Verfahrensgang
VG Berlin (Aktenzeichen 9 A 352.96) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. September 2000 wird zurückgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 Million DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Es kann dahinstehen, ob die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache prozessordnungsgemäß dargelegt wird (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Jedenfalls hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ebenso kann offen bleiben, ob die Abweichung des angefochtenen Urteils von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts prozessordnungsgemäß bezeichnet wird; denn das verwaltungsgerichtliche Urteil weicht nicht von der in der Beschwerde bezeichneten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Ein Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wird nicht prozessordnungsgemäß bezeichnet.
1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss daher dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫). Die Beschwerde wendet sich überwiegend im Stile einer Berufungsbegründung gegen die inhaltliche Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Auch wenn man zugunsten der Beschwerde annimmt, sie halte für klärungsbedürftig die Frage, ob eine unlautere Machenschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG vorliegt, wenn ein rechtsgeschäftlicher Erwerb nur scheinbar mit DDR-Recht übereinstimmt, in Wirklichkeit aber den Straftatbestand der vom Käufer im geheimen Zusammenwirken mit dem Ministerium für Staatssicherheit begangenen Nötigung erfüllt, ist nicht klärungsbedürftig. Wurde der Eigentümer eines Grundstücks genötigt, dieses zu verkaufen, liegt eine unlautere Machenschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG vor. Ob der Kaufpreis angemessen war und beim Abschluss des Kaufvertrages im Übrigen die in der DDR geltenden zivilrechtlichen Bestimmungen beachtet wurden, ist dabei ohne Bedeutung. Davon geht auch das Verwaltungsgericht aus. Es ist jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Nötigung nicht vorlag.
2. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 1. September 1997 – BVerwG 8 B 144.97 – Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50 S. 7 ≪11≫). Die Beschwerde muss also die angeblich widersprüchlichen abstrakten Rechtssätze einander gegenüberstellen. Die Beschwerde benennt zwar einen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtssatz. Einen davon abweichenden vom Verwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatz benennt sie jedenfalls nicht ausdrücklich. Auch insoweit kann jedoch dahinstehen, ob die Beschwerde dem Darlegungsgebot (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) genügt. Jedenfalls weicht das verwaltungsgerichtliche Urteil nicht von dem von der Beschwerde bezeichneten Beschluss vom 1. November 1993 (- BVerwG 7 B 190.93 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 11 S. 21) ab. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts geht die Unerweislichkeit von Tatsachen, aus denen eine Partei ihr günstige Rechtsfolgen herleitet, auch bei Anwendung des § 1 VermG grundsätzlich zu ihren Lasten. Ob und inwieweit mit Blick auf einzelne Schädigungstatbestände des § 1 VermG eine Umkehr der Beweislast oder Beweiserleichterungen in Betracht zu ziehen sind, lässt sich nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls beantworten. Einen davon abweichenden Rechtssatz hat das Verwaltungsgericht weder ausdrücklich noch sinngemäß aufgestellt. Vielmehr ist es – im Rahmen der ihm obliegenden tatrichterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung – zu dem Ergebnis gelangt, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Frau M. zum Verkauf ihres Grundstücks genötigt wurde.
3. Die geltend gemachte Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Eine Aufklärungsrüge setzt die Darlegung voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, inwiefern das verwaltungsgerichtliche Urteil unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann und dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen. Die Beschwerde benennt nicht einmal Tatsachen, die ermittlungsbedürftig gewesen wären. Soweit die Beschwerde im Rahmen ihrer allgemein gehaltenen Ausführungen auf ihre zahlreichen in einem Schriftsatz an das Verwaltungsgericht (Schriftsatz vom 15. August 2000) enthaltenen „Beweisanträge” verweist, genügt dies nicht. In dem Schriftsatz wurden Beweisanträge angekündigt. Ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 12. September 2000 (VG-Akte Bl. 235 f.) haben die Klägerinnen jedoch in der mündlichen Verhandlung keinen Beweisantrag gestellt. Eine allgemeine Bezugnahme auf angekündigte, aber nicht gestellte Beweisanträge genügt dem Darlegungsgebot (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13, 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Müller, Krauß, Golze
Fundstellen