Verfahrensgang
Hessisches LAG (Beschluss vom 23.01.2008; Aktenzeichen 12 SaGa 1437/07) |
Hessisches LAG (Beschluss vom 11.12.2007; Aktenzeichen 12 SaGa 1437/07) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein Richterablehnungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht.
I.
1. Der Beschwerdeführer betreibt vor dem Landesarbeitsgericht vier Berufungsverfahren. Bei drei Verfahren handelt es sich um Hauptsacheverfahren, ein Verfahren betrifft einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Nach der erfolgreichen Ablehnung eines Richters bat der Beschwerdeführer bei dem dann für alle vier Verfahren zuständigen Kammervorsitzenden um eine Vorverlegung der ursprünglich auf den 30. Oktober 2007 terminierten mündlichen Verhandlung im Eilverfahren. Stattdessen wurde dieser Termin aber auf den 22. November 2007 verlegt; an diesem Tag sollten auch die Hauptsacheverfahren verhandelt werden. Der Beschwerdeführer lehnte den Richter daraufhin am 5. November 2007 für alle vier anhängigen Berufungsverfahren wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Er beanstandete die Terminverlegung im Eilverfahren und den Inhalt von Hinweisbeschlüssen und vorläufigen Beweisanordnungen in den Hauptsacheverfahren. Der Richter gab in seinen dienstlichen Äußerungen als Grund für die Verlegung des Verhandlungstermins im Eilverfahren an, er habe das Verfahren nach der erfolgreichen Ablehnung des zuvor zuständigen Richters am 25. Oktober 2007 übernommen. Er habe es dann für seine Kammer neu terminieren müssen, und dafür habe aufgrund bereits terminierter, nicht weniger eilbedürftiger Verfahren kein früherer Termin als der 22. November 2007 zur Verfügung gestanden.
Das Landesarbeitsgericht teilte den Parteien mit, dass beabsichtigt sei, über den Befangenheitsantrag des Beschwerdeführers im Eilverfahren in der Sitzung am 22. November 2007 zu entscheiden. Da der Beschwerdeführer an diesem Tag krankheitsbedingt nicht zur mündlichen Verhandlung erscheinen konnte, bestimmte das Landesarbeitsgericht neuen Termin zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch auf den 27. November 2007. Am 26. November 2007 beantragte der Beschwerdeführer eine Verlängerung der Frist zur Stellungnahme zur dienstlichen Äußerung des Richters um zwei Wochen, weil Ermittlungen darauf hindeuteten, dass die Aussage des Richters, eine frühere Terminierung sei nicht möglich gewesen, einer gewissen Relativierung bedürfe. Da die Person, auf deren Angaben diese Annahme beruhe, nicht bereit sei, persönlich in Erscheinung zu treten, benötige er unter anderem Einsicht in die Terminierungspläne des Landesarbeitsgerichts und in die Verfahrensakten. Daraufhin verlegte das Landesarbeitsgericht den Termin zur Entscheidung über den Befangenheitsantrag auf den 11. Dezember 2007. Der Präsident des Landesarbeitsgerichts übersandte dem Beschwerdeführer am 6. Dezember 2007 die Terminsaushänge der Verhandlungstage der Kammer im Zeitraum vom 25. Oktober bis 15. November 2007 und bewilligte dem Beschwerdeführer Einsicht in die Akten der von ihm geführten Berufungsverfahren. Die ebenfalls beantragte Einsicht in die anderen, vor dem 22. November 2007 verhandelten und den Beschwerdeführer nicht betreffenden Verfahrensakten lehnte der Präsident des Landesarbeitsgerichts ab. Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2007, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 10. Dezember 2007, beantragte der Beschwerdeführer eine Verlängerung der Stellungnahmefrist um zwei Wochen nach dem Zeitpunkt der Durchführung der Akteneinsicht.
2. Durch Beschlüsse vom 11. Dezember 2007 wies das Landesarbeitsgericht die Ablehnungsgesuche des Beschwerdeführers in allen vier Verfahren zurück. Die Beschlüsse wurden dem Beschwerdeführer am 13. Dezember 2007 zunächst ohne Entscheidungsgründe zugestellt. Die Zustellung der Beschlüsse mit Gründen erfolgte am 21. Januar 2008.
Zu den beanstandeten Hinweisbeschlüssen und vorläufigen Beweisanordnungen führte das Landesarbeitsgericht aus, es seien keine Anhaltspunkte für eine Benachteiligung des Beschwerdeführers ersichtlich. Die Terminverlegung im Eilverfahren sei nicht zu beanstanden, da nach dem Wechsel im Vorsitz zunächst eine Einarbeitung in die Materie sowie eine Abstimmung mit den Terminstagen des neuen Vorsitzenden habe erfolgen müssen und die drei vorhergehenden Verhandlungstermine mit Massenverfahren und Bestandsschutzstreitigkeiten belegt gewesen seien.
Die Entscheidung über die Befangenheitsanträge sei entgegen dem Antrag des Beschwerdeführers nicht auf einen Zeitpunkt nach durchgeführter Akteneinsicht zurückzustellen. Das Ablehnungsverfahren diene nicht dazu, neue Ablehnungsgründe erst zu finden. Wenn und soweit der Beschwerdeführer Informationen von dritten Personen erlangt habe, die nach Akteneinsicht die Besorgnis der Befangenheit begründeten, so bleibe es ihm unbenommen, diese Gründe in einem neuen Befangenheitsantrag zu benennen. Ihm sei es aber auch ohne weitere Akteneinsicht möglich gewesen, bis zum nunmehr dritten anberaumten Termin zur Verhandlung über die Ablehnungsanträge zur dienstlichen Äußerung des Richters inhaltlich Stellung zu nehmen.
3. Gegen diese Beschlüsse erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsätzen vom 20. Dezember 2007, also noch vor Zustellung der Entscheidungsgründe, jeweils Anhörungsrüge sowie Gegenvorstellung und “sämtliche in Betracht kommenden Rechtsmittel und Rechtsbehelfe”. Darin beanstandete er, dass das Landesarbeitsgericht über die Ablehnungsgesuche entschieden habe, ohne zuvor seinen letzten Terminverlegungsantrag beschieden oder ihm eine Frist zur Beibringung der Dokumente zum Beweis der Wahrheitswidrigkeit der Behauptung des Richters zur Terminslage gesetzt zu haben. Da er damit gerechnet habe, dass der Termin verlegt werde, habe er auch davon abgesehen, einen ehrenamtlichen Richter, dessen Mitwirkung ihm für diesen Tag angekündigt worden sei und den er für befangen halte, vorab abzulehnen. Außerdem rügte der Beschwerdeführer das Fehlen der Entscheidungsgründe und die offensichtliche Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidungen.
4. Durch Beschlüsse vom 23. Januar 2008 verwarf das Landesarbeitsgericht die Anhörungsrügen als unzulässig und wies die weiteren Rechtsbehelfe zurück.
a) Die Anhörungsrügen seien gemäß § 78a Abs. 1 Satz 2 ArbGG unstatthaft. Sie richteten sich gegen der Endentscheidung vorausgehende Entscheidungen im Sinne dieser Vorschrift.
Das Bundesverfassungsgericht habe zwar im Beschluss des Ersten Senats vom 23. Oktober 2007 – 1 BvR 782/07 – ausgeführt, fachgerichtlicher Rechtsschutz gegen eine mögliche Gehörsverletzung im Zwischenverfahren der Richterablehnung sei nach dem Grundsatz wirkungsvollen Rechtsschutzes in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG dann notwendig, wenn in diesem Zwischenverfahren abschließend und mit Bindungswirkung für das weitere Verfahren über den Antrag befunden werde und die Entscheidung später nicht mehr im Rahmen einer Inzidentprüfung korrigiert werden könne. Dies sei bei der Ablehnung eines Richters am Bundesarbeitsgericht der Fall, weil die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs im Rahmen der anschließenden Sachentscheidung nicht noch einmal auf ihre Richtigkeit oder auf eine mögliche Gehörsverletzung im Ablehnungsverfahren überprüft werde.
Für entsprechende Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts gälten diese Erwägungen aber nicht. Gegen seine Urteile sei gemäß § 72 ArbGG die zugelassene Revision oder gemäß § 72a ArbGG die Nichtzulassungsbeschwerde als Rechtsmittel beziehungsweise Rechtsbehelf gegeben. Beide Normen verwiesen auf die absoluten Revisionsgründe gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO, die die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Möglichkeit einer Inzidentprüfung eröffneten.
b) Den vom Beschwerdeführer zugleich geltend gemachten Gegenvorstellungen werde nicht abgeholfen. Die von ihm gerügten Verfahrensfehler lägen nicht vor. Der am 10. Dezember 2007 bei Gericht eingegangene Fristverlängerungsantrag sei nicht ignoriert, sondern in den Beschlüssen vom 11. Dezember 2007 beschieden worden. Schon zuvor sei seinem Antrag auf Verlängerung der Frist zur Stellungnahme zur dienstlichen Äußerung des Richters um zwei Wochen vom 26. November 2007 in der Weise Rechnung getragen worden, dass der ursprünglich auf den 27. November 2007 anberaumte Termin um 14 Tage auf den 11. Dezember 2007 verlegt worden sei. Der Beschwerdeführer habe seit Zustellung der dienstlichen Äußerung mehr als zwei Wochen Zeit zur Akteneinsicht und Stellungnahme gehabt. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs sei angesichts dessen nicht erkennbar. Zu Unrecht rüge der Beschwerdeführer auch das Fehlen der mittlerweile vorliegenden Entscheidungsgründe.
5. Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 4. Februar 2008 nach Zustellung der Gründe der Ablehnungsentscheidungen nochmals Anhörungsrügen, Gegenvorstellungen, Beschwerden, außerordentliche Beschwerden und “sonstige Rechtsbehelfe” eingelegt und den Antrag gestellt, die Beschlüsse vom 11. Dezember 2007 abzuändern und die Befangenheitsanträge für begründet zu erklären. Das Landesarbeitsgericht hat durch hier nicht angegriffene Beschlüsse vom 14. Februar 2008 zunächst nur die im Schriftsatz vom 4. Februar 2008 enthaltenen Beschwerden beschieden, indem es ihnen nicht abgeholfen und sie dem Bundesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt hat. Das Bundesarbeitsgericht verwarf die Beschwerden durch hier ebenfalls nicht angegriffene Beschlüsse vom 25. März 2008 als unzulässig.
Ein reguläres Rechtsmittel oder ein regulärer Rechtsbehelf stünden dem Beschwerdeführer unabhängig von der von ihm problematisierten Frage, ob § 49 Abs. 3 ArbGG verfassungswidrig ist, nicht zur Verfügung. Eine Rechtsbeschwerde sei nach § 574 Abs. 1 ZPO nur statthaft, wenn dies entweder im Gesetz ausdrücklich bestimmt wäre oder das Berufungsgericht die Rechtsbeschwerde in seinem Beschluss zugelassen hätte. Beide Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Gegen die Nichtzulassungsentscheidung des Landesarbeitsgerichts sei auch keine Nichtzulassungsbeschwerde gegeben, da § 78 Satz 2 ArbGG hinsichtlich der Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zwar auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG geregelten Gründe für die Revisionszulassung, nicht jedoch auf das in § 72a ArbGG ausdrücklich geregelte Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren verweise. Das Rechtsmittel sei schließlich auch als außerordentliche Beschwerde unstatthaft.
II.
Der Beschwerdeführer rügt im Wesentlichen eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip und von Art. 103 Abs. 1 GG.
Das Landesarbeitsgericht habe die Anhörungsrügen nicht als unstatthaft verwerfen dürfen. Außerdem habe es nicht über die Ablehnungsgesuche entscheiden dürfen, ohne zuvor über den Fristverlängerungsantrag vom 7. Dezember 2007 zu entscheiden und ihm Akteneinsicht zu gewähren. Er habe sich darauf verlassen, dass ihn das Landesarbeitsgericht unabhängig davon, ob eine Pflicht zur Fristverlängerung bestanden habe oder nicht, für den Fall einer Ablehnung seines Fristverlängerungsantrags hierüber vor einer Entscheidung zur Sache informieren werde, so dass er Gelegenheit gehabt hätte, dann zumindest kurz seine für den Zeitpunkt nach Durchführung der Akteneinsicht angekündigte Gesamtstellungnahme vorzutragen. Die Zurückweisung der Ablehnungsgesuche sei auch in der Sache willkürlich gewesen und habe gegen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verstoßen. Die Ablehnungsentscheidungen verstießen darüber hinaus gegen den allgemeinen Justizgewährungsanspruch, weil sie ohne Begründung ergangen seien und dadurch den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Rechtsschutz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert hätten. Der Beschwerdeführer sei gezwungen gewesen, sowohl die Anhörungsrüge als auch die Verfassungsbeschwerde innerhalb der dafür vorgesehenen Fristen in Unkenntnis der erst später zugestellten Entscheidungsgründe zu erheben. Schließlich meint der Beschwerdeführer, der Ausschluss von Rechtsmitteln in § 49 Abs. 3 ArbGG verstoße gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.
III.
Der Berichterstatter hat das Bundesarbeitsgericht gemäß § 41 GOBVerfG um Auskunft gebeten, ob das Bundesarbeitsgericht im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde und im Rahmen einer zugelassenen Revision die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in einem dem Berufungsurteil vorangegangenen Richterablehnungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht überprüft, oder ob – gegebenenfalls inwieweit – es sich hieran durch die Vorschrift des § 557 Abs. 2 ZPO gehindert sieht. Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts hat folgende Stellungnahmen übersandt:
Der Vorsitzende des Dritten Senats des Bundesarbeitsgerichts hat auf die Beschwerdeentscheidungen dieses Senats vom 25. März 2008 in den der Verfassungsbeschwerde zugrunde liegenden Ausgangsverfahren verwiesen.
Der Vorsitzende des Fünften Senats des Bundesarbeitsgerichts hat ausgeführt, der Senat habe sich noch nicht mit der Frage befassen müssen, ob § 557 Abs. 2 ZPO die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ausschließe, wenn sie die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die Ablehnung eines Richters betreffe. Die berufsrichterlichen Mitglieder des Senats gingen hiervon aber aus, weil § 64 Abs. 7 Satz 1 in Verbindung mit § 49 Abs. 3 ArbGG die Zulassung der Rechtsbeschwerde in einem den Ablehnungsantrag zurückweisenden Beschluss des Landesarbeitsgerichts ausschließe.
Der Vorsitzende des Sechsten Senats des Bundesarbeitsgerichts hat mitgeteilt, dass die berufsrichterlichen Mitglieder des Senats nach derzeitigem Diskussionsstand die Auffassung vertreten, dass die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bei einem vorangegangenen Richterablehnungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde beziehungsweise der Revision wegen §§ 49 Abs. 3, 72 Abs. 5 ArbGG, § 557 Abs. 2 ZPO nicht zu überprüfen sei. Dies sei verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über das Ablehnungsgesuch die Rüge gemäß § 78a ArbGG gegeben sei.
Der Vorsitzende des Neunten Senats hat auf eine Entscheidung dieses Senats hingewiesen, nach der der Ausschluss eines Rechtsmittels im arbeitsgerichtlichen Richterablehnungsverfahren gemäß § 49 Abs. 3 ArbGG nicht verfassungswidrig sei (Beschluss vom 27. Juli 1998 – 9 AZB 5/98 –, AP ArbGG 1979 § 49 Nr. 6).
IV.
Gründe für die Annahme der Verfassungsbeschwerde im Sinne von § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung kommt der Verfassungsbeschwerde nicht zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung von in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechten des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
1. Der Annahme der Verfassungsbeschwerde steht gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG entgegen, dass das Landesarbeitsgericht nach dem übereinstimmenden Verständnis des Gerichts und des Beschwerdeführers noch über die erneuten Anhörungsrügen vom 4. Februar 2008 zu entscheiden hat. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Landesarbeitsgericht die Richterablehnungsverfahren infolge dieser Anhörungsrügen gemäß § 78a Abs. 5 Satz 1 ArbGG fortführt und dadurch die aus Sicht des Beschwerdeführers vorliegenden Verfassungsverstöße beseitigt.
2. Die Möglichkeit einer Sachentscheidung über die Anhörungsrügen vom 4. Februar 2008 setzt aber voraus, dass das Landesarbeitsgericht nicht an seiner in den Beschlüssen vom 23. Januar 2008 zum Ausdruck gebrachten Auffassung festhält, Anhörungsrügen gegen Beschlüsse zur Richterablehnung im Berufungsverfahren seien gemäß § 78a Abs. 1 Satz 2 ArbGG generell unstatthaft. Diese Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist mit Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) unvereinbar.
a) Nach den aus dem Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 2007 – 1 BvR 782/07 – (MDR 2008, S. 223) folgenden Vorgaben für die Auslegung und Anwendung des § 78a Abs. 1 Satz 2 ArbGG darf eine Anhörungsrüge gegen die Zurückweisung eines Richterablehnungsgesuchs im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren nur dann als nach dieser Vorschrift unstatthaft beurteilt werden, wenn das Landesarbeitsgericht zuvor über die Richterablehnungen nicht abschließend und mit Bindungswirkung für das weitere Verfahren entschieden hat, sondern die Zurückweisung der Ablehnungsgesuche später zumindest im Rahmen einer Inzidentprüfung korrigiert werden kann. Anderenfalls handelt es sich beim Richterablehnungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht um ein selbständiges Zwischenverfahren, so dass die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch nicht von der Ausnahmevorschrift des § 78a Abs. 1 Satz 2 ArbGG erfasst ist.
Einer schon nach § 78a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ArbGG zur Unzulässigkeit der Anhörungsrüge führenden, unmittelbaren Anfechtbarkeit von Beschlüssen über Ablehnungsgesuche steht im arbeitsgerichtlichen Verfahren § 49 Abs. 3 ArbGG entgegen. Aber auch für die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Bundesarbeitsgericht würde die nach Ansicht des Beschwerdeführers im Richterablehnungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht geschehenen Gehörsverletzungen im Rahmen eines Revisions- oder eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens überprüfen, fehlt sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht eine tragfähige Grundlage.
Die Bezugnahme des Landesarbeitsgerichts auf die absoluten Revisionsgründe des § 547 ZPO ist in diesem Zusammenhang unklar. Jedenfalls regelt aber § 557 Abs. 2 ZPO, dass der Beurteilung des Revisionsgerichts nicht diejenigen unanfechtbaren Entscheidungen unterliegen, die dem Endurteil vorausgegangen sind. Das Landesarbeitsgericht hat sich nicht damit befasst, ob diese Vorschrift nicht generell der revisionsgerichtlichen Überprüfung einer Zurückweisung eines im Berufungsverfahren angebrachten Ablehnungsgesuchs entgegensteht (so BGH, Beschluss vom 8. November 2004 – II ZB 24/03 –, NJW-RR 2005, S. 294 ≪295≫; BGH, Beschluss vom 30. November 2006 – III ZR 93/06 –, NJW-RR 2007, S. 775 ≪776≫; vgl. auch BSG, Beschluss vom 29. März 2007 – B 9a SB 18/06 B –, JURIS, Rn. 11). Bei Anwendung des § 557 Abs. 2 ZPO hätte eine Kontrollmöglichkeit des Revisionsgerichts verneint werden müssen; die Anhörungsrügen hätten also nicht als unstatthaft verworfen werden dürfen.
Zum Teil wird allerdings eine Bindung des Revisionsgerichts – entgegen § 557 Abs. 2 ZPO – abgelehnt, wenn die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs auf willkürlichen oder manipulativen Erwägungen beruht, oder wenn sie darauf hindeutet, dass das Berufungsgericht Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt hat (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Januar 2008 – B 12 KR 24/07 B –, JURIS, Rn. 11 f.; vgl. zur ähnlichen Problematik im verwaltungsgerichtlichen Berufungszulassungsverfahren BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. Dezember 2007 – 1 BvR 1273/07 –, NVwZ-RR 2008, S. 289 ≪290≫ m.w.N.; vgl. für den Fall einer unanfechtbaren Prozesskostenhilfeentscheidung des Berufungsgerichts BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2006 – BVerwG 6 B 29.06 –, JURIS). Es ist daher vorstellbar, dass ein Revisionsgericht auch die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs im berufungsgerichtlichen Richterablehnungsverfahren überprüft. Für eine entsprechende Praxis des Bundesarbeitsgerichts gab es und gibt es jedoch auch unter Berücksichtigung der von der Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts erteilten Auskunft vom 14. Mai 2008 keine Anhaltspunkte. Unter diesen Umständen durfte das Landesarbeitsgericht den Beschwerdeführer nicht auf die Durchführung eines Revisions- oder Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens verweisen, in dem voraussichtlich keine Gehörsverletzungen im Richterablehnungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht gerügt werden können, und ihm mit dieser Begründung die Möglichkeit einer Anhörungsrüge nach § 78a ArbGG nehmen.
Unabhängig davon weist der Beschwerdeführer zutreffend darauf hin, dass die Bezugnahme des Landesarbeitsgerichts auf die Revisionsgründe des § 547 ZPO jedenfalls im Verfahren der einstweiligen Verfügung nicht richtig sein kann, weil dort Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht von vornherein ausgeschlossen sind (§ 72 Abs. 4 ArbGG). Das Landesarbeitsgericht hat bei der Parallelbegründung der Beschlüsse offenbar übersehen, dass es in dem Eilverfahren (12 SaGa 1437/07) keine weitere Instanz gibt.
Eine Unstatthaftigkeit der Anhörungsrügen durfte daher insgesamt nicht mit einer in Wahrheit nicht existierenden revisionsgerichtlichen Überprüfbarkeit der Zurückweisung der Ablehnungsgesuche begründet werden.
b) Auch wenn das Landesarbeitsgericht die Anhörungsrügen hiernach nicht mit der in den Beschlüssen vom 23. Januar 2008 gegebenen Begründung hätte verwerfen dürfen, kann insoweit im Ergebnis – auch unabhängig von der noch bestehenden Korrekturmöglichkeit bei der Entscheidung über die weiteren Anhörungsrügen vom 4. Februar 2008 – keine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf Gewährung rechtlichen Gehörs in Verbindung mit dem allgemeinen Justizgewährungsanspruch festgestellt werden. Das Landesarbeitsgericht hat eine Sachprüfung der Einwände des Beschwerdeführers letztlich nicht verweigert, sondern hat diese Einwände im Rahmen der Entscheidung über die zugleich erhobenen Gegenvorstellungen beschieden. Damit hat die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 107, 395) geforderte fachgerichtliche Überprüfung einer geltend gemachten Gehörsverletzung stattgefunden.
Das Landesarbeitsgericht wird allerdings, sofern sich die Anhörungsrügen vom 4. Februar 2008 als statthaft und auch im Übrigen als zulässig erweisen, bei der erneuten Beurteilung der Einwände des Beschwerdeführers berücksichtigen müssen, dass Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich verletzt sein kann, wenn ein Gericht, bei dem ein Antrag auf Verlängerung einer Frist zur Stellungnahme gestellt ist, zur Hauptsache entscheidet, ohne zuvor den Antrag auf Fristverlängerung beschieden zu haben (vgl. BVerfGE 18, 399 ≪406≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Februar 2003 – 2 BvR 153/02 –, NVwZ 2003, S. 859 ≪861≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 29. September 2006 – 1 BvR 2026/06 –, JURIS; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 2. Juli 1998 – BVerwG 9 B 535.98 –, NVwZ-RR 1998, S. 783). Die vorherige Entscheidung über die Fristverlängerung soll es dem Antragsteller ermöglichen, bei Ablehnung der Fristverlängerung zumindest dasjenige vorzutragen, was er noch innerhalb der gesetzten Frist vorbringen kann.
Nach diesen Grundsätzen bestehen Bedenken gegen die Vorgehensweise des Landesarbeitsgerichts, den am 10. Dezember 2007 eingegangenen Fristverlängerungsantrag erst in den Beschlüssen vom 11. Dezember 2007 abschlägig beschieden zu haben. Diesbezüglich hat das Landesarbeitsgericht bislang im Wesentlichen lediglich erläutert, warum aus seiner Sicht der Zeitraum bis zum 11. Dezember 2007 für eine Stellungnahme des Beschwerdeführers hätte genügen müssen, aus welchen Gründen es den Fristverlängerungsantrag also für unbegründet hielt. Nicht ausgeräumt ist bislang der vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf, das Landesarbeitsgericht habe durch das Unterlassen einer rechtzeitigen negativen Entscheidung über den Fristverlängerungsantrag vereitelt, dass er in der bis zum 11. Dezember 2007 verbliebenen Zeit die angekündigte weitere Stellungnahme einreichen konnte. Insoweit könnte allerdings zu bedenken sein, ob der – wiederholte – Antrag, ohne dass der Beschwerdeführer auf eine Verlängerung hätte vertrauen können, so spät gestellt wurde, dass er entweder vor Fristablauf ohnehin nicht mehr hätte beschieden werden können oder dass jedenfalls keine Möglichkeit mehr bestanden hätte, bei einer Ablehnung des Antrags noch zur Sache vorzutragen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 29. September 2006 – 1 BvR 2026/06 –, JURIS).
3. Die weiteren vom Beschwerdeführer erhobenen Rügen sind hingegen offensichtlich unbegründet.
a) Die Begründung der Zurückweisung der Ablehnungsgesuche in den Beschlüssen des Landesarbeitsgerichts vom 11. Dezember 2007 ist insbesondere nicht willkürlich. Auch der Umstand, dass die dem Beschwerdeführer zunächst übermittelten Beschlüsse zur Richterablehnung nicht mit Gründen versehen waren, kann keine Verletzung seiner Verfassungsrechte begründen. Die von ihm behauptete Erschwerung der Erlangung von Rechtsschutz ist schon deshalb nicht erkennbar, weil die Frist zur Erhebung der Anhörungsrüge nicht schon ab der Zustellung der Beschlüsse ohne Gründe lief. § 78a Abs. 2 Satz 1 ArbGG stellt hinsichtlich des Fristbeginns auf die Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs ab. Der Beschwerdeführer musste die Anhörungsrügen hiernach nicht vor Kenntnis der Entscheidungsgründe erheben. Das Nachreichen von Entscheidungsgründen ist auch vor dem Hintergrund des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip im Grundsatz unbedenklich.
b) § 49 Abs. 3 ArbGG, der Beschlüsse über Richterablehnungen im arbeitsgerichtlichen Verfahren für unanfechtbar erklärt, ist nicht verfassungswidrig (vgl. dazu BAG, Beschluss vom 27. Juli 1998 – 9 AZB 5/98 –, AP ArbGG 1979 § 49 Nr. 6; Beschluss vom 14. Februar 2002 – 9 AZR 2/02 –, AP ArbGG 1979 § 49 Nr. 8). Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip beinhaltet nicht den Anspruch auf einen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 92, 365 ≪410≫; stRspr). Überdies ist nicht erkennbar, wie eine Verfassungswidrigkeit der Norm der gegen die Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts gerichteten Verfassungsbeschwerde zum Erfolg verhelfen könnte. Erst wenn das Bundesarbeitsgericht eine Beschwerde des Beschwerdeführers unter Berufung auf § 49 Abs. 3 ArbGG verworfen hätte, könnte gegen eine solche Entscheidung mit dem Argument der Verfassungswidrigkeit der Norm vorgegangen werden. Die Beschlüsse des Bundesarbeitsgerichts vom 25. März 2008 werden mit der vorliegenden Verfassungsbeschwerde aber weder angegriffen, noch hat das Bundesarbeitsgericht die Verwerfung der Rechtsbehelfe des Beschwerdeführers gegen die Beschlüsse des Landesarbeitsgerichts vom 11. Dezember 2007 auf § 49 Abs. 3 ArbGG gestützt.
4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Bryde, Schluckebier
Fundstellen