Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 09.04.2014; Aktenzeichen 8 A 11183/13) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. April 2014 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 3 750 EUR festgesetzt.
Gründe
Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; so bereits Beschluss vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫; siehe auch Beschluss vom 1. Februar 2011 – BVerwG 7 B 45.10 – juris Rn. 15). Daran fehlt es hier.
Die Frage, ob
bei einem Bauherrn ein schutzwürdiges Vertrauen gegenüber einem verspätet geltend gemachten Anspruch des Nachbarn auf baubehördliches Einschreiten entstehen kann, wenn er selbst über die Errichtung der rechtswidrigen Bauten hinaus treuwidrig vorgegangen ist,
rechtfertigt die Zulassung der Revision schon deswegen nicht, weil das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt hat, dass sich die Beigeladene in irgendeiner Form gegenüber den Klägern „treuwidrig” verhalten hat. Unabhängig davon sind die Voraussetzungen für die Verwirkung nachbarlicher Ansprüche auf bauaufsichtsrechtliches Einschreiten in der Rechtsprechung des Senats hinreichend geklärt (vgl. z.B. Beschlüsse vom 11. Februar 1997 – BVerwG 4 B 10.97 – Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 144 = juris Rn. 2, vom 8. Januar 1997 – BVerwG 4 B 228.96 – juris Rn. 5, vom 13. August 1996 – BVerwG 4 B 135.96 – Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 135 = juris Rn. 3 und vom 18. März 1988 – BVerwG 4 B 50.88 – Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 77 – juris Rn. 4). Ob die Voraussetzungen im Einzelfall gegeben sind, kann nicht Gegenstand einer Grundsatzrevision sein (Beschluss vom 13. Dezember 1999 – BVerwG 4 B 101.99 – Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 161 = juris Rn. 5). Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.
2. Die Revision ist nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) des angefochtenen Urteils zum Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. April 2002 – BVerwG 4 B 8.02 – (Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 164 = BauR 2003, 1031) zuzulassen.
Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlich, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung u.a. des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (Beschlüsse vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 und vom 13. Juli 1999 – BVerwG 8 B 166.99 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 9). Daran fehlt es hier bereits deshalb, weil die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in dem genannten Beschluss zur Verwirkung von nachbarlichen Abwehrrechten ausweislich der Begründung nicht entscheidungstragend waren (vgl. a.a.O. – juris Rn. 10 f.: „Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an,…”); es handelt sich vielmehr um ein „obiter dictum”. Auf eine Divergenz gegenüber einem „obiter dictum” kann eine Abweichungsrüge nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch nicht gestützt werden. Der Umstand, dass das „obiter dictum” – wie hier bei dem bezeichneten Beschluss – in einem der Entscheidung beigefügten Leitsatz Ausdruck gefunden hat, ändert daran nichts (vgl. Beschlüsse vom 10. April 1997 – BVerwG 9 B 84.97 – juris Rn. 4, vom 25. Oktober 1995 – BVerwG 4 B 216.95 – Buchholz 406.17 Bauordnungsrecht Nr. 53 und vom 26. Juni 1984 – BVerwG 4 CB 29.84 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 56).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Rubel, Dr. Gatz, Dr. Decker
Fundstellen