Verfahrensgang
Sächsisches OVG (Beschluss vom 05.12.2007; Aktenzeichen 2 B 501/07) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 5. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 105,03 € festgesetzt.
Gründe
Die auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin kann keinen Erfolg haben.
Die Klägerin wurde im Wege des Laufbahnaufstiegs am 1. Oktober 2003 in das Amt einer Justizinspektorin (Besoldungsgruppe A 9) befördert, nachdem sie am 8. Oktober 2002 die Aufstiegsprüfung bestanden und die nach der Verwaltungspraxis des Sächsischen Justizministeriums erforderliche Bewährungszeit von einem Jahr auf einem Dienstposten des gehobenen Dienstes absolviert hatte. Die Klägerin macht geltend, durch das Bestehen der Aufstiegsprüfung einen Anspruch auf Beförderung erworben zu haben. Das Erfordernis der Bewährungszeit sei rechtswidrig. Die nach der Beförderung mit einem Fortsetzungsfeststellungsantrag weiterverfolgte Klage hat das Oberverwaltungsgericht mit der Begründung abgewiesen, der Dienstherr dürfe eine Beförderung aufgrund des ihm eingeräumten Ermessens vom Erfolg einer praktischen Bewährung auf einem Beförderungsdienstposten abhängig machen.
Die Klägerin hält sinngemäß für rechtsgrundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO,
– ob das Erfordernis einer Bewährungszeit, deren Höchstdauer nicht festgelegt sei, für die Beförderung von Aufstiegsbeamten nach bestandener Aufstiegsprüfung gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn verstößt;
– ob die Einführung einer derartigen Bewährungszeit ohne gesetzliche Regelungen hinsichtlich der Dauer, inhaltlichen Ausgestaltung und Besoldung gegen das Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG verstößt;
– ob durch das Erfordernis der Bewährungszeit Aufstiegsbeamte gegenüber unmittelbaren Laufbahnbewerbern gleichheitswidrig benachteiligt werden.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf. Gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO obliegt es dem Beschwerdeführer, diese Voraussetzungen darzulegen (Beschluss vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫; stRspr). Dies hat die Klägerin nicht getan:
1. Die Frage, ob sich das Erfordernis der Bewährungszeit in der Sache mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn vereinbaren lässt, rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil insoweit kein Klärungsbedarf besteht. Denn in der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass es vom Leistungsgrundsatz gemäß Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt ist, Beamte, die für eine Beförderung, d.h. die Übertragung eines höherwertigen Amtes im statusrechtlichen Sinne in Betracht kommen, zunächst vorübergehend mit den Aufgaben eines entsprechenden höherwertigen Dienstpostens zu beauftragen und ihnen das entsprechende Beförderungsamt erst nach erfolgreicher Erprobung zu übertragen. Hierbei handelt es sich um eine unmittelbar leistungsbezogene Maßnahme, weil der Dienstherr auf diese Weise Aufschluss erlangen kann, ob und in welchem Maße sich die Beamten in dem höheren Amt voraussichtlich bewähren werden. Allerdings darf die praktische Erprobung den für die Gewinnung der Erkenntnisse erforderlichen und ausreichenden Zeitraum, höchstens zwei Jahre, nicht überschreiten (Urteil vom 22. März 2007 – BVerwG 2 C 10.06 – BVerwGE 128, 231 ≪237 f.≫; stRspr). Soweit Bewährungszeiten auch im Hinblick auf ihre Dauer mit dem Leistungsgrundsatz gemäß Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar sind, scheidet ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht aus. Die Frage nach der danach zulässigen Höchstdauer der Bewährungszeit stellt sich im vorliegenden Fall nicht. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die ihr auferlegte Bewährungszeit von einem Jahr im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG nicht mehr angemessen war.
2. Die Frage, ob Aufstiegsbeamte aus dem mittleren Justizdienst durch die Bewährungszeit gleichheitswidrig schlechter gestellt werden als unmittelbare Laufbahnbewerber, kann ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden. Dabei ist davon auszugehen, dass die Gleich- oder Ungleichbehandlung von Personengruppen, die an Lebenssachverhalte oder Entscheidungen der Betroffenen anknüpft, nur dann gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger Grund für die Differenzierung nicht finden lässt (Urteile vom 28. April 2005 – BVerwG 2 C 1.04 – BVerwGE 123, 308 ≪313 f.≫ = Buchholz 240 § 72a BBesG Nr. 1 mit Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts; vom 25. Oktober 2007 – BVerwG 2 C 16.06 – Buchholz 237.3 § 71b BrLBG Nr. 1 und vom 28. Mai 2008 – BVerwG 2 C 24.07 – juris Rn. 25 zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).
Das Erfordernis der Bewährungszeit führt nicht zu einer gleichheitswidrigen, weil sachlich nicht gerechtfertigten Schlechterstellung von Aufstiegsbeamten gegenüber unmittelbaren Laufbahnbewerbern. Zwischen beiden Gruppen bestehen erhebliche vom Laufbahnrecht vorgegebene Unterschiede, die eine Gleichstellung, wie sie der Klägerin vorschwebt, ausschließen. Insbesondere ist für die unmittelbaren Laufbahnbewerber die Bewährung unter den Bedingungen der Praxis in einem Beamtenverhältnis auf Probe gesetzlich zwingend vorgesehen. Nur im Falle der Bewährung können Laufbahnbewerber in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen werden (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a, § 8 Abs. 1 Nr. 3 Buchst a SächsBG; § 4 SächsLVO). Ihre Bewährungszeit dauert in der Regel zwei Jahre und sechs Monate (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SächsBG; § 23 Abs. 1 SächsLVO). Kann die Bewährung auch nach Ausschöpfung der gesetzlichen Höchstdauer der Probezeit nicht festgestellt werden, so sind sie aus dem Beamtenverhältnis zu entlassen (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 SächsBG). Aufgrund dieser Regelungen liegt es auf der Hand, dass Aufstiegsbeamte nicht unter Berufung auf Art. 3 Abs. 1 GG beanspruchen können, ohne praktische Erprobung in die höhere Laufbahn übernommen zu werden. Darüber hinaus ist bei der Gleichheitsprüfung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG zu berücksichtigen, dass der Leistungsgrundsatz gemäß Art 33 Abs. 2 GG die vorherige praktische Erprobung für ein Beförderungsamt zwar nicht fordert, aber doch nahe legt (vgl. § 33 Abs. 2 Nr. 4 SächsBG; § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SächsLVO). Zwingende Rechtsfolge der Erprobung ist, dass der Beamte die Aufgaben eines höherwertigen Amtes vorübergehend wahrnimmt, aber nicht nach diesem Amt besoldet wird (vgl. zur Gewährung einer Zulage § 46 BBesG).
3. Die Frage, ob die Bewährungszeit für Aufstiegsbeamte dem Gesetzesvorbehalt unterliegt, d.h. nur durch Gesetz oder aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung durch Rechtsverordnung praktiziert werden darf, rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sie sich in einem Revisionsverfahren voraussichtlich nicht stellen würde. Denn es spricht alles dafür, dass sich die Berufungsentscheidung auch insoweit im Ergebnis als richtig erweist (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO), weil die Klägerin kein berechtigtes Interesse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO an der beantragten Feststellung hat.
An der gerichtlichen Feststellung, dass die Behörde einen bestimmten Verwaltungsakt, hier die Beförderung der Klägerin, zu einem bestimmten Zeitpunkt hätte erlassen müssen, kann ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 113 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestehen, wenn wegen des behördlichen Vorgehens eine Klage auf Schadensersatz oder Entschädigung anhängig oder zu erwarten ist und diese Klage Aussicht auf Erfolg hat. Dies ist nicht der Fall, wenn sich bei summarischer Prüfung sicher absehen lässt, dass ein Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch nicht besteht (Urteil vom 22. Januar 1998 – BVerwG 2 C 4.97 – Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 113; Beschluss vom 3. März 2005 – BVerwG 2 B 109.04 – Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 21).
Selbst im Falle der Rechtswidrigkeit der Praxis des Sächsischen Justizministeriums wegen Verstoßes gegen den Vorbehalt des Gesetzes erscheint es ausgeschlossen, dass die Klägerin beanspruchen kann, im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als wenn sie unmittelbar nach ihrer Aufstiegsprüfung am 8. Oktober 2002 zur Justizinspektorin (Besoldungsgruppe A 9) befördert worden wäre. Denn sowohl die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem Beamtenverhältnis als auch die Amtshaftung gemäß § 839 BGB, Art. 34 Satz 1 GG setzen voraus, dass die Verantwortlichen den Pflichtenverstoß, d. h. die Einführung der Bewährungszeit von einem Jahr ohne gesetzliche Grundlage, fahrlässig im Sinne von § 276 Abs. 2 BGB begangen haben. Ein Fahrlässigkeitsvorwurf scheidet aus, wenn sich die von ihm zugrunde gelegte, letztlich als unzutreffend erkannte Rechtsauffassung als vertretbar darstellt, weil die Rechtsfrage nicht einfach zu beurteilen und weder durch die Rechtsprechung geklärt noch im Schrifttum abschließend behandelt worden ist (Urteil vom 17. August 2005 – BVerwG 2 C 37.04 – BVerwGE 124, 99 ≪105 f.≫ = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32).
So liegt der Fall hier: Gemäß § 33 Abs. 2 Nr. 4 SächsBG, § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SächsLVO ist eine Beförderung nicht zulässig vor Feststellung der Eignung für einen höher bewerteten Dienstposten nach Ablauf einer sechsmonatigen Erprobungszeit. Diese Formulierung lässt die Rechtsauffassung zumindest vertretbar erscheinen, die Dauer von sechs Monaten dürfe zwar nicht unterschritten, wohl aber überschritten werden. Rechtsprechung zu dieser Frage, an der sich der Beklagte hätte orientieren können, lag im hier maßgebenden Zeitraum 2002/2003 nicht vor. Davon ausgehend wird der Beklagte auch durch die Kollegialgerichtsregel entlastet. Denn in Anbetracht des Wortlauts der einschlägigen Regelungen stellt sich die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, die der Klägerin auferlegte Bewährungszeit halte sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei Beförderungen eröffneten Ermessens, nicht bereits als im Ausgangspunkt verfehlt dar (vgl. Urteil vom 17. August 2005 a.a.O. ≪106 f.≫).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG.
Unterschriften
Groepper, Dr. Heitz, Thomsen
Fundstellen