe, ihre Versorgungsbezüge einzuklagen. Damit sei sie 1995 gescheitert. Die Polizei habe sie bis zu ihrer Ausreise immer wieder behelligt, belästigt und misshandelt und sie aufgefordert, als Spitzel zu arbeiten. Sie habe Angst gehabt, dass die Sicherheitskräfte ihre Drohungen wahr machten, sie zu töten.
b) Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte den Asylantrag ab, weil kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der allein in Betracht kommenden behaupteten Verfolgung in den Jahren 1981 bis 1986 und der Ausreise bestehe. Die nach diesem Zeitraum angegebenen körperlichen Übergriffe durch die Sicherheitskräfte seien asylrechtlich unerheblich, weil ihnen keine politische Betätigung der Beschwerdeführerin zugrunde liege.
2. a) Mit ihrer vor dem Verwaltungsgericht erhobenen Klage ergänzte und vertiefte die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen. Sie habe 1994 mit alten politischen Freunden eine Zeitung gegründet und sei unter einem Decknamen journalistisch tätig gewesen. Sie habe sich von der Zeitung getrennt, nachdem einige der Journalisten die einen gewalttätigen Kampf gegen den türkischen Staat befürwortende Dev-Yol-Erneuerungspartei (Dev-Yol-Yeniden-Yapilana) gegründet hätten. Für diese Partei habe auch ihr Sohn gearbeitet. Während der über Jahre hinweg immer häufigeren und immer längeren polizeilichen Vernehmungen sei sie gefoltert worden. Man habe sie beschimpft, geschlagen und gezwungen, sich nackt auszuziehen. Sie sei mit kaltem Wasser überschüttet und mit elektrischem Strom im Intimbereich gequält worden. Die Sicherheitskräfte hätten ihr Unterstützung der Dev-Yol-Erneuerungspartei vorgeworfen und Informationen über diese Partei von ihr haben wollen.
b) Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Es verneinte eine Ursächlichkeit zwischen Verfolgung und Ausreise, weil sich die genannten Verfolgungsmaßnahmen auf den Zeitraum von 1981 bis 1995 beschränkten. Die bei der behördlichen Anhörung zunächst angegebenen Behelligungen, Belästigungen und Misshandlungen sowie die Aufforderung, als Spitzel zu arbeiten, seien nicht schwerwiegend genug. Die Überwachung der Beschwerdeführerin durch die Sicherheitsbehörden, die zu Behelligungen und Belästigungen habe führen können, sei unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten gerechtfertigt, wenn man berücksichtige, dass sie wegen der Mitgliedschaft in einer verbotenen Organisation verurteilt worden sei und ihrem Sohn eine derartige Mitgliedschaft vorgeworfen werde. Damit verbundene, wie auch immer geartete Misshandlungen seien unter den in der Bundesrepublik angelegten rechtsstaatlichen Maßstäben nicht mehr gerechtfertigt, stellten jedoch eine allgemeine Eigenheit der Polizei in der gesamten Türkei dar. Polizeiliche Gewalttätigkeiten beschränkten sich nicht generell auf politisch motivierte Personen wie die Beschwerdeführerin, sondern würden unterschiedslos auch gegenüber sonstigen Bewohnern der Türkei angewandt. Die Gewaltanwendung durch Polizeikräfte in diesem willkürlichen Sinn habe in der Türkei Tradition. Sie habe nicht dargelegt, dass es in ihrem Fall anders sein könne.
Soweit die Beschwerdeführerin behaupte, gefoltert worden zu sein, sei sie unglaubwürdig. Es handele sich um gesteigertes Vorbringen, weil sie beim Bundesamt Folterungen nicht erwähnt habe.
3. Den hiergegen gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung, den die Beschwerdeführerin auf sämtliche Zulassungsgründe des § 78 Abs. 3 AsylVfG stützte, lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ohne Begründung gemäß § 78 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG ab.
4. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung von Art. 2 Abs. 1 und 2, Art. 16a Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG.
a) Das Verwaltungsgericht habe die angegebenen Misshandlungen unter Verstoß gegen Art. 16a Abs. 1 GG als unbeachtlich angesehen, weil es seiner Ermittlungspflicht nicht nachgekommen sei. Es sei nicht haltbar, das Vorbringen zur erlittenen Folter als gesteigert und damit unglaubhaft zu bewerten. Die aus politischen Gründen misshandelte Beschwerdeführerin habe bereits bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt zwischen Behelligungen und Belästigungen einerseits sowie Misshandlungen andererseits unterschieden. Sie habe von Anfang an dargelegt, dass sie aufgrund ihrer politischen Betätigung festgenommen und misshandelt worden sei. Die Ansicht des Verwaltungsgerichts, wonach sie wegen ihrer Vorbestrafung und der Anklage ihres Sohnes Übergriffe durch die Polizei hinnehmen müsse, sei nicht nachvollziehbar. Gleiches gelte hinsichtlich der durch nichts belegten Annahme, dass derartige Übergriffe unterschiedslos gegenüber allen Bewohnern der Türkei erfolgten. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass die Beschwerdeführerin keine Terroristin, sondern eine politisch linke Aktivistin gewesen sei.
Ferner verletze das Verwaltungsgericht den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs, weil es die erlittene Folter nicht berücksichtigt, einen in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag übergangen, die angeblich vorliegenden Erkenntnisse nicht näher bezeichnet und die Klagebegründung nur zum Teil berücksichtigt habe. Da das Verwaltungsgericht das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG nicht geprüft habe, liege außerdem ein Verstoß gegen Art. 2 GG vor.
b) In Bezug auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG.
Die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung durch die Kammer ist zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93b i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Die hier maßgeblichen Fragen zu Art. 16a GG hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden. In diesem – die Kompetenz der Kammer begründenden – Sinne ist die Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet.
1. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Verfolgung dann eine politische, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen. Geht es dabei um Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit, so stellt generell jede derartige nicht ganz unerhebliche Maßnahme staatlicher Stellen, die an die politische Überzeugung oder Betätigung eines Betroffenen anknüpft, politische Verfolgung dar, ohne dass es insoweit noch auf eine besondere Intensität oder Schwere des Eingriffs ankommt (vgl. BVerfGE 54, 341 ≪357≫; 80, 315 ≪333, 335≫).
Dies gilt jedoch nicht, wenn die staatliche Maßnahme allein dem – grundsätzlich legitimen – staatlichen Rechtsgüterschutz, etwa im Bereich der Terrorismusbekämpfung, dient (vgl. BVerfGE 80, 315 ≪339≫) oder sie nicht über das hinausgeht, was auch bei der Ahndung sonstiger krimineller Taten ohne politischen Bezug regelmäßig angewandt wird (BVerfGE 81, 142 ≪151≫). Das Asylgrundrecht gewährt keinen Schutz vor drohenden (auch massiven) Verfolgungsmaßnahmen, die keinen politischen Charakter haben. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass insbesondere die Anwendung von Folter als schärfste Form der Ausgrenzung aus der staatlichen Friedensordnung ein Indiz für die asylerhebliche Zielrichtung der staatlichen Maßnahme darstellen kann.
b) Das Bundesverfassungsgericht hat in Bezug auf den Tatbestand “politisch Verfolgter” sowohl hinsichtlich der Ermittlung des Sachverhalts selbst als auch seiner rechtlichen Bewertung zu prüfen, ob die tatsächliche und rechtliche Wertung der Gerichte sowie Art und Umfang ihrer Ermittlungen der Asylgewährleistung gerecht werden (BVerfGE 76, 143 ≪162≫). Den Fachgerichten ist dabei ein gewisser Wertungsrahmen zu belassen. Dieser bezieht sich u.a. auf die rechtliche Bewertung des ermittelten Sachverhalts. Verfassungsrechtlich zu beanstanden ist eine fachgerichtliche Bewertung dann, wenn sie anhand der gegebenen Begründung nicht mehr nachvollziehbar ist (vgl. Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Juni 1990 – 2 BvR 1727/89 –, InfAuslR 1991, S. 85 ≪88≫, vom 12. März 1992 – 2 BvR 721/91 –, InfAuslR 1992, S. 231 ≪233≫, vom 22. Juli 1996 – 2 BvR 1416/94 –, NVwZ-Beilage 2/1997, S. 11 f., und vom 22. Januar 1999 – 2 BvR 86/97 –, InfAuslR 1999, S. 273 ≪277≫). Ermittlungen zum Tatbestand “politisch Verfolgter” sind zudem vom Bundesverfassungsgericht daraufhin zu überprüfen, ob sie hinreichend verlässlich und auch dem Umfang nach, bezogen auf die besonderen Gegebenheiten im Asylbereich, zureichend sind. Angesichts der Feststellungsbedürftigkeit des Asylgrundrechts (vgl. dazu BVerfGE 60, 253 ≪295≫; 94, 166 ≪199 f.≫) hat die Sachaufklärungspflicht des Verwaltungsgerichts (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verfassungsrechtliches Gewicht (vgl. Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Januar 1990 – 2 BvR 760/88 –, InfAuslR 1990, S. 161 ≪164≫, und vom 22. Januar 1999 – 2 BvR 86/97 –, InfAuslR 1999, S. 273 ≪277≫). Zu den asylspezifischen Anforderungen an die gerichtliche Ermittlungstiefe gehört es in der Regel, tatsächlichen oder vermeintlichen Unklarheiten oder Widersprüchen im Sachvortrag des Asylbewerbers, etwa durch dessen Befragung, nachzugehen (vgl. Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juli 1996 – 2 BvR 1416/94 –, NVwZ-Beilage 2/1997, S. 11 ≪12≫, und vom 22. Januar 1999 – 2 BvR 86/97 –, InfAuslR 1999, S. 273 ≪277≫).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen halten die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu der der Beschwerdeführerin widerfahrenen und bei einer Rückkehr möglicherweise erneut drohenden Behandlung durch staatliche Stellen einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Das Verwaltungsgericht überschreitet den ihm nach Art. 16a Abs. 1 GG eingeräumten Wertungsrahmen, indem es die von der Beschwerdeführerin erlittenen, zunächst nicht näher beschriebenen Misshandlungen zwar unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten für nicht mehr gerechtfertigt, aber asylrechtlich für unerheblich hält. Es hätte den politischen Charakter und damit die Asylrelevanz der Misshandlungen nicht verneinen dürfen, ohne zunächst darzulegen, von welchen konkreten Misshandlungen es im Fall der Beschwerdeführerin ausgeht, und welcher Art die allgemein üblichen, gegenüber allen Bewohnern der Türkei angewandten Misshandlungen durch die Sicherheitskräfte sind. Da das Verwaltungsgericht hierzu entgegen der ihm obliegenden, vom Asylgrundrecht umfassten Sachaufklärungspflicht keine nachvollziehbaren Feststellungen getroffen hat, lässt sich die Asylrelevanz der fraglichen Maßnahmen nicht hinreichend verlässlich beurteilen.
Das Verwaltungsgericht durfte eine fehlende asylrechtliche Erheblichkeit der angegebenen Misshandlungen auch nicht darauf stützen, dass die Beschwerdeführerin eine unterschiedliche Behandlung von politisch Verfolgten und der übrigen Bevölkerung durch die Sicherheitskräfte nicht dargelegt habe. Die Darlegungs- und Mitwirkungspflicht des Asylbewerbers wäre überspannt, wenn man von ihm verlangte, eine derartige Differenzierung von sich aus darzutun. Solange sich insoweit ein “Politmalus” nicht von vornherein ausschließen lässt, ist es Sache des Gerichts, den Sachverhalt, soweit ihm Entscheidungserheblichkeit zukommt, auch tatsächlich in einer der Bedeutung des Asylgrundrechts entsprechenden Weise aufzuklären (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Januar 1999 – 2 BvR 86/97 –, InfAuslR 1999, S. 273 ≪278≫). Dies hat das Verwaltungsgericht unterlassen. Es ist der Frage nach der asylrechtlichen Gerichtetheit der Maßnahmen nicht nachgegangen, obwohl es sich bei den von der Beschwerdeführerin angegebenen Misshandlungen im Hinblick auf ihre politische Betätigung um Akte politischer Verfolgung handeln kann. Dies gilt um so mehr, als selbst das Verwaltungsgericht die Beschwerdeführerin als eine “politisch motivierte Person” angesehen und die von ihr angegebene politische Verfolgung zumindest für den Zeitraum von 1981 bis 1995 nicht in Abrede gestellt hat.
b) Die Verneinung politischer Verfolgung mangels Asylrelevanz der erfahrenen Behandlung wird Art. 16a Abs. 1 GG schließlich auch deshalb nicht gerecht, weil sich dem angegriffenen Urteil nicht entnehmen lässt, auf welche tatsächliche Grundlage das Verwaltungsgericht seine Einschätzung stützt, die Beschwerdeführerin habe keine weitergehenden Misshandlungen erlitten als es allgemein in der Türkei im Rahmen polizeilicher Ermittlungen oder bei der Verfolgung nicht politischer Straftaten üblich sei. Da es sich um eine dem Grundrecht aus Art. 16a Abs. 1 GG entgegenstehende Feststellung handelt, hätte das Verwaltungsgericht angeben müssen, woher es seine Erkenntnisse bezieht.
3. Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht auf den dargelegten verfassungsrechtlichen Mängeln. Es ist demnach aufzuheben, ohne dass es auf die weiteren Rügen ankommt. Die Sache ist an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen (vgl. § 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG), damit über den Asylantrag der Beschwerdeführerin neu entschieden werden kann.
2. Damit ist der ebenfalls angegriffene Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gegenstandslos.